Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400021/1/Gu/Bf

Linz, 31.05.1991

VwSen - 400021/1/Gu/Bf Linz, am 31. Mai 1991 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Einzelmitglied Vizepräsident W.Hofrat Dr. Hans Guschlbauer über die Beschwerde des M, geb. am 6. Jänner 1960, StA Zaire, wegen der behaupteten Rechtswidrigkeit der Festnahme und Anhaltung im Kreisgerichtlichen Gefangenenhaus Ried im Innkreis, in Zurechnung der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, zu Recht:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 5a Abs.1 und Abs.6 des Fremdenpolizeigesetzes BGBl.Nr. 75/1954 zuletzt geändert durch Bundesgesetz BGBl.Nr. 21/1991 (FrPG) i.Z. mit § 67c Abs.3 AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Der Beschwerdeführer beantragt in seiner Eingabe, eingelangt beim unabhängigen Verwaltungssenat am 27. Mai 1991, die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Festnahme und Anhaltung nach § 5a des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr.75/1954, zuletzt geändert durch Bundesgesetz, BGBl.Nr. 21/91 (in der Folge kurz FrPG genannt), weil er innerhalb von 14 Tagen nach seiner Einreise nach Österreich einen Asylantrag gestellt habe. Dadurch sei einerseits die Anhaltung von vornherein unzulässig und andererseits nicht zu befürchten, daß er untertauchen werde, weder die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit sei gefährdet, noch ein strafbares Verhalten zu befürchten. Ein Sicherungsbedürfnis liege nicht vor, gelindere Mittel wie die Vorladung, reichten aus um den Zweck der Schubhaft zu erreichen.

2. Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt und keine Gegenschrift erstattet.

3. Nachdem der Sachverhalt aufgrund der Beschwerde und des Akteninhaltes klar erscheint, konnte von einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden (§ 5a Abs.6 Z.1 FrPG).

4. Demnach ergibt sich folgender Sachverhalt:

4.1. Der Beschwerdeführer ist am 16.4.1991 auf dem Luftweg von Zaire unter Verwendung des Reisepasses seines Bruders nach Rom gereist. Dort sandte er den Reisepaß zurück, beschaffte sich einen portugisischen Reisepaß, lautend auf S und gelangte von dort durch italienische Schlepper geleitet, in der Nacht vom 9. Mai auf 10. Mai 1991 unter Benützung eines unbekannten Straßengrenzüberganges von Italien nach Österreich. In Österreich reiste er per Bahn weiter und wurde am 14. Mai 1991 gegen 22.30 Uhr bei der österreichischen Grenzkontrollstelle Passau-Bahnhof, von diensthabenden Beamten gestellt, als er im Schnellzug D-498 unter Verwendung des fremden Ausweises ausreisen wollte. Anschließend wurde er um 0.15 Uhr (des 15. Mai 1991) den Beamten des Gendarmeriepostens Schärding zur Ermittlung in den Gerichtsdelikt (Gebrauch eines fremden Ausweises Verdacht des Vergehens gemäß § 231 StGB) übergeben. Es folgte die fremdenpolizeiliche Behandlung durch die Bezirkshauptmannschaft Schärding, welche gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 15. Mai 1991, Sich-40/4612-1991 die vorläufige Verwahrung des Beschwerdeführers anordnete. Zu diesem Zweck wurde der Beschwerdeführer am Nachmittag desselben Tages in das Kreisgerichtliche Gefangenenhaus Ried überstellt. Die Anhaltung dauert an. In der Schubhaft hat der Beschwerdeführer am 22. Mai 1991 einen Asylantrag gestellt.

Die Identität des Beschwerdeführers ist nach wie vor ungeklärt.

4.2. die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat den der Festnahme und Anhaltung zugrundeliegenden Bescheid, welcher auf § 5 Abs.1 FrPG und § 57 Abs.1 AVG gestützt wurde, die vorläufige Verwahrung zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes - einer Ausweisung zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Das Sicherungsbedürfnis und das sofortige Handlungsgebot hat sie im wesentlichen damit begründet, daß der Beschwerdeführer unter Verwendung eines fremden portugisischen Reisepasses illegal in Österreich gereist ist, kein gültiges Reisedokument besitzt und die Personalien nicht zu klären waren.

5. Die im Akt erliegenden Beweisaufnahmen und Schriftsätze stehen untereinander nicht im Widerspruch. Die Feststellungen konnten daher darauf gestützt werden.

6. Über die vorliegende Beschwerde hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

6.1. Gemäß § 5a Abs.1 FrPG hat derjenige, der in Schubhaft genommen oder angehalten wird, daß Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme oder Anhaltung, durch Beschwerde anzurufen. Eine Festnahme, die dazu dient, einen Fremden in Schubhaft zu nehmen und anzuhalten, darf nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur erfolgen, wenn diese durch einen Bescheid verfügt worden ist. Die Beschwerde gegen eine derart verfügte Festnahme und Anhaltung begründet die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates nach Art. 129a Abs.1 Z.3 B-VG i.V. mit § 67a Abs.1 Z.1 AVG und § 5a FrPG.

6.2. Festgehalten wird, daß durch die Novelle des FrPG BGBl.Nr. 21/1991 die Anordnung des § 11 Abs.2 (und 3) FrPG jedenfalls formell unangetastet blieb. Es hat daher nach wie vor die Sicherheitsdirektion - und nicht der unabhängige Verwaltungssenat - über Berufungen gegen Bescheide mit denen eine Schubhaft verhängt wird, zu entscheiden. Die Durchführung des ordentlichen Verfahrens nach Erlassung eines auf § 57 AVG gestützten Bescheides verbleibt der Erstbehörde. Dem unabhängigen Verwaltungssenat ist gemäß Artikel 129 B-VG und zwar in erster Linie - von Verfassungs wegen die Kontrolle der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung aufgetragen. Soll diese Funktion der unabhängigen Verwaltungssenate einerseits auch tatsächlich zum Tragen kommen, andererseits aber auch - dem Willen des Gesetzgebers entsprechend - der Sicherheitsdirektion die Entscheidung über Rechtsmittel gegen Schubhaftbescheide vorbehalten bleiben, so kann eine sinnvolle, der Intention des § 5a FrPG und dem Auftrag des Art. 6 B-VG zum Schutz der persönlichen Freiheit 1988, Rechnung tragende und zur Wahrung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gleichzeitig notwendige Kompetenzabgrenzung nur darin gefunden werden, daß der unabhängige Verwaltungssenat die Rechtmäßigkeit der Festnahme bzw. der Anhaltung auch unter (allerdings bloß grundsätzlicher) Bindung an den Schubhaftbescheid zu beurteilen hat: Eine "Überprüfung" des Bescheides kommt dem Senat dabei nur dann und insoweit zu, als dieser Bescheid an einem schweren und offenkundigen inhaltlichen Mangel leidet ("Willkür", "Denkunmöglichkeit" bzw. "Gesetzlosigkeit" im Sinne der ständigen Rechtsprechung des VfGH; vgl.z.B. VfSlg 8266/1978 u. 8718/1979) und ob daher aus diesem Grund der Beschwerdeführer in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt ist. Die Wahrnehmung einfachgesetzlicher Rechtswidrigkeiten des Schubhaftbescheides obliegt demgegenüber nach wie vor der Sicherheitsdirektion als Berufungsbehörde.

6.3. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen eine Festnahme und Anhaltung, die auf einem wegen Gefahr im Verzug gemäß § 57 Abs.1 AVG erlassenen, die aufschiebende Wirkung einer möglichen Vorstellung ex lege ausschließenden und damit sofort vollstreckbaren Schubhaftbescheid fußt. Sie gründet sich demnach tatsächlich auf § 5a FrPG und ist - da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen des § 67c AVG erfüllt sind zulässig.

7. Der Beschwerdeführer ist unter mißbräuchlicher Verwendung eines fremden Ausweises nach Österreich eingereist, hat sich illegal und an unbekannten Orten in Österreich aufgehalten. Seine Identität ist ungeklärt.

Der der Festnahme und Anhaltung zugrundeliegende Schubhaftbescheid, auf den sich die Verwahrungsmaßnahme stützt, erschien dem unabhängigen Verwaltungssenat nicht denkunmöglich, offensichtlich rechtlos oder willkürlich.

7.2. Der Beschwerdeführer bringt vor, daß die vorläufige Verwahrung zur Sicherung der Abschiebung im Hinblick auf sein laufendes Asylverfahren der Anordnung des § 5 Abs.2 Asylgesetz BGBl.Nr. 126/1968, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 190/1990 (im folgenden kurz Asylgesetz genannt), widerspreche.

Auch dieser Vorwurf erweist sich als unzutreffend. Gemäß § 5 Abs.2 Asylgesetz ist nämlich nicht die Erlassung und Vollstreckung eines Schubhaftbescheides, sondern nur die Vollstreckbarkeit eines Aufenthaltsverbotes, also die Abschiebung selbst so lange gehindert, bis entweder rechtskräftig festgestellt ist, daß der Asylwerber nicht als Flüchtling im Sinn des Asylgesetzes anzusehen ist, oder der Asylwerber bereits in einem anderen Staat Anerkennung nach der Flüchtlingskonvention oder anderweitig Schutz vor Verfolgung gefunden hat (vgl. § 5 Abs.3 Asylgesetz). Abgesehen vom Verbot der Durchführung der Abschiebung während dieser Zeit unterliegt auch ein Asylwerber als Fremder in sicherheitspolizeilicher Hinsicht in vollem Umfang den Bestimmungen des FrPG.

Ein Asylantrag beseitigt weder kraft Gesetzes einen Schubhaftbescheid aus der Rechtsordnung, noch hemmt er dessen Vollstreckbarkeit, (vgl. Erk.d.VfGH vom 11. Juni 1990, B-947/89, B-1006/89).

7.3. Da sich das Beschwerdevorbringen im Ergebnis als nicht zutreffend erwiesen hat, war die Beschwerde abzuweisen.

8. Nachdem weder von dem Beschwerdeführer noch von der belangten Behörde Kosten der Rechtsverfolgung geltend gemacht wurden und dem unabhängigen Verwaltungssenat auch keine Barauslagen erwachsen sind, war eine Kostenentscheidung nicht zu treffen. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechsmittel nicht zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer 6

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