Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-390065/5/UR/Km

Linz, 23.02.1999

VwSen-390065/5/UR/Km Linz, am 23. Februar 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des C S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 13.2.1998, ZD96-8-1997, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Zivildienstgesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich aller Fakten aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat keinen Verfahrenskostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG. zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 13.2.1998, ZD96-8-1997, wurden über den Bw Geldstrafen von 1) 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag), 2) 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage), jeweils gemäß § 65 iVm § 22 Abs.2 und § 23b des Zivildienstgesetzes verhängt. Folgende Übertretungen wurden vorgeworfen:

"1. Sie sind am 16.9.1997 zu Ihrem eingeteilten Dienst bei der Bezirksstelle S des Landesverbandes Oberösterreich des Österr. Roten Kreuzes ohne Angabe von Gründen nicht erschienen. Obwohl Sie nochmals telefonisch informiert wurden, daß Sie verpflichtet sind, eine Arbeitsunfähigkeitsmeldung der Einrichtung zu übersenden, haben Sie diese zumindest bis 3.10.1997 nicht vorgelegt.

2. Sie sind mehrfach durch intolerables Verhalten in Ihrem zur Verfügung gestellten Quartier negativ aufgefallen.

So belehrten Sie eine Mitarbeiterin des Roten Kreuzes, daß gesetzlich geregelt ist, daß sich die Freundin eines Zivildienstleistenden auf der Dienststelle aufhalten und auch auf der Dienststelle schlafen darf. Sie verwahrten das Blutdruckmeßgerät im Sauerstoffkoffer, wo nicht der gewohnte Platz war und somit auch nicht von anderen Bediensteten gefunden wurde. Darauf aufmerksam gemacht, vertraten Sie die Meinung, daß Sie hiezu befugt waren, was jedoch nicht den Tatsachen entspricht. Überdies hielten Sie in der Ihnen zugewiesenen Wohnung ohne Erlaubnis einen Hund, was gegen die Hausordnung verstieß. Erst nach mehrmaligem Ermahnen haben Sie den Hund aus der Wohnung gegeben. Bei einer Kontrolle der Wohnung am 18.8.1997 wurde festgestellt, daß sie sich in einem stark verunreinigten Zustand befunden hat.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

Von 1. und 2.: § 65 iVm. § 22 Abs.2 und § 23b des Zivildienstgesetzes, BGBl. Nr. 679/1986 idgF." 2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis zur Gänze angefochten. Begründend führt der zum Zeitpunkt der Berufungseinbringung noch anwaltlich vertretene Bw aus, daß der Tatvorwurf des Nichterscheinens zum Dienst am 16.9.1997 bei der Bezirksstelle Steyr-Stadt und die Nichtvorlage einer Arbeitsunfähigkeitsmeldung bis 3.10.1997 (Punkt 1. des Straferkenntnisses) bereits mit der rechtskräftigen Strafverfügung des Magistrates der Stadt Steyr vom 8.1.1998, B-Heer-46/97, bestraft worden sei und auf Grund der Identität keine neuerliche Bestrafung durch die Bezirkshauptmannschaft Braunau erfolgen hätte dürfen. Zu Punkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses brachte der Bw ua vor, daß der Tatvorwurf weder Tatzeit noch Tatort enthalte. 3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und von einer Berufungsvorentscheidung nicht Gebrauch gemacht.

4. Weil schon aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG nicht anzuberaumen.

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

Es muß daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

5.2. Zum Faktum 1:

Mit Strafverfügung des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 8.1.1998, B-Heer-46/97, wurde der Bw zunächst schuldig erkannt, zumindest in der Zeit vom 16.9.1997 bis 16.12.1997 seiner Verpflichtung zur Leistung des Zivildienstes beim Österreichischen Roten Kreuz, Landesverband Oberösterreich, nicht nachgekommen zu sein, ohne hiefür maßgebliche Gründe angezeigt und glaubhaft gemacht zu haben (§ 23b Abs.1 und Abs.2 iVm § 65 ZDG). Erhebungen des unabhängigen Verwaltungssenates haben ergeben, daß diese Strafverfügung zunächst in Rechtskraft erwachsen ist, der Bw sodann einen Wiederaufnahmeantrag gestellt hat, diesem stattgegeben und das Verwaltungsstrafverfahren in weiterer Folge am 21.10.1998 eingestellt wurde. Punkt 1 des Schuldspruches des berufungsgegenständlichen Straferkenntnisses enthält einen inhaltlich gleichen Tatvorwurf (Nichterscheinen zum Dienst am 16.9.1997 und Nichtvorlage einer Arbeitsunfähigkeitsmeldung bis 3.10.1997) wie die Strafverfügung vom 8.1.1998. Es widerspricht dem Verbot der Doppelbestrafung, den Bw wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung zu ziehen.

5.3. Zum Faktum 2.: Die diesbezüglichen Tatvorwürfe sind weder nach Tatzeit und Tatort konkretisiert und stehen daher im Sinne der Erfordernisse des § 44a Z1 VStG nicht unverwechselbar fest. Als Tatzeit jedoch nur hinsichtlich des Vorwurfes der Verunreinigung der Wohnung wurde lediglich der Kontrollzeitpunkt der Wohnung (18.8.1997) genannt, ohne daß diese ua. nach der Adresse bzw. den Tatumständen näher umschrieben wurde.

Weil diesen Rechtsprechungsgrundsätzen entsprechende Verfolgungshandlungen innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist nicht gesetzt wurden, konnte eine Berichtigung durch den Oö. Verwaltungssenat nicht vorgenommen werden. Es ist daher Verfolgungsverjährung eingetreten. Das angefochtene Staferkenntnis war schon aus diesem Grunde zur Gänze aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

Grundsätzlich aber wird angemerkt, daß der Bf mit Dienstauftrag am 24.2.1997 zur Ableistung des ordentlichen Zivildienstes zur Bezirksstelle Steyr-Stadt des Österreichischen Roten Kreuzes, Landesverband Oberösterreich, dienstzugeteilt wurde, und daß daher die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen am Dienstort, also in Steyr, begangen wurden. Es war daher die belangte Behörde gemäß § 27 VStG - mangels einer Übertragung der Zuständigkeit nach § 29a VStG - unzuständig, was allein schon zur Aufhebung des Straferkenntnisses führen mußte.

Bei diesem Ergebnis entfielen jegliche Kostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Klempt Beschlagwortung: Dienstort ist Tatort, Unzuständigkeit der Behörde; Doppelbestrafung; Tatortkonkretisierung der Dienstpflichtverletzung

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