Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310166/9/Le/Km

Linz, 27.01.1999

VwSen-310166/9/Le/Km Linz, am 27. Jänner 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des R N, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. D E, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 20.10.1998, UR96-72-1996/Dit, UR96-72-1-1996/Dit, mit dem der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen worden war, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird genehmigt.

Rechtsgrundlage: §§ 66 Abs.4 und 71 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 AVG, BGBl.Nr. 51/1991, iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 13.8.1998 wurde der nunmehrige Berufungswerber wegen Übertretungen des Abfallwirtschaftsgesetzes sowie des Oö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 bestraft. Dieses Straferkenntnis wurde am 19.8.1998 durch Hinterlegung zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 15.9.1998, zur Post gegeben am 16.9.1998, stellte der nunmehrige Berufungswerber einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und holte gleichzeitig die versäumte Rechtshandlung, nämlich die Berufung gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 13.8.1998 nach. Der Antrag auf Wiedereinsetzung wurde damit begründet, daß die Tochter des Berufungswerbers, Frau R K, sich um die Postangelegenheiten kümmern würde und aus diesem Grunde auch eine umfassende Postbevollmächtigung habe. Die Postbetreuung durch Frau K umfasse nicht nur die tägliche Leerung des Briefkastens des Berufungswerbers, sondern darüber hinaus auch die Durchsicht sämtlicher Postzusendungen sowie die Abholung der beim Postamt hinterlegten Zusendungen und deren Aushändigung an den Berufungswerber. Frau K sei eine sorgfältige und verläßliche Frau, die gerade aufgrund dieser Eigenschaften den Posteingang des Berufungswerbers betreue, weil dieser sehr häufig ortsabwesend sei und sich daher nicht mit der erforderlichen Sorgfalt und Aufmerksamkeit selbst um seine Post kümmern könne. Sie verfüge über eine langjährige Berufserfahrung im Bereich des Sekretariats- und Buchhaltungswesens und wisse deshalb um eine ordnungsgemäße Postabwicklung bzw. Postbetreuung penibel Bescheid. Die Erledigung der Postagenden führe sie bereits seit mehreren Jahren zuverlässig und genau durch. Der Berufungswerber hätte sich bisher immer auf die Korrektheit und Genauigkeit seiner Tochter verlassen können, sodaß sich für ihn das Übersehen der Einhaltung der Abholfrist durch seine Tochter als unvorhergesehenes bzw. unabwendbares Ereignis darstelle. 2. Die Erstbehörde hat diesen Antrag abgewiesen. 3. Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung vom 9.11.1998, in der der Berufungswerber im wesentlichen seine Argumentation im Wiedereinsetzungsantrag wiederholte bzw. genauer ausführte.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat den beantragten Beweis aufgenommen und anläßlich einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung Frau R K als Zeugin einvernommen. Diese gab an, früher viele Jahre als Direktionssekretärin gearbeitet zu haben; seit etwa fünf Jahren sei sie teilzeitbeschäftigt und mache nebenbei auch noch die Post für ihren Vater. Sie wisse, was mit hinterlegten behördlichen Schriftstücken zu veranlassen sei und gab an, sich bis heute nicht erklären zu können, warum gerade die Hinterlegungsanzeige für dieses Straferkenntnis von ihr übersehen worden sei. Jedenfalls wäre ihr das Straferkenntnis erst am 3.9.1998, als sie wieder beim Postamt war, vom dortigen Postbeamten ausgehändigt worden. Daraufhin hätte sie es sofort zu ihrem Vater gebracht, der umgehend damit in die Kanzlei seines Rechtsanwaltes gegangen wäre.

Der Berufungswerber gab dazu an, daß schon öfter auch den Briefträgern Fehler passiert wären.

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß 71 Abs.1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist ... auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn: 1. Die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, ...

Nach Abs.4 leg.cit. ist dieser Antrag binnen zwei Wochen nach Kenntnis des Wiedereinsetzungsgrundes bei der Behörde einzubringen. Gleichzeitig ist die versäumte Prozeßhandlung nachzuholen.

5.2. Die formalen Voraussetzungen sind erfüllt: Der Berufungswerber hat innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis des Wiederaufnahmegrundes den Antrag gestellt und gleichzeitig die versäumte Prozeßhandlung nachgeholt, indem er die Berufung ausgeführt hat.

Die Zeugin R K hat anläßlich der mündlichen Verhandlung glaubhaft dargelegt, daß sie als langjährige Direktionssekretärin mit Postvollmacht über ihre Aufgaben vollständig informiert ist und daß sie bisher seit etwa fünf Jahren fehlerfrei und zur vollen Zufriedenheit ihres Vaters auch seine Postangelegenheiten erledigt hat. Sie hat glaubwürdig versichert, daß die gegenständliche Hinterlegungsanzeige vom 19.8.1998 spurlos verschwunden ist und daß sie sich deren Verbleib nicht erklären kann. Das Schriftstück habe sie erst am 3.9.1998 beim Postamt bekommen, als es ihr dort von einem Postbeamten ausgehändigt wurde.

Der Berufungswerber hat zudem darauf hingewiesen, daß auch Briefträger Fehler machen können.

§ 71 Abs.1 Z1 AVG verlangt denn auch nur, daß die Partei die Verhinderung glaubhaft macht. "Glaubhaftmachen" stellt eine Handlung dar, die von der Aussagekraft her unterhalb des "Beweisens" liegt. Die Glaubhaftmachung bezweckt lediglich, die Richtigkeit einer Behauptung wahrscheinlich zu machen. Die vom Berufungswerber und der Zeugin R K abgegebene Schilderung der Handhabung der Postangelegenheiten sowie des Verlustes der Hinterlegungsanzeige sind aber durchaus wahrscheinlich, weil sie mit den Erfahrungen des täglichen Lebens durchaus in Einklang steht.

Es ist damit dem Berufungswerber gelungen, glaubhaft zu machen, daß ihn im vorliegenden Fall weder ein Verschulden noch ein minderer Grad des Versehens trifft.

Frau K war aufgrund ihrer beruflichen Erfahrung und Tätigkeit durchaus in der Lage, auch seine Postangelegenheiten zu erledigen, weshalb den Berufungswerber auch hinsichtlich der Auswahl seiner Postbevollmächtigten kein Auswahlverschulden trifft. Schließlich wurden auch keine Gründe dafür bekannt, daß der Berufungswerber seiner Überwachungspflicht nicht ausreichend nachgekommen wäre. Gerade in Fällen wie dem Anlaßfall, bei dem eine Hinterlegungsanzeige spurlos verschwunden ist, ist eine Kontrolltätigkeit praktisch kaum durchführbar. Der Grund der verspäteten Übernahme des Straferkenntnisses war somit ein Versehen einer sonst sehr verläßlichen Sekretärin, die noch dazu die Tochter des Berufungswerbers ist, sodaß anzunehmen ist, daß sie für ihren Vater besonders sorgfältig arbeitet. Damit aber hat den Berufungswerber ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis gehindert, rechtzeitig Berufung zu erheben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Leitgeb Beschlagwortung: Wiedereinsetzung

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