Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400100/18/Kl/Shn

Linz, 31.03.1994

VwSen-400100/18/Kl/Shn Linz, am 31. März 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat im Grunde des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Juli 1993, Zl.93/18/0115-9, - weil eine Entscheidung des O.ö. Verwaltungssenates nicht vorliegt - durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Beschwerde des V C, türkischer Staatsangehöriger, vertreten durch Rechtsanwalt wegen Festnahme und Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Wels zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird Folge gegeben und die Anhaltung in Schubhaft (ab dem 24. Juli 1992 bis zur Freilassung am 27. Juli 1992) als rechtswidrig festgestellt.

II. Die belangte Behörde (der Bund) hat dem Beschwerdeführer die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Höhe von 7.533 S binnen 14 Tagen ab der Zustellung bei sonstiger Exekution zu Handen des Beschwerdeführervertreters zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 5a des Fremdenpolizeigesetzes (kurz: FrPG), BGBl.Nr. 75/1954 idgF, iVm § 67c Abs.3 AVG zu II: § 79a AVG Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 22. Juli 1992, beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 23. Juli 1992, wurde Beschwerde gemäß § 5a FrPG erhoben und beantragt, die Anhaltung in Schubhaft durch Organe der Bundespolizeidirektion Wels ab 22.7.1992 für rechtswidrig zu erklären und dem Bund den Kostenersatz im verzeichneten Ausmaß an den Beschwerdeführer zu Handen des Beschwerdeführervertreters aufzuerlegen.

Dazu wurde in der Beschwerde ausgeführt, daß die Einkommensund Wohnsitzverhältnisse geordnet seien, da der Beschwerdeführer zuletzt in L, gewohnt hat und sich am 22.7.1992 in W, anmelden wollte. Die Verhängung der Schubhaft und die weitere Anhaltung in Schubhaft seien gesetzwidrig, da keine Fluchtgefahr bestehe, insbesondere da sich der Beschwerdeführer im gesamten fremdenpolizeilichen Verfahren dem Zugriff der Fremdenpolizeibehörde niemals entzogen hat. Weiters verweist der Beschwerdeführer auf den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 16.6.1992 über die Erlassung eines Vollstreckungsaufschubes bis zum Abschluß des Asylverfahrens, längstens bis 16.11.1992, und vertritt daher die Auffassung, daß er daher zum Aufenthalt im Bundesgebiet zum nunmehrigen Zeitpunkt noch berechtigt sei. Auch wird auf ein Beschwerdeverfahren beim Verfassungsgerichtshof hingewiesen und ins Treffen geführt, daß ein Zuwarten bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Sinne des Rechtsstaatsgrundsatzes geboten erscheint. Schließlich macht der Beschwerdeführer ein Rückschiebungsverbot nach § 13a FrPG iVm Art.3 MRK geltend, weil er mit Festnahme und langjähriger Inhaftierung in der Türkei zu rechnen habe.

2. Die Bundespolizeidirektion Wels als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt im Wege der Telekopie vorgelegt und keine Gegenschrift erstattet.

Der Originalakt lag erst nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes dem O.ö. Verwaltungssenat bei der neuerlichen Entscheidungsabfassung vor.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in die vorgelegten Verwaltungsakte Einsicht genommen und es wird festgestellt, daß der Sachverhalt in den wesentlichen entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gemäß § 5a Abs.6 Z1 FrPG unterbleiben.

4. Es ergibt sich daher folgender der Entscheidung zugrundegelegter erwiesener Sachverhalt:

4.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat mit Erkenntnis vom 18.5.1992, VwSen-400083/11/Kl/Hm, die Beschwerde des V C wegen Festnahme und Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Wels seit dem 7.5.1992 gemäß § 5a FrPG als unbegründet abgewiesen, da ein rechtskräftiges vollstreckbares Aufenthaltsverbot bestand und der Beschwerdeführer seinen genannten Wohnsitz nicht tatsächlich bewohnte, sodaß die Anhaltung zur Sicherung der Abschiebung erforderlich war.

Der unter Punkt 4. des obzitierten Bescheides festgestellte Sachverhalt wurde in der nunmehrigen Beschwerde nicht widerlegt und wird daher auch dieser Entscheidung zugrundegelegt.

Danach ist der Beschwerdeführer türkischer Staatsangehöriger und reiste am 1.4.1989 erstmals nach Österreich ein, wo er bis 1.7.1989 in St.Pölten und sodann bis 26.7.1989 in Traiskirchen Aufenthalt nahm, wobei er am 10.7.1989 bei der Bezirkshauptmannschaft Baden einen Asylantrag einbrachte. Es wurde daher am 11.7.1989 eine Bescheinigung zur vorläufigen Aufenthaltsberechtigung gemäß § 5 Abs.1 Asylgesetz ausgestellt. Vom 6.7.1989 bis 23.4.1990 befand sich der Beschwerdeführer in Bundesbetreuung in L.

Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 26.9.1989 wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers abgewiesen und es ist mit der Rechtskraft dieses Bescheides am 17.5.1990 die vorläufige Aufenthaltsberechtigung erloschen.

Vom 16.5.1990 bis 17.12.1990 war der Beschwerdeführer in Dietach wohnhaft und polizeilich gemeldet. Am 21.5.1990 brachte dieser bei der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land einen Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerkes ein und legte eine Beschäftigungsbewilligung des Arbeitsamtes Linz für den Zeitraum vom 25.1.1990 bis 24.1.1991 vor.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 18.6.1990, Sich05/105/1990, wurde gegen den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich befristet bis 18.6.1995 erlassen und der Beschwerdeführer verpflichtet, Österreich bis zum 20.6.1990, 24.00 Uhr, zu verlassen. Einer allfälligen Berufung wurde die aufschiebende Wirkung gemäß § 64 Abs.2 AVG aberkannt.

Aufgrund seiner Berufung hat die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich mit Bescheid vom 21.9.1990, Fr-1040/90, das Aufenthaltsverbot bestätigt, den Ausspruch über die aufschiebende Wirkung und den Ausreiseauftrag allerdings behoben. Eine dagegen erhobene Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof wurde mit Erkenntnis vom 25.11.1991 abgewiesen.

Aufgrund des rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes wurde der Beschwerdeführer mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 22.11.1990 wegen seines Aufenthaltes im Bundesgebiet trotz Aufenthaltsverbotes mit einer Geldstrafe von 2.000 S bestraft.

Seit 19.4.1991 war der Beschwerdeführer in Linz, Scharitzerstraße 18, polizeilich gemeldet.

Einem Antrag auf Vollstreckungsaufschub wurde mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 25.4.1991 stattgegeben und ein Aufschub bis 30.10.1991 gewährt.

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 25.10.1991 wurde dieser Vollstreckungsaufschub bis 1.5.1992 verlängert.

Am 21.1.1992 hat der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes beantragt und eine Beschäftigungsbewilligung des Landesarbeitsamtes Oberösterreich für den Zeitraum vom 2.12.1991 bis 30.6.1992 für die Firma E O in Wels vorgelegt. Dieser Antrag wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 24.4.1992 abgewiesen.

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 4.5.1992, zugestellt am selben Tag, wurde gemäß § 57 Abs.1 AVG zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft über den Beschwerdeführer verhängt. Die Vollziehung der Schubhaft war aber nicht möglich, da am 5.5.1992 festgestellt werden mußte, daß die Wohnung in der S leer ist und der Beschwerdeführer nicht mehr dort wohnhaft ist.

Aufgrund eines anonymen Hinweises bei der Bundespolizeidirektion Wels vom 7.5.1992 über die Beschäftigung des Beschwerdeführers in Wels und über seinen Aufenthalt trotz eines rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes, wurde mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels vom 7.5.1992, Fr-23.574, die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung in Anwendung des § 57 AVG verhängt, weil er die österreichische Rechtsordnung mißachtet. Es wurde daher die Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit angenommen. Ein Grund für die besondere Gefahr in Verzug wurde darin gesehen, das Vereiteln einer zwangsweisen Abschiebung zu verhindern. Dieser Bescheid wurde vom Beschwerdeführer am 7.5.1992 persönlich übernommen, und er wurde noch am selben Tag um 22.00 Uhr in Haft genommen. Für den Beschwerdeführer wurde ein unsteter Aufenthalt angenommen und es wurde daher eine Festnahme am Arbeitsplatz (Ort des Aufenthaltes) vorgenommen.

Erst dem Haftbericht ist der polizeilich gemeldete Wohnsitz zu entnehmen. Eine Ersteinvernahme des Beschwerdeführers durch die Bundespolizeidirektion Wels erfolgte am 8.5.1992 um 8.15. Uhr bzw. 8.30 Uhr, und es gab der Beschwerdeführer darin selber an, daß er Ende April, glaublich den 29.4., von seinem Unterkunftgeber von der Scharitzerstraße 18 in Linz polizeilich abgemeldet wurde, und daß er seither keinen ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet mehr habe. Auskünfte, wo er sich seitdem aufgehalten hat, möchte er nicht erteilen. Weiters verlangte er anläßlich dieser Einvernahme nach seinem Rechtsanwalt bzw. gab das Vollmachtsverhältnis bekannt, und es wurde dieser dann verständigt. Die Absicht der Abschiebung am 9.5.1992 wurde dem Rechtsanwaltsbüro mitgeteilt.

Es hat am 8.5.1992 der Rechtsfreund des Beschwerdeführers sowohl einen Antrag auf Vollstreckungsaufschub als auch einen Asylantrag bei der Bundespolizeidirektion Linz eingebracht.

4.2. Der bei der Bundespolizeidirektion Linz gestellte Asylantrag vom 8.5.1992 wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 20.5.1992 und mit Bescheid des Bundesministeriums für Inneres vom 26.6.1992 abgewiesen bzw. wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Die Rechtskraft trat mit Bescheidzustellung am 30.6.1992 ein.

Dem Antrag um Vollstreckungsaufschub vom 8.5.1992 wurde mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 16.6.1992, Fr-75.394, dahingehend Folge gegeben, daß das Aufenthaltsverbot der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 19.6.1990 bis zum rechtskräftigen Abschluß des Asylverfahrens, längstens jedoch bis zum 16.11.1992 aufgeschoben wurde. Der Vollstreckungsaufschub endete mit Abschluß des Asylverfahrens am 30. Juni 1992.

Laut aktenkundigem Meldezettel der Bundespolizeidirektion Linz war der Beschwerdeführer seit 19.5.1992 in 4030 Linz, Sommerstraße 30, gemeldet. Eine Abmeldung erfolgte am 21.7.1992 nach W. Eine diesbezügliche Anmeldung ist nicht erfolgt und es hat der Beschwerdeführer dort nicht tatsächlich Unterkunft genommen.

Auch gab der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme am 22.7.1992 selbst an, derzeit keinen ordentlichen Wohnsitz zu haben.

4.3. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels vom 22.7.1992, Fr-23.574, wurde der Beschwerdeführer in Anwendung des § 57 AVG wegen Mittellosigkeit und eines rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes und eines rechtskräftig negativ abgeschlossenen Asylverfahrens zur Sicherung der Abschiebung vorläufig in Verwahrung genommen. Auch war der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht polizeilich gemeldet. Aufgrund der Mißachtung der inländischen Rechtsordnung wird im weiteren Aufenthalt die Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit gesehen und wurde seitens der Behörde die Gefahr im Verzug in der Befürchtung des weiteren strafbaren Verhaltens sowie der Vereitelung der Abschiebung begründet. Der Bescheid wurde dem Rechtsvertreter im Wege der Telekopie noch am selben Tag gegen 10.10 Uhr zugestellt. Eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde erfolgte im Anschluß noch am selben Tage, wobei unter Beiziehung eines Dolmetschers die Haftgründe erörtert wurden.

Bei der Einvernahme am 22.7.1992 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, daß er wegen Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes zur Anzeige gebracht und seinem Rechtsvertreter eine entsprechende Strafverfügung noch zugestellt werden wird. Auch wurde ihm mitgeteilt, daß beabsichtigt ist, ihn am 27. Juli 1992 von Wels nach Wien-Schwechat zu überstellen und ihn nach Istanbul abzuschieben. Aufgrund der Mittellosigkeit müssen die Schubkosten von der BPD Wels getragen werden.

Dieser Schubhaftbescheid wurde durch Festnahme und Anhaltung des Beschwerdeführers durch die Bundespolizeidirektion Wels seit dem 22. Juli 1992 vollzogen.

4.4. Die die Abschiebung am 27.7.1992 in Wien-Schwechat einleitenden Maßnahmen wurden laut Aktenvermerk vom 24.7.1992 der Bundespolizeidirektion Wels dann aufgrund einer Kontaktnahme des U sowie der Befassung der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich nicht mehr weiter verfolgt und wurde von der geplanten Abschiebung Abstand genommen. Insbesondere wurde zu der zunächst ablehnenden Haltung der belangten Behörde hinsichtlich bestehender Rückschiebungsverbote die Überprüfung solcher Gründe gemäß § 13a FrPG in die Wege geleitet.

4.5. Mit Eingabe vom 27.7.1992 übermittelte der Beschwerdeführervertreter dem O.ö. Verwaltungssenat im Wege der Telekopie eine Ablichtung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gegen den ablehnenden Bescheid des Bundesministeriums für Inneres im Hinblick auf den Asylantrag. Gleichzeitig wurde eine Ablichtung des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 24.7.1992 über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung angeschlossen.

Wie sich aus dem Originalakt der belangten Behörde weiters ergibt, wurde dieser Beschluß des Verfassungsgerichtshofes noch am 24.7.1992 im Wege der Telekopie der belangten Behörde übermittelt und eine Originalausfertigung wurde am 28.7.1992 der belangten Behörde zugestellt. Von der belangten Behörde wurde weder hinsichtlich dieses Beschlusses noch hinsichtlich des Antrages des Beschwerdeführers auf unverzügliche Haftentlassung der O.ö.

Verwaltungssenat unverzüglich in Kenntnis gesetzt. Auch wurde nicht davon Mitteilung gemacht, daß der Beschwerdeführer am 27.7.1992 um 15.45 Uhr aus der Haft entlassen wurde. Ein diesbezüglicher Bericht vom 27.7.1992 liegt erst nunmehr im Originalakt auf. Weiters geht auch daraus hervor, daß mangels Bargeldes keine Haftkosten eingehoben werden konnten.

5. Mit Erkenntnis des O.ö. Verwaltungssenates vom 28. Juli 1992, VwSen-400100/5/Kl/Rd, wurde diese Schubhaftbeschwerde im Grunde des § 5a FrPG iVm § 67c Abs.3 AVG und auch der Antrag auf Kostenersatz als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung wurde mit dem eingangs angeführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Juli 1993 aufgehoben, weil zufolge der mit Beschluß vom 24. Juli 1992 erfolgten Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den Verfassungsgerichtshof der angefochtene Bescheid vorläufig keine Rechtswirkungen zu äußern vermag und daher ungeachtet des Eintrittes seiner formellen Rechtskraft der Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 26. Juli 1992 nicht imstande war, den Abschluß des Asylverfahrens zu bewirken. Es kam daher dem Beschwerdeführer der bewilligte Aufschub der Vollstreckbarkeit des Aufenthaltsverbotes zugute.

Es hatte daher eine neuerliche Entscheidung des O.ö.

Verwaltungssenates zu ergehen.

6. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

6.1. Gemäß § 5a Abs.1 des Fremdenpolizeigesetzes - FrPG, BGBl.Nr. 75/1954 idF BGBl.Nr. 406/1991, hat, wer in Schubhaft genommen oder angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme oder Anhaltung anzurufen. Zur Entscheidung über die Beschwerde ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde oder angehalten wird, wobei die §§ 67c bis 67g AVG gelten.

Festnahme und Anhaltung aufgrund eines vollstreckbaren Schubhaftbescheides stellen sich nach herrschender Auffassung als bloße Vollstreckungsmaßnahmen dar. Der unabhängige Verwaltungssenat hat aufgrund einer Schubhaftbeschwerde die Rechtmäßigkeit der mit dem Schubhaftbescheid verhängten Haft nach jeder Richtung hin selbständig zu überprüfen, um jedwede unterlaufene Gesetzwidrigkeit festzustellen und aufzugreifen.

Ist er zwar zur Überprüfung eines der Inhaftnahme zugrundeliegenden Schubhaftbescheides nicht zuständig, so hat er aber die Gesetzmäßigkeit der Haftfortdauer zu prüfen und über die Frage der Rechtmäßigkeit der Anhaltung im Zeitpunkt seiner Entscheidung, gegebenenfalls im Zeitpunkt unmittelbar vor der Freilassung des Fremden, zu befinden (vgl. VfGH vom 12.3.1992, G346/91-18, G5/92-15 und G6/92-14).

6.2. Der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels vom 22.7.1992 vorläufig in Verwahrung genommen und es wurde dieser Bescheid durch die tatsächliche Festnahme am selben Tag und die weitere Anhaltung in Vollzug gesetzt. Auch die übrigen Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt. Die Beschwerde ist daher zulässig. Sie ist im übrigen auch begründet.

6.3. Gemäß § 5 Abs.1 FrPG kann ein Fremder von der Behörde zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung vorläufig in Verwahrung genommen werden (Schubhaft), wenn dies im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit oder aus dem Grunde notwendig erscheint, um ein unmittelbar zu befürchtendes strafbares Verhalten des Fremden zu verhindern.

6.3.1. Wie im Sachverhalt festgestellt wurde, wurde der Beschwerdeführer zur Sicherung der Abschiebung in Schubhaft genommen und wurde dies mit seiner Mittellosigkeit, dem Aufenthalt entgegen einem rechtskräftigen Aufenthaltsverbot und mit einem rechtskräfig negativ abgeschlossenen Asylverfahren begründet. Dieser Inschubhaftnahme und Anhaltung kann vorerst nicht entgegengetreten werden, zumal nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das für die Verhängung der Schubhaft geforderte Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit schon dann gegeben ist, wenn sich ein Fremder wie der Beschwerdeführer - entgegen einem aufrechten Aufenthaltsverbot unerlaubt im Bundesgebiet aufhält (vgl.

zB. Erk. des VwGH vom 8.7.1993, Zl.93/18/0116, mit welchem er die Inhaftierung des Beschwerdeführers als zulässig erachtete).

Wie nämlich im Sachverhalt festgestellt wurde, lag gegen den Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Schubhafterlassung und Festnahme ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot vor. Ein Vollstreckungsaufschub war zum Zeitpunkt der Festnahme nicht mehr wirksam, weil ein angestrebtes Asylverfahren mit der Zustellung des negativen Bescheides des Bundesministers für Inneres am 30. Juni 1992 vorerst abgeschlossen wurde. Trotz Unwirksamkeit des Vollstreckungsaufschubes bzw. des rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes verweilte der Beschwerdeführer weiterhin im Bundesgebiet von Österreich. Er brachte somit zum Ausdruck, daß er nicht gewillt ist, das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen. Hinzu kommt noch, daß der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz in Linz mit 21. Juli 1992 polizeilich abgemeldet hat und aufgrund der Aussage der Erstbehörde sich an diesem Ort nicht mehr aufhielt und auch keinen anderen Wohnsitz begründet hat. Dies gibt der Beschwerdeführer auch in seiner niederschriftlichen Einvernahme am 22. Juli 1992 zu. Damit bringt er aber auch zum Ausdruck, daß er bei der Abmeldung in Linz nicht die wahre Absicht hatte, an der für die Zukunft angegebenen Wohnanschrift auch tatsächlich den Aufenthalt zu nehmen. Es muß daher auch aus diesem Grunde (Mittellosigkeit und Unterkunftslosigkeit) befürchtet werden, daß er versucht, sich einem ordentlichen Verfahren bzw. fremdenbehördlichen Maßnahmen zu entziehen. Auch aus diesem Grunde war die Sicherung der Abschiebung durch Inhaftnahme erforderlich (vgl. VwGH vom 11.11.1993, Zl.93/18/0417 und vom 13.1.1994, Zl.93/18/0183 u.a.m.).

Wie sich weiters aus dem Sachverhalt ergibt, wurde der Beschwerdeführer bereits im Jahr 1990 wegen eines unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet bestraft. Auch bei der nunmehrigen Inhaftnahme wurde diesbezüglich ein Strafverfahren angekündigt. Auch aus dieser Sicht ist die Inhaftnahme erforderlich, um den Beschwerdeführer von einem weiteren strafbaren Verhalten abzuhalten. Auch ist er - wie aus seiner Einvernahme hervorgeht - mittellos und ist aus diesem Grunde ein strafbares Verhalten zu befürchten. Dies um so mehr, als eine Beschäftigungsbewilligung mit 30.6.1992 endete und zum Zeitpunkt der Inhaftnahme bzw. zum Zeitpunkt unmittelbar vor der Freilassung des Fremden aus der Schubhaft eine weitere Beschäftigungsbewilligung weder der belangten Behörde bekannt war noch vom Beschwerdeführer eingewendet wurde noch im Beschwerdeverfahren bekannt wurde.

Es konnte daher während der Inhaftnahme bzw. während des Beschwerdeverfahrens die erst im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof bekannt gewordene weitere Beschäftigungsbewilligung bis zum Dezember 1992 nicht zugrundegelegt werden. Der Beschwerdeführer hat nämlich im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht im Verwaltungsverfahren initiativ Nachweise der finanziellen Mittel und der Unterkunftsmöglichkeit beizubringen (vgl. VwGH vom 13.1.1994, Zl.93/18/0183).

6.3.2. Hinsichtlich der weiteren Anhaltung in Schubhaft ist aber der Beschwerdeführer insofern im Recht, als die Zustellung des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 24.7.1992 über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sowohl an den Beschwerdeführer als auch an die belangte Behörde zur Folge hat, daß der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid (über ein Asylbegehren) vorläufig keine Rechtswirkungen zu äußern vermag. Dies bedeutet, daß der Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 26.6.1992 ungeachtet des Eintrittes seiner formellen Rechtskraft aufgrund der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der gegen ihn erhobenen Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof im Zeitpunkt der Haftentlassung am 27.7.1992 - gemäß der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes war die Rechtmäßigkeit der Anhaltung im Zeitpunkt unmittelbar vor der Freilassung des Fremden zu prüfen - nicht imstande war, den Abschluß des Asylverfahrens zu bewirken. Daraus ergibt sich, daß dem Beschwerdeführer zum angeführten Zeitpunkt der mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 16. Juni 1992 bewilligte Aufschub der Vollstreckbarkeit des Aufenthaltsverbotes zugute kam.

Dies bedeutet aber auch, daß das im § 5 Abs.1 FrPG für die Schubhaft erforderliche Interesse ab dem 24.7.1992 nicht gegeben war, weil die Annahme der im § 6 Abs.2 zweiter Satz FrPG als Voraussetzung der Gewährung des Vollstreckungsaufschubes geforderten trifftigen Gründe das Nichtbestehen eines solchen Interesses impliziert.

Es war daher für den Zeitpunkt vor der Haftentlassung spruchgemäß der Beschwerde stattzugeben.

6.3.3. Zum weiteren Beschwerdevorbringen - insbesondere im Hinblick auf die Geltendmachung von Rückschiebungsverboten gemäß § 13a FrPG - sei jedoch angemerkt, daß eine politische Verfolgung bereits Gegenstand des negativen Asylverfahrens war und daher dort schon einer Überprüfung zugeführt wurde.

Auch hat die belangte Behörde diesbezügliche Ermittlungen eingeleitet und wird eine diesbezügliche Überprüfung von der belangten Behörde durchgeführt. Schließlich sei aber im Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat angemerkt, daß die globale Behauptung ohne konkreten Hinweis, daß er verfolgt werde bzw. daß er vor seinem Aufenthalt in Österreich verfolgt worden sei, nicht genügt, um eine Verfolgung bzw.

ein Rückschiebungsverbot darzulegen. Im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht hätte der Beschwerdeführer zumindest ein konkretes Vorbringen über seine Verfolgung darlegen müssen.

Daß er aber mit der Todesstrafe bzw. mit Folter oder Mißhandlung zu rechnen habe, wird in seiner Beschwerde nicht einmal behauptet. Es fehlen daher der Beschwerde auch stichhaltige Gründe, die ein Abschiebungsverbot gemäß § 13a Abs.1 Z2 FrPG rechtfertigen.

7. Gemäß § 79a AVG steht der obsiegenden Partei der Ersatz der Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung zu.

Gemäß dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.9.1991, 91/90/0162/7, sind die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandersätze vor dem Verwaltungsgerichtshof analog heranzuziehen, wobei die angeführten Pauschalsätze um ein Drittel zu kürzen sind. Es ergibt sich daher ein Schriftsatzaufwand von 7.413 S. Auch war die Barauslage für die Bundesstempelmarke (120 S) zu ersetzen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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