Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310141/3/Le/Ha

Linz, 21.04.1998

VwSen-310141/3/Le/Ha Linz, am 21. April 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Bleier, Beisitzer: Mag. Kisch, Berichter: Dr. Leitgeb) über die Berufung des Alois M, A, vertreten durch Rechtsanwälte S, B & Partner, Europaplatz 7, 4020 Linz, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 26.11.1997, Ge96-39-1997, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Es entfallen alle Beiträge zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991, iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF. Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 26.11.1997 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 39 Abs.1 lit.a Z1 iVm § 15 Abfallwirt-schaftsgesetz (im folgenden kurz: AWG) eine Geldstrafe in Höhe von 50.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 3 Tagen) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als der gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen Berufene der "M Umwelttechnik Gesellschaft m.b.H." mit Sitz in A, G, zu verantworten, daß diese Gesellschaft mit Begleitschein Nr. 363170, SN 55502, Altlacke, Altfarben, soferne lösemittel- und/oder schwermetallhaltig, sowie nicht voll ausgehärtete Reste in Gebinden gesammelt, und am 20.12.1996 an die V GmbH und Co. KG., 780 kg übergeben hat, obwohl die o.a. Abfallarten im Sinne der Verordnung über die Festsetzung gefährlicher Abfälle BGBl.Nr. 49/1991, als gefährliche Abfälle deklariert sind und obwohl diese Gesellschaft mbH die dafür erforderliche Erlaubnis des Landeshauptmannes gemäß § 15 AWG (Abfallwirtschaftsgesetz) nicht erlangt habe.

In der Begründung dazu wurde im wesentlichen ausgeführt, daß die Gesellschaft zwar eine Erlaubnis aufgrund des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 21.10.1990 habe, jedoch nicht für die Schlüsselnummer 55502. Aufgrund des Begleitscheines Nr. 363170 sei erwiesen, daß die "M Umwelttechnik Gesellschaft m.b.H." 780 kg Altlacke bzw. Altfarben mit der Schlüsselnummer 55502 gesammelt und am 20.12.1996 an die V GmbH & Co KG übergeben habe, obwohl die o.a. Abfallarten iSd Verordnung über die Festsetzung gefährlicher Abfälle, BGBl.Nr. 49/1991, als gefährliche Abfälle deklariert sind und obwohl diese Gesellschaft m.b.H. die dafür erforderliche Erlaubnis des Landeshauptmannes gemäß § 15 AWG nicht erlangt habe. Der Beschuldigte hätte es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der "M Umwelttechnik Gesellschaft m.b.H." zu verantworten, daß diese Gesellschaft m.b.H. die gegenständliche Verwaltungsübertretung fahrlässig begangen habe, da die gebotene Sorgfalt außer Acht gelassen wurde und diese Gesellschaft m.b.H. dadurch verkannt habe, daß sie einen tatbestandsmäßigen Sachverhalt verwirkliche. Sodann wurden die Gründe für die Strafbemessung dargelegt.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 19.12.1997, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Zur Begründung dazu wurden formale und inhaltliche Mängel des Strafverfahrens und des Straferkenntnisses gerügt. Insbesonders wurde darauf hingewiesen, daß die Abfälle von einem Großbrand bei der Tischlerei T stammen und die M Umwelttechnik Ges.m.b.H. hier nicht als Sammler dieser gefährlichen Abfälle, sondern nur im direkten Auftrag des Abfallbesitzers Tischlerei Treml als Transporteur tätig geworden sei.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat die Berufung und den zugrundelie-genden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da bereits aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid zu beheben ist, konnte in Anwendung des § 51e Abs.1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

Da eine Geldstrafe über 10.000 S verhängt wurde, ist für die Durchführung dieses Verfahrens die Zuständigkeit der Kammer gegeben (§ 51c VStG).

4.2. Gemäß § 39 Abs.1 AWG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen a) mit Geldstrafe von 50.000 bis 500.000 S wer 1. die Tätigkeit eines Abfall(Altöl)sammlers oder Abfall(Altöl)behandlers ausübt, ohne im Besitz der gemäß § 15 Abs.1 erforderlichen Erlaubnis zu sein oder sie entgegen § 15 Abs.5 und 6 oder nach einer Entziehung gemäß § 15 Abs.8 ausübt; ...

Die Legaldefinition des § 2 Abs.9 bezeichnet als Abfallsammler (Altölsammler) den, der Abfälle (Altöle) abholt oder entgegennimmt.

Nach § 15 Abs.1 AWG bedarf einer Erlaubnis des Landeshauptmannes, wer gefährliche Abfälle oder Altöle sammelt (abholt oder entgegennimmt) oder behandelt (verwertet, ablagert oder sonst behandelt). Eine Verwaltungsübertretung nach § 39 Abs.1 lit.a Z1 iVm § 15 Abs.1 AWG begeht somit derjenige, der gefährliche Abfälle abholt oder entgegennimmt, obwohl er dafür keine entsprechende Erlaubnis des Landehauptmannes hat.

4.3. § 44a VStG bestimmt, daß der Spruch (eines Straferkenntnisses), wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten hat: 1. die als erwiesen angenommene Tat; ...

Dieser Vorschrift ist nach Lehre und Judikatur dann entsprochen, wenn a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahme-verfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. (Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 969).

Dazu ist es erforderlich, Tatort und Tatzeit möglichst präzise anzugeben.

4.4. Wenn man nun den Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses mit der oben unter 4.2. und 4.3. dargestellten Rechtslage vergleicht, so werden dessen erhebliche Mängel offenbar:

Dem Bw wurde vorgeworfen, er habe es zu verantworten, daß die "M Umwelttechnik Gesellschaft m.b.H." (im folgenden kurz: Gesellschaft) "mit Begleitschein Nr. 363170 SN 55502 Altlacke, Altfarben, soferne lösemittel- und/oder schwermetallhaltig sowie nicht ausgehärtete Reste in Gebinden, gesammelt und am 20.12.1996 an die V GmbH & Co KG, 780 kg übergeben hat, obwohl ..." Tatsächlich aber hat die Behörde nicht festgestellt, wo, wann, von wem und in welcher Menge die Gesellschaft die bezeichneten gefährlichen Abfälle abgeholt oder entgegengenommen hat! Damit aber wurden wesentliche Tatbestandsmerkmale, insbesondere Tatzeit und Tatort sowie Tatinhalt der angelasteten Verwaltungsübertretung weder beweis-mäßig erhoben noch spruchmäßig vorgeworfen. Damit aber wurde die Vorschrift des § 44a Z1 VStG in gröblicher Weise verletzt.

Der konkret bezeichnete Begleitschein mit der Nr. 363170 bezieht sich nicht auf eine von der Gesellschaft ausgeübte Sammeltätigkeit, sondern dokumentiert die Übergabe von 780 kg gefährlicher Abfälle der Schlüsselnummer 55502 durch die Gesellschaft an die V GmbH & Co. KG. Die Übergabe gefährlicher Abfälle an einen befugten Behandler, welche Eigenschaft der V GmbH & Co. KG. bekanntlich zukommt, entspricht aber der gesetzlichen Anforderung des § 17 Abs.3 AWG und war daher als Tatvorwurf ungeeignet.

Aufgrund der Mangelhaftigkeit des Tatvorwurfes war daher spruchgemäß zu entscheiden, ohne auf die in der Berufung vorgebrachten Argumente näher einzugehen.

Zu II.: Die Aufhebung und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens bewirkt auf der Kostenseite, daß der Bw weder mit Beiträgen zu den Kosten des Verwaltungs-strafverfahrens erster Instanz noch zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu belasten ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Ergeht an:

Dr. B l e i e r Beschlagwortung: falscher Tatvorwurf; Sammler; gefährliche Abfälle; Tatzeit; Tatort; Tatinhalt;

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