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des Landes Oberösterreich
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VwSen-340035/8/Br/Gam

Linz, 20.01.2004

VwSen-340035/8/Br/Gam Linz, am 20. Jänner 2004

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn R F, P, W., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 1. Dezember 2003, Zl. Agrar96-9-2003, nach der am, 20. Jänner 2004 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

I. Der Berufung wird im Schuldspruch keine Folge gegeben; im Strafausspruch jedoch mit der Maßgabe, dass von der Verhängung einer Strafe abgesehen und in Anwendung des § 21 VStG eine Ermahnung ausgesprochen wird.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - AVG, iVm § 21, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit dem o.a. Straferkenntnis wider den Berufungswerber eine Geldstrafe von 75 Euro verhängt, weil er am 1. Mai 2003 im genossenschaftlichen Jagdgebiet der Marktgemeinde Windhaag/Fr. eine Altgeiß (Rehwild), ca. 16 kg, etwa 3 Jahre alt, innerhalb der Schonzeit getötet (erlegt) habe, obwohl It. Verordnung der Oö. Landesregierung (Schonzeitenverordnung) das jagen, fangen oder töten von Geiß und Kitz (Rehwild) zwischen dem 1. Jänner und dem
15. August untersagt ist.

2. In der umfassenden Begründung führte die Behörde erster Instanz folgendes aus:

"Sie haben am 1. Mai 2003 im genossenschaftlichen Jagdgebiet der Marktgemeinde Windhaag/Fr. eine Altgeiß (Rehwild), ca. 16 kg, etwa 3 Jahre alt, innerhalb der Schonzeit getötet (erlegt), obwohl lt. Verordnung der Oö. Landesregierung (Schonzeitenverordnung) das jagen, fangen oder töten von Geiß und Kitz (Rehwild) zwischen dem 1. Jänner und dem 15. August untersagt ist.

Durch die Rehwild-Abgangsmeldungen der Jagdgesellschaft Windhaag/Fr., eingelangt bei der Bezirkshauptmannschaft Freistadt am 4. Juli 2003, sowie durch einen anonymen Hinweis erlangte die hs. Behörde Kenntnis von der weiter oben beschriebenen Verwaltungsübertretung.

Gegen die daraufhin ergangene Strafverfügung vom 5. September 2003, ZI. Agrar96-9-2003, haben Sie Einspruch erhoben und begründeten dies im Wesentlichen damit, dass Sie das Rehwild gewissenhaft angesprochen hätten und Sie zur Überzeugung gekommen seien, dass es sich um eine Schmalgeiß handle, da das Wild keine Kitze führte, das Gesäuge nicht entwickelt war und Statur und Gewicht schwach erschienen seien.

Namentlich nicht genannte und Ihnen "schlecht gesinnte" Jäger hätten das Gewicht - ohne Beiziehung eines unparteiischen Sachverständigen - mit ca. 16 kg angegeben und das Alter auf etwa 3 Jahren geschätzt. Des weiteren wäre die Strafe zu hoch angesetzt.

Dem Einspruch war ein von Ihnen in Auftrag gegebenes Gutachten eines allgemein beeideten gerichtlich zertifizierten Sachverständigen angeschlossen. Dieser kommt zu dem Schluss, dass die Altersangabe "etwa 3 Jahre" ein Rehwildalter von 1 - 2 Jahren nicht ausschlösse und das exakte Alter nur nach eingehender Untersuchung des Tierkörpers durch einen Jagdsachverständigen festgestellt werden könnte. Gleiches gelte für die Gewichtsangabe "ca. 16 kg". Des weiteren könne mit Sicherheit angenommen werden, dass das erlegte weibliche Rehwild nicht hochbeschlagen gewesen sei oder Kitze führte, weil das Gesäuge in diesem Fall für jeden Laien erkennbar gewesen wäre. Deshalb könne nicht ausgeschlossen werden, dass es sich beim gegenständlichen Rehwild tatsächlich um eine Schmalgeiß und somit um keine Schonzeitverletzung gehandelt habe.

Der Jagdleiter der Jagdgesellschaft Windhaag/Fr. führte zu dieser Rechtfertigung in einem Schreiben vom 24. September 2003 aus, dass die Schätzungen von Alter und Gewicht beim gegenständlichen Rehwild durch den stellvertretenden Jagdleiter S K durchgeführt worden sind. Des weiteren hätte das zufälligerweise zu diesem Zeitpunkt in der Wildsammelstelle aufhältige beeidete Jagdschutzorgan M W dieses weibliche Wild als mehrjährige Geiß angesprochen. Diese Stellungnahme ist auch von den vorgenannten Personen mitunterzeichnet worden.

Der Bezirksjagdbeirat Freistadt gab am 9. Oktober 2003 im Wesentlichen folgende Stellungnahme ab:

"Die Bewertung des erlegten Wildes führt der Jagdausübungsberechtigte bzw. seine Organe auf der Grundlage der Beschau des Wildkörpers, des Gebisses (das Jährlingsgebiss unterschiedet sich unzweideutig von dem eines mehrjährigen Rehes) und der nachstehenden Merkmale durch.

Im gegenständlichen Fall legte der Jagdausübungsberechtigte der Bewertung die Schonzeitverordnung der Oö. Landesregierung zugrunde-. Demnach ist das Schmalreh vom 1. Jänner bis 30. April und die Geiß vom 1. Jänner bis 15. August geschont.

Das Schmalreh ist demnach am 1. Mai in Anbetracht dessen, dass es ein Lebensalter von einem Jahr erreicht hat, von einem Jäger unter der Voraussetzung, dass das Wild gewissenhaft angesprochen wurde, unter anderem aufgrund folgender Merkmale erkennbar:

a) Das Haupt ist "jung", d.h. es wirkt noch gedrungen und nicht "langnäsig", die Lauscher (Ohren) zeigen noch nicht die vom vorsichtigen Verhalten eines Altrehes geprägte hohe "V"-Stellung.

b) Der Körperbau hat noch nicht die Rechtecksform eines Altrehes erreicht (Hier Bock und Schmalreh sind meist nicht auf den ersten Blick als solche erkennbar).

c) Das Verhalten eines Schmalrehes ist jugendlich vertraut' und nicht vorsichtig und ständig sichernd.

d) Der Gesamteindruck eines Schmalrehkörpers lehnt sich noch an den des Geißkitzes an, wobei das gegenständliche Körpergewicht von 14 bzw. 16 kg für ein Schmalreh unüblich ist und auch einen unerfahrenen Jäger sofort zu vorsichtigem Verhalten anhalten muss.

Die Geiß hingegen ist am 1. Mai in den hohen Lagen des Mühlviertels, wie etwa im Jagdrevier Windhaag/Fr., kurz vor dem Setzen des Nachwuchses. Auf jeden Fall wird die Geiß noch nicht in Begleitung eines Kitzes angesprochen werden können.

Der Jäger kann eine Geiß auf jeden Fall als solche erkennen:

a) Haupt und Träger wirken im Verhältnis zu einem Schmalreh lang, der Körper rechteckig.

b) Das hochbeschlagene Reh ist aufgrund seiner Körperfülle und des nach unten ziehenden Tragsackgewichtes erkennbar.

c) Das Gesäuge ist insbesondere von hinten betrachtet gut sichtbar und muss vom Jäger vor dem Schuss durch eingehende Beobachtung gesucht werden.

d) Die Bewegung eines hochbeschlagenen oder den Setzakt vollzogenen Rehes sind langsam und vorsichtig.

Es ist durchaus möglich, dass eine Geiß nicht jedes Jahr beschlagen (gedeckt) wird und daher im Frühjahr "leer" steht.

Die Geiß hat um den 1. Mai, falls sie noch Kitze aus dem Vorjahr mit sich geführt hat, sich von diesem getrennt, um den Setzakt in Ruhe durchführen zu können.

Es ist jedoch auch möglich, dass die Geiß ihren Nachwuchs tot gesetzt hat und unmittelbar nach dem Setzen durch Raubnutzer (Fuchs usw.) verloren hat.

In diesen Fällen z.B. würde das Gesäuge nicht oder nur sehr schwer erkennbar sein.

Daher ist es für den Jäger von entscheidender Bedeutung, dass er das Erscheinungsbild eines Schmalrehes mit dem einer Geiß weidgerecht abwägt um zu vermeiden, dass zu schonende Wild erlegt wird.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass ein Jäger in der Lage ist, am 1. Mai ein Schmalreh von einer Geiß eindeutig zu unterscheiden, wenn er das Wild vor dem Schuss eingehend beobachtet hat."

Daraufhin wurde Ihnen das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zur Kenntnis gebracht und Ihnen die Möglichkeit gegeben, dazu eine Äußerung abzugeben.

In einem Brief vom 22. Oktober 2003 bezweifelten Sie, ob der Bezirksjagdbeirat einberufen worden ist und vermuteten, dass der Bezirksjägermeister alleine die gegenständliche Stellungnahme abgegeben hat.

Sie hätten das gegenständliche weibliche Rehwild eingehend beobachtet und als Schmalreh angesprochen, weil es

a) im Aussehen jung wirkte,

b) der Körperbau nicht die Rechtecksform eines Altrehes zeigte,

c) das Verhalten jugendlich vertraut und nicht "vorsichtig, ständig sichernd" zeigte

d) von Ihnen ein Gewicht von ca. 12 kg angenommen wurde.

Sie betonten nochmals, dass das erlegte Stück Wild von Ihnen nach gewissenhafter Beobachtung

  1. nicht als rechteckig in der Körperform,
  2. nicht hochbeschlagen und mit nach unten ziehendem Tragsack,
  3. nicht mit sichtbarem Gesäuge,
  4. nicht in langsamer und vorsichtiger Bewegung angesprochen worden sei.

Des weiteren stellten Sie - ohne nähere Erläuterung - die Altersangaben der Herren K und W in Frage. Einem fachlichen Gutachten von Herrn Dr. Fr über die Verbisssituationen im Jagdrevier Puchberg/Wels wäre zu entnehmen, dass "die Geschlechtsreife sich verzögert-. Schmalrehe werden z.B. nicht mit einem Jahr geschlechtsreif, sondern erst mit 2 Jahren oder noch später".

Lt. § 1 Abs. 2 Oö. Jagdgesetz würde zudem aufgrund des erhöhten Wildbestandes im genossenschaftlichen Jagdgebiet Windhaag/Fr. im Zweifelsfalle im Widerstreit mit den jagdlichen Interessen den Interessen der Landeskultur der Vorrang zukommen. In den jagdlichen Interessen läge die Schonung des weiblichen Rehwildes, weil man erhoffe, jedes Stück würde einmal Nachwuchs in Form von Trophäenträgern bringen.

Durch den Bezirksjagdbeirat Freistadt wurde daraufhin eine fachliche Stellungnahme eines Wildbiologen des Oö. Landesjagdverbandes vom 17. November 2003 vorgelegt. In dieser wurden die Angaben des Bezirksjagdbeirates Freistadt vom 9. Oktober 2003 bestätigt und im Wesentlichen folgendes ausgeführt:

Allgemein gilt, nicht nur beim Rehwild, sondern auch bei anderen Säugetieren, dass das Alter von Jungtieren viel genauer geschätzt werden kann, als das älterer Tiere. Diese lassen sich lediglich leichter unterscheiden, da individuelle und natürliche Marken sichtbarer sind.

Neben dem in der Stellungnahme des Bezirksjagdbeirates beschriebenen jung wirkenden Haupt eines Schmalrehes, d.h. kurzer Äser (Kindchenschema), ist auch der Wildkörper feingliedrig und deutlich schwächer als der einer Geiß. Von vorne und von hinten betrachtet wirkt er schmal (Namensgebung) und von der Seite gesehen noch nicht so "rechteckig" wie der Körper einer Geiß. Außerdem ist der Träger dünn, die "Gesichtsmaske" einförmig und der "Gesichtsausdruck" kindlich-neugierig.

Wie auch der Stellungnahme des Bezirksjagdbeirates zu entnehmen ist, ist das Verhalten von Schmalrehen vertrauter und lebhafter als das von Geißen.

Zusammenfassen ist also festzustellen, dass nach eingehender Beobachtung und Ansprechen des zu erlegenden Stückes gerade zu Beginn der Schusszeit, d.h. Anfang bis Mitte Mai, das Erkennen von Schmalrehen noch relativ gut gelingt.

In einer Gegenüberstellung der Jagdreviere Windhaag/Fr, und Puchberg/Wels durch den Bezirksjagdbeirat Freistadt ist deutlich erkennbar, dass diese Reviere in bezug auf Größe, Waldanteil, Art des forstlichen Bewuchses, Anteilen an Äcker und Wiesen, Anzahl der Häuser, Höhenlage, Klima und Anzahl des jährlich Abganges an Rehwild in keinster Weise vergleichbar sind und sich keinerlei Übereinstimmung findet.

Auf Anfrage wurde seitens der Jagdgesellschaft Windhaag/Fr. auch die Wildverrechnung betreffend des gegenständlichen Rehwildes vorgelegt. Eine Abwaage ergab ein Gewicht von
16 kg.

Grundsätzlich ist voranzustellen, dass es bedauerlich ist, wenn ein Jäger den Zweck der Jagdausübung nur im "Sammeln" von Trophäen bzw. den Zweck von weiblichem Rehwild nur im "Hervorbringen von Trophäenträgern" sehen sollte. Diese Frage ist jedoch nicht Gegenstand des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens.

Jedenfalls sind die Intentionen des Oö. Jagdgesetzes und damit auch die der Schonzeitverordnung grundlegend andere.

Der von Ihnen erwähnte Begriff der "Weidgerechtigkeit' wird in den Erläuterungen zum
Oö. Jagdgesetz wie folgt definiert und es geht dabei auch auf die Schonzeiten ein:

"Weidgerechtigkeit' ist ein unbestimmter auslegungsbedürftiger Rechtsbegriff. Eine Auslegung hat nach objektiven Gesichtspunkten zu erfolgen und nicht nach dem subjektiven Empfinden des einzelnen Jägers. Es sind daher vor allem die Maßstäbe und Wertvorstellungen (Jagdregeln), die sich durch jahrhundertelange Tradition bei der Ausübung der Jagd herausgebildet haben, heranzuziehen.

Als allgemeine anerkannte Grundsätze der "Weidgerechtigkeit" sind folgende Grundregeln anerkannt:

Achtung gegenüber dem Wild und der Natur, Erstellung eines den Revierverhältnissen entsprechenden Abschussplanes, Durchführung einer ordnungsgemäßen und auf die einzelnen Wildarten abgestellten ausreichenden und richtigen Fütterung in der Notzeit, Einhaltung der Schonzeiten, Verwendung der geeigneten Waffe samt Munition, Vermeidung von Weitschüssen, gewissenhafte Nachsuche, Information und Offenheit gegenüber Mitjägern und Jagdnachbarn, keine Verwendung von tierquälerischen Fangvorrichtungen, jagdliche Disziplin, Wahrung des Ansehens der Jägerschaft (siehe G. Anderluh, Grundsätze der Weidgerechtigkeit, in "Der Anblick'" Heft 11/1969).

Nach § 48 Abs. 1 Oö. Jagdgesetz 1964 ist das Wild zum Zwecke der Wildhege (§ 3) unter Berücksichtigung der Erfordernisse der Landeskultur im erforderlichen Ausmaße zu schonen. Die Landesregierung hat für die einzelnen Wildarten, erforderlichenfalls gesondert nach Alter und Geschlecht, die Schonzeiten nach Anhören des Landesjagdbeirates durch Verordnung festzusetzen oder die Jagd auf bestimmte Wildarten gänzlich einzustellen.

Während der Schonzeit dürfen die Tiere der geschonten Wildgattung weder gejagt, noch gefangen, noch getötet werden. (Abs. 2)

In § 1 der Verordnung der Oö. Landesregierung über die Schonzeiten der jagdbaren Tiere (Schonzeitverordnung) ist die Schonzeit für Geiß und Kitz vom 1. Jänner bis zum 15. August festgesetzt.

Der VfGH hat keine Bedenken in der Richtung, dass der Gesetzgeber damit, dass er für die Festsetzung der Schonzeiten auch eine Berücksichtigung des Alters des Tieres vorsieht (§ 48 Abs. 1 JagdG) eine nicht nachvollziehbare Regelung getroffen hätte. Wenn der Gesetzgeber bei der Regelung des Abschusses jagdbarer Tiere oder bei der Bestimmung der Zeiträume, während deren solche Tiere nicht verfolgt, gefangen oder erlegt werden dürfen (Schonzeiten), veranlasst ist, auf biologische Umstände (Alter, Geschlecht, Stand der Trophäenentwicklung) Bedacht zu nehmen, so muss er von der Voraussetzung ausgehen, dass diese Umstände in freier Wildbahn und auch am erlegten Tier feststellbar sind. Eine Altersschätzung am lebenden Tier muss sich an äußeren Merkmalen (zB Größe des Tieres, Aussehen des Felles, Entwicklung einzelner Körperteile, insbesondere der Trophäe, Verhalten in der Umwelt) orientieren, wobei die Bedingungen des jeweiligen Lebensraumes (des Standortes, Revieres) zu berücksichtigen sind. Obgleich eine solche Altersschätzung Schwierigkeiten und Fehlerquellen in sich birgt, ist eine Norm, die an das Alter des Tieres Rechtsfolgen knüpft, nicht unvollziehbar.

Die für eine Altersschätzung in freier Wildbahn unzweifelhaft möglichen Schwierigkeiten verlangen vom Jäger besondere Aufmerksamkeit und Gewissenhaftigkeit; beim geringsten möglichen Zweifel hat ein Abschuss zu unterbleiben. Wird ein solches Verhalten beobachtet, so hat der Jäger in einem Strafverfahren in der Regel gern. § 5 VStG die Möglichkeit, seine Schuldlosigkeit zu beweisen (VfGH. 22.6.1977, B 409/75).

Die oben angeführte Schuldlosigkeit konnten Sie nicht beweisen, nicht einmal glaubhaft machen. Der Bezirksjagdbeirat Freistadt, vorgelegt durch den vorsitzenden Bezirksjägermeister, hat einzelne Unterscheidungsmerkmale zwischen Schmal- und Altgeiß aufgezählt. Ihre spätere Behauptung, genau diese vorerwähnten Unterscheidungsmerkmale hätten im gegenständlichen Fall auf eine Schmalgeiß hingewiesen, ist als reine Schutzbehauptung zu klassifizieren.

Gegen Ihre Aussagen stehen die Einschätzungen betreffend Alter, Gewicht usw. einer vom Jagdleiter autorisierten Person (Stefan Kapeller) und des beeideten Jagdschutzorganes Manfred Wimberger, die die gegenständliche Altgeiß gesehen haben. Beide hatte keinerlei Schwierigkeiten, das gegenständliche weibliche Rehwild sofort als Altgeiß (Geiß) zu erkennen. Ein weiterer Beweis, dass es sich um eine Altgeiß gehandelt hat, wurde durch die Vorlage der Wildverrechnung erbracht.

Man kann es daher als erwiesen ansehen, dass Sie innerhalb der Schonzeit eine Altgeiß erlegt haben.

Auch für einen Wildbiologen des Oö. Landesjagdverbandes besteht kein Zweifel darüber, dass bei eingehender Beobachtung und Ansprechen des zu erlegenden Stückes gerade zu Beginn der Schusszeit das Erkennen von Schmalrehen noch relativ gut gelingt.

Wie bereits vom Bezirksjagdbeirat Freistadt eingeschätzt hätten Sie - wie Ihre Mitjäger M W und S K es offensichtlich konnten - in der Lage sein müssen, ein Schmalreh von einer Altgeiß eindeutig zu unterscheiden zumal Sie behaupten, das Wild eingehend beobachtet zu haben. Auch der von Ihnen beigezogene beeidete gerichtlich zertifizierte Sachverständige kommt in seinem Gutachten vom 16. September 2003 zu dem Schluss, dass "das exakte Alter nur nach eingehender Untersuchung des Tierkörpers" festgestellt hätte werden können, Ähnliches äußerte der Sachverständige zum Gewicht des gegenständlichen Rehwildes. Weiters führte er aus: "Nach diesen Tatsachen kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass es sich beim gegenständlichen, von Herrn R F am 1. Mai 2003 erlegten Stück weiblichem Rehwild, wie vom Schützen angesprochen, um eine Schmalgeiß und nicht, wie in der Abschussliste eingetragen, um eine Altgeiß gehandelt hat."

Logische Folgerung aus den vorgenannten Einschätzungen des Sachverständigen ist, dass Zweifel über zumindest des Alters und des Gewichtes gegenständlicher Geiß hätten bestehen müssen. Dann hätte demnach - im Zweifel - der Abschuss unterbleiben müssen.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass Sie die vorgeworfene Verwaltungsübertretung zu verantworten haben.

Nach § 93 Abs. 1 lit. h) Oö. Jagdgesetz 1964 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer während der Schonzeit Tiere der geschonten Wildgattung jagt, fängt oder tötet (§ 48 Abs. 2).

Verwaltungsübertretungen (Abs. 1) sind mit Geldstrafe bis zu 2.200 Euro zu ahnden. Sachen, die Gegenstand der strafbaren Handlung sind oder zur Begehung der strafbaren Handlung gedient haben, können für verfallen erklärt werden. Können die dem Verfall unterliegenden Sachen (z.B. Wild oder Teile von Wild) nicht erfasst werden, weil sie veräußert, verbraucht oder sonst wie beiseitegeschafft wurden, so ist auf eine Verfallsersatzstrafe in der Höhe des Wertes des Verfallsgegenstandes zu erkennen. (Abs. 2)

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG 1991 genügt zur Strafbarkeit, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Zum Tatbestand der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen gehört kein Merkmal, das auf den Eintritt eines Erfolges (Schaden oder Gefährdung) hinweist.

Bei d. gegenständlichen Verwaltungsübertretung(en) handelt es sich daher um (ein) Ungehorsamsdelikt(e). Das Gesetz nimmt für eine Strafbarkeit Rechtswidrigkeit und Verschulden an.

Rechtswidrigkeit (Zuwiderhandeln gegen ein Verbot bzw. Nichtbefolgung eines Gebotes sowie Ihre Rechtfertigungsangaben) ist aufgrund des Ermittlungsergebnisses und der fachlichen Stellungnahmen eindeutig erwiesen.

Zum Tatbestand dieser Verwaltungsübertretung(en) gehört auch nicht der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr, wodurch unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände ein fahrlässiges Verhalten daher ohne Zweifel angenommen werden kann.

Rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten macht strafbar, es sei denn, es liegt ein Rechtswidrigkeits- bzw. Schuldausschließungsgrund vor. Auf Grund des von der Behörde festgestellten und der Anzeige zu entnehmenden Sachverhaltes, sind Rechtswidrigkeit und Verschulden erwiesen.

Rechtswidrigkeit ist insofern gegeben, als der verwirklichte, erwiesene Sachverhalt einen rechtswidrigen Tatbestand erfüllt.

Ein Schuldausschließungsgrund und sonstige Entlastungsgründe konnten nicht gefunden werden.

Somit haben Sie rechtswidrig und schuldhaft die Verwaltungsübertretung(en) begangen, wodurch die Strafbarkeit im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen gegeben ist.

Es war daher von der Behörde eine entsprechende Strafhöhe festzulegen.

Gemäß § 19 VStG 1991 ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs. 1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Aufgrund einer entsprechenden Anfrage vom 16. Oktober 2003 teilten Sie der hs. Behörde mit, dass Sie ein monatliches Nettoeinkommen von 400 Euro, Einkommen von einer Landwirtschaft mit einem Einheitswert von 7.122 Euro (entspricht einem Einkommen von rund 700 Euro/Monat) und kein Vermögen hätten und zudem für Ihre Gattin und zwei Kinder sorgepflichtig wären.

Diese Angaben wurden zur Strafbemessung herangezogen.

Die festgelegte Strafhöhe erscheint als angemessen und es kann nicht zu einer Gefährdung des Unterhalts für Sie und Ihre Angehörigen kommen.

Erschwerungs- und Milderungsgründe:

Als mildernd wird die bisherige Unbescholtenheit gewertet.

Weitere Milderungs- bzw. Erschwerungsgründe sind nicht zu Tage getreten.

Nach Abwägung der erschwerenden und mildernden Umstände sowie Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse erscheint der Behörde der festgelegte Strafbetrag als angemessen und ausreichend, eine entsprechende Präventionswirkung spürbar zu machen.

Die festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe bildet einen gleichwertigen Ersatz und genügt nach Ansicht der Behörde - im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe - Sie von künftigen Übertretungen ebenso wirksam abzuhalten.

Die Strafbemessung erfolgte nach den Grundsätzen des § 19 VStG 1991, wobei das Ausmaß der Übertretung berücksichtigt wurde.

Mildernd war die bisherige Unbescholtenheit zu werten. Sonstige erschwerende oder mildernde Gründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden ebenfalls entsprechend berücksichtigt. Die Vorschreibung der Verfahrenskosten und Barauslagen ist in den zitierten Gesetzesstellen begründet.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

2.1. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung hält der Berufungswerber dem Straferkenntnis folgendes entgegen:

"Bereits am 16.9.2003 habe ich in dieser Angelegenheit einen Einspruch bei der Bezirkshauptmannschaft Freistadt mit entsprechender Begründung eingebracht. Diesem Einspruch wurde auch ein Kurzgutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen für das Jagdwesen Dipl. Ing. R N beigefügt, welches belegt, daß das von mir erlegte Stück weibliche Rehwild eine Schmalgeiß war. Diesen Einspruch halte ich in vollem Umfang aufrecht.

Am 22. 10.2003 habe ich in einem Schreiben an die Bezirkshauptmannschaft Freistadt zu den zugesandten Stellungnahmen des Bezirksjagdbeirates Freistadt und des Jagdleiters der Jagdgesellschaft Windhaag/Fr. Stellung genommen. Es wurde von mir die Frage aufgeworfen, ob der Bezirksjagdbeirat Freistadt überhaupt mit dieser Angelegenheit beschäftig war. Im gegenständlichen Straferkenntnis wurde nun in der Begründung angeführt, daß einzig allein der Bezirksjägermeister nun mit Rückfrage beim Jagdbiologen des Oö. Landesjagdverbandes in dieser Angelegenheit befragt wurde.

Im kollegialen Organ Bezirksjagdbeirat sind aber auch zwei Vertreter der Grundbesitzer vertreten, die deren Interessen vertreten müssen. Diese wurden überhaupt nicht befragt. Es sind allein die Interessen der Jägerschaft mit dem Bezirksjägermeister und dem angestellten und nicht unabhängigen Wildbiologen des Landesjagdverbandes der Behörde vorgetragen worden.

Das gültige O.Ö. Jagdrecht gibt aber den Interessen der Landeskultur auch im Zweifelsfall den Vorrang. Das Interesse der Landeskultur liegt in einem raschen und vollständigen Vollzug des Abschußplanes.

Ein Schmalreh ist auch im Jagdrevier Windhaag/Fr. ein Schmalreh und nicht nur in Puchberg/Wels.

Die Gegenüberstellung beider angeführter Jagdreviere ist nur dahingehend interessant, weil im Jagdrevier Puchberg mit ca. 1000 ha Jagdfläche fast so viele Rehe erlegt werden wie im ca. 4000 ha großen Revier Windhaag/Fr., an der tschechischen Grenze und dort, wo sich "Fuchs und Hase gute Nacht sagen".

Daß von vielen Jägern in Windhaag/Fr. alles unternommen wird, um den Abschuß des Rehwildes zu behindern und vor allem weibliches Rehwild nicht zum Abschuß zu bringen, geht daraus eindeutig hervor.

Als ökologisch gesinnter Jäger bin ich für viele "Weidkameraden" ein Ärgernis, dem man einmal "eines Auswischen" muß.

3. Die vielen gut gemeinten Ratschläge und Ausführungen von Bezirksjägermeister und Wildbiologen sind nichts weiter als graue Theorie. Diese Vorgangsweise hat dazu geführt, daß nach 10 Jahren O.Ö. Abschußplanverordnung überhaupt keine Verbesserung in der Wildschadensbelastung unserer Wälder eingetreten ist.

4. Abschließend stelle ich nochmals fest, daß ich das erlegte Stück Wild gewissenhaft angesprochen und als Schmalreh zur Strecke gebracht habe.

Ich stelle daher den

BERUFUNGSANTRAG

das gegenständliche Strafverfahren wegen Gegenstandslosigkeit einzustellen und alle bisher erfolgten Strafverfügungen aufzuheben. Für den Fall, daß das Verfahren weiter betrieben wird, nenne ich Herrn Dipl. Ing. R N, F, O, Obmann der Ökobauernjagd, Verein Oö. Jagdeigentümer, als meinen Verteidiger. Ich bin Vorstandsmitglied dieses Vereines und lasse mich durch den Obmann vertreten. Dipl. Ing. N ist bereit, mich in dieser Angelegenheit zu verteidigen, dies schon allein deswegen, weil unser Verein alles unternehmen will, daß die Abschußpläne in O.Ö. gewissenhaft erfüllt werden.

Freundliche Grüße (e.h. Unterschrift) R F"

3. Da weder eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe noch eine Freiheitsstrafe verhängt wurde ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung schien hier zur Klärung der mit der Tat objektiv verbundenen nachteiligen Auswirkungen, des Verschuldensgrades und der zur Strafbemessung führenden Umstände in Wahrung der durch Art. 6 Abs.1 EMRK zu wahrenden Rechte geboten (§ 51e Abs.1 VStG).

3.1. Beweis geführt wurde durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Erstbehörde, Zl.: Agrar96-9-2003, insbesondere durch einvernehmliche Verlesung der im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens eingeholten fachlichen Stellungnahmen. Als sachverständige Zeugen wurden die Verfasser dieser Stellungnahmen, Herr BJM P und der Wildbiologe Mag. B und der mit dem einschlägig Sachverständigen Dipl.-Ing. N erschienene Berufungswerber als Beschuldigter einvernommen. Ferner wurde im Rahmen der Berufungsverhandlung eine fachliche Beurteilung dieses Abschusses seitens des Amtssachverständigen für das Jagdwesen, Herrn Dipl.-Ing. R erstattet. Ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung ohne Angabe von Gründen nicht teil.

4. Der hauptberuflich als Landwirt tätige Berufungswerber ist seit fünf Jahren als aktiver Jäger tätig. Er hat einen Ausgang in der Genossenschaftsjagd Windhaag bei Freistadt.

Anlässlich der Rückkehr von einem Pirschgang in den Morgenstunden des 1. Mai konnte er aus einer Entfernung von etwa 80 m ein ausziehendes Reh wahrnehmen. Dieses beobachtete er in der Folge etwa eine viertel Stunde lang mit dem Fernglas, wobei dieses weibliche Stück Wild bis auf 40 m auf ihn zuzog, ohne entsprechende Fluchtreaktionen zu zeigen. Es war sichtlich nicht beschlagen (trächtig), es war kein Gesäuge erkennbar und es war noch nicht verfärbt, d.h. es stand noch in der Winterdecke. Aus diesem Grunde habe er dieses Stück als Schmalreh angesprochen (beurteilt) und sich zum Abschuss desselben entschlossen. Auch als er sich zum Schuss fertig machte, zu diesem Zweck den Rucksack ablegte, die Patrone unter entsprechend metallener Geräuschentwicklung in den Lauf repetierte, sprang dieses Reh immer noch nicht ab. Dies habe ihn zusätzlich in der Überzeugung bestärkt, dass es sich allenfalls auch um ein krankes Reh handeln hätte können.

Nach der Beschau in der Wildkammer wurde dieses Stück nicht als Schmalreh, sondern als dreijährige, nicht beschlagene Geiß mit einem Gewicht von 16 kg und als gesundes Stück beurteilt.

Im Rahmen der Berufungsverhandlung galt es zu klären, ob dieser Abschuss unter Außerachtlassung der beim Ansprechen eines Wildes erforderlichen Sorgfalt vorgegangen wurde, oder ob dieser Abschuss auf Grund der vom Berufungswerber glaubwürdig und sachlich auch nachvollziehbar geschilderten Umstände, allenfalls nicht auch von einem anderen Jäger getätigt worden wäre.

Zu diesem Zweck war die Frage zu klären, ob auf Grund des Gehabes und Aussehens dieses Stücks auf ein in dieser Zeit jagdbares Schmalreh geschlossen werden konnte.

Dies wurde im Ergebnis von den beigezogenen sachverständigen Zeugen verneint. Wohl wurde im Rahmen der Berufungsverhandlung fachliche Übereinstimmung darüber erzielt, dass ein Schmalreh einerseits vom Wildkörper her zierlicher und der Äser kürzer ausgeprägt ist. Schon angesichts dieser äußeren Merkmale hätte der Schuss, insbesondere zu Beginn der Schusszeit, im Zweifel doch unterbleiben müssen. Auch diesbezüglich ist auf die zutreffenden Feststellungen der Behörde erster Instanz hinzuweisen.

Mit dem Hinweis durch den vom Berufungswerber mitgebrachten sachverständigen Zeugen, Dipl.-Ing. N, dass es primäres Ziel sei die Abschusspläne möglichst zu erfüllen, ist für den Berufungswerber nichts zu gewinnen. Auch nicht mit dem Hinweis auf eine Studie von Prof. Dr. F, der zur Folge Rehe allenfalls erst nach zwei Jahren oder später fortpflanzungsfähig werden und somit biologisch noch als Schmalrehe anzusehen sind, vermag der Berufungswerber diesen Abschuss nicht zu rechtfertigen.

Im Sinne einer objektiv beurteilbaren Wildhege und Jagd, sind bei der Gestaltung des Abschusses objektiv nachvollziehbare und in der Natur praktikable, somit einer "ex ante Beurteilung" zugängliche Beurteilungsmaßstäbe heranzuziehen. Unter Bezugnahme auf bloß biologische Ausnahmefälle (sollte es sich bei dieser Geiß tatsächlich biologisch um ein noch nicht im Fortpflanzungskreislauf stehendes Stück gehandelt haben) würde nur eine in der Praxis nicht handhabbare "ex post - Beurteilung" möglich sein. Mit Blick darauf hätte hier dieser Abschuss unter Einhaltung der von einem Jäger zu erwartenden Sorgfalt beim Ansprechen des Wildes - zumindest im Zweifel - unterbleiben müssen. In diesem Zusammenhang ist der ausführlichen Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung durchaus zu folgen gewesen. Die über die eigentliche Sache hinausschießenden Berufungsausführungen mit Hinweisen auf die sogenannte Ökojagd, diverse Bemängelungen in der Erstellung der Abschusspläne und dem Hinweis, wonach zehn Jahre nach der geänderten Abschussplanverordnung sich die Verbisssituation nicht gebessert hätte, würde eher als bewusste Inkaufnahme des Fehlabschusses und eine bewusste Hinwegsetzung über die herrschenden und durch das Jagdrecht gesetzten Regeln schließen lassen. Dies stellte der Berufungswerber im Rahmen der Berufungsverhandlung jedoch glaubhaft in Abrede. Dahingestellt haben die zur anonymen Anzeige führenden Motive zu bleiben, wobei diese Vorgangsweise durchaus auf ein gestörtes soziales Klima in der dortigen Jagdgemeinschaft schließen lassen mag.

Schließlich räumte der Wildbiologe Mag. B ein, dass die Schilderung des Berufungswerbers ein eher abnormales Verhalten dieses Rehs aufzeigt. Dies unterstützt die Verantwortung des Berufungswerbers in Hinblick auf die Entscheidung zu diesem Abschuss bzw. lässt diesen jagdfachlich jedenfalls nicht als grob verfehlt erscheinen, sondern vielmehr nur als ein vom geringen Verschulden umfasste Fehleinschätzung beurteilen. Schließlich wurde sowohl von diesem sachverständigen Zeugen und auch vom Amtssachverständigen Dipl.-Ing. R dargelegt, dass dieser Abschuss keine wildbiologischen Nachteile nach sich zog. Dies offenkundig mit Blick darauf, dass dieses Reh nicht beschlagen und wohl auch nicht gut veranlagt war oder sogar krank gewesen sein könnte.

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Nach § 1 Abs.1 der Schonzeitverordnung, LGBl.Nr. 30/1990 idF LGBl.Nr. 46/2003, darf vom Rehwild in der Zeit vom 1. Jänner bis zum 15. August die Geiß und das Kitz weder gejagt, noch gefangen, noch getötet werden.

Nach § 93 Abs.1 lit.h Oö. JagdG begeht eine mit bis zu 2.200 € zu ahndende Verwaltungsübertretung (§ 93 Abs.2 leg.cit.) wer, ... während der Schonzeit Tiere der geschonten Wildgattung jagt, fängt oder tötet (§ 48 Abs. 2);

Nach § 48 Oö. JagdG ist zum Zwecke der Wildhege (§ 3) das Wild unter Berücksichtigung der Erfordernisse der Landeskultur im erforderlichen Ausmaße zu schonen. Die Landesregierung hat für die einzelnen Wildarten, erforderlichenfalls gesondert nach Alter und Geschlecht, die Schonzeiten nach Anhören des Landesjagdbeirates durch Verordnung festzusetzen oder die Jagd auf bestimmte Wildarten gänzlich einzustellen.

Zum Unrechts- und Schuldgehalt des hier im Ergebnis letztlich unbestritten bleibenden Fehlabschuss ist zu bemerken, dass von der Verhängung einer Strafe nach § 21 VStG jedoch abgesehen werden kann, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Wie oben bereits ausgeführt lagen die Umstände so, dass der Berufungswerber auf Grund des Erscheinungsbildes - letztlich jedoch irrtümlich - als ein Schmalreh einschätzte und wegen des nicht typischen Verhaltens aus subjektiver Sicht auch noch von einem allenfalls kranken Stück ausgegangen werden konnte. Bei objektiver Betrachtung wäre es dem Berufungswerber jedoch insbesondere zu Beginn der Schusszeit zuzumuten gewesen, sich dieses Stück allenfalls bei einem weiteren Pirschgang nochmals genauer anzuschauen. Hinzuweisen ist jedoch auf eine künftig vermehrt zu erwartende und regional bereits tatsächlich zunehmende Schwierigkeit bei der Erfüllung der Abschussplanziele, wobei es in der Jagdpraxis zu sogenannten Pflichtenkollisionen kommen kann. Denn Zweifel beim Ansprechen des Wildes (beurteilen in der freie Natur) können immer bestehen bleiben, sodass es abzuwägen gilt, welcher Zielerreichung (Erfüllung des Abschussplanzieles wider Unterbleiben des Abschusses Unklarheit in der Klasse u. Alter des Wildes) der Vorrang eingeräumt wird. Diese Anmerkung nimmt Bezug auf die doch sehr theoretische Anmerkung der Behörde erster Instanz, "wonach beim geringsten möglichen Zweifel" ein Abschuss zu unterbleiben habe (Seite 6 erster Absatz der Begründung des angefochtenen Bescheides). Zu Beginn der Schusszeit, hier handelte es sich um den ersten Tag, kann jedoch mit der Erfüllungspflicht des Planziels wohl noch nicht schuldbefreiend argumentiert werden.

Unter Beurteilung nach objektiven Sorgfaltsmaßstäben hätte demnach der Abschuss dieses Stücks unterbleiben müssen.

Im Ergebnis reduzieren sich jedoch die Tatfolgen - wie ebenfalls schon dargetan - auf das Niveau eines wildbiologisch sich nicht nachteilig auswirkenden Verstoßes gegen jagd(recht)liche Regeln. Der Berufungswerber konnte im Rahmen der Berufungsverhandlung überzeugend dartun, dass er - entgegen diesbezüglicher Andeutung in der offenbar nicht von ihm verfassten Berufung - mit den Bestimmungen des Oö. Jagdgesetzes durchaus vertraut ist und sich mit diesen auch identifiziert. Dies rechtfertigt nach h. Auffassung von einer Bestrafung abzusehen und bloß eine Ermahnung auszusprechen. Letzteres jedoch mit dem Hinweis, dass ihm damit das Vertrauen geschenkt wird, sich künftighin in Zweifelsfällen von der Erlegung eines Wildes abzusehen. Dies insbesondere dann, wenn noch kein zeitlicher Druck für die Erfüllung des Abschussplanziels gegeben ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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