Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-320128/3/Li/Wa/Sta

Linz, 31.03.2005

 

 

 VwSen-320128/3/Li/Wa/Sta Linz, am 31. März 2005

DVR.0690392
 

 
 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Linkesch über die Berufung des Herrn J V, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 22. Februar 2005, N96-17-2004/Pl, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 (Oö. NSchG 2001), zu Recht erkannt:

 

  1. Das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten eingestellt.

  2.  
  3. Der Rechtsmittelwerber hat keine Kostenbeiträge zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 iVm §§ 24, 44a Z1, 45 Abs. 1 Z1 und § 51e Abs. 2 Z1 Verwaltungsstrafgesetz - VStG, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002.

Zu II.: § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 22. Februar 2005, N96-17-2004/Pl, wurde der Berufungswerber (in der Folge: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"1. Sie haben - wie vom Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz am 7.9.2004 festgestellt wurde -, zumindest am 7.9.2004 auf den Gst.Nr., beide KG Neubau, Marktgemeinde Hörsching, im 50 m-Schutzbereich des orographisch linken Ufers der Traun, kleinflächig Schotter entnommen, Busch- und Gehölzgruppen der Auwaldgesellschaft gerodet und geländegestaltende Maßnahmen vorgenommen, also Abtragungen und/oder Aufschüttungen ausgeführt, wobei Baumstöcke zu einer Art Wall aufgebaut worden sind, ohne im Besitz einer dafür notwendigen naturschutzbehördlichen Feststellung gemäß § 10 Abs.2 Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 zu sein.

 

2. Sie haben - wie vom Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz am 7.9.2004 festgestellt wurde -, zumindest am 7.9.2004 auf den Gst.Nr., beide KG Neubau, Marktgemeinde Hörsching, im Europaschutzgebiet "Natura 2000-Gebiet Unteres Trauntal" kleinflächig Schotter entnommen, Busch- und Gehölzgruppen der Auwaldgesellschaft gerodet und geländegestaltende Maßnahmen vorgenommen, also Abtragungen und/oder Aufschüttungen ausgeführt, wobei Baumstöcke zu einer Art Wall aufgebaut worden sind, ohne im Besitz einer Ausnahmebewilligung der Landesregierung gemäß § 24 Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 zu sein.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

Zu 1.: § 56 Abs.3 Ziffer 2 iVm § 10 Abs.2 Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001, LGBl. Nr. 129/2001 i.d.F. LGBl. Nr. 24/2004 iVm § 1 der Verordnung der Oö. Landesregierung über den Landschaftsschutz im Bereich von Flüssen und Bächen, LGBl. Nr. 107/1982 i.d.F. LGBl. Nr. 4/1987

Zu 2.: § 56 Abs.3 Ziffer 7 iVm § 24 Abs.3 und Abs.5 Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001, LGBl. Nr. 129/2001 i.d.F. LGBl. Nr. 24/2004 iVm der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.5.1992 (ABl. EG Nr. L 206 vom 22.7.1992) zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (Fauna-Flora-Habitat Richtlinie, kurz FFH-Richtlinie) i.d.F. Richtlinie 97/62/EG vom 27.10.1997 (ABl. EG Nr. L 305 vom 8.11.1997)

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

Falls diese uneinbringlich ist,

Ersatzfreiheitsstrafe von

Freiheitsstrafe von

Gemäß

  1. 1.500,00 Euro
  2. 1.000,00 Euro

16 Stunden

12 Stunden

---

zu 1.: § 56 Abs.3 Ziffer 2

Oö. Natur- und Land-schaftsschutzgesetz 2001,

LGBl. Nr. 129/2001 idF. LGBl. Nr. 24/2004

zu 2.: § 56 Abs.3 Ziffer 7

Oö. Natur- und Land-schaftsschutzgesetz 2001,

LGBl. Nr. 129/2001 idF. LGBl. Nr. 24/2004

 

Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

---

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

250,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

Euro als Ersatz der Barauslagen für

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 2.750,00 Euro."

Die belangte Behörde begründete dies im Wesentlichen damit, der Bezirksbeauftragte für Natur- und Landschaftsschutz habe in seiner Stellungnahme vom 7. September 2004 Nachstehendes ausgeführt:

"Der Ortsaugenschein am 7.9.2004 hat gezeigt, - dass kleinflächige Schotterentnahmestellen existieren, - Busch- und Gehölzgruppen der Auwaldgesellschaft gerodet worden sind, - geländegestaltende Maßnahmen vorgenommen wurden, also Abtragungen und/oder Aufschüttungen ausgeführt worden sind, wobei Baumstöcke zu einer Art Wall aufgebaut worden sind.

Die nicht mehr bestockte Fläche besteht aus zwei Abschnitten östlich bzw. westlich eines Fahrweges von jeweils geschätzten 3.000 m2. Auf der östlichen Hälfte der Waldblöße befinden sich Haufen aus Hackschnitzeln. Daneben war ein Bagger mit Ladeschaufel abgestellt.

 

Für eine Neubestockung des Areals nach der Entnahme des Bewuchses (Um- und Abschneiden von Stämmen,....) ist die gänzliche Entfernung der Wurzelstöcke absolut nicht notwendig.

 

Ich mache darauf aufmerksam, dass dieses Gebiet innerhalb der Negativzone gem. der Richtlinie über den Abbau von Sanden und Kiesen i.d.g.F. liegt und somit die Kiesentnahme ausgeschlossen werden muss. Geprüft werden sollte ferner, ob dieser Bereich in dem Natura 2000-Gebiet "Unteres Trauntal" liegt, für welches ein absolutes Verschlechterungsverbot für die Schutzziele besteht.

Die parzellenscharfe Abgrenzung jener Teile der Gemeinde Hörsching, die zum erwähnten Natura 2000-Gebiet gehören, sollte erfragt werden.

 

Insgesamt stellen die vorgenommenen Arbeiten einen ganz maßgebenden Eingriff in das Potential thermophiler Laubwaldgesellschaften in Traunnähe und der Harten Au dar.

Randlich wurde auch in die 50 m-Schutzzone des orographisch linken Ufers der Traun eingegriffen.

 

Aus naturschutzfachlicher Sicht wird die Vorschreibung von 3 Maßnahmen verlangt:

  1. Entfernung der bereits ausgegrabenen und am Nordrand der östlichen Fläche gelagerten Baumstöcke.
  2. Aufbringen von Humus auf jenen Flächen, auf denen bereits eine Humusabtragung durchgeführt wurde.
  3. Bepflanzung der gesamten Fläche mit standortgerechten Laubgehölzen wie Eiche, Hainbuche, Linde, Feld- und Spitzahorn mit einem Pflanzverband von max. 2 x 1,5 m sowie Schutzmaßnahmen gegen Wildverbiss. Die Maßnahmen sind bis längstens 30.11.2004 durchzuführen."

Auf Anfrage habe die Naturschutzabteilung des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 16. November 2004 mitgeteilt, dass die Gst. Nr., beide KG. Neubau, im Europaschutzgebiet "Unteres Trauntal" lägen.

Die erstinstanzliche Behörde traf im angefochtenen Bescheid die Feststellung, dass das Natura 2000-Gebiet Unteres Trauntal als Europaschutzgebiet festgelegt worden sei. Die Tatvorwürfe seien vom Beschuldigten in keiner Weise bestritten worden, und sei es "Faktum", dass die vom Beschuldigten gesetzten Maßnahmen konsenslos (ohne naturschutzbehördliche Feststellung bzw. Ausnahmebewilligung) gesetzt wurden.

Seitens des Beschuldigten liege zumindest fahrlässiges Verhalten vor, da keine Maßnahmen nachgewiesen wurden, die unter den gegebenen Verhältnissen mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen erwarten ließen. Irrtum als Schuldausschließungsgrund erachtete die erstinstanzliche Behörde nicht als gegeben.

 

Als straferschwerend wurde gewertet, dass der Beschuldigte bereits von der Bezirkshauptmannschaft Schärding mit Straferkenntnis vom 17. November 2004, N96-9-2004, und von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land mit Strafverfügung vom 11. März 2003, N96-5-2003, auf Grund von Verwaltungsübertretungen nach dem Oö. NSchG 2001 rechtskräftig bestraft wurde, und dass er sich trotz Kenntnis der Rechtslage nicht an die gesetzlichen Bestimmungen des Oö. NSchG 2001 gehalten habe.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende rechtzeitig eingebrachte Berufung, in der erkennbar die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt wurde.

 

Begründend führte der Bw aus wie folgt:

"Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass es sich bei mir um einen Landwirt und nicht um einen Gewerbebetrieb wie z.B. Wibau handelt. Diese Unterstellungen sind sehr wohl eine der größten Frechheiten die Ihre Beamten nur nach Ihrer Meinung und nicht nach dem RIS BKA Gesetz beurteilen.

 

Zur Sache und Rechtfertigung von allen vorhergehenden Bescheiden und allen, die noch kommen:

  1. Ich habe diese beiden Parzellen erworben.
  2. Da eine Durchforstung bei diesem Käferholz und Zeckenboden sinnlos war, habe ich einen Teil der beiden Parzellen geschlägert und zu Hackschnitzel verwertet und eine Weile gelagert.
  3. Da das Stockholz einen besseren Heizwert hat, habe ich diese Stöcke am Rand auf meinen von MIR bezahlten Grund gelagert, da ich so auch gewisse Unebenheiten des Bodens noch ausgleichen konnte.
  4. Wie Sie wissen, tritt das Wiederbewaldungsgesetz im 5. Jahr nach der durchgeführten Schlägerung in Kraft. Nach diesen Kriterien habe ich auch geplant und werde dann die Fläche wieder mit diesen am Rand gelagerten Waldboden humusieren.
  5. Der Abtransport von der Firma H hat sich nur auf die Hackschnitzel bezogen und ist von jenen, die mich angezeigt haben, bei mir vorzulegen. Es wurden lediglich von einem landwirtschaftlichen Fahrzeug von mir als Käufer beauftragt, ca. 10 Fuhren Schotter für meinen landwirtschaftlichen Zweck abtransportiert. Wenn Sie rechnen können, sind 10 x 10 = 100 m2 und nicht 500 m2, wie mir die Frau St schon wieder unterstellte.

 

Ich habe diesen Grund als Landwirt gekauft und werde diesen Grund nach meiner landwirtschaftlichen Denkweise auch nutzen und wieder einen ordnungsgemäßen und schönen Zustand herstellen.

Es ist meiner Meinung nach nur Neid, Boshaftigkeit und Gemeinheit und möchte hiermit in Ruhe gelassen werden.

 

Kurz zusammengefasst: Landwirt, mein Grund, Holz zur Verwertung, Stöcke (einen Teil zur Verwertung und einen Teil zu Humusierung), Wiederaufforstung in 5 Jahren, humoses Material nicht zu anderen Zwecken sondern zur Verbesserung am Rand gelagert, Schotterabtransport wurde mit zum Großteil mit Hackschnitzelabtransport verwechselt, Schotter für landwirtschaftlichen Zweck verwendet und gelagert.

Ich habe keinen Fehler gemacht, nur Sie wollen alles umdrehen.

 

Weiters möchte ich darauf hinweisen, dass die Schotterentnahmestelle außerhalb der 50 m Zone ist und die Natura 2000 kein Servitutsrecht im Grundbuch eingeräumt hat."

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Weil bereits der Aktenlage nach ersichtlich ist, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, entfällt eine öffentliche mündliche Verhandlung (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

  1. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat hinsichtlich Spruchpunkt 1 des angefochtenen Bescheides erwogen:

 

4.1. Gemäß § 10 Abs.1 Oö. NSchG 2001 gilt der Natur- und Landschaftsschutz im Sinne dieser Bestimmungen für folgende Bereiche:

  1. für Donau, Inn und Salzach (einschließlich ihrer gestauten Bereiche) und einen daran unmittelbar anschließenden 200 m breiten Geländestreifen;
  2. für sonstige Flüsse und Bäche (einschließlich ihrer gestauten Bereiche) und einen daran unmittelbar anschließenden 50 m breiten Geländestreifen, wenn sie in einer von der Landesregierung zu erlassenden Verordnung angeführt sind;
  3. für stehende Gewässer (ausgenommen solche gemäß § 9 Abs.1) und deren Ufer bis zu einer Entfernung von 200 m landeinwärts (...).

 

Nach Abs.2 leg.cit. ist in geschützten Bereichen gemäß Abs.1 jeder Eingriff

  1. in das Landschaftsbild und
  2. im Grünland (§ 3 Z6) in den Naturhaushalt verboten, solange die Behörde nicht bescheidmäßig festgestellt hat, dass solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden. Ausgenommen von diesem Verbot sind Eingriffe in geschlossenen Ortschaften oder in Gebieten, für die ein rechtswirksamer Bebauungsplan (§ 31 Oö. Raumordnungsgesetz 1994) vorhanden ist.

 

Der Bestimmung des § 1 Abs.1 der Verordnung der Oö. Landesregierung über den Landschaftsschutz im Bereich von Flüssen und Bächen, LGBl. Nr. 107/1982 idF LGBl. Nr. 4/1987, zu Folge gilt der Landschaftsschutz im Sinne des § 6 Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982 für die in der Anlage angeführten Flüsse und Bäche (einschließlich ihrer gestauten Bereiche) und einen daran unmittelbar anschließenden 50 m breiten Geländestreifen.

In der Anlage zu § 1 Abs.1 dieser Verordnung ist unter Punkt 5.1. die Traun angeführt.

 

Gemäß § 56 Abs.3 Z2 Oö. NSchG 2001 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 35.000 Euro zu bestrafen, wer Eingriffe, die im Schutzbereich übriger Gewässer (§ 10) verboten sind, ohne bescheidmäßige Feststellung im Sinne des § 10 Abs.2 ausführt oder in Bewilligungen verfügte Bedingungen, Befristungen oder Auflagen nicht einhält.

 

4.2. In Spruchpunkt 1 des angefochtenen Bescheides wurde dem Bw vorgeworfen, er habe die näher genannten Maßnahmen im gegenständlichen Bereich am 7. September 2004 ausgeführt, ohne im Besitz einer dafür notwendigen naturschutzbehördlichen Feststellung gemäß § 10 Abs.2 Oö. NSchG 2001 zu sein. Dieser Tatvorwurf genügt den gesetzlichen Bestimmungen nicht:

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehnung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Im Hinblick auf Ersteres sind nach der höchstgerichtlichen Judikatur entsprechende, d.h. in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich. Bezüglich des unverwechselbaren Festhaltens der Identität der Tat muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat soweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen des selben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Um dem im Z1 des § 44a VStG enthaltenen Erfordernis Genüge zu tun, bedarf es nach ständiger höchstgerichtlicher Judikatur überdies im Bescheidspruch der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit zur Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift erforderlich sind.

 

Im gegenständlichen Fall liegt ein wesentliches Tatbestandselement darin, ob es sich bei den in Spruchpunkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses näher genannten Maßnahmen um einen Eingriff (bzw. mehrere Eingriffe) in das Landschaftsbild oder um einen Eingriff (bzw. mehrere Eingriffe) im Grünland in den Naturhaushalt handelt, da die von der Erstbehörde als verletzt erachtete Rechtsvorschrift des § 10 Abs.2 Oö. NSchG 2001 auf eine diesbezügliche Qualifikation abstellt.

 

Dadurch, dass in Spruchpunkt 1 des angefochtenen Bescheides nicht zum Ausdruck kommt, dass es sich bei den näher genannten Maßnahmen um einen Eingriff in das Landschaftsbild oder um einen Eingriff im Grünland in den Naturhaushalt handelt, ist der Spruch des angefochtenen Bescheides diesbezüglich nicht hinreichend im Sinne des § 44a VStG konkretisiert. Ein Fehlen des genannten essentiellen Merkmales im Spruch kann auch weder durch die Zitierung von Rechtsvorschriften (in denen dieses Merkmal angeführt ist) im Spruch, noch durch die Bescheidbegründung (aus der dort zitierten Stellungnahme des Bezirksbeauftragen für Natur- und Landschaftsschutz geht hervor, dass "die vorgenommenen Arbeiten einen ganz maßgebenden Eingriff in das Potential thermophiler Laubwaldgesellschaften in Traunnähe und der Harten Au" darstellen) ersetzt werden.

 

Eine entsprechende Korrektur des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses war seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates nicht möglich, da die erforderlichen Tatbestandsmerkmale innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist (§ 31 Abs.2 VStG) durch die von der Behörde vorzunehmende Verfolgungshandlung erfasst sein müssen, und der Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist bereits im Zeitpunkt der Übermittlung der Berufungsschrift an den Unabhängigen Verwaltungssenat (Schreiben der BH Linz-Land vom 11. März 2005 zuzüglich Berufung eingelangt am 16. März 2005) eingetreten war.

 

5. Hinsichtlich Spruchpunkt 2 des angefochtenen Bescheides hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 24 Abs.1 Oö. NSchG 2001 sind Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung im Sinn des Art. 4 der sog. Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, kurz: FFH-Richtlinie, und Vogelschutzgebiete gemäß Art. 4 Abs.1 und 2 der Vogelschutz-Richtlinie durch Verordnung der Landesregierung als "Europaschutzgebiete" zu bezeichnen.

 

Nach Abs.2 leg.cit. sind in einer solchen Verordnung u.a. die Grenzen und der Schutzzweck des Gebietes (§ 3 Z.12) genau festzulegen.

Abs.3 leg.cit. normiert, dass Maßnahmen, die einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Maßnahmen zu einer wesentlichen Beeinträchtigung des Schutzzweckes eines Europaschutzgebietes führen können, vor ihrer Ausführung der Bewilligung der Landesregierung bedürfen.

 

Gemäß § 56 Abs.3 Z7 Oö. NSchG 2001 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 35.000 Euro zu bestrafen, wer bewilligungspflichtige Maßnahmen im Sinne des § 24 Abs.3 ohne Bewilligung ausführt oder in einer Bewilligung verfügte Bedingungen, Befristungen oder Auflagen (§ 24 Abs.6) nicht einhält.

 

5.2. In Spruchpunkt 2 des angefochtenen Bescheides wurde dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe die näher genannten Maßnahmen im gegenständlichen Bereich am 7. September 2004 ausgeführt, ohne im Besitz einer Ausnahmebewilligung der Landesregierung gemäß § 24 Oö. NSchG 2001 zu sein.

 

An dieser Stelle ist festzuhalten, dass hinsichtlich der von der erstinstanzlichen Behörde als verletzt erachteten Rechtsvorschrift des § 24 Abs.3 Oö. NSchG 2001 ein wesentliches Tatbestandelement darin liegt, dass die Maßnahmen einzeln oder in Zusammenwirken mit anderen Maßnahmen zu einer wesentlichen Beeinträchtigung des Schutzzweckes eines Europaschutzgebietes führen können.

Dadurch, dass diese Qualifikation nicht im Spruchpunkt 2 des angefochtenen Straferkenntnisses getroffen wurde, ist dieser ebenso wie Spruchpunkt 1 des angefochtenen Bescheides (siehe dazu Abschnitt 4.2.) nicht hinreichend im Sinne des § 44a VStG konkretisiert.

 

5.3. Letztere Überlegung kommt aber vorliegend nicht zum Tragen, da von der erstinstanzlichen Behörde diese Qualifikation auf Grund folgender Rechtswidrigkeit des Spruchpunktes 2 des angefochtenen Straferkenntnisses gar nicht vorgenommen hätte werden können:

 

Das Gebiet des Unteren Trauntales wurde nämlich durch die Oö. Landesregierung noch nicht als Europaschutzgebiet im Sinne des § 24 Abs.1 Oö. NSchG 2001 verordnet.

 

Zwar wurde dieses Gebiet national zu der durch die Europäische Kommission erfolgenden Festlegung als Europaschutzgebiet nominiert, und ist - wie eine Anfrage des Oö. Verwaltungssenates bei der Naturschutzabteilung des Landes Oberösterreich ergab - die diesbezügliche Überprüfung seitens der Kommission auch bereits erfolgt, jedoch müssen diejenigen Gebiete, welche die Kommission als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung festgelegt hat, durch die Mitgliedsstaaten nach deren nationalem Recht als besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden (vgl. dazu auch Artikel 4 Abs.4 der FFH-Richtlinie, Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.5.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen, ABl. EG Nr. L 206 vom 22.7.1992, geändert durch die Beitrittsakte von 1994 und durch die Richtlinie 97/62/EG vom 27.10.1997, ABl. EG Nr. L 305 vom 8.11.1997).

 

§ 24 Oö. NSchG 2001 bietet dafür die gesetzliche Grundlage, eine Europaschutzgebiet-Verordnung für das Untere Trauntal wurde aber - im Gegensatz zu den Gebieten "Dachstein" und "Unterer Inn" - durch Oö. Landesregierung noch nicht erlassen. (Auf Grund von Artikel 4 Abs.4 der genannten Richtlinie hat die Ausweisung als besonderes Schutzgebiet zwar so schnell wie möglich - jedoch spätestens binnen 6 Jahren - zu erfolgen). Aus diesem Grund ist die übliche Zitierung der Fundstelle einer anzuwendenden Rechtsvorschrift durch die belangte Behörde offensichtlich auch unterblieben.

 

Mangels entsprechender Verordnung der Oö. Landesregierung, durch welche der im Spruch des angefochtenen Bescheides genannte Bereich als "Europaschutzgebiet" bezeichnet ist, kann dem Beschuldigten das ihm unter Spruchpunkt 2 des angefochtenen Bescheides vorgeworfene Verhalten nicht zur Last gelegt werden. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 24 Abs.3 Oö. NSchG 2001, der bezüglich der Bewilligungspflicht von Maßnahmen das Erfordernis "einer wesentlichen Beeinträchtigung des Schutzzweckes eines Europaschutzgebietes" normiert, und dem Umstand, dass erstens der Begriff "Europaschutzgebiet" iS dieser Bestimmung in Zusammenschau mit § 24 Abs.1 Oö. NSchG 2001, der auf eine diesbezügliche Verordnung der Oö. Landesregierung abstellt, gesehen werden muss, sowie zweitens die Feststellung, ob eine Maßnahme zu einer wesentlichen Beeinträchtigung des Schutzzweckes eines solchen Gebietes führen kann, nur anhand des in einer solchen Verordnung festgelegten Schutzzweckes (§ 24 Abs.2 Oö. NSchG 2001) getroffen werden kann.

 

6. Weil sowohl Spruchpunkt 1 als auch Spruchpunkt 2 des angefochtenen Straferkenntnisses bereits aus den genannten Gründen aufzuheben waren und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen war, konnte eine Auseinandersetzung mit dem konkreten Vorbringen des Bw unterbleiben.

 

Zu II.:

Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

Dr. Linkesch
 
Beschlagwortung:
Rechtsgrundlage, Verordnungserlassung

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