Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-320059/14/Gu/Pr

Linz, 29.10.1999

VwSen-320059/14/Gu/Pr Linz, am 29. Oktober 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des A. R., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 28.5.1999, N96-6-1998-Ste, wegen Übertretung des Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1995 nach der am 22. Oktober 1999 durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Der Rechtsmittelwerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 100,00 Schilling (entspricht  7,27 Euro) zu bezahlen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 5, § 19, § 64 Abs.1 und 2 VStG, § 42 Abs.1 Z8, § 25 Abs.3 Oö.NSchG 1995, § 7 Z3 der Verordnung der Oö. Landesregierung vom 20.12.1982, LGBl.Nr. 106 idF vom 18.4.1983 LGBl.Nr. 27.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, am 21.10.1998 um 11.30 Uhr auf dem Grundstück, KG W., in einem Abstand von ca. 220 m von einem Gebäude den Vogelfang ausgeübt zu haben, obwohl lt. Verordnung der Oö. Landesregierung vom 18.4.1983, LGBl.Nr. 27, der Fang nur außerhalb eines Umkreises von 300 m eines Gebäudes zulässig ist.

Wegen Verletzung dieser Bestimmung im Zusammenhalt mit § 25 Abs.3 und § 42 Abs.1 Z8 Oö. NSchG 1995 wurde ihm deswegen eine Geldstrafe von 500 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden und ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von 50 S auferlegt.

In seiner dagegen erhobenen Berufung rügt der Rechtsmittelwerber Verfahrensmängel, vertritt die Auffassung, dass die Ortsangabe zu ungenau sei und macht geltend, dass er, als er den Vogelfang ausübte, kein Maßband mit hatte, wohl aber an die 450 Schritte von der Hütte zum Fangplatz zurückgelegt habe. Ob es nachgemessen ca. 220 m gewesen seien, könne er nicht bestätigen. Eine "cirka-Angabe" sei ein dehnbarer Begriff, da der Gesetzgeber nicht verlange, dass man sich außerhalb eines Umkreises von ca. 300 m begeben müsse. Im Übrigen vertritt er die Auffassung, dass der Begriff Umkreis üblicherweise als Durchmesserangabe verstanden werde, ohne Zusatz des Begriffes Radius sei daher davon auszugehen, dass das Gebäude nur als Mittelpunkt eines Kreises von 300 m begriffen werde.

Bei dem im Bescheid nicht näher erwähnten Bauwerk habe es sich um eine nicht ständig bewohnbare Hütte gehandelt. Er vermeint, dass es sich hiebei um kein Gebäude im Sinne der Verordnung handelte, zumal die frühere Bestimmung vom Begriff Gehöft ausgegangen sei.

In die Anzahl der gefangenen Vögel greife die Abstandsregelung nicht ein und berühre auch keinerlei Regulative der Natur. Somit seien auch keine Ziele des Naturschutzgesetzes betroffen. Der Gesetzgeber hätte mit dieser Regelung höchstens versuchen können zu verhindern, das von eventuell an Häusern angebrachten Futterstellen Vögel aus unmittelbarer Nähe weggefangen würden. Das würde auch in einem Abstand von 150 m mit ausreichender Sicherheit gewährleistet sein.

Bei Hütten, Almen und anderen meist unbewohnten Gebäuden sei nicht zu erwarten, dass derartige Futterstellen öfters aufgestellt würden. Die Auslegung der Behörde, dass nicht ständig bewohnte Gebäude unter die Verordnung fielen bzw. dass ein Abstand von 300 m auch bei bewohnten Gebäuden einzuhalten wäre, richte sich gegen den Sinn des Naturschutzgesetzes und sei verfassungswidrig.

Schließlich bekämpft er auch die Höhe der Strafe. In seiner jahrzehntelangen Ausübung des Brauchtumvogelfanges habe er sich nie etwas zu Schulden kommen lassen.

Aus all diesen Gründen beantragt er, der Berufung stattzugeben und das Straferkenntnis aufzuheben.

Aufgrund der Berufung wurde am 22.10.1999 in Gegenwart der Parteien die mündliche Verhandlung durchgeführt. In diesem Rahmen wurde der Zeuge Siegfried Seidl vernommen, ein Lokalaugenschein durchgeführt und der Ort des Vogelfanges, der im Übrigen gänzlich unbestritten ist, mittels Lasermessgerätes nachvollzogen. Demzufolge wird festgestellt, dass der Rechtsmittelwerber den im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses beschriebenen Lebenssachverhalt verwirklicht hat.

Nachdem der Zeuge S. und der Rechtsmittelwerber zum stattgefundenen Vogelfang gleichlautende Ortsangaben machten, ergab die Nachmessung des Abstandes des Tatortes von dem zum nächstgelegenen Gebäudeteil eines Holzstadels auf dem Grundstück, KG W., einen Abstand von 220 m.

Dieser Holzstadel ist eines von mehreren kleinen Hochbauten, welche anderen offensichtlich als Wochenend- bzw. Feriendomizile dienen. Der Stadel ist eine Holzkonstruktion. Er ist begehbar und diente ursprünglich offenbar zur Aufnahme von Futtervorräten bzw. Gerätschaften.

Rechtlich war bei diesem Sachverhalt zu bedenken:

Gemäß § 25 Abs.1 Oö. NSchG 1995, dürfen die geschützten Tiere in allen ihren Entwicklungsformen nicht verfolgt, beunruhigt, gefangen, befördert, gehalten oder getötet werden. Das Feilbieten sowie der Erwerb und die Weitergabe dieser Tiere ist ohne Rücksicht auf Zustand, Alter oder Entwicklungsform verboten.

Gemäß § 25 Abs.3 Oö. NSchG 1995 kann die Landesregierung, wenn dies mit den Schutzinteressen gemäß § 22 Abs.1 des Gesetzes vereinbar ist, durch Verordnung für bestimmte Gebiete oder für bestimmte Zeiträume hinsichtlich bestimmter freilebender geschützter Tierarten einschließlich ihrer Entwicklungsformen sowie für das Entfernen ihrer Brutstätten vorsehen, dass Ausnahmen von den Verboten gemäß Abs.1 und 2 zum Zweck des Fangens, Haltens oder Sammelns mit Bescheid der zuständigen Behörden bewilligt werden können. In einer solchen Verordnung kann bestimmt werden, dass nur bestimmte Fangarten sowie die Verwendung bestimmter Fangmittel zulässig sind.

Gemäß § 7 Z3 der Verordnung der Oö. Landesregierung vom 20.12.1982, LGBl.Nr. 106 idF der Verordnung vom 18.4.1983, LGBl.Nr. 27 zuletzt geändert in der Verordnung der Oö. Landesregierung vom 16.1.1995, LGBl.Nr. 14, (welche Verordnungen im noch nicht wiederverlautbarten Text des Oö. NSchG 1982 gegründet sind, wobei sie allerdings durch die Neubezeichnungen der Paragraphen in der gegenständlichen Materie keine inhaltlichen Änderungen enthielten), können folgende Ausnahmen von den Fangverboten bewilligt werden:

  1. ..................
  2. ..................
  3. Im politischen Bezirk Gmunden, in den Gemeinden Attnang-Puchheim, Aurach am Hongar, Frankenburg a.H., Innerschwand, Lenzing, Mondsee, Ottnang a.H., St. Lorenz, Schwanenstadt, Tiefgraben und Weyregg a.A., des politischen Bezirkes Vöcklabruck sowie in den Gemeinden Lambach und Stadl-Paura des politischen Bezirkes Wels-Land, in der Zeit vom 15.9. bis 30.11., das Fangen einzelner Vögel der Arten Stieglitz, Zeisig und Kreuzschnabel zum Zweck der Brauchtumspflege in einer Höchstanzahl von insgesamt 4 Exemplaren. Der Fang ist nur zur Tageszeit (das ist die Zeit von einer Stunde vor Sonnenaufgang bis eine Stunde nach Sonnenuntergang) abseits von Tränken und Futterstellen und außerhalb eines Umkreises von 300 m um Gebäude zulässig. Der Fang ist nur mit Schlagnetzen im Ausmaß von höchstens 1 m x 1 m, mit Kloben mit weicher Fütterung oder mit Netzkloben zulässig.

Gemäß § 42 Abs.1 Z8 Oö. NSchG 1995 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafen, wer ohne im Besitz einer entsprechenden Bewilligung zu sein diesem Landesgesetz oder den aufgrund dieses Landesgesetzes erlassenen Verordnungen über den besonderen Schutz von Tierarten zuwider handelt oder als Inhaber einer entsprechenden Bewilligung diese samt einem zur Feststellung seiner Identität geeigneten Ausweis den nach diesem Landesgesetz mit Aufgaben des Natur- und Landschaftsschutzes betrauten Organen auf deren Vorlangen nicht vorweist oder als Berechtigter die erforderlichen Eintragungen in die Fang- bzw. Sammelliste unterlässt (§ 25).

Feststeht, dass der Rechtsmittelwerber eine Bewilligung zum Vogelfang hatte und diese, was Art und Zahl anlangt, von ihm nicht überschritten wurde und dass auch die in der Verordnung vorgesehenen zeitlichen Begrenzungen eingehalten wurden. Auch das Fanggerät war verordnungskonform, nicht aber der Ort des Vogelfanges, zumal sich dieser nur 220 m von einem Gebäude befand.

Entgegen der Meinung des Rechtsmittelwerbers ist aufgrund der mathematischen Definitionen, welche aber auch im allgemeinen Sprachgebrauch so verstanden werden, ein Umkreis, eine Fläche um einen Mittelpunkt - diesfalls um ein Gebäude - dessen Begrenzungslinie von dem Mittelpunkt allseits den gleichen Abstand hat. Ein Umkreis ist demnach, wie der Name unschwer erkennen lässt, ein Kreis - eine Linie um einen Mittelpunkt und nicht eine Gerade durch einen Mittelpunkt, welche mathematisch und nach dem allgemeinen Sprachgebrauch als Durchmesser definiert wird.

Ein Gebäude ist ebenfalls nach dem allgemeinen Sprachgebrauch eine Anlage von Menschenhand, welche aufgrund baufachtechnischer Kenntnisse errichtet und zur Begehung vorgesehen ist. Wenn nun der Gesetzgeber den Begriff Gebäude gebrauchte, dann meinte er auch unzweideutig Gebäude aller Art und nicht den spezielleren Typus eines Wohngebäudes, um dem Fang zur Brauchtumspflege Grenzen zu setzen, zumal diese Brauchtumspflege ohnedies im Widerspruch zu den natürlichen Lebensarten der freilebenden Vögel steht. Was im Übrigen den Fangort anlangt, so stand dieser von Anfang an im gesamten Verfahren so auch im Berufungsverfahren fest, zumal der Rechtsmittelwerber beim Vogelfang vom Naturwacheorgan betreten wurde und der Lebenssachverhalt in seiner Beschreibung alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale umfasste und der Rechtsmittelwerber keinerlei Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt war.

Insofern erschien das Erfordernis des § 44a Z1 VStG erfüllt.

Was die subjektive Tatseite anlangt so war zu bedenken:

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Da es sich bei dem Vogelfang zur Brauchtumspflege um eine Ausnahme von einem grundsätzlichen Verbot des Fanges freilebender Tiere handelte, muss jeder, so auch der Rechtsmittelwerber, der von einer solchen Ausnahme konkret Gebrauch machen will, sich vorher verlässlich kundig machen, um die Grenzen der bestehenden Ausnahme nicht zu verletzen. Wenn er dies nicht tat, so hat er dies als gewichtiges Maß an Verschulden zu verantworten. Schon aus diesem Grunde schied die Möglichkeit des Absehens von einer Bestrafung im Sinne des § 21 Abs.1 VStG aus.

Worin die verfassungsrechtlichen Bedenken gelegen sein sollten, war nicht nachvollziehbar.

Nachdem die objektive und die subjektive Tatseite erfüllt waren, musste der Schuldspruch bestätigt werden.

Hinsichtlich der Strafbemessung war zu bemerken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Unrechtsgehalt war, da zum nächsten Gebäude doch eine erhebliche Distanz gewahrt wurde, nicht beträchtlich.

Der Rechtsmittelwerber ist der Schätzung der ersten Instanz, was seine Einkommens- und persönlichen Verhältnisse anlangt, nämlich des Bezugs eines monatlichen Nettoeinkommens von 15.000 S, ohne Anschlag von sonstigen Vermögenswerten und Sorgepflichten, nicht entgegen getreten. Die erste Instanz hat bereits als strafmildernd Unbescholtenheit des Beschuldigten gewertet und keine straferschwerenden Gründe in Anschlag gebracht. Solche sind auch im Berufungsverfahren nicht hervorgetreten. In der Zusammenschau all dieser Umstände war daher der ersten Instanz kein Ermessensmissbrauch vorzuwerfen, wenn sie eine Geldstrafe an der untersten Grenze des Strafrahmens verhängt hat. Auch die ausgesprochene Ersatzfreiheitsstrafe entsprach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Aus all diesen Gründen musste daher der Berufung ein Erfolg versagt bleiben.

Dies hatte auf der Kostenseite zur Folge, dass gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG dem Rechtsmittelwerber der im Ergebnis geringe gesetzliche Beitrag von 20 % der bestätigten Geldstrafe zu den Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. G u s c h l b a u e r

Beschlagwortung: Beweiswürdigung, 300 m Umkreis bedeutet einen Radius um ein Gebäude von 300 m.

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