Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-310247/3/Ga/Da

Linz, 13.05.2004

 

 

 VwSen-310247/3/Ga/Da Linz, am 13. Mai 2004

DVR.0690392
 
 

E R K E N N T N I S
 
 
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die VIII. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Langeder, den Berichter Mag. Gallnbrunner und den Beisitzer Dr. Reichenberger über die Berufung der Frau K G, vertreten durch Dr. S H, Rechtsanwalt in , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 19. August 2003, UR96-11-2003, wegen Übertretung des Oö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1997 (Oö. AWG), zu Recht erkannt:
Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51c, § 66 Abs.1 VStG.
 

Entscheidungsgründe:
Sachverhalt:

Die Berufungswerberin ist unstrittig handelsrechtliche Geschäftsführerin der M- und Mgesellschaft m.b.H. (folgend kurz: Gesellschaft) in . In dieser Eigenschaft wurde sie mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis vom 19. August 2003 einer Übertretung des "§ 33 Abs.1 Z1 lit.i und Abs.2" Oö. AWG (gemeint offensichtlich: § 33 Abs.1 und 2 Oö. AWG) für schuldig befunden und über sie wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß "§ 33 Abs.1 Z1 lit.i Oö. AWG" (gemeint offensichtlich: § 43 Abs.1 Z1 lit.i Oö. AWG) eine Geldstrafe von 5.000 Euro kostenpflichtig verhängt und eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen festgesetzt.
Näherhin wurde ihr angelastet, sie habe es in der erwähnten Eigenschaft zu vertreten, dass die Gesellschaft an bestimmten Tagen, beginnend mit dem 29. April und endend mit dem 7. Mai 2003, jeweils konkret angegebene Mengen (insges. 2.470,31 Tonnen) von bestimmten, durch verbale Beschreibung und zugeordnete Schlüsselnummern determinierten Abfällen aus der Deponie "U" in im Bundesland Salzburg unbefugt in der Deponie O (in Oberösterreich) abgelagert habe. Die hiefür, nämlich für die Ablagerung von nicht in Oberösterreich angefallenen Abfällen auf einer Deponie in Oberösterreich erforderliche Ausnahmebewilligung sei "erst mit Bescheid vom 7. Mai 2003 erteilt" worden.
 
Den Schuldspruch begründend stellte die belangte Behörde im Wesentlichen darauf ab, dass die von der involvierten Gesellschaft beantragte Bewilligung nach § 33 Abs.1 Oö. AWG über Antrag der involvierten Gesellschaft mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 7. Mai 2003, UR-30062/1161-2003-Pl/Wu (folgend kurz: Bewilligungsbescheid), zwar erteilt, jedoch erst "am 12. März 2003" (erkennbar gemeint: am 12. Mai 2003) zugestellt und wirksam geworden sei.
Wörtlich führte die belangte Behörde ua. aus:
"Dem OÖ. AWG kann weder eine Bestimmung entnommen werden, dass ein Bescheid gem. § 33 Abs. 2 eine Wirksamkeit ab der Antragstellung entfaltet, noch wurde im Bescheid selbst ausgesprochen, dass die Wirksamkeit des Bewilligungsbescheides mit dem Datum der Antragstellung eintritt."

 
Die Berufungswerberin trug mit umfänglicher Begründung verfassungsrechtliche Bedenken gegen den hier als verletzt vorgeworfenen § 33 Oö. AWG vor, u.zw. im Grunde a) eines Verstoßes gegen das bundesverfassungsgesetzlich festgelegte einheitliche Wirtschaftsgebiet und b) wegen Erlassung ohne ausreichende Kompetenzgrundlage für den Landesgesetzgeber. Darauf stützte die Berufungswerberin ihr Begehren, der Unabhängige Verwaltungssenat möge die Aufhebung der genannten Bestimmung beim Verfassungsgerichtshof beantragen.
Im Übrigen machte die Berufungswerberin geltend, es sei dem fraglichen, über Antrag der Gesellschaft erlassenen Bewilligungsbescheid nicht zu entnehmen, dass das Ablagern der in Rede stehenden Abfälle für den Zeitraum vom 29. April bis zum 7. Mai 2003 rechtswidrig erfolgt wäre. Im Wesentlichen auf diesen Einwand gestützt, beantragte die Berufungswerberin Aufhebung und Einstellung.
 
Der erwähnte, dem Strafakt nicht eingelegene, jedoch vom Tribunal gemäß § 66 Abs.1 AVG beigeschaffte "Antrag um Übernahme von Abfällen aus der Altlast Urstein (Salzburg)" vom 24. April 2003 hat folgenden Wortlaut:
"Die M- und M GmbH und die B GesmbH wurden mit der Durchführung der Entsorgung eines Teiles der Abfälle, welche bei der Sanierung der Altlast U (Sbg.) anfallen, beauftragt.
Erhebliche Mengen werden mit größerem Transportaufwand und größeren Transportbelastungen in weit entfernte Deponien in der Steiermark verbracht.
Bei der Deponie in O handelt es sich um eine der Altlast am nächstgelegenen Entsorgungsmöglichkeit (Prinzip der Nähe) und diese ist somit nicht nur aus betriebswirtschaftlichen Gründen sondern auch aus volkswirtschaftlichen Überlegungen hierfür bestens geeignet.
Im Zuge der Entsorgungstätigkeiten, die sich vom 28.4.2003 bis Ende dieses Jahres erstrecken werden, sollen ca. 200.000 to auf unserer Deponie übernommen werden. Da die Materialien von einer Altlast außerhalb des Landes Oberösterreich stammen, ersuchen wir um Zustimmung der Behörde, die gegenständlichen Abfälle trotzdem übernehmen zu dürfen."

 
Der Bewilligungsbescheid vom 7. Mai 2003 nimmt in seiner Einleitung auf den Antrag der Gesellschaft vom 24. April 2003 ausdrücklich Bezug; der darüber absprechende Spruchabschnitt I. hat folgenden Wortlaut:
"Der M- und M GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. S H, wird die Ausnahmebewilligung für die Verwendung von Abfällen der Schlüsselnummern
94802 Schlamm aus der mechanischen Abwasserbehandlung der Zellstoff- und
Papierherstellung
91101 Hausmüll und hausmüllähnliche Gewerbeabfälle


91103 Abfälle aus der mechanischen Abfallaufbereitung (Siebreste aus der Bauschuttaufbereitung)

31409 Bauschutt (keine Baustellenabfälle)
91401 Sperrmüll
17202 Bau- und Abbruchholz
zur Deponierung auf der Deponie O befristet bis 31. Dezember 2003 erteilt."


Als Rechtsgrundlage zu diesem Spruchabschnitt wird § 33 Oö. AWG angeführt. Mit ausdrücklichem Bezug auf die Geltungsdauer der antragsgemäß erteilten Bewilligung findet sich in der Bescheidbegründung nur ein einziger Absatz; dort wird wörtlich ausgeführt:
"Im Zuge der Entsorgungstätigkeiten, die sich vom 28. April 2003 bis Ende dieses Jahres erstrecken werden, sollen ca. 200.000 t auf dieser Deponie übernommen werden. Da die Materialien von einer Altlast außerhalb des Landes Oberösterreich stammen, wurde um Zustimmung der Behörde ersucht, die beantragten Abfälle übernehmen zu dürfen, wobei die Abfälle entsprechend den Schlüsselnummern aufgelistet wurden."

 
Dieser Sachverhalt war für den Berufungsfall als maßgebend festzustellen. Der Inhalt des Bewilligungsbescheides war aus dem vorgelegten Verfahrensakt ersichtlich. Weitere Abklärungen zum Sachverhalt waren nicht vorzunehmen; dem von der Berufungswerberin gestellten Verhandlungsantrag war nicht zu entsprechen (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).
 
 
Rechtliche Beurteilung:

A. Die von der Berufungswerberin vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken teilt das Tribunal unter Verweis auf den Bericht des Ausschusses für Umweltangelegenheiten betreffend das O.ö. Abfallwirtschaftsgesetz 1997, Beilage 1033/197 zum kurzschriftlichen Bericht des o.ö. Landtages, XXIV. GP, nicht. Daraus (Seite 28) geht hervor, dass der nunmehrige § 33 dem bisherigen § 34 Oö. AWG (1990) weitgehend entspricht, dh. nur in unwesentlichen Belangen geändert wurde. Zur Stammfassung (§ 34) aber macht der bezügliche Ausschussbericht (Beilage 411/ 1990 o.ö. Landtag, XXIII. GP) deutlich, dass sich der Abfallwirtschaftsgesetzgeber des Landes mit den Fragen der Kompetenzgrundlage sowie der Übereinstimmung mit dem bundesverfassungsgesetzlichen Gebot des einheitlichen Wirtschaftsgebietes erschöpfend auseinandergesetzt hatte. Das Ergebnis, nämlich: kein Verstoß gegen Bundesverfassungsrecht, ist im Einspruchsverfahren nach Art. 98 Abs.2 bis 4 B-VG vom Bund / von der Bundesregierung nicht beanstandet worden. Der Unabhängige Verwaltungssenat sieht keinen Grund, diese Beurteilung aus Anlass des Berufungsfalles nicht zu teilen.
Der Anregung der Berufungswerberin, einen Gesetzesprüfungsantrag beim Verfassungsgerichtshof zu stellen, war daher nicht zu entsprechen.
 
Im Übrigen ist, entgegen der von der Berufungswerberin vertretenen Auffassung, das Herantreten an den Verfassungsgerichtshof auf Grund eines Antrages der Beschuldigtenpartei dem Tribunal nicht ohne Wenn und Aber aufgetragen, sondern ist davon abhängig, ob die Bedenken vom antragsermächtigten Gericht geteilt werden.
 
 
B. Dennoch war, wie sogleich zu begründen sein wird, aus Anlass der Berufung die Aufhebung des angefochtenen Strafbescheides zu verfügen.
 
Der in Rede stehende Bewilligungsbescheid ist ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt. Ein solcher Akt kann niemals etwas anderes bewilligen, als das, was dem Willen des Bewilligungswerbers entspricht (vgl. VwGH 27.6.1966, 1584/64 uva; zit. unter E. 68 zu § 56 AVG bei Hauer/Leukauf, Handbuch6, Wien 2003). Ganz offensichtlich stellte der Wortlaut des Antrages (sh. oben) auf den Beginn der Erlaubnis schon mit 28. April 2003 ab. Bezogen darauf, war für die Rechtsbeurteilung durch das Tribunal auch kein unklarer Umfang des Antrages in Betracht zu ziehen, hätte doch sonst die Landesregierung als Bewilligungsbehörde zur Präzisierung des Antrages auffordern müssen, was sie jedoch nach der Aktenlage nicht getan hat.
Ausgehend davon, dass der Bewilligungsbescheid eindeutig auf den Antrag der Gesellschaft vom 24. April 2003 Bezug nimmt, dort jedoch nicht nur das Ende der beantragten Entsorgungstätigkeit, sondern auch deren Beginn mit 28. April 2003 genannt ist und dieser Umstand auch Niederschlag in der - im Berufungsfall zur Auslegung des Bescheidspruches heranzuziehenden - Bescheidbegründung gefunden hat, war in der Zusammenschau all dieser Umstände in vertretbarer Weise anzunehmen, dass die zeitliche Geltung der Bewilligung schon mit Beginndatum 28. April 2003 beantragt und - konkludent - so, nämlich antragsgemäß, auch bewilligt worden war.
In Fällen wie diesem kommt es darauf an, welcher Bescheidinhalt rechtskräftig geworden ist. Zwar enthält das Oö. AWG keine explizierte Gestattung rückwirkender Bewilligungen im Sinne des § 33. Allerdings stellen die bezüglichen Gesetzesmaterialien auf die Antragsbindung in Verfahren zur Erlangung einer Bewilligung nach § 33 leg.cit. ab. Alles in allem vermag der Unabhängige Verwaltungssenat der von der Berufungswerberin vertretenen Rechtsauffassung, wonach der Bewilligungsbescheid nicht ausschließbar (zwar gegen das Gesetz, aber unter Bindung an die Angaben des Antrages) von Rückwirkung ausgegangen sei, die Berechtigung nicht abzusprechen. Die dem Bewilligungsbescheid offenbar innewohnende, durch Auslegung nicht auszuschließende Rückwirkung der Bewilligung wurde jedenfalls so rechtskräftig. Sie gilt, mag sie auch aus dem Blickwinkel der generellen Norm falsch sein. Dieses Ergebnis aber saniert die (von der belangten Behörde, isoliert betrachtet, zutreffend angenommene) Rechtswidrigkeit der noch vor Erhalt der Bewilligung am 12. Mai 2003, somit vorzeitig durchgeführten Ablagerungen an den sprucherfassten fünf Tagen Ende April / Anfang Mai 2003 (wobei eine tatsächlich nur sehr kleine Menge - ein 81stel! - der für die Gesellschaft bewilligten Gesamtmasse von ca. 200.000 t Abfällen verfrachtet worden war).
 
Im Übrigen war festzuhalten, dass die ein wesentliches Tatmerkmal bildende Formulierung des angefochtenen Schuldspruches: "Eine solche Bewilligung wurde erst mit Bescheid vom 7. Mai 2003 erteilt", über den Inhalt (Geltungszeitraum) der erteilten Bewilligung für sich genommen nichts aussagt.
 
Zusammenfassend tritt der Unabhängige Verwaltungssenat der Berufungswerberin nicht entgegen, wenn sie - zwar ex post, aber, wie zu zeigen war, mit im Ergebnis vertretbaren Gründen - die gemäß ihrem Antrag erteilte Bewilligung dahin versteht, dass sie Abfallfrachten aus der bewilligten Gesamtmenge rückwirkend schon ab 28. April 2003 in ihre in Oberösterreich gelegene Deponie rechtmäßig ablagern durfte.
 
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 

 

 

Dr. L a n g e d e r
 

Für die Richtigkeit

der Ausfertigung:
 
 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum