Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310175/2/Le/Ha

Linz, 27.09.1999

VwSen-310175/2/Le/Ha Linz, am 27. September 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des Josef R, S, W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Josef H, R, W, gegen die "Ermahnung (Bescheid)" des Bürgermeisters der Stadt Wels als Bezirksverwaltungsbehörde vom 8.6.1999, MA2-Pol-7034-1997 OM, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes iVm der Verordnung über die Rücknahme von Kühlgeräten, BGBl.Nr. 408/1992 idF BGBl.Nr. 168/1995, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, die angefochtene Ermahnung aufgehoben

und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit der angefochtenen "Ermahnung (Bescheid)" des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 8.6.1999 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 39 Abs.1 lit.b Z1 Abfallwirtschaftsgesetz (im Folgenden kurz: AWG) iVm § 3 Abs.2 Z3 und 4 und § 3 Abs.4 der Verordnung über die Rücknahme von Kühlgeräten, BGBl.Nr. 408/1992 idF BGBl.Nr. 168/1995, eine Ermahnung ausgesprochen.

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, gegen § 39 Abs.1 lit.b Z1 AWG iVm § 3 Abs.2 Z3 und 4 und § 3 Abs.4 der Verordnung über die Rücknahme von Kühlgeräten verstoßen zu haben. Als Tatvorwurf wurden im Wesentlichen die Feststellungen des Sachverständigen angelastet, die dieser am 3.7.1997 anlässlich einer Überprüfung im Betriebsgebäude der R in Wels getroffen hatte.

Es wurde jedoch von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung ausgesprochen.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 21.6.1999, mit der beantragt wird, den angefochtenen Bescheid zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

3. Der Bürgermeister der Stadt Wels hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da bereits aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, insbesonders dem angefochtenen Bescheid, ersichtlich ist, dass dieser aufzuheben ist, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung entfallen.

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das

Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in

dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Die unabhängigen Verwaltungssenate entscheiden gemäß § 51c VStG über Berufungen durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen, wenn aber im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eines ihrer Mitglieder.

4.2. Der Berufungswerber hat in seinem Berufungsschriftsatz vom 21.6.1999 unter Punkt 4. gerügt, dass die Tat nicht ausreichend individualisiert und konkretisiert und ein Spruch nicht erkennbar ist.

Bereits mit diesem Vorbringen befindet sich der Berufungswerber im Recht:

§ 44a VStG bestimmt, dass der Spruch zu enthalten hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet:

1. Die als erwiesen angenommene Tat;

2. Die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist; ...

Zur Konkretisierung der Tat gibt es umfangreiche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Demnach ist der Vorschrift des § 44a Z1 VStG dann entsprochen, wenn

  1. im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und
  2. der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesonders auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44a Z1 VStG genügt oder nicht genügt, mithin, ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder als rechtswidrig erscheinen lässt ... (Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 969).

4.3. Wenn man nun diese Maßstäbe an die vom Bürgermeister der Stadt Wels als Behörde erster Instanz ausgesprochene Ermahnung anlegt, so wird deutlich, dass mit diesem Bescheid dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z1 VStG in keiner Weise entsprochen wurde. Es wird dort im Spruch lediglich ein Sachverhalt dargestellt, was in dieser Form an sich in die Begründung des Bescheides gehörte. Es ist im Spruch - nicht einmal im Zusammenhalt mit der zitierten Rechtsgrundlage - erkennbar, welches Fehlverhalten nun konkret dem Beschuldigten angelastet wird und welches das gebotene Verhalten gewesen wäre.

So wird dem nunmehrigen Berufungswerber vorgeworfen, er habe gegen § 3 Abs.2 Z3 und 4 der Kühlgeräteverordnung verstoßen. Wenn man nun diese zitierte Bestimmung näher betrachtet, so fällt auf, dass in § 3 Abs.2 der Kühlgeräteverordnung in acht Punkten definiert wird, unter welchen Voraussetzungen ein flächendeckendes Entsorgungssystem gemäß Abs.1 vorliegt; in dieser Bestimmung wird jedoch kein bestimmtes Verhalten geboten.

In dem weiters zitierten § 3 Abs.4 der Verordnung wird gar eine Ausnahmebestimmung von der Pflicht zur Pfandeinhebung oder zur Abgabe eines Gutscheines (unter gewissen Voraussetzungen) statuiert, aber kein bestimmtes Verhalten geboten.

Es geht somit aus dem Spruch der Ermahnung nicht hervor, wodurch der Beschuldigte gegen die zitierten Bestimmungen verstoßen haben soll.

Der angefochtene Bescheid verstößt somit gegen die Konkretisierungsgebote des § 44a Z1 und Z2 VStG, die auch im Falle des Ausspruches einer Ermahnung gelten: Ein Vorgehen nach § 21 Abs.1 VStG erfordert im Bescheidspruch die Anführung des strafbaren Tatbestandes und der übertretenen Verwaltungsnorm (VwGH 85/06/0169 vom 25.6.1987).

4.4. Da diese umfangreichen Verletzungen von Formalvorschriften - weil außerhalb der Frist des § 31 Abs.1 und Abs.2 VStG liegend - nicht mehr saniert werden können, war - ohne auf die zu Grunde liegenden materiellrechtlichen Probleme eingehen zu können - spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. L e i t g e b

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