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des Landes Oberösterreich
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VwSen-320055/4/Gu/Pr

Linz, 09.07.1999

VwSen-320055/4/Gu/Pr Linz, am 9. Juli 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des Josef R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 5.3.1999, Zl. N96-93-1998-Ma, wegen Übertretung des Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1995 zu Recht:

Die Berufung hinsichtlich der Schuld wird abgewiesen und der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses mit der Maßgabe bestätigt, daß die verletzte Rechtsvorschrift zu lauten hat:

§ 8 Abs.1 Z2 und Abs.2 Oö. NSchG 1995 iVm § 1 Abs.1 sowie Anlage zu § 1 Abs.1 2.3.1.1. der Verordnung der Oö. Landesregierung vom 20.12.1982 über den Landschaftsschutz im Bereich von Flüssen und Bächen LGBl.Nr. 107/1982 idF LGBl.Nr. 4/1987 iVm § 42 Abs.3 Z2 Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1995.

Aus Anlaß der Berufung wird die verhängte Geldstrafe auf 1.500 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 1,5 Stunden und der erstinanzliche Verfahrenskostenbeitrag auf 150 S herabgesetzt.

Ein Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 5, § 16, §19, § 51e Abs.3 Z3, § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, in der Zeit zwischen 21.9.1998 und 7.10.1998 auf Grundstück 863, KG. F, Gemeinde H, eine Bewirtschaftungszufahrt unmittelbar entlang des Ufers des St. V in einer Länge von ca. 125 m und einer Breite von ca. 3 m (lt. einem beiliegenden Lageplan) errichtet zu haben, ohne bis zum letztangeführten Zeitpunkt für diesen Eingriff in der 50 m Uferschutzzone des St. V im Besitz einer bescheidmäßigen Feststellung gemäß § 8 Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1995 gewesen zu sein.

Wegen Verletzung des § 8 Abs.1 Z2 und Abs. 2 iVm § 42 Abs.3 Z2 Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1995, wurde ihm deswegen eine Geldstrafe von 3.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Stunden und ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von 300 S auferlegt.

In seiner dagegen eingebrachten Berufung macht der Rechtsmittelwerber geltend, daß er, nachdem die Strafe viel zu hoch ausgefallen sei, gegen den Bescheid zur Gänze Berufung einlege. Im Ergebnis bekämpft er die subjektive Tatseite. Er habe sein Vorhaben, eine Probebohrung für die beabsichtigte Gewinnung von Mineralwasser niederzubringen, inklusive der erforderlichen Aufschließungsstraße Herrn W.OAR M vor Beginn des Vorhabens mitgeteilt. Herr M habe ausgeführt, daß er die Bewirtschaftungsfahrt noch gemeinsam mit Herrn Dipl.-Ing. S vom Gewässerbezirk wasserrechtlich zu genehmigen habe werde, da dies aufgrund der Abflußberechnungen möglich sei. Im übrigen sei die Bohrung an der vorgenommenen Stelle des Grundstückes notwendig gewesen, um umliegende Brunnen 300 - 350 m Entfernung nicht zu beeinträchtigen.

Es habe Herr M (der Bezirkshauptmannschaft Braunau) nichts mitgeteilt, was seinem gesamten Vorhaben entgegenstünde.

Im Ergebnis beantragt der Rechtsmittelwerber wegen der Sache nicht bestraft zu werden.

Da die verhängte Geldstrafe den Betrag von 3.000 S nicht überstieg und die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung nicht begehrt wurde und im übrigen der Sachverhalt, das ist die Anlegung der zuvor beschriebenen Aufschließungsstraße im Uferschutzbereich des St. V ohne vorherigen Konsens der Naturschutz-behörde nicht strittig ist und der angesprochene Beamte der Bezirkshauptmannschaft Braunau im erstinstanzlichen Verfahren zeugenschaftlich hinreichend niederschriftlich befragt wurde und der Eingriff durch die Bilddokumentation aus der Gendarmerieanzeige zu GZ: P 842/98-D, des Gendarmeriepostens Aspach, hinreichenden Aufschluß gibt, war die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat entbehrlich.

Als erwiesener Sachverhalt ergibt sich somit die Beschreibung des Lebenssachverhaltes aus dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses.

Was die subjektive Tatseite anlangt so war zu bedenken:

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt - aus der oben angeführten Strafbestimmung ist über das Verschulden nichts Entgegenstehendes zu entnehmen - zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Gemäß § 5 Abs.2 VStG entschuldigt die Unkenntnis einer Verwaltungsvorschrift der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

Im gegenständlichen Fall ist erwiesen, daß der Rechtsmittelwerber vor Verwirklichung des Vorhabens, nämlich der Niederbringung einer Probebohrung und der Anlage der hiefür erforderlichen Aufschließungsstraße am 21.7.1998 mit Herrn OAR M der Bezirkshauptmannschaft Braunau unter Beibringung eines Lageplanes Kontakt aufgenommen hat. Der genannte Beamte hatte von wasserrechtlicher Sicht her keine Bedenken, ob ein naturschutzrechtliches Verfahren notwendig sei kam nicht zur Sprache. Der Beamte machte ihn auch nicht aufmerksam, daß vor Inangriffnahme dieser beabsichtigten Maßnahmen noch eine naturschutzrechtliche Beurteilung erfolgen müsse.

Im gegenständlichen Fall war auf den Punkt gebracht daher zu beurteilen, ob der Beschuldigte mit dem Gang zur Behörde das ihm Mögliche und Zumutbare getan hat, um allenfalls bestehende Wissensdefizite auszugleichen, welche Verfahren denn alle notwendig seien, um aus der Fülle der Gesetze nichts außer acht zu lassen.

Falls ein Projektwerber sich bei der zuständigen Behörde erkundigt und von dieser eine unrichtige Auskunft erhält, kann dies schuldbefreiend wirken. Im gegenständlichen Fall stellte sich die Frage, ob eine nicht erschöpfende Auskunft auch dazu im Stande war.

Aufgrund der Verfassungsrechtslage und dem Behördenaufbau ist die Bezirkshauptmannschaft als monokratische Behörde organisiert, alle Entscheidungen ergehen im Namen oder für den Bezirkshauptmann. Die Bezirkshauptmannschaft kommt für den Bürger nach Maßgabe der Kompetenz-vorschriften des Wasserrechtsgesetzes als Wasserrechtsbehörde 1. Instanz, daneben aber auch nach dem Oö. Natur- und Landschaftsschutz 1995 als Naturschutzbehörde 1. Instanz in Betracht.

Da die Probebohrung auf die künftige Vermarktung von Mineralwasser abzielte, kam die Bezirkshauptmannschaft aber darüber hinaus auch noch als zuständige Gewerbebehörde in Betracht.

Das Verschulden aus der Unkenntnis der Rechtslage war am Maßstab einerseits einer monokratisch organisierten Behörde zu messen, deren Beamten eine Manuduktion gerade bei immer wiederkehrenden überschneidenden Rechtsgebieten und Hinweis auf weitere Bewilligungspflichten zugemutet werden kann. Andererseits ist es einem durchschnittlich orientierten Rechtsunterworfenen auch geläufig, daß auch monokratisch organisierte Behörden in Fach- bzw. Geschäftsabteilungen agieren, weil das hohe Maß der vom Gesetzgeber ausgeschütteten Vorschriften bis in die letzten Interpunktionen von einem einzelnen Organwalter in der Regel nicht für alle Gebiete gleichzeitig auf Stand gehalten wird.

Allerdings gilt diese Zumutbarkeitsgrenze aber auch für den Bürger (Rechtsunterworfenen). Vom Bürger darf keinesfalls mehr erwartet werden als vom Behördenorgan.

Von den Bürgern eines Bezirkes wird regelmäßig gewußt, daß z.B. der Führerschein nicht in der Wasserrechtsabteilung und der Gewerbeschein nicht von der Forstrechtsabteilung erworben wird und der Naturschutz bei Projekten im freien Gelände stets einen gesonderten Stellenwert hat und eine gesonderte Bearbeitung findet.

Wenngleich es im gegenständlichen Fall hilfreich gewesen wäre, wenn der mit dem Vorhaben des Beschuldigten offensichtlich erstmalig befaßte Beamte der Bezirkshauptmannschaft Braunau von sich aus hingewiesen hätte, daß trotz wasserrechtlicher positiver Beurteilung der Sache noch weitere Bewilligungen einzuholen gewesen wären, war dies für den Beschuldigten in der Zusammenschau doch nicht gänzlich schuldbefreiend, weil er eine Frage des Inhaltes, ob eine wasserrechtliche Bewilligung allein für das Vorhaben genüge, nicht gestellt hat. Dementsprechend hatte er auch keine abschließende Antwort des befaßten Beamten der Bezirkshauptmannschaft Braunau erwarten können und war ein unbesorgtes Vertrauen, wenn schon M nichts gegen sein Vorhaben einwände, so werde auch sonst alles in Ordnung sein, unbegründet.

Insoferne konnte von einer Unkenntnis der Verwaltungsvorschriften die erwiesenermaßen unverschuldet war nicht die Rede sein. In der Gesamtsicht war das Verschulden doch äußerst geringfügig aber gerade noch gegeben.

Indem die objektive und subjektive Tatseite erfüllt waren, mußte der Schuldspruch bestätigt werden und wird ergänzend auf die Ausführungen in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides verwiesen.

Wenngleich das geringe Maß des Verschuldens von diesem Blickwinkel aus für die Rechtswohltat des § 21 Abs.1 VStG genügt hätte, so konnte ein Absehen von einer Bestrafung nicht erfolgen, weil das weitere Erfordernis, nämlich eine mindergewichtige objektive Tatseite nicht vorlag.

Durch Verwirklichung des Projektes ohne vorheriges Verfahren geschah als Folge ein nachhaltiger Eingriff in die Natur in unmittelbarer Nähe des St. V, dessen Uferschutzzone von 50 m durch die Verordnung der Oö. Landesregierung vom 20.12.1982, BGBl.Nr. 107/1982 idF BGBl.Nr. 4/1987 besonders geschützt ist.

War daher eine Strafe zu verhängen, so war hinsichtlich der Strafbemessungsgründe zu bedenken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Gemäß § 42 Abs.3 Z2 Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1995 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 500.000 S zu bestrafen, wer Eingriffe die im Schutzbereich übriger Gewässer verboten sind (§ 8) ohne bescheidmäßige Feststellung iSd § 8 Abs.2 ausführt.

Die erste Instanz hat die persönlichen Verhältnisse und die Einkommensverhältnisse des Beschuldigten sowie das Nichtvorliegen der Erschwerungs- und Strafmilderungsgründe bereits gewürdigt.

Der Oö. Verwaltungssenat kam bei der Würdigung der subjektiven Tatseite zum Ergebnis, daß diese wie oben breiter ausgeführt, nur ein äußerst geringes Gewicht hatte. Bei der allerdings gravierenden Verletzung des geschützten Norminteresses ist die nunmehr herabgesetzte Geldstrafe geeignet, allen Strafzwecken insbesondere der Spezialprävention zu dienen.

Dementsprechend war auch die Ersatzfreiheitsstrafe unter dem Blickwinkel des § 16 VStG herabzusetzen.

Nachdem die Berufung letztlich einen Teilerfolg hatte, ist der Rechtsmittelwerber gemäß § 65 VStG von der Pflicht befreit, Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens leisten zu müssen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. G u s c h l b a u e r

Beschlagwortung: Mineralwasser, Probebohrung, Bachuferschutzzone, BH ist zuständige WR-Behörde und zuständige Naturschutzbehörde monokratische Organisation, Nichtaufklärung über weitere Bewilligungspflichten, Verschulden des Projektbetreibers

 

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