Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102364/9/Br

Linz, 14.12.1994

VwSen -102364/9/Br Linz, am 14. Dezember 1994 DVR. 0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier, über die Berufung des Frau Dr. F O, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. W D und Dr. H M, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 19. September 1994, Zl. VU/P/2568/93, wegen Übertretung nach § 76 Abs.3 StVO 1960, nach der am 14. Dezember 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und der Verkündung zu Recht erkannt: I. Der Berufung wird keine F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkennt nis wird vollinhaltlich bestätigt. Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 866/1992 - AVG iVm § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 u. § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 666/1993 - VStG; II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden als Kosten für das Berufungsverfahren 100 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt. Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Über die Berufungswerberin wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz wegen der Übertretung nach § 76 Abs.3 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 500 S und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Stunden verhängt, weil sie am 29. Juni 1993 um 10.33 Uhr in L, nächst Nr. als Fußgängerin an einer Stelle, wo der Verkehr für Fußgänger durch besondere Lichtzeichen geregelt gewesen ist, die Fahrbahn bei rotem Licht betreten habe. 1.1. Die Erstbehörde stützte ihre Entscheidung im wesentlichen auf die der zeugenschaftlichen Angaben der Zeugin R und des Zeugen L. Beide Zeugen befanden sich im Bus und hätten die Ampelschaltung zum Vorfallszeitpunkt wahrgenommen gehabt. Die Berufungswerberin hätte bei ihrer Einvernahme angegeben, daß sie beim Betreten des Schutzweges die Ampel nicht habe sehen können, sondern sie bloß auf das akustische Signal geachtet hätte. 2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung führt die Berufungswerberin aus: "In der umseits näher bezeichneten Verwaltungsstrafsache erhebe ich gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz, Abteilung III, vom 19.9.1994, AZ: VU/P/2568/93, welches meinen Rechtsvertretern am 27.9.1994 zugestellt wurde, binnen offener Frist durch meine ausgewiesenen Vertreter Dr. W D und Dr. H M, Rechtsanwälte in L, das Rechtsmittel der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, 4020 Linz, Fabrikstraße 32 und führe dieses wie folgt aus: Das oben bezeichnete Straferkenntnis wird seinem gesamten Inhalt nach angefochten. Als Berufungsgründe werden geltend gemacht: 1) Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften: Unter diesem Berufungsgrund wird gerügt, daß die Verwaltungsstrafbehörde 1. Instanz Verfahrensvorschriften außer acht gelassen hat, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können: a) § 5 Abs. 1 VStG normiert nur eine Schuldvermutung, nicht eine Vermutung, daß der Beschuldigte das ihm vorgeworfene Verhalten gesetzt hat und daß dies rechtswidrig gewesen ist. Die Begehung des angelasteten Deliktes hat daher die Behörde nachzuweisen. Die Verwaltungsstrafbehörde 1. Instanz hat aber den maßgebenden Sachverhalt nicht und schon gar nicht mit der für ein Straferkenntnis ausreichenden Sicherheit ermittelt, um zu einem Schuldspruch gelangen zu können. Wenn die Verwaltungsstrafbehörde 1. Instanz feststellt, daß die Fußgängerampel für die Beschuldigte Rotlicht zeigen mußte, da aufgrund der Ampelschaltung, wenn die Ampel des Buslenkers Grünlicht zeigt, die Fußgängerampel für die Beschuldigte Rotlicht zeigen muß, so ist das nur bei oberflächlicher Betrachtungsweise richtig. Natürlich zeigt die Fußgängerampel der Beschuldigten im selben Moment Rotlicht, in dem die Ampel des Buslenkers Grünlicht zeigt. Es ist jedoch im gegenständlichen Fall nicht auf denselben Moment abzustellen, da zwischen der Haltelinie des Buslenkers vor seiner Ampel und der äußerst rechten Stelle des Zebrastreifen, welchen die Beschuldigte angeblich bei Rotlicht betreten haben soll, eine nicht unerhebliche räumliche Distanz besteht. Zu berücksichtigen ist weiters, daß sich die Haltelinie erheblich vor der Ampel befand, der Bus selbst sich wiederum vor der Haltelinie befand. Es herrschte dichter Kolonnenverkehr zum gegenständlichen Zeitpunkt, sodaß ein Anfahren und Beschleunigen sowie das Einordnen des Busses in den Verkehr nur mit weit unterdurchschnittlicher Geschwindigkeit möglich war. Wenn man nun davon ausgeht, daß der Bus erst gegen Ende der Grünblinkphase zum Überqueren der Kreuzung ansetzte, so ist es unter Heranziehung der möglichen bzw. wahrscheinlichen Zeit-Weg-Relationen in Verbindung mit dem Phasenplan der VLSA durchaus möglich und wahrscheinlich, daß der Bus den Zebrastreifen erst erreichte, als dort schon die Fußgängerampel Grünlicht zeigte. Auch der Buslenker, welcher angab, daß er nach Schließen der Tür bei Grünlicht angefahren sei, schloß nicht dezidiert aus, daß dies am Ende der Grünphase erfolgt sei. Beweis: OAS, Kfz-SV, feinmikroskopische Auswertung der Tachografenscheibe, Phasenplan der VLSA, PV. b) Der im Akt befindliche Phasenplan, datiert aus dem Jahr 1987 und ist mit dem Vermerk Baustellen-Provisorium versehen. Aus dem Plan ergibt sich nicht, daß dieser für den Vorfallszeitpunkt galt, sodaß aus verfahrensrechtlicher Vorsicht eingewendet wird, daß sich der Sachverhalt auf einen zum Vorfallszeitpunkt unrichtigen Phasenplan gründet.

In diesem Zusammenhang wird die Beischaffung eines zum Vorfallszeitpunkt gültigen Phasenplanes beantragt. c) Die Feststellung, aufgrund der Aussage der Zeugin R, daß die Anfahrt unmittelbar nach Umschalten der Ampel des Buslenkers auf Grünlicht erfolgte, ist objektiv unrichtig und wird in diesem Zusammenhang auch die Beweiswürdigung in Bezug auf die Zeugenaussage bekämpft. Die Zeugin ist eine 75jährige Frau, welche angibt, daß sie unmittelbar neben dem Buslenker stehend sah, daß der Bus anfuhr, als die Ampel auf grün schaltete, obwohl es aus einer stehenden Position neben bzw, schräg hinter dem Fahrer unmöglich ist, die Ampel ausreichend wahrzunehmen. Zudem ist noch anzumerken, daß die Zeugin den sich kurz darauf in ihrem unmittelbaren Gesichtsfeld abspielenden Unfall dann nicht mehr wahrnahm bzw. wahrnehmen konnte. d) Es erscheint auch denkunmöglich, daß der Buslenker bei beginnendem Grünlicht anfuhr, wenn die Beschuldigte unmittelbar nach dem akustischen Signal die Straße betretend mit dem Bus kollidierte, gleich, ob das akustische Signal nun Rot- oder Grünlicht anzeigt. In diesem Zusammenhang wird auch die mangelhafte und unrichtige Beweiswürdigung bezüglich der Aussage der Beschuldigten bekämpft, in welcher der Beschuldigten ohne nähere Begründung unterstellt wird, daß sie ein Verkehrs- oder Umweltgeräusch als akustisches Ampelsignal mißdeutet hätte. Hiezu ist festzustellen, daß das akustische Signal der VLSA von geradezu unverwechselbarer Grelle und Lautstärke ist, zumal im unmittelbaren Kreuzungsbereich diese Unverwechselbarkeit des akustischen Signals auch Bedingung für seine Warn- und Hilfsfunktion ist; dies z.B. in Bezug auf sehbehinderte Fußgänger. Die Beschuldigte gibt dazu an, daß sie die Mozartkreuzung schon sehr oft überquert habe und ihr daher das akustische Signal der Fußgängerampel geläufig sei. Anders ist es auch nicht zu erklären, daß sie freimütig zugibt, das Lichtsignal der Fußgängerampel nicht gesehen und dennoch den Zebrastreifen betreten zu haben. Würde man davon ausgehen, daß die Beschuldigte sich nicht ganz sicher gewesen sein könnte bzw. das einprägsame Signal überhaupt verwechselbar wäre, und sie trotzdem die Fahrbahn betreten hätte, so müßte man ihr wohl Selbstmordabsichten unterstellen. e) Gemäß § 25 Abs. 2 VStG sind die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden. Die Behörde darf nur dann beantragte Beweismittel ablehnen, wenn der Sachverhalt so vollständig festgestellt ist, daß die Behörde sich aufgrund der bisher vorliegenden Beweise ein klares Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann und sie auch dann nicht zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, wenn das beantragte Beweismittel das bestätigen würde, was der Beschuldigte unter Beweis stellt. Sowohl im Einspruch der Beschuldigten vom 21.12.1993 als auch in der Stellungnahme vom 7.6.1994 wird ausdrücklich auf die Notwendigkeit einer feinmikroskopischen Auswertung der Tachografenscheibe und Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet des Kraftfahrwesen zur Feststellung des von der Beschuldigten behaupteten Sachverhaltes hingewiesen und diese genannten Beweismittel auch beantragt. Es wäre daher für die Verwaltungsstrafbehörde 1. Instanz entgegen ihrer Bescheidbegründung durchaus nachvollziehbar gewesen, daß die angeführten Beweismittel sehr wohl dem Nachweis der Aussagen der Beschuldigten und der oben genannten Möglichkeit, daß ein Anfahren bei Grünlicht durchaus nicht mit einem Zusammenstoß bei Rotlicht unvereinbar ist, dienen würden. Im gegenständlichen Fall stellen die angeführten Beweismittel sogar den einzigen sicheren objektiven Nachweis für Beschleunigung, Geschwindigkeit und Verzögerungen in Bezug auf die Bewegungen des Busses im relevanten Zeitraum dar und sind daher auch geeignet, selbst die als wahr angenommenen subjektiven Angaben der Zeugen und des Buslenkers zu widerlegen. 2) Rechtswidrigkeit des Inhaltes:

Die zu c) und d) bekämpfte mangelhafte Begründung der Beweiswürdigung bzw. Mangelhaftigkeit der Beweiswürdigung belastet das angefochtene Straferkenntnis auch mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Aus den angeführten Gründen stelle ich daher den Antrag, die Berufungsbehörde möge in Stattgebung meiner Berufung 1) das angefochtene Straferkenntnis dahingehend abändern, daß dieses behoben werde und bezüglich des gegen mich eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 45 Abs. 1 VStG die Einstellung verfügen, in eventu 2) das angefochtene Straferkenntnis beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Straferkenntnisses an die Behörde 1. Instanz zurückverweisen, in eventu 3) die verhängte Strafe gem. § 51 Abs. 4 VStG in eine mildere umwandeln oder ganz nachsehen.

Linz, am 5.10.1994/BE/Mag.BU Dr. Fr O" 3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Erörterung des bisherigen Ganges des Verfahrens im Rahmen der vor Ort durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung anhand des erstbehördlichen Verfahrensaktes. Ferner wurden als Zeugen vernommen M. R und M. L und die Berufungswerberin als Beschuldigte. Von der Erstbehörde vorgelegt und dem Beweisverfahren einbezogen wurde der damals aktuelle Ampelphasenplan und eine Stellungnahme des Sachverständigendienstes darüber, ob hinsichtlich der für die Überquerung der Kreuzung realistische Zeitspanne anhand der Tachographenscheibe Aussagen getroffen werden können. 3.1. Zumal keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Da das Berufungsvorbringen sich nicht nur gegen eine unrichtige rechtliche Beurteilung, sondern auch gegen das von der Erstbehörde zugrundegelegte Beweisergebnis richtet, war die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG). 4. Folgender Sachverhalt ist erwiesen:

4.1. Der Zeuge M. L befand sich am 29. Juni 1994 um ca. 10.33 Uhr mit dem Gelenksbus in der Haltestelle M, von der R kommend, in Fahrtrichtung Ost. An der Haltestelle M stieg die Zeugin M. R zu, welche unmittelbar hinter dem Buslenker einen Stehplatz einnahm. Nach dieser Zeugin stiegen noch einige Fahrgäste bei der vorderen Tür zu. Als der Bus schließlich aus der Station ausfuhr, war die Verkehrslichtsignalanlage für die Fahrtrichtung des Busses auf "GRÜN" geschaltet. Etwa fünf bis sechs Sekunden später erreichte der Bus den Bereich des gegenüberliegenden Fußgängerüberganges, wo unmittelbar vor dem Bus die Berufungswerberin den Fußgängerübergang betrat und folglich vom Bus niedergestoßen und verletzt wurde. Zu diesem Zeitpunkt zeigte die Fußgängerampel (östliche M - Richtung Zentrum) "ROT". Die Ampelschaltung war zum Zeitpunkt ident mit jener des (heutigen) Tages der Vornahme des Ortsaugenscheines. Die Grünphase beträgt in Fahrtrichtung des Linienbusses 25 Sekunden. Vom Ende der Grünphase (letztes Grünblinken) bis zum Umschalten der Fußgängerampel in Gehrichtung der Berufungswerberin liegt ein Zeitraum von fünf Sekunden. Die Grünphase der Fußgängerampel dauert zwölf Sekunden. Die Fußgängerampel auf der L (vom Bus in der Haltestelle M aus einsehbar) schaltet zwei Sekunden vor Beginn der Grünblinkphase der für den Bus relevant gewesenen Ampel auf "ROT". Die Fahrzeit des Busses vom Ausfahren an der Haltestelle Mozartkreuzung bis zum Erreichen der Busspitze des (unfallsgegenständlichen) gegenüberliegenden Schutzweges beträgt etwa fünfeinhalb Sekunden. In der Haltestelle Mozartkreuzung besteht vom Stehplatz hinter dem Buslenker ein Sichtkontakt auf die etwa zwei Meter rechts gelegene Verkehrslichtsignalanlage. Ebenso ergibt sich ein Sichtkontakt auf die Fußgängerampel auf der östlichen Seite der Landstraße. Die Distanz zu dieser Ampel ist mit etwa zehn Meter zu schätzen gewesen. Die Staatsanwaltschaft Linz hat am 26.11.1993, AZ. 2 BAZ 8406/93, die Anzeige wegen § 88 Abs.1 StGB, welche als Sachverhaltsmitteilung dem Bezirksanwalt beim Strafbezirksgericht Linz übermittelt worden war, gegen den Buslenker gemäß § 90 StPO zurückgelegt. 4.2. Dieses Beweisergebnis stützt sich auf die vor Ort gemachten Feststellungen und die Zeugenaussagen. Der Zeitrahmen der jeweiligen Grünphasen, die zeitliche Überlagerungen der Schaltphasen sowie die Fahrzeit eines "Oberleitungsgelenksbusses" aus der Haltestelle bis zum gegenüberliegenden Schutzweg, wurden unmittelbar an der Kreuzung mittels Stopuhr gemessen. Der Sichtkontakt aus dem Bus auf die Ampel an der Haltestelle M wurde vom Verhandlungsleiter aus einem gerade in dieser Haltestelle haltenden Linienbus überprüft und als einwandfrei gewährleistet befunden. Der Zeuge Leibetzeder gibt ebenso wie in seiner Vernehmung, etwa zwei Stunden nach dem Unfall vor dem Verkehrsunfallskommando der Polizei, an, daß er bei Grünlicht in die Kreuzung eingefahren sei. Ebenfalls werden diese Angaben zeugenschaftlich auch im erstbehördlichen Verfahren wiederholt. Er könne sich an keine Behinderung beim Durchfahren der Kreuzung erinnern. Derartiges ist auch aus der Aktenlage nicht abzuleiten. An diesen Angaben hegt der unabhängige Verwaltungssenat keine Zweifel. Dieser Zeuge ist Berufskraftfahrer. Es wird ihm jenes Einschätzungsvermögen zugetraut, daß er etwa nicht bei der letzten Grünblinkphase in die Kreuzung einfahren würde, was zur Folge hätte, daß er bei der Länge des Busses die Kreuzung erst bei Rotlicht verlassen würde. Seine Glaubwürdigkeit wird etwa nicht dadurch geschmälert, wenn nach nunmehr eineinhalb Jahren die Erinnerung bereits etwas verblaßt ist und nicht mehr so exakte Angaben möglich waren wie dies unmittelbar nach dem Vorfall der Fall war. Auch die Zeugin R gab - wie auch schon anläßlich der Vernehmung durch das Verkehrsunfallskommando - an, daß sie sowohl auf die Ampel bei der M als auch die Fußgängerampel der L sehen habe können. Sie legte lebensnahe dar, daß sie sich beim Anfahren des Busses gedacht hätte, "endlich fährt er los." Dabei habe sie auch die Ampel im Auge gehabt und gesehen, daß diese Grünlicht ausstrahlte. Bei dieser Zeugin handelt es sich um eine rüstige Frau, an deren Wahrnehmungsfähigkeit und Aufrichtigkeit kein wie immer gearteter Zweifel zu hegen war. Warum sollte diese Zeugin etwa die bei dem Unfall bedauerlicher Weise zu Schaden gekommene Berufungswerberin wahrheitswidrig belasten oder den Buslenker helfen wollen? Folgt man nun den Angaben der Zeugen, daß der Bus jedenfalls bei grünem Dauerlicht aus der Haltestelle ausgefahren ist - dafür spricht zusätzlich noch der Umstand, daß die Fußgängerampel zum Überqueren der L auch "GRÜN" ausstrahlte - folgt daraus zwingend, daß zum Zeitpunkt des Erreichens der Haltestelle M gegenüberliegenden Schutzweges, dessen Ampel noch "ROT" zeigen mußte. Ginge man davon aus, daß etwa unmittelbar nach dem Anfahren in der Haltestelle M die "Grünblinkphase" eingesetzt hätte, wären zumindest noch neun Sekunden (das viermalige Grünblinken ist mit vier Sekunden anzusetzen) bis zum Umschalten der Fußgängerampel auf "GRÜN" in der Gehrichtung der Berufungswerberin gelegen. Wenn der elektrisch angetriebene Bus, ohne Fahrverzögerung zumindest nach sechs Sekunden mit der Busspitze den gegenüberliegenden Fußgängerübergang erreicht, konnte daher diese Ampel noch nicht auf "GRÜN" geschaltet gewesen sein. 4.2.1. Wenn demgegenüber die Berufungswerberin einerseits einräumt, daß sie beim Betreten des Schutzweges nicht auf die Fußgängerampel geblickt, sie sich aber am "akustischen Grünsignal" orientiert hätte, so ist dies rational nicht erklärbar und allenfalls auf einen Wahrnehmungsirrtum oder eine sonstige Fehlleistung der Berufungswerberin zurückzuführen. Dafür spricht etwa auch der Umstand, daß die Berufungswerberin es offenbar völlig unterließ eine für das Überqueren einer Straße generell übliche Aufmerksamkeit zu pflegen und den Blick nach links zur Gänze zu vergessen, und schließlich dadurch nicht einmal im Augenwinkel den hohen Annäherungsgrad des großen Fahrzeuges registrieren konnte. Es konnte ihr daher jedenfalls nicht darin gefolgt werden, daß sie an diesem Betreten des Fußgängerüberganges (bei Rotlicht) ein Verschulden nicht getroffen hätte. Dagegen steht das schlüssige und umfangreich geführte Ermittlungsergebnis. Als unzutreffend hat sich erwiesen, daß sie die Haltelinie (gemeint wohl bei der Haltestelle Mozartkreuzung) erheblich vor der Ampel befindet. Aus der vor Ort getroffenen Feststellung konnte sich eine Auswertung der Tachographenscheibe, welche übrigens keine Aussagen über Fahrabläufe im Sekundenbereich zuläßt (siehe Aktenvermerk über die Mitteilung des SV Ing. Sallaberger). Zumal sich die Ampelphasen seit 1987 nicht mehr geändert haben, waren die anläßlich der Verhandlung getroffenen Feststellungen voll auf den Unfallszeitpunkt zu übertragen. Unhaltbar erwies sich das Vorbringen der Berufungswerberin schließlich dahingehend, daß die "75-jährige" Zeugin R "unmöglich" Sichtkontakt auf die Ampel gehabt haben konnte. Die Berufungswerberin scheint zuletzt auch einem Rechtsirrtum zu unterliegen, wenn sie einerseits die Zurückverweisung des Verfahrens in die 1. Instanz begehrt - dies ist dem Verwaltungssenat aus rechtlichen Gründen verwehrt - andererseits unter Zitierung des § 51 Abs.4 VStG eine Strafmilderung beantragt. 5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen: 5.1. Gemäß § 76 Abs.3 StVO 1960 dürfen an Stellen, wo der Verkehr für Fußgänger durch besondere Lichtzeichen (§ 38 Abs. 8) geregelt ist, Fußgänger nur bei grünem Licht die Fahrbahn zum Überqueren betreten. An Stellen, wo der Verkehr sonst durch Arm- oder Lichtzeichen geregelt ist, dürfen Fußgänger die Fahrbahn nur überqueren, wenn für den Fahrzeugverkehr auf dieser Fahrbahn das Zeichen "Halt" (§§ 37 Abs. 3 und 38 Abs. 5) gilt. Hält ein Verkehrsposten einen Arm senkrecht nach oben oder leuchtet gelbes, nicht blinkendes Licht, so dürfen Fußgänger die Fahrbahn nicht betreten. Wenn Fußgänger die Fahrbahn in Übereinstimmung mit den angeführten Arm- oder Lichtzeichen betreten haben, sich diese Zeichen jedoch ändern, während sich die Fußgänger auf der Straße befinden, so dürfen sie die Überquerung der Fahrbahn fortsetzen, bei Vorhandensein einer Schutzinsel jedoch nur bis zu dieser. Das von der Berufungswerberin gesetzte Verhalten ist dieser Gesetzesbestimmung zu subsumieren und sind nach § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen bis 10.000 S vorgesehen. 6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden. 6.1. Selbst unter Bedachtnahme auf den Milderungsgrund der gänzlichen Unbescholtenheit und des Umstandes, daß die Berufungswerberin über kein eigenes Einkommen verfügt, konnte insbesondere aus Gründen der Generalprävention der hier verhängten Strafe nicht mit Erfolg entgegengetreten werden. Diese Bestrafung scheint auch zur Verdeutlichung des objektiven Unwertgehaltes eines derartigen Fehlverhaltens eines Fußgängers im Straßenverkehr gerechtfertigt. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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