Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400037/3/Kl/Kf

Linz, 04.07.1991

VwSen - 400037/3/Kl/Kf Linz, am 4. Juli 1991 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Einzelmitglied LRR. Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde der R, dominikanische Staatsangehörige,, wegen Festnahme und Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn zu Recht:

I. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird zurückgewiesen.

II. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 5a Abs.1 und Abs.6 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. 75/1954, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 21/1991 (kurz:FrPG) i.V.m. § 67c des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG.

III. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Kostenersatz wird abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§§ 74 Abs.1 und 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Beschwerdeführerin beantragt in ihrer Eingabe, beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 28. Juni bzw. 1. Juli 1991, die Rechtswidrigkeit der vorläufigen Verwahrung festzustellen, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und die belangte Behörde zum Kostenersatz zu verpflichten; gleichzeitig wurde der Antrag zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt. Dazu wurde in der Beschwerde begründet, daß die für die vorläufige Verwahrung geforderten Gründe nicht vorliegen, da die Beschwerdeführerin polizeilich gemeldet ist, als Tänzerin um die Beschäftigungsbewilligung angesucht, eine Kranken- und Unfallversicherung abgeschlossen hat und für den Fall der Nichterteilung der Bewilligung in die Heimat zurückfahren werde. Für die Bestreitung des Unterhaltes verfüge die Beschwerdeführerin über 175 $ und überdies 3.000 S.

2. Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt und eine Gegenschrift dahingehend erstattet, daß aufgrund der Ermittlungen die nunmehr behaupteten Mittel von 3.000 S als Schutzbehauptung anzusehen sind und auch damit eine Rückreise der Beschwerdeführerin nicht gewährleistet ist. Die Beschwerdeführerin hält sich ohne Sichtvermerk im Bundesgebiet auf und arbeitet unerlaubt. Aufgrund gleichgelagerter Fälle ist nach einer fremdenpolizeilichen Behandlung zu befürchten, daß sich die Beschwerdeführerin einem weiteren Verwaltungsverfahren entzieht und trotz eines Aufenthaltsverbotes durch einen ständigen Wechsel des Aufenthaltsortes illegal im Bundesgebiet verbleibt. Die Schubhaft sei daher zur Sicherung der Abschiebung erforderlich.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den vorgelegten Akt der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn Einsicht genommen. Es wird festgestellt, daß der der Beschwerde zugrundeliegende Sachverhalt in wesentlichen, entscheidungsrelevanten Punkten mit dem Akteninhalt übereinstimmt. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gemäß § 5a Abs.6 Z.1 FrPG unterbleiben.

4. Es ergibt sich folgender, der Entscheidung zugrundeliegender Sachverhalt:

4.1. Die Beschwerdeführerin ist von Santo Domingo kommend per Flugzeug am 13. Juni 1991 in Salzburg gelandet und mit dominikanischem Reisepaß ohne gültigen Sichtvermerk zum Zweck der Arbeitsaufnahme in Österreich eingereist. Sie ist seit 17. Juni 1991 in polizeilich gemeldet und hat am 21. Juni 1991 bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn einen Sichtvermerk beantragt. Am 24. Juni 1991 wurde bei der eine Reise-Kranken-Versicherung für die Dauer von 3 Monaten abgeschlossen. Nach den eigenen Angaben besitzt die Beschwerdeführerin lediglich 175 $ und ist in Österreich eingereist, um hier zu arbeiten. Eine gültige Beschäftigungsbewilligung liegt nicht vor, und es ist die Arbeitsaufnahme aufgrund der Einreise ins Bundesgebiet ohne Sichtvermerk nicht gestattet. Eine ärztliche Untersuchung und eine Mitteilung an den Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Braunau im Hinblick auf die Ausübung der Prostitution wurde bereits vorgenommen. Auch wurde seitens des Klubbesitzers eine Steuernummer für die Beschwerdeführerin als selbständige Animierdame beim Finanzamt Braunau am 24. Juni 1991 beantragt.

4.2. Über Vorladung der Bezirkshauptmannschaft Braunau wurde die Beschwerdeführerin am 25. Juni 1991 zum obigen Sachverhalt einvernommen, und es wurde noch am selben Tag über die Beschwerdeführerin mit dem Bescheid Sich-0702-6085/Gi der Bezirkshauptmannschaft Braunau zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und zur Sicherung der Abschiebung die vorläufige Verwahrung (Schubhaft) angeordnet und gemäß § 64 Abs.2 AVG einer allfälligen Berufung gegen den Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt, weil die Beschwerdeführerin zur Arbeitsaufnahme (als Tänzerin) sichtvermerksfrei eingereist ist, einen Besuchsflug nach Österreich nur vorgetäuscht hat (der gebuchte Anschlußflug nach Zürich wurde nicht konsumiert), lediglich über 175 $ verfügt und von ihr aufgrund des Einschreitens bei der Sanitätsabteilung der Bezirkshauptmannschaft Braunau die Absicht zur Ausübung der Prostitution und zum illegalen Aufenthalt in Österreich angenommen werden kann.

5. Aufgrund des festgestellten, als erwiesen angenommenen Sachverhaltes hat daher der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß Art.1 Abs.2 des Bundesverfassungsgesetzes zum Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl.Nr. 684/1988, darf niemand aus anderen als den in dem zitierten Bundesverfassungsgesetz genannten Gründen oder auf eine andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden. Gemäß Art.2 Abs.1 Z.7 leg.cit. darf die persönliche Freiheit einem Menschen dann entzogen werden, wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung oder Auslieferung zu sichern. Dies erfordert gemäß § 5 FrPG einen vollstreckbaren individuellen Verwaltungsakt.

5.2. Gemäß § 5a Abs.1 FrPG hat, wer in Schubhaft genommen oder angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme oder Anhaltung anzurufen. Zur Entscheidung über die Beschwerde ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde oder angehalten wird, wobei die §§ 67c bis 67g AVG gelten.

Die Beschwerdeführerin hat vom Schubhaftbescheid am 25. Juni 1991, spätestens aber mit der Festnahme und Anhaltung im Gefangenenhaus Ried im Innkreis am selben Tag Kenntnis erlangt. Die Beschwerde erfolgte rechtzeitig und es sind die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen nach § 67c AVG erfüllt.

5.3. Festgehalten wird, daß durch die Novelle des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. 21/1991, die Anordnung des § 11 Abs.2 FrPG jedenfalls formell unangetastet blieb. Es hat daher nach wie vor die Sicherheitsdirektion über Berufungen gegen Bescheide, mit denen eine Schubhaft verhängt wird, zu entscheiden. Dem unabhängigen Verwaltungssenat ist gemäß Art.129 B-VG von Verfassungs wegen die Kontrolle der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung aufgetragen. Soll einerseits der Intention des § 5a FrPG und andererseits dem Art.6 BVG zum Schutz der persönlichen Freiheit 1988 Rechnung getragen werden, so kann unter Wahrung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter eine Kompetenzabgrenzung dahingehend gefunden werden, daß der unabhängige Verwaltungssenat die Rechtmäßigkeit der Inhaftierung einer Person, nämlich insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Inhaftierung, zu überprüfen hat. Eine Prüfung des Bescheides kommt ihm dabei nur insoweit zu, als dieser an einem schweren und offenkundigen inhaltlichen Mangel leidet (Willkür, Denkunmöglichkeit, Gesetzlosigkeit im Sinne einer ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes) und ob daher aus diesem Grund der Beschwerdeführer in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt ist.

Da im Sinne des § 5a FrPG i.V.m. §§ 67c bis 67g AVG nicht vorgesehen ist, daß einer Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt werden kann und dies auch der Natur des gegenständlichen Verfahrens widerspricht - durch die Beschwerde soll die Rechtmäßigkeit der Haft festgestellt und nicht über die Vollstreckbarkeit von bescheidmäßigen Anordnungen abgesprochen werden -, ist daher der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zurückzuweisen.

5.4. Gemäß § 5 Abs.1 FrPG kann ein Fremder von der Behörde zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung vorläufig in Verwahrung genommen werden, wenn dies im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit oder aus dem Grunde notwendig erscheint, um ein unmittelbar zu befürchtendes strafbares Verhalten des Fremden zu verhindern.

5.4.1. Dem Schubhaftbescheid zugrunde lag der vom erkennenden Verwaltungssenat bereits unter Punkt 4 festgestellte Sachverhalt. Wesentlich dabei ist, daß die Beschwerdeführerin zum Zweck der Arbeitsaufnahme ohne Sichtvermerk in Österreich eingereist ist (dabei wurde die Einreise offenbar unter dem auch aus dem Flugschein hervorgehenden Vorwand einer Besuchsreise erschlichen) und aufgrund des weiteren Bemühens um ein behördliches "Gesundheitsbuch" und um eine Steuernummer der Verdacht begründet ist, daß sie eine Beschäftigung als Tänzerin bzw. Prostituierte ohne Sichtvermerk und daher ohne eine Berechtigung zur Beschäftigung aufgenommen hat bzw. aufnehmen wird. Es sind daher auch die Befürchtungen der belangten Behörde gerechtfertigt, daß sich die Beschwerdeführerin aufgrund der nunmehr fremdenpolizeilichen Behandlung auch im Hinblick auf die noch nicht bewilligte Beschäftigung dem weiteren behördlichen Verfahren (Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und Abschiebung) entziehen wird. Weiters reichen die von der Beschwerdeführerin angegebenen Barmittel - selbst unter Zugrundelegung der behaupteten Verfügbarkeit über weitere 3.000 S - nicht aus, um den Lebensunterhalt der Beschwerdeführerin ohne Beschäftigung bestreiten zu können, was die Befürchtung zu einem weiteren gesetzwidrigen Vorgehen bekräftigt. Auch die Möglichkeit einer Rückreise in die Heimat ist mit den verfügbaren Mitteln nicht gewährleistet. Es widerspricht daher das festgestellte und auch unbestritten gebliebene Verhalten der Beschwerdeführerin der öffentlichen Ordnung, und es ist ein solches Verhalten auch weiterhin zu befürchten; auch erscheint der Verdacht begründet, daß sich die Beschwerdeführerin, um der Prostitution ungehindert nachgehen zu können, dem weitern Vorgehen der Behörde entziehen wird.

Es erscheint daher dem unabhängigen Verwaltungssenat, der der Anhaltung zugrundeliegende Schubhaftbescheid, auf den sich die Verwahrungsmaßnahme zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, zur Verhinderung eines strafbaren Verhaltens bzw. zur Sicherung der Abschiebung stützt, nicht denkunmöglich, offensichtlich gesetzlos oder willkürlich.

Da sich das Beschwerdevorbringen im Ergebnis als nicht zutreffend erwiesen hat, ist daher die Beschwerde abzuweisen.

6. Kosten für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung hat nur der Beschwerdeführer geltend gemacht. Im Sinne der im Spruch zitierten Gesetzesstelle steht aber nur der obsiegenden Partei Kostenersatz zu. Da die Beschwerde erfolglos geblieben ist, hat die Beschwerdeführerin nach dem allgemeinen Grundsatz des § 74 AVG die Kosten selbst zu bestreiten. Weitere Verfahrenskosten der Behörde sind nicht aufgelaufen, weshalb keine weitere Kostenentscheidung zu treffen ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtmittel nicht zulässig.

H i n w e i s :

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. K l e m p t 6

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