Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-320071/2/Kl/Rd

Linz, 14.12.2000

VwSen-320071/2/Kl/Rd Linz, am 14. Dezember 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des D, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 9.11.2000, N96-1018-1999, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1995 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 66 Abs.4 und 68 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 9.11.2000, N96-1018-1999, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 2.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 42 Abs.3 Z2 erster Fall iVm § 8 Abs.2 des Oö. NSchG 1995, LGBl.Nr.37 idF LGBl. 35/1999 und § 1 Abs.1 der Verordnung der Oö. Landesregierung vom 20.12.1982, LGBl.Nr. 107, über den Landschaftsschutz im Bereich von Flüssen und Bächen idF des LGBl.Nr. 4/1987 verhängt, weil er im Juni 1999 auf dem Gst.Nr., KG L, linksufrig des Höllmühlbaches bei einer bestehenden Fischteichanlage verbotswidrig ein Holzgebäude (Geräte-Fischerhütte) im Grundrissausmaß von ca. 3,5 x 2,5 m bei einer bergseitigen Traufenhöhe von ca. 2m ohne Vorliegen einer naturschutzbehördlichen Ausnahmegenehmigung errichtet und dadurch dem Eingriffsverbot innerhalb des 50 m Natur- und Landschaftsschutzbereiches zum Höllmühlbach, welcher als in die Donau linksufrig mündender Zubringerbach nach Punkt 3.15. der Verordnung der Oö. Landesregierung vom 20.12.1982 über den Landschaftsschutz im Bereich von Flüssen und Bächen idFd Verordnung vom 19.1.1987 den Landschaftsschutzbestimmungen für das verordnete Einzugsgebiet linksufrig der Donau unterliegt, zuwidergehandelt hat.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt. Es wurde darauf hingewiesen, dass durch das Erkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 11.10.2000 das Verwaltungsstrafverfahren rechtskräftig eingestellt wurde, was zur Folge hat, dass das Strafverfahren nur mehr gemäß § 52 VStG iZm § 69 AVG wieder aufgenommen werden darf. Die bloße Neuerlassung des Straferkenntnisses nach einem rechtskräftigen Abschluss eines Verwaltungsstrafverfahrens verstoße gegen den Grundsatz "ne bis in idem". Weil bereits mit Erlassung des Straferkenntnisses vom 4.2.2000, in welchem erstmalig eine Tatzeit vorgeworfen wurde, die sechsmonatige Verfolgungsverjährungsfrist verstrichen war, liegt dies erst recht für das nunmehr angefochtene Straferkenntnis vor.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil bereits aus der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.

4. Aufgrund der Aktenlage steht fest, dass mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 11.10.2000, VwSen-320067/2/Kl/Rd, ein Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 4.2.2000, mit welchem wegen desselben Tatvorwurfes wie im nunmehr angefochtenen Straferkenntnis eine Geldstrafe von 2.000 S verhängt wurde, aufgehoben wurde und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wurde. Aus der Bescheidbegründung sowie auch aus dem Verwaltungsstrafakt erster Instanz ist ersichtlich, dass im gegenständlichen Strafverfahren lediglich eine Verfolgungshandlung während der Verfolgungsverjährungsfrist gesetzt wurde, nämlich ein Ladungsbescheid vom 9.12.1999, welcher einen konkretisierten Tatvorwurf jedenfalls hinsichtlich der Tatzeit nicht aufweist. Erst anlässlich der Niederschrift vom 16.12.1999 gibt der Beschuldigte an, "etwa im Juni 1999" die Hütte errichtet zu haben.

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 68 Abs.1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Die Regelung des § 68 Abs.1 AVG entspricht dem Grundsatz "ne bis in idem". Die Rechtskraft eines Bescheides bewirkt dessen Unanfechtbarkeit sowie Unabänderbarkeit ("entschiedene Sache").

Es hat daher der VwGH in seiner ständigen Judikatur ausgesprochen, dass die materielle Rechtskraft es allen Strafverfolgungsbehörden verbietet, wegen derselben Tat gegen denselben Beschuldigten noch einmal ein Strafverfahren durchzuführen (ne bis in idem), auch wenn die Richtigkeit der rechtskräftigen Entscheidung zweifelhaft geworden ist. Hingegen liegt keine entschiedene Sache vor, wenn die Berufungsbehörde das erstinstanzliche Straferkenntnis - rechtskräftig - behebt ohne eine Einstellung des Verfahrens gemäß § 45 Abs.1 VStG zu verfügen (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, S. 638, E105a und b, mN).

Weil aber in der gegenständlichen Verwaltungsstrafsache bereits rechtskräftig ein Straferkenntnis durch den Oö. Verwaltungssenat aufgehoben wurde und gleichzeitig das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wurde, so steht einer weiteren Entscheidung im selben Strafverfahren die Rechtskraft dieses einstellenden Bescheides entgegen. Es wurde daher durch die Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses durch die belangte Behörde gegen den Grundsatz der Doppelbestrafung verstoßen.

5.2. Überdies hat der Oö. Verwaltungssenat in seinem obzit. Erkenntnis bereits dargelegt, dass eine der Judikatur des VwGH entsprechende Verfolgungshandlung innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist nicht gesetzt wurde, zumal dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist eine Tatzeit nicht vorgeworfen wurde. Eine Verfolgungshandlung gemäß § 32 Abs.2 VStG muss, damit sie den Eintritt der Verfolgungsverjährung ausschließt, von einer Behörde ausgehen, gegen eine individuell bestimmte Person als Beschuldigten gerichtet sein, innerhalb der Verjährungsfrist nach außen in Erscheinung getreten sein und wegen eines bestimmten (strafbaren) Sachverhaltes erfolgen. Dies erfordert, dass sie sich auf alle die Tat betreffenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat. Es ist daher schon im Beschuldigten-Ladungsbescheid bzw der Aufforderung nach § 40 Abs.2 VStG die Tat ausreichend zu konkretisieren (Hauer-Leukauf, S. 923 und 928, E15 und E18a).

Diesen Erfordernissen entspricht der Ladungsbescheid als einzige Verfolgungshandlung nicht. Hingegen ist die von der belangten Behörde als Verfolgungshandlung gewertete Niederschrift über die Vernehmung eines Beschuldigten vom 16.12.1999, in welcher der Beschuldigte erstmals eine mögliche Tatzeit mit "etwa im Juni 1999" angibt, nicht geeignet, den Lauf der Verfolgungsverjährungsfrist zu unterbrechen. Ein Geständnis (des Beschuldigten) ist keine von einer Behörde ausgehende gegen eine bestimmte Person wegen eines bestimmten (strafbaren) Sachverhalts gerichtete Verfolgungshandlung.

Von der Behörde wurde die Tatzeit "im Juni 1999" erstmalig im Straferkenntnis vorgeworfen. Darüber hinaus kann dieser Tatzeitangabe nicht entnommen werden, ob die Tat zu Beginn oder zu Ende des Juni 1999 begangen wurde. Selbst die Niederschrift vom 16.12.1999 könnte daher im Hinblick auf eine Tatzeit zu Beginn des Juni 1999 bereits außerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist gelegen sein. Eine Auslegung zulasten des Beschuldigten ist unzulässig. Allerdings wurde auch in dieser Niederschrift dem Beschuldigten nicht eine im Hinblick auf die Tatzeit konkretisierte Tathandlung von der Behörde vorgeworfen. Diese Verfolgungsverjährungsgründe gelten daher auch für das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge (§ 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

ne bis in idem, Einstellung des Verfahrens verhindert neuerliche Bestrafung in derselben Sache.

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