Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-320010/2/Gb/Rd

Linz, 29.07.1996

VwSen-320010/2/Gb/Rd Linz, am 29. Juli 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des HL, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 2.8.1995, N96-2-1995, wegen einer Übertretung nach dem O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1982 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe, daß die verhängte Geldstrafe auf 5.000 S reduziert wird, teilweise Folge gegeben.

Im übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß - im Spruch jeweils anstelle von "§ 8" der "§ 6" zu treten hat, - das O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz "1982" zu zitieren ist, - als verletzte Rechtsvorschrift iSd § 44a Z2 VStG "§ 37 Abs.3 Z2 iVm § 6 Abs.1 lit.b und Abs.2 des O.ö. Naturund Landschaftsschutzgesetzes 1982 idF der O.ö. Naturund Landschaftsschutzgesetz-Novelle 1994, LGBl.Nr.

2/1995" und - als Strafsanktionsnorm iSd § 44a Z3 VStG "§ 37 Abs.3 Einleitungssatz leg.cit." zu zitieren ist.

II. Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zum erstin stanzlichen Verfahren in der Höhe von 500 S, ds 10 % der verhängten Geldstrafe, binnen zwei Wochen ab Zustellung bei sonstiger Exekution zu leisten.

Ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat entfällt.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.2 VStG.

zu II.: §§ 64 Abs.1 und 2, 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde unter Zugrundelegung des O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1995 - O.ö. NSchG 1995 über den Berufungswerber (Bw) unter wörtlicher Zitierung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Geldstrafe von 8.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 8 Stunden) verhängt, weil er am 10.3.1995 ein im Bereich der Grundstücke Nr. 254, 259 und 269/1, alle KG O, Gemeinde M, im Grünland verlaufendes Nebengerinne des M auf einer Länge von ca. 150 bis 200 m beseitigt habe, indem er das im ursprünglichen Gerinneverlauf vorhandene Erdreich abgetragen (ausgebaggert) und mit Schotter aufgefüllt habe, ohne dafür eine bescheidmäßige Feststellung iSd § 8 Abs.2 des O.ö. NSchG 1995 zu besitzen. Im übrigen wurde ihm der gesetzlich normierte Kostenbeitrag auferlegt.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw am 16.8.1995 mündlich vor der BH Kirchdorf/Krems Berufung erhoben. Diese wurde samt Verfahrensakt dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt, sodaß damit seine Zuständigkeit begründet worden ist.

Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, ist zur Entscheidung das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied des unabhängigen Verwaltungssenates berufen.

Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind in der Begründung des Straferkenntnisses vollständig und mit dem Akteninhalt übereinstimmend so dargestellt, daß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann. Da in der Berufung auch der als erwiesen angenommene Sachverhalt zugegeben wurde und daher unbestritten geblieben ist und sich das Berufungsvorbringen auf die rechtliche Beurteilung der Verschuldensfrage bezieht, konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unterbleiben, da zudem die Durchführung einer solchen Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt worden ist.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat folgendes erwogen:

3.1. Zunächst ist festzuhalten, daß nach dem bekämpften Straferkenntnis der Tatzeitpunkt mit "10.3.1995" konkretisiert wurde.

Unter Zugrundelegung dieser Tatzeit ist festzuhalten, daß die von der belangten Behörde angewendete Rechtslage noch gar nicht in Kraft stand:

Gemäß § 1 Abs.1 VStG kann eine Tat nur bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war, und gemäß § 1 Abs.2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Bescheides erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre, was aber gegenständlich nicht der Fall ist.

Das O.ö. NSchG 1995 ist mit 1.6.1995 in Kraft getreten.

Richtigerweise wäre also das O.ö. NSchG 1982 idFd O.ö.

Natur- und Landschaftsschutzgesetz-Novelle 1994, LGBl.Nr.2/1995, welche mit 1.2.1995 in Kraft getreten ist, anzuwenden gewesen. Entsprechend war daher eine Spruchkorrektur vorzunehmen.

3.2. Gemäß § 6 Abs.1 lit.b und Abs.2 des O.ö. NSchG 1982 idF der O.ö. NSchG-Novelle 1994, LGBl.Nr. 2/1995 (zum Tatzeitpunkt geltende Rechtslage), ist jeder Eingriff in das Landschaftsbild und im Grünland in den Naturhaushalt im Bereich sonstiger Flüsse und Bäche (einschließlich ihrer gestauten Bereiche) und einen daran unmittelbar anschließenden 50 m breiten Geländestreifen, insoweit sie in einer von der Landesregierung zu erlassenden Verordnung angeführt sind, verboten, solange die Behörde nicht bescheidmäßig festgestellt hat, daß solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden, ausgenommen in geschlossenen Ortschaften oder in Gebieten, für die ein rechtswirksamer Bebauungsplan vorhanden ist.

Wer Eingriffe im Sinne des § 6 leg.cit. ohne bescheidmäßige Feststellung ausführt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 500.000 S zu bestrafen (§ 37 Abs.3 Z2 leg.cit.).

3.3. Zunächst wird in der Berufung die dem Bw vorgehaltene Verwaltungsübertretung (Tatfrage) nicht bestritten. Er begründet diese Maßnahmen aber damit, daß diese notwendig gewesen seien, weil ca. 1/3 der rund 1 ha großen Fläche stark vernäßt gewesen sei. Diese Fläche werde als Acker bzw.

Grünland bewirtschaftet. Er bewirtschafte insgesamt rund 60 ha landwirtschaftliche Nutzfläche. Aufgrund des Arbeitskräftemangels in der Landwirtschaft sei er gezwungen, die landwirtschaftlichen Grundstücke mit Maschinen ohne größere Hinderungsgründe zu bewirtschaften. Außerdem habe er nicht gewußt, daß diese betriebswirtschaftlich wichtige Maßnahme einer behördlichen Bewilligung unterliege.

Zum anderen treffe die Aussage des Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz im Gutachten vom 1.6.1995 nicht zu, daß damit zu rechnen sei, daß durch das Fehlen der Wasserzufuhr das vorhandene mit Schilf und Sträuchern bestückte Sumpfgebiet ökologisch negativ verändert werde. Da seit rund einem Jahr durch die Verrohrung kein Wasser mehr zurinnen könne, ist nach dem Vorbringen des Bw der Schilfgürtel nach wie vor nicht gefährdet bzw. sei intakt.

Abschließend ersucht der Bw um Durchführung eines Lokalaugenscheines und bittet aufgrund seiner Einkommensverhältnisse, die Behörde um Herabsetzung des Strafausmaßes auf rund 1.000 S.

Zu diesem Berufungsvorbringen ist festzuhalten, daß das Argument, daß er aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse gezwungen gewesen sei, diese Fläche "einzuebnen", der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen kann. Schon in Anbetracht der in der Berufung vorgebrachten Tatsache, daß der Bw rund 60 ha landwirtschaftliche Nutzfläche bewirtschaftet, kann eine solche vorhin erwähnte Notwendigkeit in bezug auf die beeinträchtigte Fläche von ca. 1/3 ha nicht überzeugen.

Ungeachtet der Tatsache dieser marginalen Größe im Hinblick auf die gesamte landwirtschaftlich bewirtschaftete Nutzfläche werden iSd § 6 VStG wirtschaftliche Nachteile nur dann als relevant angesehen, wenn sie die Lebensmöglichkeit selbst unmittelbar bedrohen. Solches hat er aber nicht einmal behauptet.

Wenn der Bw als weiteren Berufungsgrund Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift iSd § 5 Abs.2 VStG vorbringt, so ist dem entgegenzuhalten, daß diese Unkenntnis nur dann entschuldigt, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Zweifellos wäre es aber für den Bw ein Leichtes gewesen, sich über die entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen (zB bei der Bezirkshauptmannschaft) zu unterrichten. Da dies der Bw nach dem Akteninhalt nicht einmal versucht hat und er im übrigen das mangelnde Verschulden für seine Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht auch nur ansatzweise glaubhaft machen konnte, konnte auch diese Rechtfertigung der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen.

Wenn nun auf eine Aussage des Bezirksbeauftragten für Naturund Landschaftsschutz in seinem Gutachten vom 1.6.1995 abgestellt wird, so ist dem entgegenzuhalten, daß diese eine Aussage zum einen eine Prognose darstellt, im übrigen die gutächtlichen Aussagen des Bezirksbeauftragten aber ganz eindeutig darlegen, daß und worin die gegenständlich relevanten Eingriffe bestehen, nämlich zum einen in der Form, daß das intakte Ökosystem "Bach" beseitigt wurde, und vor allem, daß dadurch ein störender Eingriff in den Naturhaushalt dieses Gebietes herbeigeführt worden ist, da durch die Entfernung der offenen Kleingerinnestrecke ein Lebensraum für Wasserinsekten, Amphibien und Bachoberpflanzen vernichtet worden ist. Nach diesen Aussagen steht in diesem Zusammenhang auch vom Bw unbestritten der tatbestandsrelevante Eingriff iSd angewendeten Gesetzesbestimmungen eindeutig fest und kann das Vorbringen des Bw zum Gutachten des Bezirksbeauftragten die Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit dieses Gutachtens in keinster Weise erschüttern. Im weiteren wurde die Durchführung eines Lokalaugenscheines beantragt. Diesem Antrag war deshalb nicht nachzukommen, weil erstens nicht dargelegt wurde, zu welchem Beweisthema dieses Beweismittel beantragt wurde. Zum zweiten ist die Relevanz dieses Beweismittels nicht ersichtlich, da der Sachverhalt nach Ansicht des unabhängigen Verwaltungssenates durch die belangte Behörde ausreichend (auch mit Fotos) und nachvollziehbar dargelegt und auch vom Bw unumwunden zugegeben wurde.

Wenn der Bw um Herabsetzung des Strafausmaßes bittet, ist folgendes festzuhalten:

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.

Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Unter Anwendung dieser Strafbemessungsregeln ist davon auszugehen, daß der Erhaltung des Landschaftsbildes und des Naturhaushaltes gerade im Uferschutzbereich von Flüssen und Bächen ein hohes öffentliches Interesse beizumessen ist. IdS ist auch auf die ausführliche Begründung des bekämpften Straferkenntnisses zu verweisen. Ergänzend ist noch anzuführen, daß in Anbetracht der Gesamtfläche, die der Bw als landwirtschaftliche Nutzfläche bewirtschaftet, das Einebnen dieser kleinen Fläche absolut nicht betriebswirtschaftlich notwendig ist.

Bei der Zugrundelegung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse ist die belangte Behörde von einem geschätzten monatlichen Nettoeinkommen von 20.000 S, dem Hälfteeigentum an der landwirtschaftlichen Liegenschaft O, sowie den Sorgepflichten für die Ehegattin und zwei Kindern ausgegangen. Zu dieser Schätzung macht der Bw in seiner Berufung insoferne ergänzende Angaben, als er vorbringt, daß er aufgrund des Übergabevertrages seiner Schwester GL jährlich 100.000 S zu zahlen habe, und der Auszug für seine Eltern monatlich 3.000 S betrage. In Anbetracht dieser zusätzlichen finanziellen Belastungen war die verhängte Geldstrafe auf das im Spruch angeführte Ausmaß zu reduzieren. Eine weitere Reduktion auf die in der Berufung vorgebrachten 1.000 S war aber in Anbetracht der vorhin und in der Begründung des bekämpften Straferkenntnisses vorgebrachten Gründe allein schon aus spezialpräventiven Gründen nicht möglich. Solche Eingriffe, wie im gegenständlichen Fall, können keineswegs als "Kavaliersdelikte" angesehen werden und es ist die nunmehr verhängte Geldstrafe geeignet, den Bw vor weiteren Verwaltungsübertretungen derselben Art abzuhalten. Überdies sind gerade auch für den landwirtschaftlichen Bereich Gründe der Generalprävention für die nunmehr verhängte Geldstrafe maßgebend, um die Bedeutung des Natur- und Landschaftsschutzes, speziell im Hinblick auf die Erhaltung ökologisch bedeutsamer Flächen mit Nachdruck zu betonen. Im übrigen finden diese Interessen auch im gesetzlich normierten Strafrahmen ihren Ausdruck, welcher Geldstrafen bis zu 500.000 S vorsieht. Demgemäß beträgt die nunmehr verhängte Geldstrafe lediglich 1 % der möglichen Höchststrafe. Im übrigen ist in diesem Zusammenhang auf die Begründung im bekämpften Straferkenntnis zu verweisen, insbesondere finden sich auch für den unabhängigen Verwaltungssenat keine Anknüpfungspunkte dafür, daß die belangte Behörde ihren bei der Strafbemessung zu handhabenden Ermessensspielraum nicht iSd Gesetzes angewendet hätte.

Demgegenüber war jedoch die Ersatzfreiheitsstrafe nicht zu reduzieren: Lediglich die Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse hat zu einer Herabsetzung der Geldstrafe geführt. Dieser Umstand betrifft aber nicht den Bereich des Verschuldens, der für die Festsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe Relevanz hat. Im übrigen ist die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Stunden unter Berücksichtigung des Verschuldens, des möglichen Höchstmaßes der EFS von zwei Wochen und des möglichen Höchstmaßes der Geldstrafe von 500.000 S durchaus gerechtfertigt und entspricht auch der in § 16 VStG angegebenen Relation.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

II. Die Vorschreibung des Kostenbeitrages gründet sich auf die gesetzlich normierten und im Spruch angeführten Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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