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VwSen-330009/3/Gu/Pr

Linz, 23.06.1999

VwSen-330009/3/Gu/Pr Linz, am 23. Juni 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des F. A., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 7.4.1999, Zl.Wi96-1-1998, wegen Übertretung des Mühlenstrukturverbesserungsgesetzes (MSTVG) zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 2. Sach-verhalt VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 1 Abs.1 des Mühlengesetzes 1981, BGBl.Nr.206/1981 idFd Mühlengesetznovelle 1992 - Mühlenstrukturverbesserungs-gesetz (MSTVG), § 5 Abs.7, § 17 Abs.3, § 18 Abs.4 leg.cit. idFd MSTVG-Novelle 1995, BGBl.Nr. 299

Der Rechtsmittelwerber hat gemäß § 66 Abs.1 VStG keine Kostenbeiträge zu leisten.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, während des Jahres 1998, bis zum 10.11.1998, regelmäßig die ab 31.7.1992 gemäß § 5 Abs.2 MSTVG stillgelegte Mühle Nr. 0302 auf der Liegenschaft in H., Grundstück Nr. EZ., KG. H., dadurch betrieben zu haben, daß er den im Rahmen der von ihm betriebenen Landwirtschaft angebauten Dinkel sowie Weizen vermahlen habe, obwohl im Falle der Stillegung einer Mühle aufgrund des § 5 Abs.2 MSTVG auf der Liegenschaft auf der die Mühle betrieben worden ist, innerhalb eines Zeitraumes von 30 Jahren, vom Tage der Stillegung an gerechnet, keine Mühle betrieben werden dürfe. Das Verbot des Betriebes dieser Mühle innerhalb von 30 Jahren ab 31.7.1992 sei im Gutsbestandsblatt des Grundbuches H., eingetragen.

Wegen Verletzung des § 17 Abs.3 iVm § 5 Abs.7 des Mühlenstrukturen-verbesserungsgesetzes (MSTVG), BGBl.Nr. 206/1981 idF BGBl.Nr. 381/1992 wurde ihm deswegen in Anwendung des § 17 Abs.3 MSTVG eine Geldstrafe von 1.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden und ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von 100 S auferlegt.

In seiner dagegen erhobenen Berufung bekämpft der Rechtsmittelwerber die rechtliche Würdigung der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses und vertritt, wie bereits im durchgeführten erstinstanzlichen Verfahren, die Auffassung, daß für das ihm zur Last gelegte Verhalten die Strafbestimmung des § 17 Abs.3 MSTVG keine Anwendung finden könne.

Das Verbot des Betriebes einer Mühle gemäß dem noch in Geltung stehenden § 17 Abs.3 MSTVG könne wohl nur im Lichte der Bestimmung des seinerzeit in kraft gewesenen § 1 Abs.1 MSTVG gesehen werden und sei demzufolge das MSTVG für die Vermahlung von Roggen oder Weizen zu Mahlprodukten nur für Mühlen anwendbar, die entweder in Ausübung einer Tätigkeit die der Gewerbeordnung in der jeweils geltenden Fassung unterliegen oder von landwirtschaftlichen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften betrieben wurden. Diese Voraussetzung treffe auf ihn nicht (mehr) zu und sei ihm ein derartiger Betrieb der auf seiner Liegenschaft noch befindlichen Mühle auch nicht zur Last gelegt worden. Im übrigen habe er seine Gewerbeberechtigung für das Müllerhandwerk im Zuge der Stillegung der Mühle im Jahre 1992 zurückgelegt.

Die Rechtsansicht der erkennenden Behörde sei überschießend.

Als Grundlage für die Begriffe "Vermahlung" aber auch für die Definition des Begriffes "Mühle" seien die mittlerweile außer Kraft befindlichen Bestimmungen des §1 Abs.3 MSTVG heranzuziehen.

Vom Rechtsmittelwerber werde weder eine Vermahlung gewerblicher Natur noch eine solche im Rahmen einer landwirtschaftlichen Erwerbs- oder Wirtschaftsgenossenschaft betrieben und sei ihm auch solches nicht zur Last gelegt worden. Wie der Spruch zutreffend beschreibe, vermahle er Dinkel und Weizen, welchen er im Rahmen seiner Landwirtschaft anbaue und selber verarbeite.

Da kein strafbarer Tatbestand vorliege, beantragt er die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens.

Der Rechtsmittelwerber ist Inhaber der mit Bescheid des Mühlenfonds vom 1.8.1992 zur Zahl III d 698, mit Wirksamkeit ab 31.7.1992 gewerblich stillgelegten Mühle in H.

Im Rahmen des Berufungsverfahrens hat das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates sich durch Augenschein von der Sachlage überzeugt und diese im Sinne des Berichtes des Erhebungsbeamten und der Beschreibung im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses sowie übereinstimmend mit dem Vorbringen des Rechtsmittelwerbers bestätigt gefunden.

Demnach erfolgt keine gewerbliche Tätigkeit. Die Mühle wurde für die für den Eigenbedarf und die Selbstvermarktung zweckmäßige Kleinstvermahlung teilweise umgebaut, vorgefunden. Es waren nur rd. 30 kg Dinkelmehl, fein ausgemahlen sowie ca. 20 kg Dinkelgrieß, vorhanden.

Vorräte von Weizen oder Roggen fanden sich nicht. Es lagerten auch keine diesbezüglichen Mahlprodukte.

Eine Handels- oder Lohnvermahlung erscheint nach dem Ergebnis des Lokalaugen-scheines ausgeschlossen.

Bei diesem Sachverhalt war rechtlich zu bedenken:

Gemäß § 17 Abs.3 MSTVG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafen, wer auf einer Liegenschaft, für die ein Verbot im Sinne des § 5 Abs.4 im Gutsbestandsblatt des Grundbuches ersichtlich gemacht ist (§ 5 Abs.3) eine Mühle betreibt, ohne daß eine Ausnahme gemäß § 5 Abs.5 zugelassen worden ist.

Gemäß § 5 Abs.7 MSTVG darf im Falle der Stillegung einer Mühle aufgrund der Absätze 1 und 2 oder 5 auf der Liegenschaft, auf der die Mühle betrieben worden ist, innerhalb eines Zeitraumes von 30 Jahren, vom Tage der Stillegung an gerechnet, keine Mühle betrieben werden.

Gemäß § 18 Abs.4 MSTVG in der Fassung der MSTVG-Novelle 1995 (Art.II Z8, BGBl.Nr. 299/1995) tritt dieses Bundesgesetz mit Ausnahme des § 5 Abs.7 und 8 1. und 2. Satz des § 12 und des § 17 Abs.3 und 5 mit Ablauf des 31.12.1995 außer Kraft.

Durch diese letzte Novelle wurde ein offensichtliches Redaktionsversehen, welches durch zahlreiche Novellen des Mühlengesetzes und des Mühlenstrukturver-besserungsgesetzes fortgeschrieben worden ist, erneuert, zumal die in Geltung belassene Strafbestimmung des Mühlenstrukturverbesserungsgesetzes des § 17 Abs.3 in der zuletzt geltenden Fassung des Mühlenstrukturverbesserungsgesetzes nicht auf das Betriebsverbot bezug nimmt und andererseits ein Zuwiderhandeln gegen § 5 Abs.7 des Mühlenstrukturverbesserungsgesetzes nicht pönalisiert ist.

Letztlich ergab sich jedoch für den Oö. Verwaltungssenat kein ernstzunehmender Zweifel, daß trotz des fortgeschriebenen Redaktionsversehens der Weiterbetrieb einer vom Geltungsbereich des Mühlengesetzes umfaßten und in diesem Rahmen stillgelegten Mühle gemäß § 17 Abs.3 MSTVG als unter Strafdrohung stehend anzusehen ist.

Dessen ungeachtet ist der Rechtsmittelwerber mit seinen Ausführungen im Recht.

Vom Geltungsbereich des Mühlenstrukturverbesserungsgesetzes konnte und kann nur die Vermahlung von Roggen oder Weizen (allenfalls von Triticalen) zu Mahlprodukten in Mühlen betroffen sein, die entweder in Ausübung einer Tätigkeit, die der Gewerbeordnung in der jeweils geltenden Fassung unterlagen bzw. unterliegen oder von landwirtschaftlichen Erwerbs- und Wirtschafts-genossenschaften betrieben wurden oder werden. (Vergl. hiezu auch § 1 Abs.1 des Mühlengesetzes, BGBl.Nr. 113/1960 und die erläuternden Bemerkungen 143 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates IX. GP. und die entsprechende Bestimmung im Mühlengesetz 1965; vergl. weiters die MG-Novelle 1960, BGBl.Nr. 230 und die EB 328 der Beilagen zu den stenografischen Protokollen XV. GP., ferner den Text des § 1 der Wiederverlautbarung des Mühlengesetzes BGBl.Nr. 206/1981, die Einfügung der Begriffsbestimmungen in der Novelle BGBl.Nr.260/84 und in der Novelle BGBl.Nr. 358/89; zur Fassung der Strafbestimmung des § 17 Abs.3 MSTVG, BGBl.Nr.283/1980, welche unverändert blieb, vergl. auch die Verschiebung der Absatzbezeichnungen, insbesondere jener des in § 17 Abs.3 zitierten § 5 Abs.3 und zur Neufassung von Bestimmungen des § 5 die Novellen BGBl.Nr.260/64, BGBl.Nr.306/82, 260/84, 335/88 und 381/92.)

Eine Vermahlungsmenge - Kontingent - konnte demnach aufgrund des gesetzlich umschriebenen Wirkungsbereiches nur von gewerblichen oder genossenschaftlichen Mühlen im Sinne des vorzitierten Textes des § 1 MSTVG innegehabt, erworben bzw. zugestanden erhalten werden (siehe den Text des § 2 Abs.1 sowohl des Mühlengesetzes BGBl.Nr.113/1960 als auch in der zuletzt gegoltenen Fassung des MSTVG).

Wenngleich für Mühlen, in denen ausschließlich für landwirtschaftliche Selbst-versorger im Lohn vermahlen wurde, wesentliche Erleichterungen (nur Überwachungsbestimmungen) bestanden, so galten sie grundsätzlich als gewerbliche Mühlen, da eine Lohnvermahlung nach den gewerblichen Bestimmungen eben eine Vermahlung ist, die in der Absicht betrieben wird, aus der Tätigkeit einen Lohn - wirtschaftlichen Vorteil - zu ziehen. Insoferne zutreffend sind die Ausführungen in den erläuternden Bemerkungen zu Z12 der MG-Novelle 1980, BGBl.Nr.283 (328 der Beilagen zu den stenografischen Protokollen XV. GP). Die Stillegung einer gewerblichen oder genossenschaftlichen Mühle mit dem Entfall des Kontingentes stellt sohin den "contrarius actus" zum Erwerb bzw. der Bestätigung eines zugestandenen Kontingentes dar. Die Veredelung - so wie hier maßgeblich die Vermahlung - eigener landwirtschaftlicher Feldfrucht unter Ausschluß einer gewerblichen oder genossenschaftlichen Tätigkeit fiel nie und fällt nicht unter den Anwendungsbereich des Mühlengesetzes bzw. des Mühlenstruktur-verbesserungsgesetzes.

Was die in § 17 Abs.3 MSTVG verwendeten Begriffe "Betrieb einer Mühle" anlangt, so ist zwar anzumerken, daß durch die im übrigen derogierenden Bestimmungen des Mühlenstrukturverbesserungsgesetzes keine gesetzlichen Definitionen mehr bestehen. Die hilfsweise Heranziehung der seinerzeit geltenden und dem Stillegungsbescheid zugrunde liegenden Begriffe "Mühle", "Vermahlung" und "Vermahlungsmenge" erscheint jedoch geboten, um den Sinn der im Bestand verbliebenen Bestimmungen noch ausfüllen zu können.

Daß mit der Derogation der übrigen Bestimmungen, so auch der Begriffsbestimmungen des Mühlenstrukturverbesserungsgesetzes, bei Verbleib der wie bereits aufgezeigten, ohnedies schlampig redigierten Strafbestimmung eine andere Sinngebung der darin verwendeten Begriffe einhergehen hätte sollen, ist aus den Gesetzesmaterialien nicht ansatzweise erkennbar. Daraus muß letztendlich der Schluß gezogen werden:

Konnte infolge des genau definierten Anwendungsbereiches des Mühlengesetzes bzw. des Mühlenstrukturverbesserungsgesetzes nur eine gewerbliche oder genossenschaftliche Mühle ein Kontingent innehaben, so konnte und kann die Folgen der Stillegung einer Mühle auch nur den gewerblichen und genossenschaftlichen Betrieb der Mühle treffen.

Hätte der Gesetzgeber die Folgen der Stillegung einer Mühle im Sinne des § 5 Abs.7 MSTVG, wonach innerhalb eines Zeitraumes von 30 Jahren vom Tage der Stillegung an gerechnet keine Mühle betrieben werden darf, auch auf die Veredelung in der landwirtschaftlichen Urproduktion angewendet haben wollen, dann hätte er dem Bestimmtheitsgebot entsprechend in Abweichung des fest umrissenen Geltungsbereiches eine diesen erweiternde Bestimmung ausdrücklich aufnehmen müssen.

Da dies nicht geschah und Strafbestimmungen grundsätzlich wegen des damit angedrohten bzw. verbundenen Eingriffes in Grundrechte eng auszulegen sind, konnte das von der ersten Instanz im Spruch des Straferkenntnisses wiedergegebene Verhalten des Rechtsmittelwerbers nicht unter die Strafbestimmung des § 17 Abs.3 MSTVG subsumiert werden. Aus diesem Grunde war mit der Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 45 Abs.1 Z1 2. Sachverhalt VStG vorzugehen.

Dies hatte auf der Kostenseite zur Folge, daß der erfolgreiche Rechtsmittelwerber im Sinne des § 66 Abs.1 VStG von jeglicher Kostenlast befreit ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. G u s c h l b a u e r

Beschlagwortung: gewerbliche Mühle, Stillegung, Vermahlungsmenge, MSTVG-Geltungsbereich, eigene landwirtschaftliche Produkte, Veredelung, Zulässigkeit

 

 

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