Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310102/12/Le/Ha

Linz, 10.10.1997

VwSen-310102/12/Le/Ha Linz, am 10. Oktober 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Bleier, Beisitzer: Mag. Kisch, Berichter: Dr. Leitgeb) über die Berufung des Walter K, G 6, P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 27.3.1997, UR96-96-45-1995-RE/BMC, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes nach öffentlicher mündlicher Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Es entfallen alle Beiträge zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991, iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF. Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 27.3.1997 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 39 Abs.1 lit.a Z2 iVm § 17 Abs.1 Abfallwirtschaftsgesetz (im folgenden kurz: AWG) eine Geldstrafe in Höhe von 60.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von drei Tagen) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 29.8.1996 auf der Liegenschaft G 6 in P in der Wiese neben dem Haus ein Fahrzeugwrack der Marke Ford Escort, 1,3, weiß, stark unfallbeschädigt, Begutachtungsplakette Nr. WE-, abgelaufen 4/96, Fahrgestellnummer, starke Karosserierostschäden, Verglasung teilweise eingeschlagen, sämtliche Betriebsmittel vorhanden, Motor stark undicht und ölverschmiert, somit gefährlichen Abfall abgelagert, obwohl das Ablagern von gefährlichen Abfällen oder Altölen außerhalb genehmigter Abfallbehandlungs-anlagen unzulässig ist.

In der Begründung dazu wurde nach einer Wiedergabe der maßgeblichen Bestimmung des § 17 Abs.1 AWG der Gang des Ermittlungsverfahrens, insbesonders die Rechtfertigung des Bw, wiedergegeben. Demnach hätte sein Ex-Schwager Wilhelm G ihn ersucht, den gegenständlichen PKW Ford Escort auf dem Grundstück abstellen zu dürfen, weil er ihn verkaufen wollte. Weiters wurden die Inhalte der Zeugenaussagen Wilhelm G und Helga G (Mutter) wiedergegeben, wonach das Fahrzeug zum damaligen Zeitpunkt fahrbereit und nur geringfügig beschädigt (Rostschäden) gewesen sei. Allerdings sei der Bw mehrmals mit Baumaschinen am gegenständlichen PKW angefahren und hätte diesen beschädigt.

In rechtlicher Würdigung dieses Sachverhaltes kam die Erstbehörde zum Ergebnis, daß der Bw für die Beschädigung des Autos verantwortlich sei und er daher das Fahrzeug als Wrack auf dem Grundstück belassen und abgelagert habe. Bei ihm wäre, da er das Fahrzeug nicht mehr gebrauchen konnte bzw. wollte, eine Entledigungsabsicht gegeben. Durch die Übergabe der Fahrzeugpapiere sowie des Zündschlüssels sei er zumindest Inhaber, wenn nicht schon Besitzer des Fahrzeuges geworden. Nach der Beschädigung durch ihn habe er das Fahrzeug dennoch auf seinem Grundstück belassen, was einer Ablagerung im Sinne des AWG gleichkomme. Sodann führte die Erstbehörde die Gründe der Strafbemessung näher aus.

2. Dagegen richtet sich die bei der Erstbehörde niederschriftlich rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 4.4.1997, mit der schlüssig beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. In der Begründung führte der Bw an, die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen zu haben. Er habe das Auto des Herrn G gutmütigerweise von diesem für die Dauer von zwei Wochen abstellen lassen, doch habe dieser trotz mehrfacher Aufforderung das Auto nicht wieder entfernt.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Zur vollständigen Klärung der Sach- und Rechtslage wurde vom unabhängigen Verwaltungssenat für 9.10.1997 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt und an diesem Tage in den Amtsräumlichkeiten der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land durchgeführt. Der Bw hat an dieser Verhandlung ohne Angabe von Gründen nicht teilgenommen.

Die Zeugin Helga G bestätigte im wesentlichen bereits ihre vor der Erstbehörde am 23.12.1996 vorgebrachten Aussagen, wonach es ursprünglich zwischen ihrem Sohn und Herrn K vereinbart war, daß der gegenständliche PKW Ford Escort, der noch durchaus fahrbereit und in Ordnung war, auf dem Grundstück des Herrn K abgestellt und von diesem verkauft werden sollte. Den Erlös wollten die beiden teilen.

Nach längerer Zeit (die Zeugin konnte sich an die einzelnen Daten nicht mehr im Detail erinnern) hätte sie Herr K angerufen, daß ihr Sohn das Fahrzeug entfernen sollte, da er Schwierigkeiten mit der Behörde hätte. Im Zuge dieses Gespräches gab er an, mehrmals mit Baumaschinen am PKW angefahren zu sein, sodaß dieser beschädigt sei. Die Zeugin bestätigte, daß der Bw in mehreren Telefonaten die Entfernung durch Herrn G verlangt hatte. Sie bestätigte auch, daß der Bw die Firma W mit der Entsorgung des Altautos beauftragt hatte und daß der PKW offensichtlich von dieser Firma entsorgt wurde, weil ihr Sohn Wilhelm G die Rechnung dafür erhalten hätte.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

Da eine Geldstrafe über 10.000,- S verhängt wurde, ist für die Durchführung dieses Verfahrens die Zuständigkeit der Kammer gegeben (§ 51c VStG).

4.2. Dem Ermittlungsverfahren, insbesonders den behördlichen Feststellungen des Lokalaugenscheins vom 11.1.1996 zufolge, wurde der gegenständliche PKW zunächst als im wesentlichen gebrauchsfähiges KFZ auf dem Grundstück des Bw abgestellt. Bei dieser Amtshandlung wurde der Zustand des PKW vom beigezogenen Sachverständigen jedenfalls als "gebrauchsfähig" bezeichnet. Irgendwann in der Folge wurde das Auto jedoch durch Beschädigungen von außen (die anscheinend durch den Bw selbst erfolgten) und durch den Verlust der Dichtfähigkeit im Motorbereich zum gefährlichen Abfall, wie dies von der Behörde anläßlich des Lokalaugenscheines vom 29.8.1996 festgestellt wurde.

Damit aber wurde für dieses Autowrack der Sanktionsmechanismus des AWG in Gang gesetzt.

4.3. Gemäß § 39 Abs.1 lit.a AWG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 50.000 S bis 500.000 S zu bestrafen, wer 2. gefährliche Abfälle und Altöle entgegen § 17 Abs.1 lagert, behandelt oder ablagert.

§ 17 Abs.1 AWG legt fest, daß gefährliche Abfälle und Altöle unbeschadet weitergehender Verpflichtungen jedenfalls so zu lagern und zu behandeln (verwerten, ablagern oder sonst zu behandeln) sind, daß Beeinträchtigungen im Sinne des § 1 Abs.3 AWG vermieden werden. Das Ablagern von gefährlichen Abfällen oder Altölen außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen ist unzulässig.

Die zitierte Bestimmung des § 17 Abs.1 AWG enthält sohin zwei Tatbestände: Einerseits wird vom Gesetzgeber verlangt, daß bei der Lagerung und Behandlung (wozu auch das Ablagern gehört!) die in § 1 Abs.3 AWG genannten öffentlichen Interessen nicht beeinträchtigt werden, und andererseits wird für das Ablagern (nicht also für das Lagern!) normiert, daß dieses nur in genehmigten Abfallbehandlungsanlagen zulässig ist.

Zur Abgrenzung der Begriffe "lagern" und "ablagern" stellte der Verwaltungsge-richtshof in seinem Erkenntnis vom 14.12.1995, 95/07/0112, fest, daß "eine Ablagerung dann vorliegt, wenn sie nach den erkennbaren Umständen langfristig oder auf Dauer erfolgt. Die Auffassung ... der Begriff der Ablagerung ... sei nicht im engen, technischen Sinn zu verstehen, sondern erfasse auch jede Verwendung der Liegenschaft zur bloß vorübergehenden Aufbewahrung, kann nicht geteilt werden." Einer Lagerung ist immanent, daß die betreffenden Stoffe projektsgemäß wieder entfernt werden. Eine genaue zeitliche Grenze, die das Lagern vom Ablagern trennt, läßt sich dem AWG nicht entnehmen (VwGH vom 24.10.1995, 95/07/0113).

Wenngleich das AWG eine Legaldefinition zu den Begriffen "lagern" und "ablagern" nicht enthält, stellen die Erläuterungen zum AWG klar, daß das Gesetz unter dem Begriff "lagern" einen Vorgang von vorübergehender Dauer versteht, während der Begriff "ablagern" einen auf Dauer ausgerichteten Zustand bezeichnet.

Davon ausgehend liegt eine Ablagerung vor: a) unter subjektiven Gesichtspunkten jedenfalls dann, wenn bewegliche Sachen als Abfälle im Bewußtsein der Endgültigkeit weggegeben werden; bei Offensichtlichkeit der Ablagerung gilt das Moment der Entledigungsabsicht als immanent. Dabei ist eine "Entledigung" auf eigenem Grund und Boden nicht von vornherein ausgeschlossen - es kommt auf die Umstände des Einzelfalles an; b) ausnahmsweise unter objektiven Gesichtspunkten jedoch dann, wenn eine gegebene Lagerung beweglicher Sachen als Abfälle bereits so lange gedauert hat, daß eben deswegen Beeinträchtigungen im Sinne des § 1 Abs.3 AWG nicht mehr vermieden werden konnten, d.h. tatsächlich eingetreten sind (sh. VwSen-210162/3/Ga/La vom 6.7.1995; VwSen-310073/4/Le/Fb vom 21.8.1996; VwSen-310069/3/Le/La vom 19.12.1996 ua.).

4.4. Auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen bedeutet dies, daß dem Bw zu Unrecht die Ablagerung von gefährlichen Abfällen vorgeworfen wurde: Wenngleich feststeht, daß es sich bei dem vorgefundenen Altauto um einen gefährlichen Abfall handelt, ist jedoch weder der zeitliche Aspekt einer langfristigen Ablagerung noch eine Entledigungsabsicht bewiesen. Gegen die Annahme der Entledigungsabsicht sprechen insbesonders die mehrmals vom Bw an Herrn G (an die Adresse seiner Mutter) gerichteten Aufforderungen, das Fahrzeug endlich zu entfernen und weiters die Beauftragung der Firma Wimmer mit der Entsorgung dieses Fahrzeuges. Wenn auch die Entledigungsabsicht möglicherweise erst durch das Einschreiten der Behörde initiiert wurde, so schließt sie dennoch eine Belassungsabsicht aus. Es konnte somit von der Behörde weder die langfristige Ablagerung noch die Entledigungsabsicht bewiesen werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Die Aufhebung und Einstellung des Verwaltuntgsstrafverfahrens bewirkt auf der Kostenseite, daß der Bw weder mit Beiträgen zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz noch zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu belasten ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Ergeht an:

Beilage Dr. B l e i e r

Beschlagwortung: Lagern; Ablagern

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