Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102254/9/Br

Linz, 03.11.1994

VwSen - 102254/9/Br Linz, am 3. November 1994 DVR. 0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn G F R L, A, P, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H V, Sstraße, L, gegen den Punkt 2) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft P vom 4. August 1994, AZ.: VerkR96-1808-1994, wegen Übertretungen der StVO 1960, nach der am 3. November 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 866/1992 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 666/1993 - VStG; II. Es entfallen demnach sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft P, hat im Punkt 2) des Straferkenntnisses vom 4. August 1994 über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 2.000 S und für den Nichteinbringungsfall 72 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 8. März 1994 um 07.45 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen P, auf der Bundesstraße in L bei Strkm gelenkt und er dabei eine Einrichtung zur Regelung und Sicherung des Verkehrs beschädigt und diese Beschädigung nicht ohne unnötigen Aufschub der nächsten Gendarmeriedienststelle gemeldet bzw. seine Identität dem Straßenerhalter nachgewiesen habe.

1.1. Hiezu führte die Erstbehörde im wesentlichen begründend aus, daß der Berufungswerber mit dem von ihm gelenkten Fahrzeug am 8.3.1994 um 07.45 Uhr von der Fahrbahn abgekommen sei und dabei eine Verkehrsleiteinrichtung beschädigt habe. Gegen 10.00 Uhr habe er diesen Vorfall schließlich bei der Polizei gemeldet. Dabei haben an ihm Alkoholisierungssymptome festgestellt werden können. Der folglich durchgeführte Alkotest habe einen Wert von 0,46 mg/l ergeben. Die Untersuchung und Rückrechnung des Blutalkoholgehaltes entspricht einem Wert von 0,92 Promille. Der vom Berufungswerber dargelegten Trinkverantwortung, nämlich, daß er erst nach dem Vorfall alkoholische Getränke konsumiert hätte, vermochte die Erstbehörde nicht zu folgen. Zu Punkt 2) erfolgt keine weitere Begründung der Entscheidung.

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung führt schließlich der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter im wesentlichen aus, daß die Begründung der Erstbehörde nicht überzeuge. Der bei der Abschleppfirma beschäftigte Mitarbeiter, welcher ihm behilflich gewesen sei das Fahrzeug abzuschleppen, habe bei ihm keine Alkoholisierungsmerkmale festzustellen vermocht. Er habe in seiner Rechtfertigung klargestellt, wann, wieviel und welche Art alkoholischer Getränke er konsumiert gehabt habe. Das Ermittlungsergebnis der Erstbehörde stelle jedenfalls nicht den zwingenden Beweis für die Unrichtigkeit seiner Verantwortung dar. Auch der Vorwurf der verspäteten Meldung sei nicht berechtigt. Sobald er dazu den Umständen nach in der Lage gewesen sei, habe er die Meldung an die Polizei erstattet. Auch sei der Vorwurf der verspäteten Meldung nicht ausreichend präzisiert, indem nicht dargelegt sei, um welche Einrichtungen es sich bei den von ihm beschädigten handeln sollte. Auch seien die verhängten Geldstrafen beträchtlich überhöht und nicht nachvollziehbar inwieweit die Grundsätze nach § 19 VStG tatsächlich angewendet worden seien. 3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft P, AZ. VerkR96/1808-1994 und Erörterung des Akteninhaltes im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Ferner durch die zeugenschaftliche Vernehmung des RevInsp. S und W H. 3.1. Zumal in Punkt 2) des angefochtenen Straferkenntnisses keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Hinsichtlich des Punktes 1) ergeht unter VwSen - 102253 eine gesonderte Entscheidung durch die zuständige 2. Kammer.

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

4.1. Der Berufungswerber hat zur oben angeführten Zeit seinen Pkw mit dem Kennzeichen P auf der Bundesstraße in L bis auf Höhe von Strkm in Richtung E gelenkt. In diesem Bereich geriet er aus unbekannter Ursache über den rechten Fahrbahnrand hinaus. Sein Fahrzeug überschlug sich dabei und kam auf dem Dach zu liegen. Als Folge dieses Unfalles wurde neben der schweren Beschädigung des Fahrzeuges auch ein Leitpflock und eine Schneestange beschädigt bzw. umgefahren. Dieser Unfall wurde von dem in Richtung Linz fahrenden Zeugen W H wahrgenommen. Dieser Zeuge ist Angestellter der Kranverleihfirma K Er veranlaßte in der Folge gemeinsam mit dem unverletzt gebliebenen, aber den Umständen entsprechend geschockten, Berufungswerber die Bergung und Einholung des Fahrzeuges zur Firma K Insbesonders galt diese sofortige Maßnahme der Hintanhaltung von Verschmutzung des Bodens durch Treib- und Schmiermittel. Die Bergung des Fahrzeuges nahm etwa eineinhalb Stunden in Anspruch und ist deren Abschluß etwa gegen 10.00 Uhr anzunehmen. Der Berufungswerber war bei der Bergung des Fahrzeuges anwesend und hielt sich bis zu deren Abschluß im Bereich der Firma K auf. Von dort verständigte er fernmündlich auch seinen Vater oder Bruder. Ein Alkoholkonsum wurde vom Berufungswerber während des Aufenthaltes bei der Firma Kern nicht getätigt. Um 09.58 Uhr ist der Berufungswerber schließlich am Wachzimmer E erschienen und meldete den Verkehrsunfall. Zu diesem Zeitpunkt war der Unfall und auch die Beschädigung der Schneestange und des Leitpflocks von einem Kontrollfahrzeug der Straßenmeisterei durch Zufall bereits festgestellt und auch der Polizei bereits gemeldet worden. 5. Das entscheidungsrelevante Beweisergebnis stützt sich hinsichtlich des Punktes 2) insbesondere auf die Angaben des Zeugen W H. Diese Angaben sind in sich schlüssig und den Denkgesetzen entsprechend gut nachvollziehbar. Demnach hat der Berufungswerber nach dem Unfall, über das Angebot des Zeugen H sein Fahrzeug bergen lassen. Unmittelbar nach dem Abschluß dieser Tätigkeit erfolgte bereits der Gang zur Polizei. 5.1. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat folgendes erwogen:

5.1. Vorweg sei dargelegt, daß gemäß § 99 Abs.2 lit.e StVO 1960 mit 500 S bis zu 30.000 S zu bestrafen ist, wer Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs unbefugt anbringt, entfernt, verdeckt oder in ihrer Lage oder Bedeutung verändert oder solche Einrichtungen beschädigt, es sei denn, die Beschädigung ist bei einem Verkehrsunfall entstanden und die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle oder der Straßenerhalter ist von der Beschädigung unter Bekanntgabe der Identität des Beschädigers ohne unnötigen Aufschub verständigt worden! Die Bekanntgabe der Identität dient u.a. der Regelung des Schadenersatzes. Wird die Identität des Beschädigers etwa von einer anderen Person als den Beschädiger gemeldet, so hat zwar eine Bestrafung nicht nach § 99 Abs.2 lit.e (der Schadenersatz ist auch durch eine solche Meldung sichergestellt) zu erfolgen, jedoch unterliegt sein Verhalten - die Fahrerflucht - allenfalls der Bestrafung nach § 99 Abs.2 lit.a od. § 99 Abs. 3 lit.b StVO 1960. Im gegenständlichen Fall wurde wohl ein Schaden im Vermögen einer vom Berufungswerber verschiedenen Person verursacht. Es war daher der vom Berufungswerber verursachte Fremdschaden "ohne unnötigen Aufschub" der nächsten Polizeidienststelle (objektiv unrichtig ist der Vorwurf "Gendarmeriedienststelle") zu melden. Ein zufälliges Inkenntnisgelangen der Polizei oder des geschädigten Straßenerhalters ersetzt die Meldepflicht nicht. Der Begriff "unnötiger Aufschub" ist auch streng auszulegen (VwGH 28.11.1990, Zl. 90/02/0049). Die Bestimmung des § 99 Abs.2 lit.e ist in Verbindung mit § 31 Abs.1 StVO 1960 anzuwenden. Ein "Leitpflock und eine Schneestange" sind im Sinne der zuletzt genannten Bestimmung als eine "Verkehrsleiteinrichtung" anzusehen (VwGH 28.9.1988, Zl. 88/02/0133). 5.1.2. Unzutreffend wurde hier dem Berufungswerber jedoch angelastet, er habe es unterlassen die Meldung "ohne unnötigen Aufschub" zu erstatten. Angesichts des Umstandes, daß der Berufungswerber unmittelbar nach dem Unfall sein Fahrzeug bergen und abschleppen hat lassen und damit eine immerhin mögliche Schädigung der Umwelt (Grundwasser) durch ausfließenden Treibstoff hintangehalten hat, ist die Meldung nach zwei Stunden (noch) nicht nicht als verspätet zu erachten. Der für eine durchaus vernünftige Disposition beanspruchte Zeitrahmen läßt den Aufschub der Meldung in diesem Fall als durchaus gerechtfertigt erscheinen. Auch der durch diese Bestimmung dem Gesetz inhärenten Zweck ist damit objektiv noch in keiner Weise nachteilig berührt worden. Es kann daher letztlich auch dahingestellt bleiben, ob anläßlich dieses Verkehrsunfalls, bei dem niemand verletzt worden ist, dieser eher geringfügige Fremdschaden angesichts der mit einem derartigen Unfall in typischer Weise einhergehenden psychischen Erschütterung des Betroffenen von diesem überhaupt sogleich bemerkt werden hätte müssen. Wenn der Fremdschaden erst im Zuge der Fahrzeugbergung festgestellt wurde - wovon hier auszugehen wäre - ist die Meldung in noch kürzerem Zeitabstand de facto somit eher als unverzüglich erstattet anzusehen. Bemerkt wird noch, daß der im Straferkenntnis erhobene Tatvorwurf nicht dem § 44a VStG standhalten würde, weil es der Bezeichnung der beschädigten Sache (hier: Schneestange und Leitpflock) bedürfte und schließlich in Linz auch nicht mit der Meldung an die nächste "Gendarmeriedienststelle" der Meldepflicht im Sinne dieser Gesetzesstelle genüge getan worden wäre. Allenfalls wäre infolge einer tauglichen Verfolgungshandlung, zumindest im Spruchpunkt 1., noch eine Spruchberichtigung möglich gewesen. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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