Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-390087/2/Kl/Bk

Linz, 25.07.2000

VwSen-390087/2/Kl/Bk Linz, am 25. Juli 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des U, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 17. August 1999, Bi96-65-1998-Ba, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Denkmalschutzgesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt jeglicher Verfahrenskostenbeitrag.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 17. August 1999, Bi96-65-1998-Ba, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 3.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung nach §§ 4 Abs.1 und 5 Abs.1 Denkmalschutzgesetz verhängt, weil er nach dem 25.3.1998 an der Nordseite des Hauses Braunau am Inn, Kunststofffenster mit Sprossen eingebaut hat, ohne hiezu eine Bewilligung des Stadtamtes bzw des Bundesdenkmalamtes zu besitzen.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und unter Hinweis auf § 14 Abs.2 Denkmalschutzgesetz vorgebracht, dass nur ein vorsätzlicher Verstoß gegen das Denkmalschutzgesetz zu einer Bestrafung führen könne. Ein derartiges Verschulden sei beim Beschuldigten nicht festgestellt worden und vorgeworfen worden. Darüber hinaus wurde nach dem 25.3.1998 kein Fenster an der Nordseite eingebaut, was schon aus dem Akteninhalt ersichtlich ist. Es wurde daher die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 14 Abs.2 Denkmalschutzgesetz - DMSG, BGBl.Nr. 533/1923 idF BGBl.Nr. 473/1990, ist, wer vorsätzlich entgegen den Bestimmungen des § 4 Abs.1 bzw § 5 Abs.1 ein Denkmal verändert, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis 700.000 S zu bestrafen.

Gemäß § 4 Abs.1 lit.a DMSG ist bei Denkmalen, die gemäß ua § 3 Abs.1 (Unterschutzstellung durch Bescheid) unter Denkmalschutz stehen, die Zerstörung sowie jede Veränderung, die den Bestand (Substanz), die überlieferte Erscheinung oder künstlerische Wirkung beeinflussen könnte, ohne Bewilligung gemäß § 5 Abs.1 verboten. Als Zerstörung eines Denkmals gilt dessen tatsächliche vollständige Vernichtung. Eine solche Vernichtung liegt auch dann vor, wenn noch einzelne wesentliche Teile erhalten geblieben sind. Für Zwecke der Beurteilung, ob Ensembles oder Sammlungen, die als Einheit unter Denkmalschutz gestellt wurden (§ 1 Abs.1 letzter Satz), als solche zerstört oder nur verändert wurden, sind diese Bestimmungen so anzuwenden, als handle es sich bei diesen Einheiten jeweils insgesamt um ein Einzeldenkmal.

Gemäß § 5 Abs.1 DMSG bedarf die Zerstörung sowie jede Veränderung eines Denkmales gemäß § 4 Abs.1 der Bewilligung des Bundesdenkmalamtes.

4.2. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben

diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Diesen Anforderungen kommt der Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses nicht nach.

Wie bereits in der Berufung richtig ausgeführt wurde, ist gemäß § 14 Abs.2 DMSG nur vorsätzliche Tatbegehung unter Strafe gestellt, wobei der Vorsatz ein wesentliches Tatbestandsmerkmal ist. Er ist daher innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist dem Beschuldigten vorzuwerfen. Ein entsprechender Tatvorwurf ist aber weder in der ersten Verfolgungshandlung (Ladungsbescheid vom 17.3.1998) noch im angefochtenen Straferkenntnis erfolgt. Es war daher schon aus diesem Grund wegen eingetretener Verfolgungsverjährung das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

Darüber hinaus ist aber schon aus der Vernehmung des Beschuldigten am 3.4.1998 ersichtlich (vgl. vorletzter Absatz der Niederschrift), dass der Austausch der Fenster Anfang November 1997 vorgenommen wurde. Eine Tatzeit in konkretisierter Umschreibung wurde dem Bw aber erst mit dem nach der Verfolgungsverjährungsfrist ergangenen Straferkenntnis vorgeworfen, wobei aber die vorgeworfene Tatzeit nicht der tatsächlichen entspricht. Auch dies stellt einen Einstellungsgrund dar, weil innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist eine konkrete Tatzeit nicht vorgeworfen wurde. Weiters enthält auch der Ladungsbescheid keine konkretisierte Tatumschreibung in dem Sinn, dass eine Veränderung eines mit Bescheid unter Schutz gestellten Denkmales durch das Auswechseln von Holzfenstern gegen sechs Kunststofffenster an der Nordseite des Hauses in Braunau, erfolgt ist. Weiters ist weder aus dem Ladungsbescheid noch aus dem Spruch des Straferkenntnisses ersichtlich, dass das gegenständliche Objekt als Teil eines Ensembles mit Bescheid unter Schutz gestellt wurde. Schließlich fehlt auch dem Tatvorwurf das wesentliche Tatbestandselement, dass das gegenständliche Denkmal ohne Bewilligung verändert wurde, wobei die Veränderung den Bestand (Substanz), die überlieferte Erscheinung oder künstlerische Wirkung beeinflussen könnte. Nur eine solche Veränderung ist nämlich gemäß § 4 Abs.1 DMSG verboten.

5. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 VStG.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Klempt