Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-400014/1/Gu/ka

Linz, 02.05.1991

VwSen - 400014/1/Gu/ka Linz, am 2. Mai 1991 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Einzelmitglied Vizepräsident W.Hofrat Dr. Hans Guschlbauer über die Beschwerde des C wegen der behaupteten Rechtswidrigkeit der Festnahme und Anhaltung im Gefangenenhaus der Bundespolizeidirektion Linz über Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Perg zu Recht:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 5a Abs.1 und Abs.6 des Fremdenpolizeigesetzes BGBl.Nr. 75/1954 zuletzt geändert durch Bundesgesetz BGBl.Nr. 21/1991 (FrPG) i.Z. mit § 67c Abs.3 AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Der Beschwerdeführer macht in seiner am 29. April 1991 beim unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich eingelangten und auf § 5a FrPG gestützten Beschwerde geltend, daß er am 5. April 1991 von Gendarmeriebeamten im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft in St. N festgenommen und seither im Polizeigefangenenhaus Linz angehalten werde, obwohl er nach seiner zweiten Einreise nach Österreich am 16. Jänner 1991 rechtzeitig einen Antrag auf Gewährung von politischem Asyl gestellt habe und der Sicherungszweck nicht geboten sei, weil der angestrebte Zweck der Schubhaft auch durch gelindere Mittel, etwa durch seine Ladung, erreicht werden könne.

1.1. Aus diesem Grund beantragt er die Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Festnahme und Anhaltung und die Anordnung der unverzüglichen Freilassung.

2. Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt und keine Gegenschrift erstattet.

3. Nachdem der Sachverhalt aufgrund der Beschwerde und des Akteninhaltes klar erscheint, konnte von einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden (§ 5a Abs.6 Z.1 FrPG).

4. Demnach ergibt sich folgender Sachverhalt:

4.1. Der Beschwerdeführer ist am 7. Dezember 1990 im Raum Klingenbach, von Ungarn kommend, zu Fuß illegal in das Gebiet der Republik Österreich gelangt. Nach seiner Aufgreifung am gleichen Tag wurde über ihn von der Bundespolizeidirektion Wiener Neustadt mit Bescheid vom 11. Dezember 1990 G.Zl.: Fr 717/90 ein bis zum 11. Dezember 1992 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen und der Beschwerdeführer im Anschluß daran, am 14. Jänner 1991, abgeschoben. Er unterbrach seine Heimreise in Ungarn und kehrte am 16. Jänner 1991 zu Fuß und illegal über die grüne Grenze in der Nähe von Sopron in das Bundesgebiet zurück, wo er am 16. Jänner 1991 im Flüchtlingslager Traiskirchen um politisches Asyl ansuchte. Im Rahmen der Unterbringung in Bundesbetreuung hielt er sich anschließend im "" in auf.

Der Beschwerdeführer ist nicht im Besitze eines Wiedereinreisesichtvermerkes für den Aufenthalt im Inland. Als Reisedokument führte er nur einen rumänischen Personalausweis mit sich.

Im Rahmen der Überprüfung der Bewohner der vorerwähnten Unterbringungsstätte durch die belangte Behörde trat hervor, daß gegen den Beschwerdeführer ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot vorliegt.

4.2. Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich hat mit Bescheid vom 27. März 1991, Zahl Fra-807/91 dem Asylansuchen keine Folge gegeben.

4.3. Die belangte Behörde hat mit Bescheid vom 5. April 1991, Sich-04-150/1991, gemäß § 5 Abs.1 FrPG i.V. mit § 57 Abs.1 AVG die vorläufige Verwahrung zur Sicherung der Abschiebung des Beschwerdeführers angeordnet, weil der Beschwerdeführer trotz Vorliegens eines bis 11. Dezember 1992 befristeten Aufenthaltsverbotes nach Abschiebung in sein Heimatland sich über das Aufenthaltsverbot hinweggesetzt hat und abermals nach Österreich widerrechtlich eingereist ist.

Aufgrund dieser Tatsache sei die vorläufige Verwahrung zur Durchsetzung des rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes im Interesse der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit notwendig. Da zu befürchten sei, daß sich der Beschwerdeführer der beabsichtigten fremdenpolizeilichen Maßnahme entziehen werde, liege Gefahr im Verzug vor und sei die Verhängung der Schubhaft ohne vorheriges Ermittlungsverfahren notwendig gewesen.

4.4. In Vollziehung des sofort vollstreckbaren Schubhaftbescheides haben Gendarmeriebeamte im Auftrag der belangten Behörde den Beschwerdeführer in im "G" am 5. April 1991 festgenommen und in das Polizeigefangenenhaus der Bundespolizeidirektion Linz eingeliefert.

4.5. Zwischenzeitig hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer am 8. April 1991 das Parteiengehör eingeräumt, in dessen Rahmen der Beschwerdeführer die Absicht erklärte, gegen den negativen Asylbescheid Berufung einlegen zu wollen und gleichzeitig kundtat falls er nicht in Österreich bleiben könne - nach Amerika auswandern zu wünschen.

5. Zu diesen Feststellungen ergeben sich aus den vorliegenden Urkunden und Schriftsätzen keine Widersprüche.

6. Über die vorliegende Beschwerde hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

6.1. Gemäß § 5a Abs.1 FrPG hat derjenige, der in Schubhaft genommen oder angehalten wird, daß Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme oder Anhaltung, durch Beschwerde anzurufen. Eine Festnahme, die dazu dient, einen Fremden in Schubhaft zu nehmen und anzuhalten, darf nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur erfolgen, wenn diese durch einen Bescheid verfügt worden ist. Die Beschwerde gegen eine derart verfügte Festnahme und Anhaltung begründet die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates nach Art. 129a Abs.1 Z.3 B-VG i.V. mit § 67a Abs.1 Z.1 AVG und § 5a FrPG.

6.2. Festgehalten wird, daß durch die Novelle des FrPG BGBl.Nr. 21/1991 die Anordnung des § 11 Abs.2 (und 3) FrPG jedenfalls formell unangetastet blieb. Es hat daher nach wie vor die Sicherheitsdirektion - und nicht der unabhängige Verwaltungssenat - über Berufungen gegen Bescheide mit denen eine Schubhaft verhängt wird, zu entscheiden. Die Durchführung des ordentlichen Verfahrens nach Erlassung eines auf § 57 AVG gestützten Bescheides verbleibt der Erstbehörde. Dem unabhängigen Verwaltungssenat ist gemäß Artikel 129 B-VG und zwar in erster Linie - von Verfassungs wegen die Kontrolle der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung aufgetragen. Soll diese Funktion der unabhängigen Verwaltungssenate einerseits auch tatsächlich zum Tragen kommen, andererseits aber auch - dem Willen des Gesetzgebers entsprechend - der Sicherheitsdirektion die Entscheidung über Rechtsmittel gegen Schubhaftbescheide vorbehalten bleiben, so kann eine sinnvolle, der Intention des § 5a FrPG und dem Auftrag des Art. 6 B-VG zum Schutz der persönlichen Freiheit 1988, Rechnung tragende und zur Wahrung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gleichzeitig notwendige Kompetenzabgrenzung nur darin gefunden werden, daß der unabhängige Verwaltungssenat die Rechtmäßigkeit der Festnahme bzw. der Anhaltung auch unter (allerdings bloß grundsätzlicher) Bindung an den Schubhaftbescheid zu beurteilen hat: Eine "Überprüfung" des Bescheides kommt dem Senat dabei nur dann und insoweit zu, als dieser Bescheid an einem schweren und offenkundigen inhaltlichen Mangel leidet ("Willkür", "Denkunmöglichkeit" bzw.

"Gesetzlosigkeit" im Sinne der ständigen Rechtsprechung des VfGH; vgl.z.B. VfSlg 8266/1978 u. 8718/1979) und ob daher aus diesem Grund der Beschwerdeführer in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt ist. Die Wahrnehmung einfachgesetzlicher Rechtswidrigkeiten des Schubhaftbescheides obliegt demgegenüber nach wie vor der Sicherheitsdirektion als Berufungsbehörde.

6.3. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen eine Festnahme und Anhaltung, die auf einem wegen Gefahr im Verzug gemäß § 57 Abs.1 AVG erlassenen, die aufschiebende Wirkung einer möglichen Vorstellung ex lege ausschließenden und damit sofort vollstreckbaren Schubhaftbescheid fußt. Sie gründet sich demnach tatsächlich auf § 5a FrPG und ist - da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen des § 67c AVG erfüllt sind zulässig.

7. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

7.1. Die belangte Behörde hat den zugrundeliegenden Schubhaftbescheid damit begründet, daß über den Beschwerdeführer von der Bundespolizeidirektion Wiener Neustadt am 11. Dezember 1990 zur Zahl FR-717/90 ein bis 11. Dezember 1992 befristetes Aufenthaltsverbot verhängt wurde. In eklatanter Mißachtung der österreichischen Rechtsordnung hat sich der Beschwerdeführer dem widersetzt, indem er unmittelbar nach Außerlandesschaffung am 16. Jänner 1991 wiederum illegal über die grüne Grenze bei Sopron nach Österreich eingereist ist. Die belangte Behörde hat dies als nicht geringfügigen Verstoß gegen die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit qualifiziert wobei die Gründe, auf die sich das Aufenthaltsverbot stützt, weiter aufrecht sind.

Nachdem der Beschwerdeführer seine frühere Abschiebung postwendend mißachtet hat, kann der belangten Behörde das sofortige Handlungs- und Sicherungsbedürfnis nicht als denkunmögliche und offensichtlich rechtlose Vorgangsweise oder als Willkürakt unterstellt werden. Mit der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Vorladung kann keine Sicherung der Abschiebung erzielt werden, ebensowenig wie mit der Belassung in der Bundesbetreuung, die einerseits nur zu Zwecken des Asylverfahrens verfügt werden darf und andererseits auch keine Sicherung vor Entweichen gewährleistet, um das rechtskräftig angeordnete Aufenthaltsverbot auch tatsächlich vollstrecken zu können.

7.2. Der Beschwerdeführer bringt vor, daß die vorläufige Verwahrung zur Sicherung der Abschiebung im Hinblick auf sein laufendes Asylverfahren der Anordnung des § 5 Abs.2 Asylgesetz BGBl.Nr. 126/1968, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 190/1990 (im folgenden kurz Asylgesetz genannt), widerspreche.

Auch dieser Vorwurf erweist sich als unzutreffend. Gemäß § 5 Abs.2 Asylgesetz ist nämlich nicht die Erlassung und Vollstreckung eines Schubhaftbescheides, sondern nur die Vollstreckbarkeit eines Aufenthaltsverbotes, also die Abschiebung selbst so lange gehindert, bis entweder rechtskräftig festgestellt ist, daß der Asylwerber nicht als Flüchtling im Sinn des Asylgesetzes anzusehen ist, oder der Asylwerber bereits in einem anderen Staat Anerkennung nach der Flüchtlingskonvention oder anderweitig Schutz vor Verfolgung gefunden hat (vgl. § 5 Abs.3 Asylgesetz). Abgesehen vom Verbot der Durchführung der Abschiebung während dieser Zeit unterliegt auch ein Asylwerber als Fremder in sicherheitspolizeilicher Hinsicht in vollem Umfang den Bestimmungen des FrPG.

Ein Asylantrag beseitigt weder kraft Gesetzes einen Schubhaftbescheid aus der Rechtsordnung, noch hemmt er dessen Vollstreckbarkeit, (vgl. Erk.d.VfGH vom 11. Juni 1990, B-947/89, B-1006/89).

7.3. Da sich das Beschwerdevorbringen im Ergebnis als nicht zutreffend erwiesen hat, war die Beschwerde abzuweisen.

8. Nachdem weder von dem Beschwerdeführer noch von der belangten Behörde Kosten der Rechtsverfolgung geltend gemacht wurden und dem unabhängigen Verwaltungssenat auch keine Barauslagen erwachsen sind, war eine Kostenentscheidung nicht zu treffen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechsmittel nicht zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von 6 Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer 6

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum