Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-320008/2/Gb/Rd

Linz, 18.07.1996

VwSen-320008/2/Gb/Rd Linz, am 18. Juli 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des J A, M, vertreten durch die RAe Dr. T und Dr. C W, H gegen Punkt b) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 20.7.1995, N96-3-1994, wegen Übertretung des O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3, 51, 51c und 51e Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Faktum b) des angefochtenen Straferkenntnisses wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 1.000 S (EFS: drei Stunden) verhängt, weil er in seiner Eigenschaft als Eigentümer der Parzelle , KG M, und als Bauherr zwischen Mitte Jänner 1994 und 24.1.1994 auf der Waldparzelle , KG M, Marktgemeinde P, eine Blockhütte errichtet habe, ohne für dieses im Grünland außerhalb einer geschlossenen Ortschaft ausgeführte Vorhaben eine naturschutzbehördliche Bewilligung zu besitzen.

Dadurch habe er die Rechtsvorschrift des § 42 Abs.2 Z1 iVm § 5 Abs.1 Z1 lit.a O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1995, LBGl.Nr. 37/1995 verletzt.

2. Mit Schreiben vom 4.8.1995 hat der Bw rechtzeitig Berufung erhoben. Die belangte Behörde hat diese samt dem dieser zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt. Da zudem weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, ist zur Entscheidung das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

Bereits aus der Akteneinsicht ist ersichtlich, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, sodaß eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen war.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zunächst ist festzuhalten, daß nach dem bekämpften Straferkenntnis der Tatzeitpunkt mit "zwischen Mitte Jänner 1994 und 24. Jänner 1994" konkretisiert wurde.

Unter Zugrundelegung dieser Tatzeit ist festzuhalten, daß die von der belangten Behörde angewendete Rechtslage noch gar nicht anzuwenden war: Gemäß § 1 Abs.1 VStG kann eine Tat nur bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war, und gemäß § 1 Abs.2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Bescheides erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre, was aber gegenständlich nicht der Fall ist. Richtigerweise wäre also das O.ö. NSchG 1982, LGBl.Nr. 80 idFd Novelle LGBl.Nr.72/1988 anzuwenden gewesen.

Der nach dieser Rechtslage im gegenständlichen Fall relevante Tatbestand des § 4 Abs.1 Z1 lautet:

"Folgende Vorhaben bedürfen unbeschadet nach anderen Gesetzen erforderlicher behördlicher Genehmigungen - sofern nicht die §§ 5, 6 oder 9 anzuwenden sind - zu ihrer Ausführung einer Bewilligung der Behörde:

1. Bauvorhaben iSd § 41 Abs.1 lit.a bis d der O.ö. BauO, LGBl.Nr. 35/1976, es sei denn, daß sie in einer geschlossenen Ortschaft oder in einem Gebiet ausgeführt werden sollen, für das ein rechtswirksamer Bebauungsplan (§ 19 O.ö. RaumordnungsG) vorhanden ist." Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzu bieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

Es muß daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

Diesen Anforderungen wird aus nachstehenden Gründen nicht entsprochen:

Erste taugliche Verfolgungshandlung ist die Strafverfügung vom 11.8.1994, mit welcher dem nunmehrigen Bw erstmals die Tat unter Anführung sämtlicher wesentlicher Tatbestandselemente vorgeworfen wurde. Diese Strafverfügung ist aber dessen ungeachtet nicht innerhalb der Sechsmonatefrist ergangen und konnte somit den Eintritt der Verfolgungsverjährung nicht ausschließen. Dies deshalb, weil eine andere taugliche Verfolgungshandlung innerhalb der Sechsmonatefrist nicht ergangen ist. In der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 31.1.1994 wird dem Bw lediglich vorgeworfen, er habe ca. Mitte Jänner 1994 mit der Errichtung einer Blockhütte auf näher genanntem Grundstück begonnen, ohne für dieses Vorhaben eine Bewilligung nach dem O.ö. NSchG 1982 zu besitzen. Mit diesem Vorwurf wurde aber dem § 44a Z1 VStG insoferne nicht entsprochen, als auf das wesentlich negative Tatbestandselement einer geschlossenen Ortschaft oder eines rechtswirksamen Bebauungsplanes gemäß § 4 Abs.1 Z1 O.ö. NSchG 1982, LBGl.Nr. 80 idFd Novelle LGBl.Nr. 72/1988 nicht eingegangen wurde. Schon aus diesem Grunde mußte - ohne daß auf die Berufung näher einzugehen war - dieser Mangel zur Aufhebung des bekämpften Straferkenntnisses führen.

Zudem war gegenständliches Verfahren einzustellen, da, wie schon oben erwähnt, eine die Verfolgungsverjährung ausschließende Verfolgungshandlung, die sich auf einen bestimmten Sachverhalt und auf alle relevanten Sachverhaltselemente beziehen muß, innerhalb von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt, ab dem das strafbare Verhalten aufgehört hat (Ende: 24.1.1994) nicht ergangen ist. In diesem Zusammenhang ist erläuternd noch darauf hinzuweisen, daß es sich beim gegenständlichen Delikt um ein reines Begehungsdelikt handelt.

Gemäß § 37 Abs.2 Z1 der nach dem Tatzeitpunkt anzuwendenden Rechtslage begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 100.000 S zu bestrafen, wer ua bewilligungspflichtige Vorhaben (§ 4) ohne Bewilligung ausführt. Bei diesem Ausführen stellt das Gesetz also auf eine Tätigkeit ab, und nicht auch auf ein Aufrechterhalten dieses rechtswidrigen Zustandes. Da nach dem Tatvorwurf die strafbare Tätigkeit am 24.1.1994 abgeschlossen wurde, war die sechsmonatige Verfolgungsverjährungsfrist gemäß § 31 Abs.2 VStG ab diesem Zeitpunkt zu berechnen.

Im Gegensatz zu diesem Tatbestand handelt es sich bei der in derselben Angelegenheit ergangenen Bestrafung nach § 17 Abs.1 iVm § 174 Abs.1 lit.a Z6 Forstgesetz 1975 um ein Dauerdelikt. Dies deshalb, da dieser Tatbestand auf die "Verwendung" von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) abstellt, wobei die objektive Tatseite demnach im Herbeiführen und im Bestehenlassen der Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als solchen der Waldkultur (VwGH 21.2.1984, 83/07/0252, 0253) besteht. Bei solchen Dauerdelikten beginnt die Verjährungsfrist des § 31 Abs.2 VStG von dem Zeitpunkt an zu laufen, an dem der rechtswidrige Zustand aufgehört hat (beseitigt wurde) (VwGH 26.4.1988, 88/05/0093).

Im gegenständlichen Fall des naturschutzrechtlichen Verfahrens handelt es sich um kein Dauerdelikt, weshalb das Verfahren einzustellen war, da ein Umstand vorliegt, der die Verfolgung ausschließt (§ 45 Abs.1 Z3 VStG).

Es war daher dem unabhängigen Verwaltungssenat auch verwehrt, den nicht dem Gebot des § 44a VStG entsprechenden Spruch des bekämpften Straferkenntnisses rechtswirksam zu korrigieren. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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