Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310153/23/Le/Km

Linz, 16.08.2000

VwSen-310153/23/Le/Km Linz, am 16. August 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Bleier, Beisitzer: Mag. Kisch, Berichter: Dr. Leitgeb) über die Berufung des F M jun., O 3, L, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J P, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 22.6.1998, Ge96-22-1998, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird, soweit sie sich gegen die Schuld richtet, keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt.

Der Berufung wird jedoch, soweit sie sich gegen die Strafe richtet, Folge gegeben; die verhängte Geldstrafe wird auf 1.000 S (entspricht  72,67 €), die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 6 Stunden herabgesetzt.

II. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich sohin auf 100 S (entspricht 7,26 €).

Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 19, 44a, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 Verwaltungs-strafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 22.6.1998 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 39 Abs.1 lit.a Z2 iVm § 17 Abs.1 und § 45 Abs.13 Abfallwirtschaftsgesetz (im Folgenden kurz: AWG) in Verbindung mit § 9 Abs.1 VStG eine Geldstrafe in Höhe von 50.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 34 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der F M GesmbH und somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ zu vertreten, dass die F M GesmbH am 12.1.1998 auf einer näher bezeichneten Stelle am Standort in L, O 3, im Freien in einem stark verrosteten 200 l Stahlspundfass gefährlichen Abfall, und zwar Ölfilter mit der Schlüsselnummer 54928 verbrannt hat, wobei eine starke Rauchentwicklung festgestellt werden konnte.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 10.7.1998, mit der beantragt wird, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Zur vollständigen Klärung des Sachverhaltes wurde vom Unabhängigen Verwaltungssenat am 18.1.1999 eine öffentliche mündliche Verhandlung im Gemeindeamt Lochen durchgeführt. An dieser nahmen der Berufungswerber mit seinem Rechtsvertreter und der Vertreter der Erstbehörde Mag. S teil; der Amtssachverständige Wolfgang Z wurde als Zeuge gehört.

3.2. Aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

Am 12.1.1998 führte ein Vertreter der Umweltrechtsabteilung des Amtes der Oö. Landesregierung gemeinsam mit dem Amtssachverständigen Wolfgang Z eine unangekündigte Überprüfung des Betriebes der F M GesmbH in O 3, L, durch. Dabei wurde festgestellt, dass in einem 200 l Stahlspundfass - neben anderen Abfällen - Öl- und Luftfilter verbrannt worden waren. Das Fass war zu diesem Zeitpunkt noch heiß und es kam auch zu einer relativ starken Rauchentwicklung. Weder der Berufungswerber noch sein Vater Franz Maier sen. waren zu diesem Zeitpunkt auf dem Betriebsgelände anwesend. Die anwesende Mutter des Berufungswerbers konnte zu diesem Verbrennungsvorgang keine Auskünfte geben.

Bei der Firma F M GesmbH kamen damals vier Lkw, fünf Radlader, vier Bagger, drei Traktoren und motorbetriebene Siebanlagen zum Einsatz, bei denen Ölfilter als Abfälle anfielen.

Das Fass war nach Ansicht des Sachverständigen schon öfter für Verbrennungszwecke verwendet worden, weil Luftlöcher eingebohrt waren und das Fass bereits stark korrodiert war.

Im angrenzenden Holzschuppen fand der Amtssachverständige am Überprüfungstag eine kleine Entsorgungsstation vor, die zur getrennten Entsorgung verschiedener Abfälle aufgestellt war. Allerdings waren die Fässer leer.

Bei einem späteren Außendienst am 2.3.1998 brachte der Zeuge in Erfahrung, dass Herr M sen. angeblich die Verbrennung am Tattag durchgeführt habe.

Der Berufungswerber legte Entsorgungsnachweise, meist Begleitscheine, vor, aus denen ersichtlich ist, dass am 22.1.1997 680 kg Altöl, am 22.1.1996 8.500 kg Bleiakkumulatoren, am 25.7.1996 45 kg Altspeiseöl, am 28.6.1996 120 kg Altöl, am 3.1.1990 126 kg Öl- und Luftfilter, am 30.1.1996 5.000 kg Altöl und am 11.3.1998 60 kg Öl- und Luftfilter entsorgt worden waren.

Festgestellt wurde weiters, dass zwischen den Jahren 1990 und 1998 keine Ölfilter nachweislich entsorgt wurden. Der Berufungswerber erklärte dies damit, dass diese Abfälle zwischengelagert und dann gesammelt entsorgt worden wären. (Dazu wird bemerkt, dass nach der oben zitierten Aussage des Amtssachverständigen die zur getrennten Sammlung der Abfälle aufgestellten Fässer am Tattag leer waren.)

Der Berufungswerber räumte anlässlich der mündlichen Verhandlung selbst ein, dass die von der Behörde beim Lokalaugenschein im Stahlspundfass vorgefundenen Abfälle von seinem Vater verbrannt worden waren. Er habe im Stahlspundfass die Öl- und Luftfilter gefunden und daraufhin seinen Vater zur Rede gestellt, warum er das verbrenne, wo doch eine Entsorgungsstation aufgebaut sei. Sein Vater habe ihm erklärt, dass er die Drahteinsätze der Filter brauche, um in der Dachröhre bzw. vor der Tauchpumpe einen Drahtfilter anzubringen, damit diese nicht durch Laub verlegt werden. Die Korrosion des Fasses erklärte der Berufungswerber damit, dass das Fass immer heraußen gestanden sei; die Löcher habe sein Vater wahrscheinlich am gleichen Tage gebohrt, wie er die Verbrennung durchgeführt habe. Er nehme an, dass hier in diesem Fass die Werkstättenabfälle verbrannt wurden, die gesammelt worden waren.

3.3. Nach der mündlichen Verhandlung stellte der Unabhängige Verwaltungssenat an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, die in § 39 Abs.1 lit.a Einleitungssatz AWG vorgesehene Mindeststrafe von 50.000 S als verfassungswidrig aufzuheben.

Mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16.3.2000, G 312/97-18, 15/99-16 u.a., dem Unabhängigen Verwaltungssenat zugestellt am 14.7.2000, gab der Verfassungsgerichtshof diesem Antrag Folge und hob die Wortfolge "von 50 000" in der bezeichneten Gesetzesstelle als verfassungswidrig auf.

Dies hat zur Folge, dass bei der Strafbemessung dieser Mindeststrafsatz nicht mehr zu berücksichtigen ist.

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Da eine Geldstrafe über 10.000 S verhängt wurde, ist für die Durchführung dieses Verfahrens die Zuständigkeit der Kammer gegeben (§ 51c VStG).

4.2. § 17 Abs.1 AWG in der anzuwendenden Fassung vor der Novelle 1998, BGBl I 151/1998, lautete wie folgt:

"§ 17 (1) Gefährliche Abfälle und Altöle sind unbeschadet weitergehender Verpflichtungen jedenfalls so zu lagern und zu behandeln (verwerten, ablagern oder sonst zu behandeln), dass Beeinträchtigungen im Sinne des § 1 Abs.3 vermieden werden. Das Ablagern von gefährlichen Abfällen oder Altölen außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen ist unzulässig."

Aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren, insbesonders der Aussage des Berufungswerbers, steht fest, dass zur angelasteten Tatzeit tatsächlich gefährliche Abfälle, nämlich Ölfilter mit der Schlüsselnummer 54928 der durch die Verordnung über die Festsetzung gefährlicher Abfälle verbindlich erklärten ÖNORM S2101 in einem Stahlspundfass und somit im Freien verbrannt wurden. Das Verbrennen von gefährlichen Abfällen stellt eine Form der Behandlung dar, und zwar der "sonstigen Behandlung". Dadurch wurde, wie vom Sachverständigen anhand der Rauchentwicklung festgestellt werden konnte, die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt. Dass diese Verunreinigung vermeidbar gewesen wäre, ergibt sich schon allein daraus, dass durch eine Übergabe dieser verbrauchten Ölfilter an einen befugten Sammler oder Behandler diese Umweltverunreinigung nicht aufgetreten wäre (siehe hiezu etwa VwGH 96/07/0103 v. 29.10.96). Das tatbestandsmäßige Verhalten der angelasteten Verwaltungsübertretung ist somit als erfüllt anzusehen.

4.3. Diese Verwaltungsübertretung ist - entgegen der Ansicht des Berufungswerbers - diesem auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen:

Die Ölfilter stammten laut Darstellung des Sachverständigen von der Größe her von Lkws und schweren Baumaschinen. Der Berufungswerber gab bei der mündlichen Verhandlung nach Einsicht in die bei der Überprüfung am Tattag aufgenommenen Lichtbilder an, dass es sich hiebei um lange Filter handle und sie schon einen Traktor hätten, der so lange Filter hätte. (Er sprach in diesem Zusammenhang auch die Möglichkeit an, dass sein Vater andere Filter hineingegeben haben könnte.)

Im Zusammenhang mit der Fahrzeugausstattung der F M GesmbH mit Lkw, Radladern, Baggern und Traktoren, ist daher davon auszugehen, dass die verbrannten Filter von einem oder mehreren dieser Kraftfahrzeuge stammten. Es wäre sehr unwahrscheinlich, dass Herr M sen. von wo anders derartige Filter hergebracht hätte, um sie dann auf dem eigenen Betriebsgrundstück zu verbrennen.

Bei dem Grundstück, auf dem das als Verbrennungsanlage verwendete und von der Behördenkommission rauchend und heiß vorgefundene Stahlspundfass abgestellt war, handelte es sich um einen Bestandteil der genehmigten Betriebsanlage der F M GesmbH, wie aus dem Lageplan der Betriebsanlagengenehmigung eindeutig festgestellt werden konnte, insbesondere auch durch die Lagebezeichnung durch den Berufungswerber.

Aufgrund dieser beiden Umstände ist die Abfallverbrennung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der F M GesmbH zuzurechnen, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Berufungswerber ist.

Als solcher ist er gemäß § 9 Abs.1 VStG (idF vor der Novelle BGBl I 158/1998) für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verantwortlich. Ein Hinweis darauf, dass ein oder mehrere verantwortliche Beauftragte bestellt gewesen wären, findet sich im Verwaltungsstrafverfahren nicht. Von der allgemeinen Verantwortungsregel des § 9 Abs.1 VStG abweichende Verantwortungsbestimmungen gibt es für den gegenständlichen Fall im AWG nicht.

Somit ist der zur Vertretung der F M GesmbH nach außen vertretungsbefugte Berufungswerber für die angelastete Verwaltungsübertretung verantwortlich, weil nur er es hätte verhindern können, durch gezielte Anweisungen und Kontrollen Übertretungen des Abfallwirtschaftsgesetzes zu verhindern.

4.4. Die verhängte Geldstrafe war jedoch deutlich herabzusetzen:

Die Erstbehörde verhängte die zum Zeitpunkt der Erlassung ihres Straferkenntnisses geltende Mindeststrafe in Höhe von 50.000 S. Aufgrund der mittlerweile erfolgten Aufhebung dieser Mindeststrafe durch den Verfassungsgerichtshof konnte im Anlassfall die Strafbemessung neu erfolgen.

In Ansehung der in § 19 VStG festgelegten Strafbemessungsgründe und der in der Berufung bekannt gegebenen weiteren Sorgepflicht konnte daher die verhängte Geldstrafe empfindlich herabgesetzt werden.

Für die Anwendung des § 21 VStG fand der Unabhängige Verwaltungssenat jedoch keinen Grund, zumal weder das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist noch die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Jeder Betriebsinhaber ist angehalten, insbesondere im Bereich der Abfallwirtschaft hinsichtlich gefährlicher Abfälle und Altöle die gesetzlichen Bestimmungen sehr genau einzuhalten, da bei jeder Verletzung die verfassungsrechtlich geschützten Werte des Umweltschutzes (Luft, Boden, Wasser) beeinträchtigt werden können; im vorliegenden Fall wurde die akute Beeinträchtigung des Umweltgutes Luft von der Amtsabordnung klar und deutlich festgestellt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.: Gemäß § 64 Abs.1 VStG ist in jedem Straferkenntnis auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat. Dieser Beitrag ist nach § 64 Abs. 2 VStG mit 10 % der verhängten Strafe zu bemessen. Da durch die gegenständliche Berufungsentscheidung die verhängte Strafe herabgesetzt wurde, war auch der Kostenbeitrag zum Strafverfahren der ersten Instanz entsprechend anzupassen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens waren gemäß § 65 VStG dem Berufungswerber nicht aufzuerlegen, weil der Berufung zumindest teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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