Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310132/25/Le/Km

Linz, 20.10.1998

VwSen-310132/25/Le/Km Linz, am 20. Oktober 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Bleier, Beisitzer: Mag. Kisch, Berichter: Dr. Leitgeb) über die Berufung des F W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 23.10.1997, soweit sie sich gegen Spruchabschnitt 1. richtet, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes nach öffentlicher mündlicher Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis im Spruchabschnitt 1. aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt.

Es entfallen alle Beiträge zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991, iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF. Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 23.10.1997 wurde dem nunmehrigen Berufungswerber im Spruchabschnitt 1. vorgeworfen, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit Verantwortlicher der "C-Foto W Gesellschaft mbH." in S zu vertreten, daß von dieser Gesellschaft gefährliche Abfälle, nämlich flüssige Gemische aus nicht mehr gebrauchsfähigen Fixierbädern, Bleichbädern, Entwicklerbädern und Abfallgemischen von Fotochemikalien (welche an näher bezeichneten Orten in näher bezeichneten Gebinden) entgegen § 17 Abs.1 AWG nicht so gelagert wurden, daß dabei Beeinträchtigungen und Gefahren für die Gesundheit von Menschen, für die natürlichen Lebensbedingungen von Tieren und Pflanzen, Verunreinigungen der Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus und Brand- und Explosionsgefahren vermieden worden wären.

(Im Spruchabschnitt 2. wurde der Berufungswerber wegen einer weiteren Übertretung des AWG bestraft; da die dafür verhängte Strafe den Betrag von 10.000 S nicht übersteigt, war zur Verhandlung und Entscheidung über diesen Spruchabschnitt das zuständige Einzelmitglied des unabhängigen Verwaltungssenates berufen. Dessen Entscheidung ergeht gesondert.) In der Begründung dazu wurde im wesentlichen ausgeführt, daß im Rahmen der Überprüfung der gegenständlichen Betriebsanlage am 30.1.1997 festgestellt worden sei, daß die im Spruch des Straferkenntnisses angeführten gefährlichen Abfälle sowohl in der Betriebsstätte als auch im Freien gelagert worden seien. Sämtliche unter Punkt 1. im Straferkenntnis angeführten Flüssigkeiten müßten als gefährliche Abfälle betrachtet werden, weil nur durch ihre ordnungsgemäße Lagerung und Entsorgung die Gefahr von Verunreinigungen der Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus und auch Brand- und Explosionsgefahren hintangehalten werden könnten. 2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 6.11.1997, in der der Berufungswerber vorbrachte, daß es sich bei den vorgefundenen Flüssigkeiten nicht um gefährliche Abfälle, sondern um reine Waschbäder handle, in denen keine bzw. fast keine Chemikalien enthalten wären. Seine Chemikalienbäder würden immer wieder recycelt. Die Waschwässer würden in lizenzierten Behältern zur Entsorgung aufbewahrt. Weiters bemängelte der Berufungswerber, daß keinerlei Proben gezogen wurden, sodaß es nicht bewiesen wäre, daß es sich dabei um gefährliche Abfälle handle.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Zur vollständigen Klärung der Sachlage wurde - gemeinsam mit dem zur Entscheidung über die Berufung zu Spruchabschnitt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses berufenen Einzelmitglied - eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, die an zwei Tagen stattfand:

Für die am 14.7.1998 durchgeführte öffentliche mündliche Verhandlung hatte sich der Berufungswerber ebenso wie die Erstbehörde schriftlich entschuldigt. Es wurde daher lediglich der die Amtshandlung vom 30.1.1997 durchführende Amtssachverständige Erwin Ziegler als sachverständiger Zeuge befragt. An der Fortsetzung der mündlichen Verhandlung am 14.10.1998 nahm der Berufungswerber persönlich teil; die Erstbehörde blieb der Verhandlung ohne Angabe von Gründen fern. Bei dieser Verhandlung wurde Frau M S (das ist die Angestellte des Berufungswerbers, die den Amtssachverständigen bei dessen Amtshandlung am 30.1.1997 begleitet hatte) als Zeugin befragt.

3.2. Als Ergebnis des Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

Am 30.1.1997 führte ein Amtssachverständiger des Amtes der oö. Landesregierung, Abteilung Umweltschutz, eine Überprüfung des Betriebes der C-Foto W GesmbH in S durch. Dabei entdeckte er eine größere Anzahl von Kunststoffbehältern im Inneren des Gebäudes sowie auf einer Freifläche vor dem Gebäude. In seinem Befund vom 11.2.1997 beschrieb der Sachverständige die darin befindlichen Flüssigkeiten als "Flüssigkeiten unbekannter Zusammensetzung". Er zog selbst keine Proben daraus, sondern er verließ sich auf die Angaben der ihn begleitenden Angestellten des Betriebes, Frau M S. Entsprechend ihren Angaben bezeichnete er demnach die Flüssigkeiten als "nicht mehr gebrauchsfähige Entwicklerflüssigkeiten", "Gemisch nicht mehr gebrauchsfähiger Altchemikalien, Fixierbäder, Entwicklerbäder, Bleichbäder", "Gemische aus nicht mehr gebrauchsfähigen Fixierern, Bleichbädern, Filmentwicklern, etc. bzw. um Flüssigkeiten, die bei Reinigungsarbeiten an den diversen Fotomaschinen entstanden" seien. Daraus zog der Sachverständige den Schluß, daß aufgrund der derzeitigen Lagerung der vorgefundenen Abfälle, insbesonders bei den Gebinden im Freien, eine Gefahr für Boden und Grundwasser durch Austreten grundwassergefährdender Substanzen nicht auszuschließen sei. Er hätte weiters in Erfahrung gebracht, daß die gegenständliche Firma bis dato beim Amt der oö. Landesregierung noch keine - gemäß § 4 Abfallnachweisverordnung erforderliche Meldung - über die jährlich anfallenden Mengen gefährlicher Abfälle erstattet hätte. In der "Beurteilung aus rein abfalltechnischer Sicht" führte der Sachverständige ua. aus, daß Abfallgemischen von Fotochemikalien die Schlüsselnummer 52723 "Entwicklerbäder" zuzuordnen sei.

Anläßlich der mündlichen Verhandlung vom 14.7.1998 gab er bekannt, daß Waschwässer aus fotochemischen Betrieben automatisch mit der Schlüsselnummer 52723 versehen werden, wenn deren genaue Konzentration nicht bekannt ist.

Zum Einwand des Berufungswerbers in seiner Berufung, daß er Chemikalien verwende, die vollständig recycelbar wären, gab der sachverständige Zeuge an, daß nach Auskunft eines Vertreters der Firma "A" Bäder von Fotochemikalien trotz Ergänzung der verbrauchbaren Bestandteile dennoch zumindest ein- bis zweimal pro Jahr gänzlich erneuert werden müßten. Der Berufungswerber gab dagegen an, keine Fotochemikalien der Firma "A" zu verwenden, sondern jene der Firma "T", welche vollständig recyclingfähig wären. Von Zeit zu Zeit müßten lediglich verbrauchte Chemikalien und verdunstetes Wasser nachgefüllt werden; ein gänzlicher Austausch dieser Bäder sei nicht erforderlich. Es würden lediglich ein- bis zweimal pro Jahr die Bäder abgelassen, die Maschinen mit Wasser gespült und sodann die Bäder wieder eingelassen. Staubpartikel und dergleichen würden von eingebauten Filtern herausgefiltert, die gelegentlich gereinigt bzw. der Lieferfirma zurückgegeben werden.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Da eine Geldstrafe über 10.000 S verhängt wurde, ist für die Durchführung dieses Verfahrens die Zuständigkeit der Kammer gegeben (§ 51c VStG).

4.2. § 17 Abs.1 AWG gebietet, daß gefährliche Abfälle und Altöle unbeschadet weitergehender Verpflichtungen jedenfalls so zu lagern und zu behandeln (verwerten, ablagern oder sonst zu behandeln) sind, daß Beeinträchtigungen im Sinne des § 1 Abs.3 vermieden werden. Die Übertretung dieser Vorschrift ist durch § 39 Abs.1 lit.a Z2 AWG zur Verwaltungsübertretung erklärt und mit einer Geldstrafe von 50.000 S bis 500.000 S bedroht.

4.3. Im vorliegenden Fall ist das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals "gefährliche Abfälle" vom Berufungswerber bestritten worden:

Nach seiner Darstellung handle es sich bei den vorgefundenen Flüssigkeiten um bloß geringfügig verunreinigte Waschwässer, keinesfalls aber um alte, nicht mehr gebrauchsfähige Entwickler-, Fixier- und Bleichbäder. Die auf einem Foto sichtbaren Verfärbungen des Inhaltes mehrerer Kanister erklärte der Berufungswerber anläßlich der mündlichen Verhandlung mit einer sehr starken Färbungswirkung von Fixier- und Bleichbädern, wonach bereits wenige Tropfen genügen würden, um eine solche Verfärbung zu erzeugen. Die Verfärbung entstehe daher bei der Spülung der Maschinen. Die Zeugin M S bestätigte diese Darstellung. Der Berufungswerber gab weiters an, daß diese Waschwässer im Wege der Gemeinde S entsorgt würden und es sich dabei nicht um gefährliche Abfälle handle. Die vorgefundenen Flüssigkeiten wären kurze Zeit später entsorgt worden und nicht mehr an Ort und Stelle.

Dieser Aussage stehen entgegen die Feststellungen des Sachverständigen Erwin Ziegler, der angab, daß die Zeugin M S im Zuge des Lokalaugenscheins mehrfach von "nicht mehr gebrauchsfähigen Entwicklerflüssigkeiten", "Gemisch aus nicht mehr gebrauchsfähigen Altchemikalien ..." usw. gesprochen habe. Weiters, daß Waschwässer aus fotochemischen Betrieben automatisch mit der Schlüsselnummer 52723 versehen werden, wenn deren genaue Konzentration nicht bekannt sei und daß laut Auskunft der Firma "A" bzw. nach seiner eigenen Annahme die Chemikalienbäder etwa ein- bis zweimal im Jahr gänzlich ausgetauscht werden müßten.

Anläßlich der mündlichen Verhandlung am 14.10.1998 hat die Zeugin M S - nach ausdrücklicher Belehrung über ihre Wahrheitspflicht und nach Hinweis auf die strafrechtlichen Folgen einer falschen Aussage - mitgeteilt, daß es sich bei den in den Kanistern vorgefundenen Flüssigkeiten um Waschwässer und nicht um alte Fotochemikalien gehandelt hätte. Der Berufungswerber gab dazu an, nicht mit Chemikalien der Firma "A" zu arbeiten, sondern mit jenen der Firma "T", die - im Gegensatz zu den Produkten der Firma "A" - voll recyclingfähig wären. Somit stehen einander widersprechende Aussagen gegenüber:

Da von den vorgefundenen Flüssigkeiten, die vom Amtssachverständigen selbst in seinem Befund mehrmals als "Flüssigkeit unbekannter Zusammensetzung" bezeichnet wurden, keine Proben gezogen und keine Analysen durchgeführt wurden, fehlt ein objektiver Beweis für das Vorliegen gefährlicher Abfälle. Die vom Amtssachverständigen getroffenen Feststellungen, die sich hinsichtlich der Herkunft dieser "Flüssigkeiten unbekannter Zusammensetzung" auf die Aussagen einer Angestellten berufen, sind nicht stichhaltig, weil eben diese als Zeugin bei der Vernehmung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat - unter Wahrheitspflicht! - gesagt hatte, daß diese Flüssigkeiten nur Waschwässer, nicht jedoch Chemikalien gewesen wären.

Auch die Auskunft der Firma "A" sowie die eigene Annahme des Sachverständigen, daß ein- bis zweimal jährlich die Chemikalien vollständig erneuert werden müßten, sind im vorliegenden Fall deshalb nicht durchschlagend, weil der Berufungswerber eben Produkte der Firma "T" verwendet. Ausführungen dazu fehlen jedoch im Gutachten des Sachverständigen, obwohl auf mehreren der auf den Lichtbildern erkennbaren Kanister die Produktbezeichnung "T" ersichtlich ist. Schließlich vermag auch die Annahme des Sachverständigen, wonach Waschwässer aus fotochemischen Betrieben automatisch mit der Schlüsselnummer 52723 versehen würden, den Tatvorwurf nicht zu erhärten, da es sich hiebei bloß um eine Annahme, nicht aber um einen Beweis handelt. Es geht daraus nämlich nicht mit der für die Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens erforderlichen Sicherheit hervor, daß es sich dabei tatsächlich um gefährliche Abfälle handelt, da nicht ausgeschlossen werden kann, daß aufgrund des geringen Verschmutzungsgrades diese Flüssigkeiten eben noch nicht als "gefährliche Abfälle" zu gelten haben. Überdies bezieht sich die Schlüsselnummer 52723 auf "Entwicklerbäder" und kann daher nicht für Waschwässer, die mit Fixier- oder Bleichbädern verunreinigt sind, heranzogen werden, zumal für derartige Bäder eigene Schlüsselnummern (52707 bzw. 52715 in der damals anwendbaren ÖNORM S 2101, Ausgabe 1983) vorgesehen waren. 4.4. Es ist daher festzustellen, daß die dem nunmehrigen Berufungswerber angelastete Tat nicht mit der für die Bestrafung erforderlichen Sicherheit bewiesen ist, sodaß nicht fest steht, daß es sich bei den vorgefundenen Abfällen tatsächlich um gefährliche Abfälle handelte. Daher war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Die Aufhebung und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens bewirkt auf der Kostenseite, daß der Bw weder mit Beiträgen zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz noch zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu belasten ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. B l e i e r Beschlagwortung: (Beweiswürdigung)

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