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VwSen-330006/2/GU/Mm

Linz, 31.10.1997

VwSen-330006/2/GU/Mm Linz, am 31. Oktober 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung der H. G., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft .. vom 12. Juni 1997, Zl. Wi96-2-1996, wegen Übertretung des Punzierungsgesetzes zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben, daß angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren bezüglich der vorgeworfenen Tat gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Die Rechtsmittelwerberin hat keine Kostenbeiträge zum Berufungsverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 44 a Z1, § 51e Abs.1, § 66 Abs.1 VStG, § 6 Abs.1, § 29 Abs.1 lit.b, § 30 Punzierungsgesetz.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft .. hat gegen die Rechtsmittelwerberin am 12.6.1997 zur Zl. Wi96-2-1996, ein Straferkenntnis erlassen, dessen Spruch lautet:

"Sie haben am 30.10.1996 eine Halskette und einen Ring in Gold an obiger Adresse unpunziert feilgeboten. Gemäß § 29 Abs.1 lit.b Punzierungsgesetz begeht eine Verwaltungsübertretung, wer einen der Punzierungspflicht unterliegenden Edelmetallgegenstand unpunziert feilhält oder gewerbsmäßig oder öffentlich veräußert.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 35 Abs.1 und 2 i.V.m. § 29 Abs.1 lit.b Punzierungsgesetz Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt: Geldstrafe falls diese un- Freiheits- gemäß § von Schilling einbringlich ist, strafe von Ersatzfreiheitsstrafe von 600,-- 8 Stunden --- 35 Abs.1 und 2 i.V.m. § 29 Abs.1 lit.b und Abs.2 Punzierungsgesetz Weitere Verfügungen (z.B. Anrechnung der Vorhaft, Verfallsausspruch): --Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen: 60,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S angerechnet); Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 600,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54 d VStG)." Die erste Instanz stützt ihren Schuldspruch im wesentlichen auf die Mitteilung über die Wahrnehmungen eines amtlichen Nachschaukommissärs des Punzierungsamtes L. vom 30.10.1996 im Betrieb der Rechtsmittelwerberin, wonach sich unter den zum Verkauf vorgesehenen Edelmetallgegenständen sich eine Halskette und ein Ring in Gold 585 gefertigt befunden hätten, welche unpunziert gewesen seien.

Im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens habe der bei der Nachschau eingeschaltete Kommissär ausgesagt, daß die vorerwähnten Edelmetallgegenstände im Geschäft der Rechtsmittelwerberin in L., E.straße 46, feilgeboten worden seien.

Eine durch das Punzierungsamt übersehene Punzierung habe er mit größter Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen.

Entgegen der Meinung der Rechtsmittelwerberin, habe es sich aufgrund des Vorrätighaltens des Ringes und der Halskette in einer Schublade in übersichtlicher Art, sodaß sie jederzeit einer interessierten Kundschaft vorgelegt werden konnte, um ein Feilbieten gehandelt und um keine "Lagerware".

Dadurch sei der Tatbestand des § 29 Abs.1 lit.d Punzierungsgesetz als erfüllt zu betrachten. In ihrer dagegen erhobenen Berufung, macht die Rechtsmittelwerberin ähnlich, wie bereits vor der ersten Instanz, geltend, daß durch die übersichtliche Verwahrung der Schmuckstücke in einer Lade des Verkaufspultes noch keine Feilbietung vorgelegen sei.

Unter Bezugnahme auf das bisherige Vorbringen wird auch reklamiert, daß der Gesetzgeber zwischen gewerblicher Tätigkeit und zwischen Feilbieten unterscheide.

Ihr sei ein Feilbieten angelastet worden. Ihre Tätigkeit entfalte sie jedoch allenfalls im Rahmen eines gewerblichen Verkaufes.

Ferner wendet sie die mangelnde subjektive Tatseite ein, wobei zu berücksichtigen sei, daß sie hätte vertrauen dürfen, daß der Großhändler nur punzierte Ware liefert, zumal die Kontrolle eines jeden Stückes unzumutbar sei. Hilfsweise wird auch die Höhe der verhängten Strafe bekämpft.

Nachdem die ausgesprochene Strafe den Betrag von 3.000 S nicht überstieg, eine mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich begehrt wurde und nur Rechtsfragen zur Beurteilung heranstanden, die wie aufzuzeigen sein wird, die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses erforderlich machen, konnte die Entscheidung aufgrund der Aktenlage ergehen.

Demnach steht als Sachverhalt unbestritten fest, daß am 30.10.1996 bei einer Nachschau eine Amtsabordnung des Punzierungsamtes L. im Geschäftslokal der Rechtsmittelwerberin in einer Lade des Verkaufspultes nach deren Herausnahme ein Ring und eine Halskette, beide in Gold 585, gefertigt und unpunziert vorgefunden wurden.

Nach der Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes werden beim Feilbieten (dem entspricht auch der Begriff Feilhalten) Waren zur Abgabe bereitgehalten (VwGH 28.1.1993, 92/04/0131).

Zweifellos handelte es sich bei der übersichtlichen Lagerung der vorerwähnten punzierten Gegenstände in einer Lade des Verkaufspultes, welche jederzeit einer interessierten kaufwilligen Person gezeigt werden konnte, um ein Feilhalten dieser Gegenstände.

Rechtlich war aber hiezu folgendes zu bedenken:

Gemäß § 29 Abs.1 lit.b des Punzierungsgesetzes begeht eine Verwaltungsübertretung, wer einen der Punzierungspflicht unterliegenden Edelmetallgegenstand unpunziert feilhält oder gewerbsmäßig oder öffentlich veräußert.

Gemäß § 29 Abs.2 leg.cit., wird eine solche Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht nach einer anderen Vorschrift strenger zu bestrafen ist, mit Geld von 100 S bis 3.000 S, bestraft.

Außer den Deliktstypen, welche in § 29 des Punzierungsgesetzes beschrieben werden, gilt gemäß § 30 des Punzierungsgesetzes die Auffang- bzw. Blankettstrafnorm, indem andere Verletzungen der Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der zu dessen Durchführung erlassenen Verordnungen als Verwaltungsübertretungen erklärt werden und der Strafrahmen von 100 S bis 3.000 S bestimmt wird.

Unbestritten ist, daß die in Rede stehenden Edelmetallgegenstände einen unter § 1 Abs.1 des Punzierungsgesetzes fallenden Feingehalt an Gold hatten.

Gemäß § 1 Abs.3 des Punzierungsgesetzes gelten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes für Edelmetallgegenstände, die im Inland erzeugt, feilgehalten, gewerbsmäßig oder öffentlich (zum Beispiel durch Gerichte oder Verwaltungsbehörden) veräußert oder in das Bundesgebiet verbracht werden;....

Gemäß § 6 Abs.1 leg.cit. hat jeder, der einen der Punzierungspflicht unterliegenden Edelmetallgegenstand im Inland gewerbsmäßig erzeugt oder der solche Edelmetallgegenstände in das Bundesgebiet verbringt, sie unverzüglich dem zuständigen Punzierungsamt zur Feingehaltsprüfung und Punzierung vorzulegen.

Der gleichen Verpflichtung unterliegt jeder, der einen der Punzierungspflicht unterliegenden, nicht punzierten Edelmetallgegenstand zur Feilbietung oder gewerbsmäßigen Veräußerung übernimmt....

Aus der näheren Betrachtung dieser Vorschriften und im Vergleich zueinander ergibt sich, daß § 29 Abs.1 des Punzierungsgesetzes Typenstrafnormen darstellen, welche nicht an die deckungsgleichen Tatbestandsmerkmale des § 6 des Punzierungsgesetzes anknüpfen und diese unter Strafdrohung stellen. § 29 Abs.1 stellt ein eigenes Typenstrafrecht dar.

Selbst § 29 Abs.1 lit.b enthält genau besehen, drei sich untereinander ausschließende Tatbestände.

Eine Verwaltungsübertretung begeht demnach wer einen der Punzierungspflicht unterliegenden Edelmetallgegenstand unpunziert feilhält oder gewerbsmäßig oder öffentlich (z.B. durch Gerichte oder Verwaltungsbehörden) veräußert.

Durch diese Unterscheidung zwingt sich - weil dem Gesetzgeber eine ansonsten unvernünftige Differenzierung nicht unterschoben werden kann - beim pönalisierten Feilhalten der denknotwendige Einschluß mit auf, daß dieses Feilhalten von einer Privatperson getätigt wird.

Durch die Differenzierung ergeben sich unterschiedliche zeitliche Anknüpfungspunkte zu denen die Punzierung erfolgt sein muß. Bei einem (privaten) Feilhalter muß die Punzierung schon erfolgt sein, wenn er die Waren zur Abgabe bereithält.

Beim Gewerbetreibenden oder beim öffentlichen Einschreiter muß die Punzierung (erst) auf der Ware erst vorhanden sein, wenn er sie veräußert. Dies ergibt sich aus der vom Gesetzgeber gewählten Präsensform des Tätigkeitswortes.

Die Rechtsmittelwerberin war daher im Ergebnis mit ihrer Ansicht im Recht, daß sie als Person, die eine befugte gewerbsmäßige Tätigkeit ausübt, nicht mit dem Tatbestand des unpunzierten Feilhaltens der Edelmetallgegenstände im Sinn des § 29 Abs.1 lit.b in Verbindung gebracht werden durfte und zum anderen die fehlende Punzierung bei gegebener Gewerbsmäßigkeit den zweiten Tatbestand des § 29 Abs.1 lit.b des Punzierungsgesetzes noch nicht erfüllt hat, weil kein Kunde vorhanden war, bei dem die Beschuldigte im Begriffe gewesen wäre, gerade die spezifischen Gegenstände zu veräußern.

Daß die Rechtsmittelwerberin im Sinn des § 6 Abs.1 als Gewerbetreibende verpflichtet gewesen wäre, bereits bei der Übernahme der Gegenstände diese unverzüglich dem zuständigen Punzierungsamt zur Feingehaltsprüfung vorzulegen, welche Unterlassung gemäß § 30 des Punzierungsgesetzes sanktionsbewehrt ist, wurde ihr nicht vorgeworfen.

Ein Umschwenken auf dieses Tatbild hätte eine Auswechselung der Tat bedeutet, zu der eine Berufungsinstanz nicht befugt ist (vgl. zum Begriff Sache des Berufungsverfahrens die zu § 66 Abs.4 AVG ergangenen Judikaturhinweise in Hauer-Leukauff, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens 5.Auflage, Seite 588 Entscheidungsteil .188 a und .189 a, zwei für viele).

Aus all diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Da die Berufung im Ergebnis Erfolg hatte, ist die Rechtsmittelwerberin von der Pflicht befreit, einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. Guschlbauer Beschlagwortung: Gewerbetreibender muß die Punzierung sofort nach Erhalt des Edelmetallstückes erwirken (falls diese fehlt); dies wurde nicht vorgeworfen, Unterschied in Tatbild des § 29 Abs.1 lit.b Punzierungsgesetz zu § 30 leg.cit.

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