Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310182/3/Le/La

Linz, 04.04.2000

VwSen-310182/3/Le/La Linz, am 4. April 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 11. Kammer (Vorsitzender: Dr. Weiß, Beisitzer: Mag. Kisch, Berichter: Dr. Leitgeb) über die Berufung des Roman N, F, L, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Dietmar E, K, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 22.2.2000, Zl. UR96-37-1999-Re, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen alle Beiträge zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991, iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.2 Verwaltungs-strafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 22.2.2000 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 32 Abs.1 iVm § 39 Abs.1 lit.b Z22 Abfallwirtschaftsgesetz (im Folgenden kurz: AWG) eine Geldstrafe in Höhe von 70.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von drei Tagen) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe es unterlassen, der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land seit dem 1.5.1999 (Rechtskraft des Bescheides) bis zum 14.7.1999 (Tag der Aufforderung zur Rechtfertigung) einwandfreie Nachweise, das sind Begleitscheine nach der Abfallnachweisverordnung, über die Erfüllung der ihm mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 12.4.1999, UR01-32-1997-Re, aufgetragenen nachweislichen ordnungsgemäßen Entsorgung einer Reihe von näher bezeichneten gefährlichen Abfällen vorzulegen, obwohl ihm dies mit rechtskräftigem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 12.4.1999, UR01-32-1997-Re, nachweislich aufgetragen worden sei und behördliche Aufträge oder Anordnungen gemäß § 32 AWG zu befolgen sind.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 7.3.2000, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Zur Begründung brachte der Berufungswerber vor, dass das Straferkenntnis insofern mangelhaft sei, als das vom Sachverständigen erstellte Gutachten, welches Grundlage dieses Straferkenntnisses aus fachlicher Sicht sei, nicht schlüssig wäre.

Überdies habe sich die erstinstanzliche Behörde bei der Erlassung des Straferkenntnisses auf die beim Lokalaugenschein am 10.9.1998 getätigten Feststellungen des Amtssachverständigen gestützt, ohne eigene Schlussfolgerungen außer den vom Sachverständigen vorgenommenen Bewertungen zu ziehen. Sie habe dessen Feststellungen übernommen, ohne eine chemische Untersuchung der vorgefundenen Flüssigkeiten durchzuführen, weshalb das Verfahren mangelhaft sei.

Hinsichtlich des Inhaltes der Fässer hätte es keine Ermittlungen über die chemische Zusammensetzung dieser Flüssigkeiten gegeben, sondern hätte sich die Behörde alleine auf die Angaben des Berufungswerbers gestützt. Aus dem festgestellten Sachverhalt gehe nicht hervor, ob die vorgefundenen Stoffe Altöle im Sinne des Abfallbegriffes dem § 21 zugeordnet werden könnten. Somit könne das Altöl auch nicht ohne weiteres der Schlüsselnummer 54102 zugeordnet werden.

Überdies sei die Strafbemessung zu hoch; die Begründung der Erstbehörde dafür sei als "Scheinbegründung" zu qualifizieren.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da bereits aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ersichtlich ist, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, war keine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Da eine Geldstrafe über 10.000 S verhängt wurde, ist für die Durchführung dieses Verfahrens die Zuständigkeit der Kammer gegeben (§ 51c VStG).

4.2. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, seit dem 1.5.1999 bis zum 14.7.1999 keine einwandfreien Nachweise, das sind Begleitscheine nach der Abfallnachweisverordnung, über die Erfüllung der ihm mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 12.4.1999, UR01-32-1997-Re, aufgetragenen nachweislichen ordnungsgemäßen Entsorgung näher bezeichneter gefährlicher Abfälle vorzulegen, obwohl ihm dies mit dem genannten rechtskräftigen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land nachweislich aufgetragen worden sei und behördliche Aufträge oder Anordnungen gemäß § 32 AWG zu befolgen wären.

Mit diesem Bescheid der Erstbehörde vom 12.4.1999, UR01-32-1997-Re war dem Berufungswerber Folgendes aufgetragen worden:

Im Spruchabschnitt II.: "Der Behörde sind unaufgefordert einwandfreie Nachweise, das sind Begleitscheine nach der Abfallnachweisverordnung, BGBl.Nr. 65/1991, unverzüglich vorzulegen."

Im Spruchabschnitt I. wurde ihm aufgetragen, die auf der Liegenschaft in L, F 3, gelagerten gefährlichen Abfälle nach dem Stand der Technik zu entfernen und ebenso ordnungsgemäß zu entsorgen. Die Abfälle wurden in vier Punkten aufgelistet, wobei Punkt 1. in lit. a) bis c) gegliedert wurde.

Im Spruchabschnitt III. wurde dem Verpflichteten aufgetragen, die gefährlichen Abfälle gemäß vorstehenden Positionen, unbeschadet ihrer Lage am spruchbezeichneten Grundstück, vier Wochen nach Zustellung dieses Bescheides auf Gefahr und Kosten des abfallrechtlich Verpflichteten von diesem einer fachlich befähigten und autorisierten Person oder Anstalt zu übergeben.

4.3. Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vom 22.2.2000 sollte vermutlich die Verletzung des Auftrages in Spruchabschnitt II. sanktioniert werden, weil der Berufungswerber offensichtlich keine Begleitscheine vorgelegt hat.

Bei diesem Bescheid vom 12.4.1999 handelt es sich - da die Verpflichtung zur Erbringung von Leistungen (nämlich der Entsorgung bestimmter Abfälle und die unverzügliche Vorlage von Begleitscheinen) aufgetragen wurde - um einen sogenannten Leistungsbescheid. Leistungsbescheide sind bestimmten Formalerfordernissen unterworfen, die von Lehre und Judikatur näher festgelegt sind:

Demnach vollziehen Leistungsbescheide gesetzliche Regelungen in der Art, dass die im Gesetz vorgesehenen Verpflichtungen (zum Zweck ihrer allenfalls erforderlichen Durchsetzung im Exekutionswege) individualisiert und gegebenenfalls präzisiert werden. Die normative Regelung, die immer Inhalt eines Bescheides ist, besteht hier darin, dass einer Person die Erbringung einer Leistung vorgeschrieben wird. Die Relativität des Gegensatzes von "konstitutiv" und "deklarativ" bzw. die Aussage, dass in jedem Bescheid beide Elemente zu finden sind, lässt sich gerade in den Leistungsbescheiden veranschaulichen: Sie sind insoweit "deklarativ", als mit ihnen eine Verpflichtung ausgesprochen wird, die bereits im Gesetz begründet ist. Der bescheidmäßige Ausspruch ist aber zur exekutiven Durchsetzung der im Gesetz vorgesehen Verpflichtung erforderlich und insofern "konstitutiv".

Ein Charakteristikum der Leistungsbescheide ist, dass ihnen - und nur ihnen - Vollstreckbarkeit zukommt. (Siehe Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Auflage, Manz, Seite 546).

Der Bescheidspruch, durch den eine Verpflichtung auferlegt wird, muss so bestimmt gefasst sein, dass nötigenfalls seine Durchsetzung im Wege der Zwangsvollstreckung möglich ist (siehe hiezu etwa VwGH Slg. 11518A, VwGH vom 23.3.1988, 87/03/0223; VwGH vom 8.9.1987, 87/09/0022 ua.).

Wenn das Gesetz, wie hier in § 39 Abs.1 lit.b Z22 AWG, die Nichtbefolgung eines abfallrechtlichen Auftrages unter Strafe stellt, ist es erforderlich, dass der Auftrag nach § 32 Abs.1 AWG auch entsprechend bestimmt ist.

4.4. Unter Anlegung dieser Kriterien an Leistungsbescheide ist im Ergebnis festzustellen, dass der abfallrechtliche Auftrag gemäß § 32 Abs.1 AWG vom 12.4.1999 diesen Bestimmtheitserfordernissen nicht entspricht:

Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber bestraft, weil er zwischen 1.5.1999 und 14.7.1999 keine einwandfreien Nachweise, nämlich Begleitscheine, vorgelegt habe, obwohl ihm dies mit einem rechtskräftigen Bescheid nachweislich aufgetragen worden sei und behördliche Anordnungen oder Aufträge gemäß § 32 AWG zu befolgen wären.

Mit diesem Straferkenntnis hat die Erstbehörde somit den Spruchabschnitt II. des abfallpolizeilichen Auftrages vom 12.4.1999 angesprochen: In diesem Spruchabschnitt II. wurde dem Berufungswerber jedoch nur Folgendes aufgetragen:

"Der Behörde sind unaufgefordert einwandfreie Nachweise, das sind Begleitscheine nach der Abfallnachweisverordnung, BGBl.Nr. 65/1991, unverzüglich vorzulegen."

Dieser Auftrag ist jedoch inhaltsleer, weil er keinen Bezug zu irgendeiner konkreten Tätigkeit und auch nicht zur Entsorgung irgendwelcher konkret bezeichneter Abfälle enthält. Es ist darin auch nicht bezeichnet, wofür diese Nachweise vorzulegen sind bzw. was damit nachgewiesen werden soll.

Somit ist die in Spruchabschnitt II. dieses Titelbescheides enthaltene Verpflichtung mangels Bestimmtheit nicht erfüllbar und auch nicht vollstreckbar.

Wenn aber ein Verpflichteter nicht erkennen kann, welche Verpflichtung ihm nun auferlegt wurde, so kann er nicht dafür bestraft werden, wenn er sie nicht erfüllt.

Das Straferkenntnis war daher wegen Unbestimmtheit des Titelbescheides aufzuheben.

4.5. Selbst dann, wenn man diesen Titelbescheid so interpretieren würde, dass sich die in Spruchabschnitt II. festgelegte Nachweispflicht auf die in Spruchabschnitt I. desselben Bescheides bezeichneten Abfälle bezieht, so würde dies an der spruchgemäßen Entscheidung nichts ändern:

Auch die in Spruchabschnitt I. festgelegte Entsorgungsverpflichtung ist im Hinblick auf die oben dargestellte Rechtslage nicht ausreichend konkretisiert:

Die Erstbehörde hat in ihrem Beseitigungsauftrag vom 12.4.1999 - entgegen dem Sinn des § 32 Abs.1 AWG - die zu ergreifenden Maßnahmen und die zu entsorgenden Abfälle nicht ausreichend konkretisiert. Sie hat lediglich die eher als Aufzählungen und Vermutungen anzusehenden Ausführungen, die der Amtssachverständige anlässlich der Überprüfung am 10.9.1998 an Ort und Stelle diktiert hat, wortgleich in den abfallpolizeilichen Auftrag vom 12.4.1999 übernommen, ohne die Abfälle zu konkretisieren: Es fehlen die genauen Bezeichnungen dieser Abfälle, ihre Einstufung als gefährliche Abfälle oder Altöle (siehe zur Unterscheidung dieser beiden Begriffe § 21 Abs.2 AWG!) und auch die Angabe der Schlüsselnummern. Die vorgefundenen Abfälle wurden nicht genauer untersucht, sondern verließ sich die Erstbehörde auf vage Angaben des Berufungswerbers, ohne diese zu verifizieren.

In diesem Titelbescheid werden im Spruchabschnitt I. in Wahrheit keine Abfälle, sondern nur Fässer bezeichnet, wobei nicht ersichtlich ist, ob diese Fässer Abfälle oder gefährliche Abfälle sind bzw. welcher Schlüsselnummer sie zuzuordnen sind. Besonders auffällig ist diese mangelnde Konkretisierung etwa im Spruchabschnitt I. 1. lit.c, wo Folgendes "angeordnet" ist:

"c) ein Stück 60 l Spundfass, auf dem Kopf stehend, unmittelbar daneben massive Ölspuren auf dem Abdeckgitter, offenkundig war das Fass in die Rigole entleert worden;"

Daraus ist zu folgern, dass selbst unter Heranziehung auch des Spruchabschnittes I. zur Konkretisierung der in Spruchabschnitt II. festgelegten Verpflichtung der Titelbescheid nicht ausreichend bestimmt ist, sodass seine Nichtbefolgung nicht unter die Strafsanktion des § 39 Abs.1 lit.b Z22 AWG subsumiert werden kann.

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Die Aufhebung und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens bewirkt auf der Kostenseite, dass der Berufungswerber nicht mit Beiträgen zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz und des Berufungsverfahrens zu belasten ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. W e i ß

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