Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-320063/2/Kl/Rd

Linz, 30.05.2000

VwSen-320063/2/Kl/Rd Linz, am 30. Mai 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 20.7.1999, N96-4-1999-NG-Mos, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Oö. NSchG zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a Z1, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 20.7.1999, N96-4-1999-NG-Mos, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 3.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 42 Abs.3 Z2 iVm § 8 Abs.2 Oö. NSchG 1995 verhängt, weil er am 8.4.1999 (gemeinsam mit Herrn S und Frau P) einen unbenannten rechtsufrigen Zubringer zur Kleinen Naarn im Bereich der Parz.Nr. KG und Marktgemeinde U auf einer Länge von rund 400 m ab der Einmündung in die Kleine Naarn geräumt (bzw mit einem Kleinbagger räumen lassen) hat, ohne im Besitz einer bescheidmäßigen Feststellung gemäß § 8 Abs.2 Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1995 zu sein.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und diese damit begründet, dass nicht bekannt gewesen sei, dass die obige Fläche im naturschutzrelevanten Flächenkataster der Naturschutzabteilung des Amtes der Oö. Landesregierung geführt werde. Weiters sei das gegenständliche Gerinne bereits lange vor der Bewirtschaftung von der Natur zur Wasserabführung angelegt und die Fläche vom Zubringergerinne zur Kleinen Naarn entwässert. Allerdings sei unter den Vorbesitzern die Funktionsfähigkeit des Gerinnes verkümmert. Um die Grundstücke rationell bewirtschaften und Maschinen einsetzen zu können, darf die Fläche nicht übermäßig vernässt sein. Vor der Räumung des Gerinnes sei es bei Gewitterregen immer wieder zu Abschwemmungen des Erntegutes und großflächigen Vernässungen gekommen. Auch nach dem Eingriff werden angrenzende Feuchtflächen beibehalten und ist nicht beabsichtigt, diese trocken zu legen. Für die wirtschaftliche Existenz ist aber eine entsprechende wirtschaftliche Nutzung der gegenständlichen Grünlandflächen unverzichtbar. Es wird daher ersucht, von den vorgeschriebenen Geldstrafen abzusehen und die vorgeschriebenen Maßnahmen auf ein Minimum zu beschränken.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil eine 3.000 S übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde und im Übrigen schon aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass die Berufung Erfolg hat, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.2 Z1 und Abs.3 Z3 VStG).

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 8 Abs.1 Z2 Oö. NSchG 1995 gilt der Natur- und Landschaftsschutz außer für Donau, Inn und Salzach auch für sonstige Flüsse und Bäche und einen daran unmittelbar anschließenden 50 m breiten Streifen, wenn sie in einer von der Landesregierung zu erlassenden Verordnung angeführt sind.

Gemäß der Verordnung der Oö. Landesregierung vom 20.12.1982 über den Landschaftsschutz im Bereich von Flüssen und Bächen, LGBl.Nr. 107/1982 idF LGBl.Nr. 4/1987 gilt (ausgenommen von Landschaftsschutzgebieten und geschützten Landschaftsteilen, bei denen ein besonderer Schutz besteht), der Landschaftsschutz für die in der Anlage angeführten Flüsse und Bäche einschließlich ihrer gestauten Bereiche und einen daran unmittelbar anschließenden 50 m breiten Geländestreifen sowie auch für jene Bäche (die in Seen münden oder) die in der Anlage bezeichneten Flüsse oder Bäche oder deren Zubringerbäche münden.

In der Anlage zu der vorgenannten Verordnung Punkt 3.10.4. ist die Kleine Naarn als solches Fließgewässer bezeichnet, für die der Landschaftsschutz iSd § 8 Abs.1 Z2 Oö. NSchG 1995 gilt.

Gemäß § 8 Abs.2 leg.cit. ist in geschützten Bereichen gemäß Abs.1 jeder Eingriff in das Landschaftsbild und im Grünland in den Naturhaushalt verboten, solange die Behörde nicht bescheidmäßig festgestellt hat, dass solche öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden.

Erschließbar kommen die Ausnahmebestimmungen für geschlossene Ortschaften und das Vorliegen eines rechtskräftigen Bebauungsplanes nicht in Betracht. Andererseits kommt aus dem Spruch des Straferkenntnisses nicht eindeutig zum Ausdruck, dass es sich um einen Eingriff in das Landschaftsbild oder um einen Eingriff in Grünland in den Naturhaushalt handelt.

Darüber hinaus gelten gemäß § 8 Abs.4 Oö. NSchG 1995 die Bestimmungen des § 7 Abs.2, 3, 5, 6 und 7 sinngemäß. Demnach gilt gemäß § 7 Abs.6 leg.cit. die zeitgemäße land- und forstwirtschaftliche Nutzung von Grund und Boden einschließlich der Errichtung landesüblicher Weide- und Waldschutzzäune nicht als Eingriff in das Landschaftsbild, es sei denn, dass eine Beschränkung im Interesse eines Naturdenkmales, eines Naturschutzgebietes und von besonders geschützten Pflanzen und Tieren gegeben ist.

Zum vorgeworfenen Sachverhalt iZm dem Berufungsvorbringen ist zunächst anzumerken, dass das Privileg der zeitgemäßen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung von Grund und Boden nur für die Ausübung der Landwirtschaft selbst - so zB für die Gewinnung von Heu oder pflanzlichen Produkten - gilt, nicht aber für wasserbauliche, tiefbauliche (Herstellung von Wegen) oder hochbauliche Maßnahmen (Getreidespeicher, Heuschuppen), die eine leichtere landwirtschaftliche Nutzung ermöglichen.

Demgegenüber ist aber zu berücksichtigen, dass nicht jede Räumung eines Wiesengrabens eine genehmigungs-, feststellungspflichtige Maßnahme darstellt. Letzteres nur dann, wenn damit ein Eingriff in das Landschaftsbild und/oder im Grünland in den Naturhaushalt gegeben ist. Nur in einem solchen Fall erfüllt ein Verhalten ohne Antrag und positive Feststellung der Naturschutzbehörde ein tatbildmäßiges und daher gemäß § 42 Abs.3 Z2 Oö. NSchG 1995 strafbares Verhalten.

Hingegen lässt weder die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 25.6.1999 als erste Verfolgungshandlung noch der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses noch dessen Begründung - das Straferkenntnis ist noch innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist ergangen - eine konkretisierte Umschreibung erkennen, worin der Eingriff in das Landschaftsbild besteht bzw der Eingriff im Grünland in den Naturhaushalt vorgelegen ist. Jedenfalls ist auch nicht ersichtlich, ob der vermeintliche Eingriff im Grünland erfolgt ist. Auch die Begründung des Straferkenntnisses lässt derartige Feststellungen vermissen. Darüber hinaus ist auch ein Bezug auf den Zubringerbach iSd von der Landesregierung zu erlassenden Verordnung nach § 8 Abs.1 Z2 Oö. NSchG im Spruch des Straferkenntnisses nicht gegeben.

Aus den angeführten Gründen war daher wegen eingetretener Verfolgungsverjährung das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

5. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfielen jegliche Verfahrenskostenbeiträge (§ 66 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

Eingriff, Umschreibung, Grünland, landwirtschaftliche Nutzung

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