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des Landes Oberösterreich
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VwSen-310123/2/Le/Fb

Linz, 13.11.1997

VwSen-310123/2/Le/Fb Linz, am 13. November 1997

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des Manfred W, B, F, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 29.7.1997, UR96-9-8-1997/Pepc, wegen Übertretung des O.ö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991, iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 29.7.1997 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 42 Abs.1 Z2 lit.a iVm § 6 Abs.3 des O.ö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 (im folgenden kurz: O.ö. AWG) iVm § 3 Abs.1 und § 2 Abs.1 Z2 der O.ö. Abfalltrennungsverordnung, LGBl.Nr. 93/1993 idgF (im folgenden kurz: O.ö. ATV), eine Geldstrafe in Höhe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 24 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 19.4.1997 um 8.25 Uhr in einem Metallmüllkorb einer öffentlichen Postbushaltestelle (an einer näher bezeichneten Stelle) Altstoffe gemäß § 2 Abs.1 Z2 der O.ö. ATV, und zwar insgesamt 10 Paar alte getragene Schuhe bestehend aus 3 Paar Herrenhalbschuhe, 2 Paar Herrenstiefel (alle in der Größe 42-43), 2 Paar Hausschuhe sowie jeweils ein Paar Damenlederstiefel, Espandrillos und Badesandalen, entsorgt, obwohl nach den Bestimmungen der O.ö. ATV jeder Haushalt zur sortenreinen Trennung und zur Verbringung zu einer Sammelstelle verpflichtet wäre.

In der Begründung dazu wurde im wesentlichen ausgeführt, daß der Sachverhalt und das rechtswidrige schuldhafte Verhalten aufgrund der Feststellungen des Gendarmeriepostens O sowie der Zeugenaussage des Herrn Andreas E erwiesen sei. Dieser hätte beobachtet, wie der Beschuldigte zur bezeichneten Zeit am gegenständlichen Ort einen hellen Sack aus dem Kofferraum seines Autos genommen und in Richtung der dort befindlichen Haltestellenhütte getragen hätte. Bei der anschließenden Nachschau in diesem Abfallkorb hätte der Zeuge einen weiß-blauen Plastiksack vorgefunden, der mit den alten Schuhen gefüllt war, die ganz oben auf lagen.

Die Rechtfertigungsangaben des Beschuldigten wurden als Schutzbehauptungen gewertet, weil er vom Zeugen bei der Entsorgung beobachtet worden sei.

Hinsichtlich des Verschuldens nahm die Erstbehörde Fahrlässigkeit an.

Sodann wurden die Gründe der Strafbemessung dargelegt, wobei als mildernd die bisherige Unbescholtenheit des Beschuldigten gewertet wurde; Erschwerungsgründe konnten nicht festgestellt werden.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 8.8.1997, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

In der Begründung dazu versuchte der Bw die Sachverhaltsaufnahme durch die Gendarmerie als unvollständig und subjektiv darzustellen und weiters die Glaubwürdigkeit des Zeugen E zu erschüttern. Weiters erachtete der Bw die Sachverhaltsaufnahme insgesamt für mangelhaft.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da aus dem Verwaltungsakt ein für die spruchgemäße Entscheidung ausreichend ermittelter Sachverhalt hervorgeht und eine Geldstrafe von nicht mehr als 3.000 S verhängt wurde, konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG eine öffentliche mündliche Verhandlung entfallen.

4. Hierüber hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

4.2. § 42 Abs.1 Z2 lit.a O.ö. AWG normiert, daß ... eine Verwaltungsübertretung begeht und von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen ist,

2. mit Geldstrafe bis 100.000 S, wer

a) entgegen einer nach § 6 Abs.3 erlassenen Verordnung Abfälle nicht in der vorgeschriebenen Art und Weise trennt oder getrennt lagert, bereitstellt, sammelt oder abführt, ...

§ 6 O.ö. AWG regelt die Abfalltrennung und Abfallverwertung; Abs.3 leg.cit. bildet die gesetzliche Grundlage für die dazu erlassene O.ö. ATV, LGBl.Nr. 93/1993 idF 84/1994.

§ 3 Abs.1 dieser Verordnung verpflichtet jeden Haushalt, die zur Verwertung geeigneten Stoffe iSd § 2 Abs.1, die in seinem Bereich anfallen, sortenrein zu trennen und in gereinigtem Zustand zu den dafür vorgesehenen Sammelstellen (zB Altstoffsammelbehälter, Altstoffsammelzentren, Altstoffsammelinseln) zu bringen oder einer ordnungsgemäßen Verwertung zuzuführen.

§ 2 O.ö. ATV regelt unter der Überschrift "Altstoffe" in Abs.1, daß folgende Altstoffe von jedem Abfallerzeuger aus dem anfallenden Abfall in folgende Stoffgruppen zu trennen oder gemäß § 4 trennen zu lassen sind:

2. brauchbare Schuhe; ...

Aus der Anordnung des § 3 Abs.1 der O.ö. ATV folgt, daß sich die dort ausgesprochene Trennungsverpflichtung der Haushalte nur auf solche Stoffe bezieht, die im § 2 Abs.1 dieser Verordnung ausdrücklich genannt sind. Hinsichtlich der Stoffgruppe "Schuhe" ist in § 2 Abs.1 Z2 O.ö. ATV eine Trennungsverpflichtung nur für "brauchbare Schuhe" angeordnet. Der Verordnungsgeber unterscheidet hinsichtlich der Trennungs- und Verwertungsverpflichtung sohin zwischen brauchbaren und nicht brauchbaren Schuhen, wobei eine Trennungsverpflichtung ausdrücklich nur für "brauchbare Schuhe" angeordnet ist; eine Trennungsverpflichtung für "unbrauchbare Schuhe" besteht sohin nicht.

In der Anzeige des Gendarmeriepostens O vom 20.4.1997 war hinsichtlich der im Metallmüllkorb bei der Bushaltestelle vorgefundenen Schuhe nur von "alten getragenen Schuhen" die Rede, in der mit dem Zeugen E aufgenommenen Niederschrift vom 19.4.1997 lediglich von "alten Schuhen".

In der Strafverfügung vom 7.5.1997 (als erster Verfolgungshandlung) wurde dem Bw (gleichlautend mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis) die "Entsorgung" von "insgesamt 10 Paar alter getragener Schuhe" (im folgenden im einzelnen aufgelistet) vorgeworfen.

Hinsichtlich des Tatbestandsmerkmales "brauchbar" finden sich dagegen weder in der Begründung dieses Strafverfahrens noch im gesamten Ermittlungsverfahren irgendwelche Feststellungen.

Aus dem Hinweis auf "alte getragene Schuhe" können keine verläßlichen Folgerungen hinsichtlich deren Brauchbarkeit angestellt werden; alte getragene Schuhe können sowohl brauchbar als auch unbrauchbar sein.

Wenngleich auch für den unabhängigen Verwaltungssenat aus dem durchgeführten Verwaltungsverfahren und der Zeugenaussage kein Zweifel daran besteht, daß der Bw tatsächlich die inkriminierten Schuhe in den verfahrensgegenständlichen Abfallkorb eingebracht hat, so konnte der Tatvorwurf nicht aufrechterhalten werden, zumal das wesentliche Tatbestandsmerkmal der Brauchbarkeit der Schuhe in keiner Phase des Ermittlungsverfahrens festgestellt worden war.

Da eine Nachholung des Ermittlungsverfahrens unmöglich erscheint, weil diese Schuhe schon längst nicht mehr existieren dürften und überdies hinsichtlich dieses Tatbestandsmerkmales auch Verfolgungsverjährung eingetreten wäre, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen.

Damit war der Verfahrenskostenausspruch der belangten Behörde aufzuheben.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sind gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen, wenn der Berufung auch nur teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. L e i t g e b

 

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