Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-390140/10/Ste

Linz, 02.11.2005

 

 

 

VwSen-390140/10/Ste Linz, am 2. November 2005

DVR.0690392

 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag.Dr. Wolfgang Steiner über die Berufung des H H, gegen das Straferkenntnis des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg vom 3. August 2005, GZ 101542-JD/05, wegen einer Übertretung des Telekommunikationsgesetzes 2003 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren wird eingestellt.

 

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, § 45 VStG;

zu II: § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg vom 3. August 2005, GZ 101542-JD/05, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) gemäß § 109 Abs.3 Z. 20 des Telekommunikationsgesetzes 2003 eine Geldstrafe von 100 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag, verhängt, weil er "am 9. Dezember 2004, um 11.02 Uhr, eine elektronische Post (SMS) zu Zwecken der Direktwerbung mit dem Text ‚Hallo Karl! Ich arbeite jetzt als Krankenschwester in Wien. Bin immer noch auf der Suche nach Abenteuern wie früher! Rufst Du mich mal an? 0930/600745' ohne vorherige Zustimmung des Empfängers [...], welcher Verbraucher nach § 1 Abs. 1 Z. 2 Konsumentenschutzgesetz ist, an dessen Handy mit der Nummer [...] zugesendet" habe. Er habe dadurch § 107 Abs. 2 iVm. § 109 Abs. 3 Z. 20 Telekommunikationsgesetz verletzt.

 

Begründend führt die Behörde erster Instanz im Wesentlichen aus, dass die Tat auf Grund des Erhebungsergebnisses erwiesen sei; dabei stützt sich die Behörde in erster Linie auf die Anzeige des Empfängers. Der Beschuldigte habe im bisherigen Verfahren weder den Rechtfertigungstermin wahrgenommen, noch eine schriftliche Stellungnahme eingebracht. Die Behörde erster Instanz schließt ihre Begründung mit Ausführungen zur Strafbemessung, wobei sie - mangels Angaben des Beschuldigten - von durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen ausging.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 8. August 2005 zugestellt wurde, richtet sich die am 9. August 2005 (Telefax vom 8. August 2005, eingelangt nach Ende der Amtsstunden) - und somit rechtzeitig - bei der belangten Behörde eingelangte Berufung.

 

Darin bestreitet der Bw die Tat insgesamt. Von der Behörde erster Instanz sei der gesamte Sachverhalt falsch angenommen worden. Es wären auch notwendige Erhebungen unterlassen worden.

 

Abschließend wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses, die Erhebung, von welcher Nummer die genannte SMS versendet worden ist, wem diese Nummer zuzuordnen ist sowie die Beigabe eines Verteidigers für das Berufungsverfahren beantragt.

 

 

2. Das Fernmeldebüro für Oberösterreich und Salzburg hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte schon gemäß § 51e Abs. 2 Z 1 VStG entfallen.

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

Am 9. Dezember 2004 erhielt der Anzeiger auf sein Mobiltelefon die oben im Punkt 1.1. bereits zitierte SMS. Die diesem Mobiltelefon zugeordnete Telefonnummer ist auf das Unternehmen des Anzeiger angemeldet und wird im Rahmen seines Unternehmens verwendet, ist sowohl auf dem von diesem Unternehmen verwendeten Briefpapier aufgedruckt als auch im elektronischen Telefonbuch (http://www.otb.at; Datenstand 41. Kalenderwoche 2005) angegeben.

 

Die fragliche SMS wurde vom xx in xx über die Firma xx, und in weiterer Folge über das System von xx, an den Empfänger zugesendet.

 

Die in der SMS selbst genannte Telefonnummer 09xx ist dem Bw zugewiesen.

 

2.3. Der Sachverhalt ergibt sich auf Grund der Aktenlage und der zum Teil vom Unabhängigen Verwaltungssenat selbst, zum Teil vom Fernmeldebüro für Oberösterreich und Salzburg in seinem Auftrag durchgeführten ergänzenden Ermittlungen.

Letztlich verfahrensentscheidend war dabei das Schreiben des anzeigenden Empfängers vom 13. Oktober 2005, in dem dieser dem Oö. Verwaltungssenat auf dessen Anfrage, ob das von ihm in der Anzeige angegebene Mobiltelefon mit der Nr. 06xx am 9. Dezember 2004 im Rahmen seines Unternehmens oder von ihm privat (als Verbraucher) angemeldet war und benutzt wurde, wörtlich mitteilt: "Ich bestätige, dass im Rahmen meines Unternehmens das Mobiltelefon mit der Nr. 06xx angemeldet ist und am 9. Dezember 2004 benutzt wurde."

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 109 Abs. 3 Z. 20 des Telekommunikationsgesetzes 2003 - TKG 2003, BGBl. I Nr. 70/2003 (die Änderung des TKG 2003 durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 178/2004 betraf keine der hier anzuwendenden Bestimmungen und brachte jedenfalls auch keine für den Bw günstigere Regelung) begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 37.000 Euro zu bestrafen, wer entgegen § 107 Abs. 2 und 4 elektronische Post zusendet.

 

Nach § 107 Abs. 2 TKG 2003 (nur die Übertretung dieser Bestimmung wurde dem Bw sowohl in der Aufforderung zur Rechtfertigung als auch im Straferkenntnis erster Instanz vorgeworfen) ist die Zusendung einer elektronischen Post - einschließlich SMS - an Verbraucher iSd. § 1 Abs. 1 Z. 2 Konsumentenschutzgesetz ohne vorherige Einwilligung des Empfängers unzulässig, wenn die Zusendung ua. zu Zwecken der Direktwerbung erfolgt.

 

Dem Bw wurde im Wesentlichen vorgeworfen, einem Verbraucher Direktwerbung zugesendet zu haben.

 

Verbraucher iSd. § 1 Abs. 1 Z. 2 des Konsumentenschutzgesetzes - KSchG, BGBl. Nr. 140/1979, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 62/2004, ist jemand, auf Grund der dort verwendeten negativen Definition jemand, für den nicht die Voraussetzungen der Z. 1 leg.cit. zutreffen. Nach § 1 Abs. 1 Z. 1 KSchG ist Unternehmer jemand, für den das Geschäft zum Betrieb seines Unternehmens gehört. Verbraucher ist daher jemand, für den das Geschäft nicht zum Betrieb eines Unternehmens gehört.

 

Zwar kann grundsätzlich auch ein Unternehmer in bestimmten Geschäftsfällen nach dem KSchG zum Verbraucher werden, doch kann ein solches weiteres Verständnis des Begriffs dem TKG 2003 nicht unterstellt werden (vgl. dazu z.B. Krejci in Rummel, ABGB, 2. Band, zu § 1 KSchG). Dies einerseits, weil es sich beim Empfang von Nachrichten nicht um ein "Geschäft" handelt, andererseits auch aus systematischen Gründen, sieht doch § 107 Abs. 4 TKG 2003 spezifische Sonderbestimmungen für die Nachrichtenübermittlung zwischen Unternehmern vor.

 

Wenn ein Unternehmer daher eine bestimmte (Mobil-)Telefonnummer oder auch eine bestimmte Mailadresse im geschäftlichen Verkehr verwendet (z.B. auch auf dem Briefpapier und im Telefonbuch) kann jede Person davon ausgehen, dass es sich bei diesen Kommunikationsadressen um solche handelt, die der Unternehmer tatsächlich auch für seine unternehmerische Tätigkeit und nicht als Verbraucher verwendet, weil für ihn das ja auch nicht ersichtlich wäre (vgl. dazu auch die Äußerung der Bundesregierung im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof vom 10. Oktober 2002, G 267/01, die diese eine Unterscheidung zwischen Verbrauchern und Unternehmern für "faktisch kaum durchführbar" hält). Diese Auslegung dürften auch die Erläuterungen zum Gesetzentwurf (BlgNR 22. GP, RV 128, Seite 20, zu § 107) stützen, wenn dort davon die Rede ist, dass mit dieser Bestimmung "eine Unterscheidung von elektronischer Post zwischen business to business und business to consumer vorgenommen wird".

Auf Grund des festgestellten Sachverhalts kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Bw diese Tat begangen hat, weil der Empfänger nicht als Verbraucher iSd. § 1 Abs. 1 Z. 2 Konsumentenschutzgesetz eingestuft werden kann. Das Empfänger-Mobiltelefon war mit seiner Nummer auf das Unternehmen des Empfängers angemeldet. Die SMS erreichte den Empfänger auch zu üblichen Geschäftszeiten (11.02 Uhr, der 9. Dezember 2004 war ein Donnerstag).

 

Anzumerken bleibt, dass darüber hinaus auch fraglich scheint, ob die zitierte SMS tatsächlich auch als Direktwerbung iSd. genannten Bestimmungen angesehen werden kann, enthält sie doch keinen zweifellos als Werbung anzusehenden Text (vgl. auch dazu die genannten Erläuterungen zur Regierungsvorlage: "Der Begriff [...] erfasst jeden Inhalt, der für ein bestimmtes Produkt, aber auch für eine bestimmte Idee einschließlich bestimmter politischer Anliegen wirbt oder dafür Argumente liefert."). Dieser erinnert - auch mit der (vor-)namentlichen Anrede - eher an eine persönliche Mitteilung.

 

Der Bw hat daher die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht begangen.

 

3.2. Vor diesem Hintergrund war der vorliegenden Berufung daher gemäß § 24 VStG iVm. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen, ohne dass auf die weiteren Vorbringen des Bw inhaltlich eingegangen werden musste; insbesondere erübrigt sich auch ein gesonderter Ausspruch über die beantragte Beigebung eines Verteidigers; eine Beigebung eines Verteidigers war bei diesem Ergebnis im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung nicht erforderlich.

 

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw nach § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat noch ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Wolfgang Steiner

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