Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400002/2 1991/Gu/Hu

Linz, 20.02.1991

VwSen - 400002/2 - 1991/Gu/Hu Linz, am 20. Februar 1991 DVR.0690392 - & -

B e s c h e i d

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Einzelmitglied, Vizepräsident W.Hofrat Dr. Hans Guschlbauer über die Beschwerde des B, wegen der behaupteten Rechtswidrigkeit der Festnahme am 23.1.1991 und anschließenden Anhaltung im Polizeigefangenenhaus Steyr nach der am 4.2.1991 in Linz, im Beisein der Schriftführerin M, des Beschwerdeführers B der Bundespolizeidirektion Steyr als Vertreters der belangten Behörde durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat gemäß § 79a AVG als Kostenersatz den Betrag von S 500,-- binnen 14 Tagen an die Bundespolizeidirektion Steyr bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Der Beschwerdeführer hat weiters gemäß § 76 Abs. 1 AVG an Verfahrenskosten die durch die Zuziehung des Dolmetschers erwachsenen Barauslagen in der Höhe von S 775,20 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes , Linz, Fabrikstraße 32, zu bezahlen. Entscheidung Der Beschwerdeführer macht in seiner am 30. Jänner 1991 bei der Bundespolizeidirektion Steyr eingelangten und auf § 5a Fremdenpolizeigesetz, BGBl.Nr. 75/1954, zuletzt geändert mit Bundesgesetz BGBl.Nr. 21/1991, im folgenden kurz FrPG genannt, gestützten Beschwerde geltend, daß er am 23.1.1991 vom Organen der Bundespolizeidirektion Steyr aufgrund deren Bescheides vom 23.1.1991, Fr-209/91, festgenommen worden sei und angehalten werde, obwohl er am 16.1.1991 bei der belangten Behörde einen Antrag auf Asylgewährung gestellt habe.

Durch die Stellung des Asylantrages sei er gemäß § 5 Abs. 1 des Asylgesetzes bis zum rechtskräftigen Abschluß des Feststellungsverfahrens zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt und dürfe aus diesem Grunde nicht in Schubhaft genommen werden. Gemäß § 5 Abs. 2 des Asylgesetzes gehe die vorläufige Aufenthaltsberechtigung sogar einen nach den Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes erlassenen Aufenthaltsverbot vor und ersetze eine Bewilligung nach § 6 FrPG. Es liege daher derzeit keine Voraussetzung für eine Ausweisung vor und sei die Festnahme und Anhaltung rechtswidrig. Aus diesem Grunde beantragt er schließlich die Erklärung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides.

Die belangte Behörde ist dem entgegengetreten und führt aus, daß der Beschwerdeführer über Jugoslawien nach Österreich unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist sei, aus einem Land also, das die Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge unterzeichnet hat. Dem Beschwerdeführer komme es nicht zu, sich das wirtschaftlich potentere Land auszusuchen. Bei dieser Rechtslage stellte die belangte Behörde in Aussicht, die beantragte vorläufige Aufenthaltsbewilligung nicht erteilen zu wollen. Sie verwies auf die Gefahren des Untertauchens der illegal Eingereisten aufgrund der gemachten Erfahrungen im allgemeinen und aufgrund der von einer Schlepperorganisation getragenen Einreise des Beschwerdeführers im besonderen. Bezeichnenderweise habe er im Asylantrag eine Adresse nicht bekanntgegeben, sondern sich erst am 18.1.1991 nach Ablauf der 7-Tagesfrist, um nicht zurückgeschoben werden zu können, polizeilich gemeldet. Diesen bis ins Detail organisierten Schlepperdiensten dürfe nicht in die Hand gearbeitet werden und ihren Straftaten kein Erfolg beschieden sein. Aus all diesen Gründen beantragt die belangte Behörde die Abweisung der Beschwerde.

In der mündlichen Verhandlung am 14.2.1991 wurde durch Einsichtnahme in die vorgelegten Akten und durch Parteienvernehmung Beweis erhoben.

Demnach steht außer Streit: Der Beschwerdeführer, der türkischer Staatsangehöriger ist, wurde in seinem Heimatland von Schleppern zur Ausreise angeworben. Er gelangte in einem Autobus von der Türkei über Bulgarien nach Jugoslawien. Kurz vor der Grenze verließ er den Autobus. Für die Einreise nach Österreich benutzte er den Zug und hielt sich während der Grenzkontrolle auf der Toilette auf. Während dieser Fahrt waren noch zwei Personen des Schlepperringes im Zug zugegen. Die Einreise nach Österreich gelang am 10.1.1991 und führte zunächst nach Graz. Von Graz aus wurde er im PKW von Landsleuten nach Steyr zu den Ehegatten Bogatekin in die Hagerstraße Nr. 4 gebracht. Den Weg zur Anwaltskanzlei machte er am 14. oder 15.1.1991 in Begleitung des Herrn B. Der Asylantrag langte am 16.1.1991 bei der Bundespolizeidirektion Steyr ein. Die Anmeldung des Beschwerdeführers unter der Adresse S, erfolgte am 18.1.1991. Der Schubhaftbescheid wurde dem Rechtsbeistand des Beschwerdeführers am 24.1.1991 um 16.10 Uhr in dessen Kanzlei zugestellt. Der Beschwerdefüher wurde durch Organe der Bundespolizeidirektion Steyr am 24.1.1991 um 16.25 Uhr im Hause S, festgenommen und in das Polizeigefangenenhaus Steyr überstellt. Der erwähnte Bescheid der Bundespolizeidirektion Steyr vom 23.1.1991, Fr-209/91, erging in Anwendung des § 5 Abs. 1 FrPG in Verbindung mit § 57 Abs. 1 AVG ordnete die vorläufige Verwahrung des Beschwerdeführers zur Vorbereitung der Erlassung einer Ausweisung/zur Sicherung der Abschiebung an und stützt sich in seiner Begründung im wesentlichen darauf, daß dies im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit notwendig erschien, weil die Einreise ohne gültiges Reisedokument erfolgte, keine Sichtvermerkserteilung einer österreichischen Paßbehörde vorlag, die Grenzkontrolle umgangen wurde und eine Anmeldung innerhalb dreier Tage bei einer inländischen Meldebehörde unterblieben war. Aus diesem Grund seien die Voraussetzungen für die Ausweisung im Sinn des § 10a FrPG einerseits und die begründete Annahme andererseits gegeben, daß er sich der Abschiebung entziehen wolle. Bei dieser Sachlage sei auch wegen Gefahr in Verzug der unaufschiebbare Handlungsbedarf gegeben gewesen. Während der mündlichen Verhandlung legte der Beschwerdeführer eine Erklärung vor, wonach er nach Haftentlassung bei den Ehegatten Bogatekin unter der erwähnten Adresse Steyr, Hagerstraße 4, Aufnahme und Verpflegung finden könnte.

Zu diesem Sachverhalt wurde erwogen:

Die unabhängigen Verwaltungssenate erkennen nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges, sofern ein solcher in Betracht kommt, u.a. über Beschwerden von Personen, die behaupten, in Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes. Sie erkennen ferner in sonstigen Angelegenheiten, die ihnen durch Bundes- oder Landesgesetz zugewiesen werden. Eine solche Zuweisung erfolgte durch § 5a des Fremdenpolizeigesetzes, eingeführt durch Novelle BGBl.Nr. 21/1991, wobei, unter Schaffung von Sonderbestimmungen, die §§ 67c - 67g AVG als anwendbar erklärt wurden.

Gemäß Artikel 1 Abs. 2 des Bundesverfassungsgesetzes zum Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl.Nr. 684/1988, darf niemand aus anderen als den in dem zitierten Bundesverfassungsgesetz genannten Gründen oder auf eine andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden. Gemäß Artikel 2 Abs. 1 Ziffer 7 leg.cit. darf die persönliche Freiheit einem Menschen dann entzogen werden, wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung oder Auslieferung zu sichern. Dies erfordert gemäß § 5 FrPG einen vollstreckbaren individuellen Verwaltungsakt.

Fest steht, daß dem ausgewiesenen Vertreter des Beschwerdeführers der Bescheid der belangten Behörde am 24.1.1991 um 16.10 Uhr zugestellt wurde und die Festnahme um 16.25 Uhr erfolgt ist.

Gemäß § 5a Abs. 1 FrPG haben Personen, die in Schubhaft genommen oder angehalten werden, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme oder Anhaltung anzurufen. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber das Verfahren über die Vorstellung und die Anfechtung des Bescheides dem bisherigen administrativen Instanzenzug belassen (§ 11 Abs. 2 FrPG). Die Erklärung der Rechtswidrigkeit des Bescheides, wie sie der Beschwerdeführer beantragt, kommt daher für den unabhängigen Verwaltungssenat nicht in Betracht.

Infolge der Neuheit des Rechtsschutzinstrumentes und im Interesse des Beschwerdeführers ging der O.ö. Verwaltungssenat auf den nicht ausgefeilten Antrag ein. Keinesfalls zu erörtern waren jedoch Fragen der Asylberechtigung.

Um die Kompetenz und damit das Verfahren vor dem gesetzlichen Richter zu wahren, ist der Verwaltungssenat bei der Schubhaftprüfung berufen, festzustellen, ob ein vollstreckbarer "Titelbescheid" vorliegt, allenfalls ob dieser nicht an einer offensichtlichen Gesetzwidrigkeit leidet und ob der Bescheid - im Hinblick auf den Geist des Bundesverfassungsgesetzes - auch plausibel erscheint.

Zur Frage der offensichtlichen Gesetzwidrigkeit, die der Beschwerdeführer damit behauptet, daß gegen ihn als Asylwerber kein Aufenthaltsverbot verhängt und damit auch keine Vorbereitungs- und Verwahrungshandlung zulässig sei, wird bemerkt, daß die in § 5 Abs. 2 des Asylgesetzes erfolgte Textierung ein zulässiges Aufenthaltsverbot als Denkvoraussetzung beinhaltet.

Ein Asylwerber ist Fremder. Ihm kommt im Regelfall zur Verfolgung seines Asylantrages eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zu. Bei Wohlverhalten gegenüber der staatlichen Rechtsordnung bleibt ihm damit auch die Bewegungsfreiheit gewährleistet. Das Fremdenpolizeirecht dient dazu, Fremde in Österreich sicherheitspolizeilich zu überwachen. Unter diesem Gesichtspunkt unterliegt ein Asylwerber dem Fremdenpolizeigesetz, da nur bezüglich der Vollstreckung eines Aufenthaltsverbotes, nicht aber hinsichtlich dessen Erlassung, Spezialnormen bestehen.

Bei der Betrachtung des Inhaltes des Schubhaftbescheides konnten die Folgerungen der belangten Behörde, die Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit sei gegeben, nachdem der Beschwerdeführer ohne gültiges Reisedokument ohne Sichtvermerk und unter Umgehung der österreichischen Grenzkontrollen eingereist ist und sich auch nicht rechtzeitig polizeilich gemeldet hat, nicht als lebensfremd gefunden werden und zwar auch dann für die weitere Anhaltung nicht, als eine Aussicht auf Unterkunft oder Verpflegung eröffnet wurde. Es erscheint die weitere negative Prognose nicht als abwegig, wenn man in Betracht zieht, daß sich der Beschwerdeführer auch nach Aufsuchen seines Rechtsanwaltes, spätestens am 15.1.1991, nicht sofort, sondern erst am 18.1. polizeilich gemeldet hat.

Zusammenfassend ist festzustellen, die Festnahme und Anhaltung des Beschwerdeführers stützt sich auf einen vollstreckbaren Bescheid. Eine offensichtliche Gesetzwidrigkeit trat hiebei nicht zutage. Es liegen Gründe vor, die den Schubhaftbescheid tragfähig und verständlich erscheinen lassen. Dadurch wird in die Sphäre des Beschwerdeführers rechtmäßig eingegriffen.

Es bleibt anzumerken, daß die belangte Behörde im Hinblick auf das Asylverfahren auf den Ablauf der Schubhaftfristen und auf Umstände, die eine Ausweisung nicht mehr möglich machen, ihr Augenmerk zu richten und das Erforderliche zu veranlassen haben wird.

Bei der Entscheidung über die Kosten war in Anwendung des § 79a AVG im Zusammenhalt mit § 5a Abs. 6 FrPG und den darin zitierten §§ 67c - 67g AVG der belangten Behörde als der obsiegenden Partei die geltend gemachten S 500,-- an Reisekosten zuzusprechen und dem Beschwerdeführer aufzuerlegen.

Bei der mündlichen Verhandlung sind der Behörde durch die Zuziehung des Dolmetschers Barauslagen erwachsen, weil hiefür kein entsprechender Amtsdolmetscher zur Verfügung steht. Die Haftprüfung erfolgte auf Antrag. Gemäß § 76 Abs. 1 AVG, waren somit dem Antragsteller die Verfahrenskosten aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Guschlbauer 6

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