Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-320133/3/Li/Hue/Gam

Linz, 22.08.2005

 

VwSen-320133/3/Li/Hue/Gam Linz, am 22. August 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Linkesch über die Berufung des Herrn F F, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried/I. vom 8. Juli 2001, Zl. N96-9-2003, wegen Übertretung des Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 2001, zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG i.V.m. §§ 24, 45 Abs. 1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG;

zu II.: § 66 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried/I. hat über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) mit Datum vom 8. Juli 2005, Zl. N96-9-2003, folgendes Straferkenntnis verhängt:

"Sie haben, wie am 09.09.2003 dienstlich festgestellt wurde, auf Ihrem Gst.Nr., KG Mühlheim, welches als Grünland gewidmet ist und außerhalb einer geschlossenen Ortschaft liegt, im Frühjahr 2003 einen Container und somit ein Gebäude errichtet, ohne dieses anzeigepflichtige Vorhaben vor seiner Ausführung der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. angezeigt zu haben."

 

Dadurch habe der Bw § 56 Abs. 2 Ziffer 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Ziffer 1 Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001, LGBl.Nr. 129/2001 idgF verletzt, weshalb er gemäß § 56 Abs. 2 Ziffer 2 des Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 2001 mit 300 Euro (3 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) zu bestrafen gewesen sei.

 

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, rechtzeitig eingebrachte Berufung.

 

 

3. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde in der Begründung im Wesentlichen aus, dass die dem Bw angelastete Übertretung des Oö. NSchG 2001 durch das Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens sowie das eigentliche Tatsachengeständnis des Bw zweifelsfrei erwiesen sei und es somit zur objektiven Tatseite keiner weiteren Begründung bedürfe.

Im Einspruch gegen die Strafverfügung habe der Bw im Wesentlichen vorgebracht, dass die Umwidmung der Parzelle beantragt worden sei.

Hiezu sei festzustellen, dass diese Rechtfertigung den Bw keinesfalls exkulpieren könne, da die gegenständliche Grundparzelle zum Zeitpunkt der Errichtung des Containers als Grünland gewidmet war und auch heute noch sei. Folglich habe der Bw zweifelsohne den ihm angelasteten Tatbestand verwirklicht und die Verhängung einer Geldstrafe, die im unteren Bereich des gesetzlich vorgegebenen Strafrahmens sei, sei aus generalpräventiven Gründen geboten gewesen.

 

 

4. Dagegen bringt der Bw in seiner Berufung im Wesentlichen vor, dass der gegenständliche Container nicht errichtet sondern nur zeitweilig abgestellt worden sei und es sich nicht um ein mit dem Boden fest verankertes Bauwerk handle. Die Bestimmungen für Bauwerke seien deshalb nicht anzuwenden.

 

Es wurde daher der Antrag gestellt, der Berufung Folge zu geben und das Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben.

 

 

5. Die Bezirkshauptmannschaft Ried/I. als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

Da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs. 2 Ziffer 1 VStG abgesehen werden.

 

 

6. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Ried/I., Zl. N96-9-2003.

 

Diesem sind aus einem Schriftverkehr der Bezirkshauptmannschaft Ried/I. mit der Gemeinde Mühlheim/I. bzw. den dazugehörigen Beilagen und Sachverständigenstellungnahmen Anrainerbeschwerden aus den Jahren 1999 und 2000 über zwar durchgeführte, aber naturschutzrechtlich nicht bewilligungspflichtige Maßnahmen zu entnehmen. Aus dem Akt ist zudem eine Niederschrift der Gemeinde Mühlheim/I. über eine offensichtlich im Oktober 2001 errichtete trapezförmige Betonfläche im Ausmaß von 3 mal 8 Meter auf dem Grundstück Nr., KG Mühlheim, ersichtlich.

Der Akt setzt fort mit einer Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Ried/I. vom 6. Oktober 2003, in der dem Bw die gegenständliche Verwaltungsübertretung vorgeworfen wird. Diese Strafverfügung wurde fristgerecht beeinsprucht, der Antrag gestellt, das ordentliche Verfahren einzuleiten und in der Folge mitgeteilt, dass der Bw auf dem gegenständlichen Grundstück die Errichtung eines Garten- bzw. Wohnhauses plane und seitens des zuständigen Gemeindesekretärs dazu mitgeteilt wurde, dass einer positiven Erledigung der beantragten entsprechenden Umwidmung des Grundstückes in den nächsten Wochen nichts mehr entgegenstehe. Auf Anfrage teilte die Gemeinde Mühlheim/I. mit Schreiben vom 2. Dezember 2003 und vom 25. März 2004 der belangten Behörde mit, dass eine genauere Befassung der Umwidmungsanträge durch den Gemeinderat erst erfolgen werde.

Einem Aktenvermerk vom 30. Juni 2004 ist daraufhin zu entnehmen, dass der Bw bei der Bezirkshauptmannschaft Ried/I. vorgesprochen und mitgeteilt habe, dass der Umwidmungsantrag vorläufig von der Gemeinde Mühlheim/I. abgelehnt worden sei. Weiters wurden die Einkommens- und Vermögenssituation sowie die Sorgepflichten bekannt gegeben.

 

Ein knappes Jahr später erfolgte am 16. Juni 2005 ein Aktenvermerk der Erstbehörde, wonach der gegenständliche Container noch immer konsenslos im Grünland aufgestellt und eine Umwidmung des Grundstückes aussichtslos sei und die eingeleiteten Verfahren fortzusetzen seien.

Der Verwaltungsakt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

 

 

7. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat dazu wie folgt erwogen:

 

Aus den vorliegenden Unterlagen tritt nicht zutage, aufgrund welches Erhebungsberichtes ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet wurde bzw. wann von wem welche Erhebungen durchgeführt worden sind. Es erfolgt lediglich in der Strafverfügung bzw. im Straferkenntnis ein Hinweis auf eine nicht dokumentierte Erhebung am 9. September 2003. Darüber hinausgehende Informationen sind dem Akt nicht zu entnehmen. Weiters fehlt im Verfahrensakt auch jegliches Schriftstück, aus dem die Einleitung des ordentlichen Verfahrens bzw. eine Aufforderung zur Rechtfertigung i.S.d. § 40 VStG ersichtlich ist. Aufgrund der sehr unpräzisen Tatzeit (Frühjahr 2003) und des Fehlens jeglicher dokumentierter Ermittlungen hierzu sind auch eventuelle Verjährungszeiten nicht errechenbar.

Aus der Wiedergabe des wesentlichen Akteninhaltes unter Punkt 6. dieses Erkenntnisses ergibt sich, dass wesentliche Sachverhalte durch die belangte Behörde undokumentiert geblieben sind.

 

Im Sinne der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Spruch gemäß § 44a Ziffer 1 VStG die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens erforderlichen Feststellungen zu den wesentlichen Tatbestandsmerkmalen auch nach Ort und Zeit zu enthalten, damit eine eindeutige Zuordnung des Tatverhaltens ermöglicht und der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten (vgl. näher mit Nachw. aus der Judikatur des VwGH Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. A (1990), 937 ff).

 

Die belangte Behörde hat im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses weitgehend unbestimmt und ohne Konkretisierung des als erwiesen angenommenen Sachverhalts vorgeworfen, dass der Bw im Frühjahr 2003 einen Container auf Grünland außerhalb einer geschlossenen Ortschaft auf dem Grundstück Nr., KG Mühlheim, errichtet habe.

Dieser unsubstantiierte Tatvorwurf wird auch in der Begründung des Straferkenntnisses nicht weiter gemäß § 58 Abs. 2 AVG erläutert. Es fehlen konkrete Feststellungen zu den angenommenen Tatbeständen (genauere, zumindest auf einen Monat beschränkte Tatzeit; genauer Standort des Containers auf dem über 4000 großen Grundstück; Abmessungen und Beschreibung sowie Ausstattung des Containers oder zumindest eine Dokumentation durch Fotos, die im Verlauf von mehr als zwei Jahren wohl angefertigt hätten werden können, u.a.).

"Container" bedeutet lediglich (Groß)behälter (s. Wörterbuch für Recht, Wirtschaft und Politik, I English-German, Dietl/Lorenz) bzw. "1. der rationelleren und leichteren Beförderung dienender Großbehälter in standardisierter [quaderförmiger] Größe, mit der Güter durch mehrere Verkehrsmittel ohne Umpacken der Ladung transportiert werden können, 2. Großbehälter zur rationellen Beseitigung von [speziellem] Müll, 3. Behälter zur Präsentation eines Angebots im Handel." Es liegt daher keineswegs auf der Hand, dass das Aufstellen eines "Containers" einem Neu-, Zu-, oder Umbau eines Gebäudes gem. § 6 Abs. 1 Oö. NSchG 2001 darstellt.

 

Durch diese schwerwiegenden Feststellungsmängel, die eine rechtsrichtige Subsumtion unter ein gegebenenfalls mit einer Verwaltungsstrafe bedrohtes anzeigepflichtiges Vorhaben von vornherein ausschließen, hat die belangte Behörde ihr Straferkenntnis mangels eines tauglichen Tatsachensubstrates mit unheilbarer inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Es ist nämlich mit den Aufgaben und der Funktion des von verfassungswegen als Kontrollorgan eingerichteten Unabhängigen Verwaltungssenates nicht vereinbar, dass dieser substantielle Versäumnisse der Strafbehörde betreffend den Strafbarkeitsvorwurf zur Gänze nachholt und solcherart ergänzende Verfolgungshandlungen vornimmt.

 

Bei diesem Ergebnis kann es dahingestellt bleiben, ob für die festgelegte Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe "generalpräventive Gründe" eine ausreichende Begründung darstellen. Eine solche ist jedoch erforderlich, wenn zwischen der Höhe der verhängten Geldstrafe - bei der im Übringen auf die konkret bekanntgegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen des Bw nicht eingegangen wurde - und der verhängten Ersatzfreiheitsstrafe ein derart erheblicher, nach dem Verhältnis zur Höchststrafe zu bemessender Unterschied (hier: das Fünffache) besteht.

 

Es war deshalb spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. L i n k e s c h

Beschlagwortung:

Container, Verfahrensmängel

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