Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400138/4/Kl/Rd

Linz, 19.11.1992

VwSen - 400138/4/Kl/Rd Linz, am 19. November 1992 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des , türkischer Staatsangehöriger, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. E, wegen Festnahme und Anhaltung in Schubhaft ab 30.9.1992 durch die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn zu Recht:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlage: § 5a Abs.1 und 6 des Fremdenpolizeigesetzes (FrPG), BGBl.Nr. 75/1954, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 406/1991 i.V.m. § 67c Abs.3 AVG.

II. Der Kostenersatzantrag des Beschwerdeführers wird abgewiesen. Der Beschwerdeführer hat der belangten Behörde (dem Bund) die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Höhe von 2.024 S binnen 14 Tagen ab der Zustellung bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage: §§ 74 und 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 2.10.1992, beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 5.10.1992 und ergänzt mit Schriftsatz vom 8.10.1992, wurde Beschwerde gemäß § 5a FrPG erhoben und beantragt, die Rechtswidrigkeit der Festnahme und nachfolgenden vorläufigen Verwahrung im kreisgerichtlichen Gefangenenhaus R durch die Bezirkshauptmannschaft Braunau festzustellen und dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens zuzusprechen. Die Schubhaftbeschwerde wurde damit begründet, daß der Festnahme und nachfolgenden Anhaltung der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 30.9.1992, Sich-0702/Gi, vorausging, welcher im Wege der Telekopie um 17.47 Uhr dem rechtsfreundlichen Vertreter zugestellt und sodann in Vollzug gesetzt wurde. Gegen den der Schubhaft zugrundegelegten Ausweisungsbescheid vom 25.9.1992 der Bezirkshauptmannschaft Braunau wurde Berufung an die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich eingebracht und ist dieser Bescheid daher nicht rechtskräftig. Auch sei der Bescheid fehlerhaft, da trotz Ermittlungsverfahrens die Schubhaft mittels Mandatsbescheid erlassen wurde. Auch wurde gegen den Ausweisungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 4.8.1992, berichtigt mit Bescheid vom 10.8.1992, Vorstellung fristgerecht erhoben. Auch darüber wurde noch nicht entschieden, weshalb die neuerliche Erlassung eines Ausweisungsbescheides rechtswidrig ist, da nicht zweimal in der selben Angelegenheit entschieden werden dürfe. Auch sei die Stellungnahme des rechtsfreundlichen Vertreters vom 25.9.1992 in diesem Verfahren nicht berücksichtigt worden und aus diesem Grunde der Bescheid rechtswidrig.

Im übrigen wird eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers im Grunde des § 7 Abs.3 Asylgesetz geltend gemacht, da das Asylverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen wurde. Es hätte daher auch nicht § 10a FrPG angewendet werden dürfen. Schon aus diesem Grund sei daher die Anhaltung rechtswidrig. Es habe daher eine unzuständige Behörde die Schubhaft verhängt. Auch sei die Verhängung der Schubhaft nicht verhältnismäßig und nicht notwendig, da weder eine Freiheitsstrafe über den Beschwerdeführer verhängt wurde noch ein Verdacht auf eine mit gerichtlicher oder finanzbehördlicher Strafe bedrohte Handlung besteht. Auch wurde der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Verständigung über die Gründe der Festnahme in einer ihm verständlichen Sprache und die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen verletzt. Auch liege ein besonderes Sicherungsbedürfnis nicht vor. Schließlich wird geltend gemacht, daß der Beschwerdeführer noch minderjährig sei und daher der Schubhaftbescheid jedenfalls dem Jugendwohlfahrtsträger gemäß § 11a FrPG zuzustellen gewesen sei. Dies sei aber nicht erfolgt, weshalb eine rechtswirksame Zustellung auszuschließen sei.

2. Die von der Bezirkshauptmannschaft Braunau als belangte Behörde ersuchte Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis legte den bezughabenden Verwaltungsakt vor. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau erstattete mit Schriftsatz vom 6.10.1992 eine Gegenschrift, in welcher sie ausführte, daß der Berufung gegen den Ausweisungsbescheid vom 25.9.1992 ex lege keine aufschiebende Wirkung zu kommt. Auch sei der Beschwerdeführer nicht gemäß § 6 Asylgesetz eingereist und wurde der Asylantrag verspätet gestellt, sodaß eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nicht bestehe. Zur Ausweisung bzw. zum Abstellen des rechtswidrigen Zustandes war es erforderlich, die Schubhaft zu verhängen. Eine Verständigung des Schubhäftlings über die Gründe seiner Festnahme sei erfolgt und aktenkundig. Es wurde daher die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den vorgelegten Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Braunau Einsicht genommen. Es wird festgestellt, daß der Sachverhalt in den wesentlichen, entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gemäß § 5a Abs.6 Z.1 FrPG unterbleiben.

4. Es ergibt sich daher im wesentlichen folgender, der Entscheidung zugrundegelegter erwiesener Sachverhalt:

4.1. Der Beschwerdeführer ist türkischer Staatsangehöriger und minderjährig. Er reiste aus der Türkei kommend über Ungarn am 29.5.1992 nach Österreich unter Umgehung der Grenzkontrolle und ohne erforderliche Reisedokumente ein. Er war in I, gemeldet und in weiterer Folge unstet.

4.2. Über einen Asylantrag vom 9.6.1992 an die Bezirkshauptmannschaft Braunau entschied das Bundesasylamt, Außenstelle , mit Bescheid vom 26.6.1992 (zugestellt am 29.6.1992), womit der Antrag als offensichtlich unbegründet, gemäß § 3 i.V.m. § 17 Abs.1 und Abs.3 Z.3 Asylgesetz 1991 abgewiesen wurde.

4.3. Da der Beschwerdeführer in der Folge weder an seiner Wohnadresse noch an anderen Orten aufgefunden werden konnte, wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 4.8.1992 (zugestellt am 7.8.1992) gemäß § 9 Abs.2 Asylgesetz 1991 in Anwendung des § 57 Abs.2 AVG die Ausweisung angeordnet. Die Rechtsmittelbelehrung wurde mit Bescheid vom 10.8.1992 berichtigt. Dagegen wurde Vorstellung erhoben. Mit Bescheid vom 25.9.1992 wurde die Ausweisung gemäß § 10a Abs.1 des FrPG ausgesprochen. Auch dagegen wurde Berufung eingebracht.

4.4. Aufgrund des vollstreckbaren Ausweisungsbescheides vom 25.9.1992 wurde der Beschwerdeführer am 30.9.1992 bei seinem Schwager H in H aufgegriffen und um 13.50 Uhr zur Vorführung vor die Bezirkhauptmannschaft vorläufig festgenommen. Letztere hat mit Bescheid vom 30.9.1992 in Anwendung des § 57 AVG den Beschwerdeführer zur Vorbereitung der Ausweisung und Sicherung der Abschiebung vorläufig in Verwahrung (Schubhaft) genommen, weil der Beschwerdeführer ungeachtet der Aufforderungen zum Verlassen des Bundesgebietes diesen nicht nachgekommen und daher zur Abstellung des rechtswidrigen Verhaltens die Schubhaft erforderlich ist. Auch aus dem weiteren Verhalten ist zu ersehen, daß der Beschwerdeführer nicht gewillt ist, Österreich freiwillig zu verlassen.

Dieser Bescheid wurde vom Beschwerdeführer noch am selben Tag persönlich übernommen, dem rechtsfreundlichen Vertreter im Wege der Telekopie am selben Tage um 17.47 Uhr übermittelt und dem Magistrat der Landeshauptstadt als Jugendwohlfahrtsträger im Weg der Telekopie am 1.10.1992 um 12.03 Uhr zugestellt. Die Schubhaft wurde durch Einlieferung in das kreisgerichtliche Gefangenenhaus am 30.9.1992 um 19.05 Uhr vollzogen. Eine Verständigung des Beschwerdeführers von der Art des Vorwurfes und den Gründen der Festnahme erfolgte laut Haftbericht des GP E schon anläßlich seiner Festnahme; gleiches gilt hinsichtlich der Belehrung seiner Rechte. Als Dolmetscher wurde der Schwager des Beschwerdeführers herangezogen. Dieser Sachverhalt ist auch in einem Aktenvermerk vom 30.9.1992 aktenkundig.

Laut Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis wurde der Beschwerdeführer am 8.10.1992 in die Türkei abgeschoben.

5. Es hat daher der unabhängige Verwaltungssenat hierüber erwogen:

5.1. Gemäß Art.1 Abs.2 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit (PersFrG), BGBl.Nr. 684/1988, darf niemand aus anderen als den im zitierten Bundesverfassungsgesetz genannten Gründen oder auf eine andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden. Gemäß Art.2 Abs.1 Z.7 leg.cit. darf die persönliche Freiheit einem Menschen dann entzogen werden, wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung oder Auslieferung zu sichern. Der Sicherung einer beabsichtigten Ausweisung im Sinn des Art.2 Abs.1 Z.7 PersFrG dient die im § 5 FrPG geregelte Schubhaft dann, wenn sie zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung oder zur Sicherung der Abschiebung verhängt wird. Die Schubhaft setzt die Erlassung eines entsprechenden Schubhaftbescheides zwingend voraus. (vgl. VfGH vom 12.3.1992, G346/91-18, G5/92-15 und G6/92-14).

5.2. Nach Art.6 des PersFrG hat jedermann, der festgenommen oder angehalten wird, das Recht auf ein Verfahren, in dem durch ein Gericht oder durch eine andere unabhängige Behörde über die Rechtmäßigkeit des Freiheitsentzuges entschieden und im Fall der Rechtswidrigkeit seine Freilassung angeordnet wird. Es hat daher gemäß § 5a Abs.1 FrPG, wer in Schubhaft genommen oder angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme und Anhaltung anzurufen. Zur Entscheidung über die Beschwerde ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde oder angehalten wird, wobei die §§ 67c bis 67g AVG gelten. Der unabhängige Verwaltungssenat hat sohin aufgrund einer Schubhaftbeschwerde die Rechtmäßigkeit der mit dem Schubhaftbescheid verhängten Haft nach jeder Richtung hin selbständig zu überprüfen, um jedwede unterlaufene Gesetzwidrigkeit festzustellen und aufzugreifen. Über die Rechtmäßigkeit der Anhaltung hat der unabhängige Verwaltungssenat im Zeitpunkt seiner Entscheidung - so aber die Haft schon früher endete: in dem unmittelbar vor der Freilassung liegenden Zeitpunktzu befinden.

Ist der unabhängige Verwaltungssenat auch nicht zur Überprüfung des der Inhaftnahme zugrundeliegenden Schubhaftbescheides zuständig, so hat er aber im Sinne der Überprüfung der gesetzlichen Voraussetzungen der fortdauernden Haftanhaltung zu prüfen, ob der Inhaftnahme des Fremden die Erlassung eines Schubhaftbescheides (der vollstreckbar wurde) vorausgegangen ist und zugrundeliegt. Wird im Zeitpunkt der Entscheidung die Rechtmäßigkeit der Haft festgestellt, so hat dies die Haftfortdauer zufolge und läßt den Schubhaftbescheid notwendig gegenstandlos werden (vgl. VfGH v. 12.3.1992, B1334/91-5).

Ein solcher Schubhaftbescheid wurde nachweislich am 30.9.1992 erlassen und noch am selben Tag sowohl dem Beschwerdeführer als auch dem Beschwerdeführervertreter sowie am 1.10.1992 dem Jugendwohlfahrtsträger (somit rechtswirksam) zugestellt. Die Schubhaft wurde durch Einlieferung in das kreisgerichtliche Gefangenenhaus am 30.9.1992 um 19.05 Uhr und die weitere dortige Anhaltung in Vollzug gesetzt. Auch die übrigen Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt. Die Beschwerde ist daher zulässig.

Die behauptete Rechtsverletzung ist aber nicht zutreffend.

5.3. Gemäß § 5 Abs.1 FrPG kann ein Fremder von der Behörde zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung vorläufig in Verwahrung genommen werden, wenn dies im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit oder aus dem Grunde notwendig erscheint, um ein unmittelbar zu befürchtendes strafbares Verhalten des Fremden zu verhindern.

5.3.1. Wie im Sachverhalt unter Punkt 4. festgestellt, wurde der Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgewiesen. Einer dagegen eingebrachten Vorstellung kommt keine aufschiebende Wirkung zu (§ 17 Abs.2 Asylgesetz 1991). Im Grunde des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich auch, daß der Beschwerdeführer nicht direkt aus dem Staat kommt, in dem er behauptete, Verfolgung befürchten zu müssen, und daher nicht gemäß § 6 Asylgesetz 1991 eingereist ist. Auch hat er nicht den Asylantrag innerhalb von einer Woche ab der Einreise gestellt. Es kam ihm daher eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs.1 Asylgesetz 1991 zu keiner Zeit zu. Entgegen den Beschwerdebehauptungen war daher auch der § 9 Abs.1 Asylgesetz 1991 für den Beschwerdeführer nie anwendbar, sodaß ein Vorgehen der Bezirkshauptmannschaft Braunau als Sicherheitsbehörde im Sinne des Fremdenpolizeigesetzes gerechtfertigt war. Der Einwand der Unzuständigkeit erwies sich daher als nicht zutreffend.

5.3.2. Was jedoch die geltend gemachten Mängel bei der Bescheiderlassung im Ausweisungsverfahren anlangt, so muß darauf hingewiesen werden, daß dieses Verfahren nicht Gegenstand einer Schubhaftbeschwerde ist, sondern die aufgezeigten Mängel im Instanzenzug durch Rechtsmittel gegen den Ausweisungsbescheid anzufechten wären. Es sei jedoch nur angemerkt, daß die Vorstellung gegen den Ausweisungsbescheid vom 4.8.1992 und die Nichtaufnahme der Ermittlungen innerhalb von 14 Tagen gemäß § 57 Abs.3 AVG zur Folge haben, daß der Bescheid außer Kraft tritt. Es hat daher die Bezirkshauptmannschaft Braunau mit Bescheid vom 25.9.1992 gemäß § 10a Abs.1 FrPG die Ausweisung angeordnet, wobei einer dagegen erhobenen Berufung schon ex lege gemäß § 10a Abs.4 FrPG keine aufschiebende Wirkung zukommt. Dies hat zur Folge, daß der Bescheid sofort vollstreckt werden kann.

Im übrigen hat der unabhängige Verwaltungssenat für das Land Oberösterreich in ständiger Rechtsprechung und nunmehr auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 4.9.1992, Zl.92/18/0116-7, entschieden, daß eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bzw. der Erlassung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nicht entgegensteht, da es nämlich nach § 5 Abs.1 FrPG keine Rolle spielt, ob der Fremde im Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist oder nicht.

5.3.3. Hinsichtlich der Verhängung und Anhaltung in Schubhaft an sich ist auszuführen, daß eine Prüfung des Schubhaftbescheides dem unabhängigen Verwaltungssenat nach der obzitierten Judikatur nicht zukommt. Im Sinne der Prüfung der Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft ist aber davon auszugehen, daß eine Schubhaftbescheid erlassen und spätestens mit der Zustellung an den Jugendwohlfahrtsträger am 1.10.1992 rechtswirksam zugestellt und vollstreckbar ist. Gemäß § 11a Abs.3 FrPG können nämlich minderjährige Fremde, die das 19.Lebensjahr noch nicht vollendet haben, im eigenen Namen nur Verfahrenshandlungen zu ihrem Vorteil setzen. Gesetzlicher Vertreter wird mit Einleitung des fremdenpolizeilichen Verfahrens der Jugendwohlfahrtsträger der Hauptstadt des Bundeslandes, in dem sich der Minderjährige aufhält. Demnach ist eine Bescheidzustellung erst mit Zustellung an den gesetzlichen Vertreter rechtswirksam. Daraus erhellt, daß eine auf einen Schubhaftbescheid gestützte Inhaftnahme bzw. Anhaltung bis zur wirksamen Zustellung an den Jugendwohlfahrtsträger keine (rechtmäßige) Anhaltung in Schubhaft sein kann, sondern allenfalls eine Festnahme aus einem anderen Titel als Maßnahme einer unmittelbaren behördlichen Befehls- und Zwangsgewalt. Eine diesbezügliche Maßnahme kann aber in der gegenständlichen Schubhaftbeschwerde nicht geltend gemacht werden.

Vielmehr hat der unabhängige Verwaltungssenat - wie oben ausgeführt - im Lichte der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes die Rechtmäßigkeit der Anhaltung in dem unmittelbar vor der Freilassung liegenden Zeitpunkt (der Beschwerdeführer wurde am 8.10.1992 abgeschoben) zu befinden. Nach dem unter Punkt 4. festgestellten Sachverhalt war der Beschwerdeführer zwar polizeilich gemeldet, an dieser Wohnadresse aber schon längere Zeit nicht mehr aufhältig und wurde auch bei der Anschrift seines Schwagers aufgegriffen und festgenommen. Anläßlich dieser Festnahme waren auch die Umstände zu berücksichtigen, daß der Beschwerdeführer sich in der Wohnung versteckt hielt. Es ist daher, wie schon die belangte Behörde ausführte, zu befürchten, daß sich der Beschwerdeführer weiterer fremdenpolizeilicher Maßnahmen entziehen wird bzw. überhaupt, um das weitere behördliche Handeln zu verhindern, im Bundesgebiet untertauchen wird. Auch ging der Beschwerdeführer keiner Beschäftigung nach und wies er an Barmitteln lediglich 800 S auf und machte auch nachträglich kein Einkommen oder Vermögen geltend. Es ist daher auch zu befürchten, daß der Beschwerdeführer sich in weiterer Folge den notwendigen Unterhalt auf rechtswidrige Weise beschaffen werde. Im übrigen bestand gegen ihn eine vollstreckbare Ausweisungsanordnung. Es war daher die Verhängung der Schubhaft bzw. die Anhaltung in Schubhaft jedenfalls zur Sicherung der Abschiebung erforderlich, wobei diese Maßnahme als nicht unverhältnismäßig, weil als einzig geeignete Maßnahme zur Zweckerreichung (Abschiebung bzw. Verlassen des Bundesgebietes) anzusehen ist. Es war daher die Anhaltung in Schubhaft bis zur tatsächlichen Abschiebung am 8.10.1992 rechtmäßig.

5.3.4. Hinsichtlich der in der Beschwerde relevierten Verletzung der Aufklärungs- und Belehrungspflicht nach Art.4 Abs.6 und 7 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit ist auf den Haftbericht des GP E zu verweisen, wonach zum einen der Beschwerdeführer über die Gründe seiner Festnahme und die ihm zukommenden Rechte belehrt wurde, sowie auch auf den Vermerk der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 30.9.1992. Im übrigen ist im Lichte der zitierten VfGH-Judikatur und des darin festgelegten Prüfungszeitpunktes eine Prüfung dieses Einwandes nicht für die Entscheidung maßgeblich bzw. erforderlich.

5.4. Es ist daher die Anhaltung des Beschwerdeführers zur Sicherung seiner Abschiebung unmittelbar vor dem Zeitpunkt der tatsächlichen Abschiebung gerechtfertigt und geboten und als einzig mögliches Mittel anzusehen, weshalb der Beschwerdeführer in seinem geltend gemachten Recht auf persönliche Freiheit nicht verletzt wurde.

Weitere Gründe einer Rechtswidrigkeit wurden weder in der Beschwerdeschrift geltend gemacht noch sind solche aus der Aktenlage zu erkennen.

6. Gemäß § 79a AVG steht nur der obsiegenden Partei der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu. Da die Beschwerde erfolglos geblieben ist, war der Kostenantrag des Beschwerdeführers abzuweisen.

Da die belangte Behörde ebenfalls Kostenersatz begehrt hat, sind gemäß dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. September 1991, Zl. 91/90/0162/7, die Bestimmungen der §§ 47ff VwGG i.V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandersätze vor dem Verwaltungsgerichtshof analog heranzuziehen, wobei unter Bedachtnahme auf den Grundsatz einer Abstufung des Kostenersatzes im Verfahren entsprechend der Unter- bzw. Überordnung der angerufenen Behörden und der damit verbundenen verschiedenartigen Mühewaltung die angeführten Pauschalsätze um ein Drittel zu kürzen sind. Es ergibt sich daher ein Vorlageaufwand von 337 S und ein Schriftsatzaufwand von 1.687 S (jeweils gerundet), also insgesamt ein Betrag von 2.024 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t 6

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