Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102357/9/Br

Linz, 05.12.1994

VwSen - 102357/9/Br Linz, am 5. Dezember 1994 DVR.0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn J N, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, AZ. VerkR96-12374-1994, vom 20. September 1994, wegen Übertretungen der StVO 1960, nach der am 5. Dezember 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. a) Der Berufung wird in den Punkten 1) und 2) keine Folge gegeben. Diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

b) In Punkt 3) und 4) wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren in diesen Punkten nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 866/1992 - AVG, iVm § 19, § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 666/1993 - VStG; II. a) Zuzüglich zum erstinstanzlichen Verfahrens-kostenbeitrag werden in den Punkten 1) und 2) dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren 400 S (20 % der verhängten Strafe) auferlegt. b) In den Punkten 3) und 4) entfällt jeglicher Verfahrenskostenbeitrag.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs. 1 und 2, sowie § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, hat mit dem Straferkenntnis vom 20. November 1994 über den Berufungswerber insgesamt vier Geldstrafen (3x 1.000 S und 1x 500 S), jeweils nach § 4 Abs.1 lit.a und § 99 Abs.2 lit.e iVm § 31 Abs.1 StVO 1960 verhängt, weil er am 3.5.1994 gegen 17.50 Uhr die Zugmaschine VB-1O VN mit einer angekoppelten Egge auf der S Bezirksstraße aus Richtung S kommend in Richtung R gelenkt und zwischen km 7,200 und ca. km 5,200 22 Stück Leitpflöcke und einen Kilometerpflock beschädigt habe. 1) Obwohl sein Verhalten am Unfallort mit den Beschädigungen in ursächlichem Zusammenhang stand, habe er nicht sofort angehalten und 2) nicht die nächste Gendarmeriedienststelle verständigt, obwohl er der geschädigten Straßenmeisterei die Beschädigungen nicht unter Nachweis seines Namens und seiner Anschrift gemeldet habe.

Am 8.5.1994 gegen 12.00 Uhr habe er die Zugmaschine auf der S Bezirksstraße aus Richtung R kommend in Richtung S gelenkt und habe er auf Höhe von km 6,3 und 7,1 zwei Leitpflöcke beschädigt. 3) Obwohl sein Verhalten am Unfallort mit den Beschädigungen in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, habe er nicht sofort angehalten und 4) nicht die nächste Gendarmeriedienststelle verständigt, obwohl er der geschädigten Straßenmeisterei die Beschädigungen nicht unter Nachweis seines Namens und seiner Anschrift gemeldet habe.

1.1. Hiezu führte die Erstbehörde in der Sache begründend im wesentlichen aus, daß der Berufungswerber die wider ihn erhobenen Tatvorwürfe, welche durch die Anzeige erwiesen seien, unbestritten gelassen habe, indem er der erstbehördlichen Aufforderung vom 9. August 1994, welche ihm durch Hinterlegung am 11. August 1994 zugestellt worden sei, keine Folge geleistet habe.

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung bestreitet der Berufungswerber die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, AZ. VerkR96-12374-1994 und Erörterung des Akteninhaltes im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Ferner durch die Vernehmung der Zeugen Dr. W H sowie durch Vernehmung des Berufungswerbers als Beschuldigten. 4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

4.1. Der Berufungswerber hat zur oben angeführten Zeit die Zugmaschine, Kennzeichen mit angekoppelter Kreiselegge, auf der S Bezirksstraße von S kommend in Richtung R gelenkt. Infolge mehrerer entgegenkommender Fahrzeuge und der Breite dieses Fahrzeuges wurden beim Ausweichen nach rechts eine größere Zahl von Leitpflöcken, teilweise geknickt, ausgerissen und insgesamt beschädigt. Der Berufungswerber setzte seine Fahrt fort und meldete diese Beschädigung von Verkehrsleiteinrichtungen weder der nächsten Sicherheitsdienststelle noch der Straßenmeisterei.

Hinsichtlich des Tatvorwurfes betreffend eines angeblich derartigen Vorfalles auch am 8. Mai 1994, welcher von einem anonymen Anzeiger erhoben wurde, ergeben sich aus dem Akt keine Feststellungen über Art und Umfang eines Schadens an zwei Leitpflöcken. 5. Das entscheidungsrelevante Beweisergebnis stützt sich insbesondere auf die Aussage des Zeugen Dr. H. Dieser fuhr etwa einen Kilometer hinter dem Fahrzeug des Berufungswerbers her und konnte dabei beobachten wie bei einigen verkehrsbedingten Ausweichmanövern, bzw. dem aufgrund der Fahrzeugbreite erforderlichem äußerst rechts Fahren, mehrere Leitpflöcke beschädigt worden sind. An diesen Angaben war nicht zu zweifeln. Von diesem Zeugen wurde anschaulich dargelegt, daß er dieses landwirtschaftliche Fahrzeug wegen dessen Breite nicht überholen habe können und er so gezwungen gewesen ist, etwa einen Kilometer hinter diesem Fahrzeug nachzufahren. Dabei habe er die Beschädigungen entsprechend deutlich wahrnehmen können.

Zu den Punkten 3) und 4) ist eine Beweisführung für die Zuordnung eines allenfalls herbeigeführten Schadens an Verkehrsleiteinrichtungen nicht möglich. Es ist daher in diesem Punkt der Verantwortung des Berufungswerbers zu folgen gewesen.

5.1. Rechtlich hat er unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1.1. Nach § 4 Abs.1 StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stehen, a) wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten, b) wenn als Folge des Verkehrsunfalles Schäden für Personen oder Sachen zu befürchten sind, die zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Maßnahmen zu treffen.....

5.1.2. Die Anhaltepflicht tritt grundsätzlich schon dann ein, wenn dem Fahrzeuglenker objektive Umstände zu Bewußtsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte. Voraussetzung für die Anhalte- und Meldepflicht des § 4 Abs. 1 lit.a StVO 1960 ist als objektives Tatbildmerkmal der Eintritt wenigstens eines Sachschadens und in subjektiver Hinsicht das Wissen von dem Eintritt eines derartigen Schadens, wobei der Tatbestand schon dann gegeben ist, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewußtsein gekommen sind ODER BEI GEHÖRIGER AUFMERKSAMKEIT ZU BEWUßTSEIN HÄTTEN KOMMEN MÜSSEN, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermochte (vgl. u.a. das VwGH-Erkenntnis vom 27. Juni 1990, Z1. 86/18/0180, und vom 26. Mai 1993, Z1. 92/03/0008, je mit weiteren Judikaturhinweisen). Zweck dieser Bestimmung ist es, sich über Art und Umfang des Schadens zu informieren um so den weiteren Verpflichtungen (hier der Meldepflicht) nachkommen zu können.

5.1.2. Gemäß § 99 Abs.2 lit.e StVO 1960 ist mit 500 S bis zu 30.000 S zu bestrafen, wer Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs unbefugt anbringt, entfernt, verdeckt oder in ihrer Lage oder Bedeutung verändert oder solche Einrichtungen beschädigt, es sei den, die Beschädigung ist bei einem Verkehrsunfall entstanden und die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle oder der Straßenerhalter ist von der Beschädigung unter Bekanntgabe der Identität des Beschädigers ohne unnötigen Aufschub verständigt worden! Die Bekanntgabe der Idendität dient u.a. der Regelung des Schadenersatzes. Wird die Idendität des Beschädigers etwa von einer anderen Person als den Beschädiger gemeldet, so hat zwar eine Bestrafung nicht nach § 99 Abs.2 lit.e (der Schadenersatz ist auch durch eine solche Meldung sichergestellt) zu erfolgen, jedoch unterliegt sein Verhalten - die Fahrerflucht - allenfalls der Bestrafung nach § 99 Abs.2 lit.a od. § 99 Abs. 3 lit.b StVO 1960. Im gegenständlichen Fall wurde ein Schaden im Vermögen einer vom Berufungswerber verschiedenen Person verursacht. Der Begriff "unnötiger Aufschub" ist streng auszulegen, sodaß mit der hier durch den Zeugen Dr. H erfolgten Verständigung der Gendarmerie, dieser Anforderung nicht genüge getan werden konnte (VwGH 28.11.1990, Zl. 90/02/0049). Die Bestimmung des § 99 Abs.2 lit.e ist in Verbindung mit § 31 Abs.1 StVO 1960 anzuwenden. Ein "Leitpflock" ist im Sinne der zuletzt genannten Bestimmung als eine "Verkehrsleiteinrichtung" anzusehen (VwGH 28.9.1988, Zl. 88/02/0133). Inhalt dieser Pflicht ist einerseits die Ermöglichung der Sachverhaltsfeststellung und der späteren Durchsetzungsmöglichkeit der zivilrechtlichen Ansprüche. Der Meldepflicht wird folglich nur dann entsprochen, wenn der Inhalt der Verständigung den Polizei- oder Gendarmeriebeamten in die Lage versetzt, eine vollständige Meldung zu erstatten. Eine vollständige, ihren Zweck erfüllende Meldung ist aber nur möglich, wenn die Verständigung neben den Personalien des Beschädigers (des am Unfall in ursächlichem Zusammenhang stehenden Beteiligten) genaue Angaben über Unfallort, Unfallzeit, beschädigendes sowie beschädigtes Objekt und die Unfallursache enthält. 5.2. Zumal ein eindeutiges Beweisergebnis nicht vorliegt, ist von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und die Einstellung des Verfahrens zu verfügen. Selbst wenn Zweifel am Tatvorwurf bestehen, gilt der Nachweis als nicht erbracht (VwGH 12.3.1986, 84/03/0251 u.a. sinngem.; Hinweis auf ZfVB 1991/3/1122).

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, daß dem Berufungswerber wohl zuzubilligen ist, daß er die Beschädigung nicht augenscheinlich bemerkt haben mußte. Dies ist ihm im subjektiven Bereich als schuldmildernd zugute zu halten. Zugunsten des Berufungswerbers wirkte sich letztlich auch die im Rahmen der Berufungsverhandlung gezeigte Einsichtigkeit aus. Ein Schuldvorwurf trifft den Berufungswerber aber jedenfalls darin, daß er jedenfalls nicht mit einer von jedem Verkehrsteilnehmer zu erwartenden Sorgfalt agiert hat, indem es ihm an der gehörigen Aufmerksamkeit mangelte. Der objektive Unwertgehalt ist daher nicht als bloß gering zu erachten, sodaß bei den gegebenen wirtschaftlichen Verhältnissen eine geringere Strafe jedenfalls nicht in Betracht zu ziehen war. Die von der Erstbehörde in diesen Punkten verhängte Strafe ist daher als durchaus angemessen zu erachten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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