Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400155/4/Gf/Hm

Linz, 06.12.1992

VwSen-400155/4/Gf/Hm Linz, am 6. Dezember 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Beschwerde des J, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 5a Abs. 1 i.V.m. § 5a Abs. 6 des Fremdenpolizeigesetzes und § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abgewiesen.

II. Das Begehren des Beschwerdeführers auf Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten wird gemäß § 79a AVG als unbegründet abgewiesen.

III. Der Beschwerdeführer ist gemäß § 79a AVG verpflichtet, der belangten Behörde die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Kosten in Höhe von 2.033,33 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das darüber hinausgehende Kostenersatzbegehren der belangten Behörde in Höhe von 1.001,67 S wird gemäß § 79a AVG als unbegründet abgewiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Der Beschwerdeführer wurde am 15. Oktober 1992 weil er unter der Adresse "Im Bäckerfeld 8, 4060 Leonding" nur eine Scheinanmeldung vorgenommen hätte, seit dem 14. Juli 1992 in fünf Fällen tatsächlich aber stets nur für einen Tag nach Österreich gekommen sei, um sich am Arbeitsamt Linz das Arbeitslosenunterstützungsgeld abzuholen - wegen des Verdachtes des gewerbsmäßigen Betruges und der Urkundenfälschung fest- und in der Folge wegen dieser Delikte in Untersuchungshaft genommen.

1.2. Mit dem dem Beschwerdeführer am 22. Oktober 1992 zu eigenen Handen zugestellten Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 21. Oktober 1992, Zl. Fr-73815, wurde über diesen gemäß § 5 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. 75/1954, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 406/1991 (im folgenden: FrPG), i.V.m. § 57 Abs. 1 AVG zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt und die Vollstreckbarkeit dieses Bescheides gleichzeitig an die Bedingung der Entlassung des Beschwerdeführers aus dem Landesgerichtlichen Gefangenenhaus Linz geknüpft.

1.3. Mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 17. November 1992, Zl. 32Vr-2213/92, wurde der Beschwerdeführer wegen Betruges zu einer unbedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt und am selben Tag aus der Untersuchungshaft entlassen und in die Schubhaft überstellt.

1.4. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 20. November 1992, Zl. Fr-73815, wurde über den Beschwerdeführer ein bis zum 20. November 1997 befristetes Aufenthaltsverbot für das gesamte Bundesgebiet erlassen und gleichzeitig die Abschiebung des Beschwerdeführers verfügt; einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

1.5. Am 24. November 1992 wurde der Beschwerdeführer per Bahn über die CSFR nach Polen abgeschoben.

1.6. Gegen die aufgrund des oben unter 1.2. angeführten Bescheides vorgenommene Anhaltung in Schubhaft richtet sich die vorliegende, am 19. November 1992 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Beschwerde.

2.1. In dieser bringt der Beschwerdeführer vor, daß er seit dem Jahr 1990 in Österreich gewohnt habe und Mitte des Jahres 1992 von seinem Arbeitgeber unberechtigterweise entlassen worden sei; sein ehemaliger Arbeitgeber schulde ihm aus diesem Beschäftigungsverhältnis noch einen Betrag von 37.772 S, den er auch bereits eingefordert habe. Außerdem hätte er über einen bis zum 2. November 1992 gültigen Sichvermerk - dessen Verlängerung er auch rechtzeitig beantragt hätte, wenn er nicht in Schubhaft genommen worden wäre - sowie bis Juni 1992 über eine Dienstwohnung und in der Folge über eine private Unterkunftsmöglichkeit verfügt. Gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz habe er rechtzeitig Berufung erhoben, sodaß dieses nicht als rechtskräftig angesehen werden könne. Bei seiner Entlassung aus der Schubhaft würde ihm ein Arbeitslosengeld in Höhe von 306,70 S täglich zustehen. Da er sohin über einen ordentlichen Wohnsitz und die notwendigen Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes verfüge, erweise sich seine Inhaftierung sohin als unzulässig.

Aus allen diesen Gründen wird daher die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anhaltung des Beschwerdefühers in Schubhaft beantragt.

2.2. Die belangte Behörde führt demgegenüber in ihrer Gegenschrift aus, daß der Beschwerdeführer offensichtlich unberechtigt Arbeitslosenunterstützung bezogen und in Österreich nicht über einen ordentlichen Wohnsitz verfügt, sondern tatsächlich lediglich eine Scheinanmeldung vorgenommen habe.

Da sich aus diesen Gründen die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft als rechmäßig erweise, wird die kostenpflichtige Abweisung der vorliegenden Beschwerde beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz zu Zl. Fr73815; da aus diesem in Verbindung mit dem Beschwerdevorbringen der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien, konnte im übrigen gemäß § 5a Abs. 6 Z. 1 FrPG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde der oben unter 1. dargestellte Sachverhalt als erwiesen festgestellt.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Art. 2 Abs. 1 Z. 7 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl.Nr. 684/1988 (im folgenden: PersFrSchG), legt fest, daß die persönliche Freiheit einem Menschen u.a. dann auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden darf, wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung zu sichern. § 5 Abs. 1 FrPG ist als eine solche unter Heranziehung des eben angeführten Gesetzesvorbehaltes des PersFrSchG ergangene Bestimmung anzusehen. Eine von der Behörde angeordnete und vollzogene Schubhaft erweist sich daher dann als rechtmäßig, wenn diese sowohl den formellen als auch den materiellen Kriterien des § 5 Abs. 1 FrPG entspricht.

Gemäß § Abs. 1 FrPG kann ein Fremder von der Behörde zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung vorläufig in Verwahrung (Schubhaft) genommen werden, wenn dies entweder im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit (erste Alternative) oder aus dem Grunde notwendig erscheint, um ein unmittelbar zu befürchtendes strafbares Verhalten des Fremden zu verhindern (zweite Alternative).

Nach § 5a Abs. 1 FrPG hat derjenige, der in Schubhaft genommen oder angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme oder Anhaltung anzurufen.

4.2.1. Die im vorliegenden Fall von der Bundespolizeidirektion Linz verhängte Schubhaft basiert auf einem gemäß § 57 Abs. 1 zweite Alternative erlassenen und damit - weil gemäß einer dagegen erhobenen Vorstellung schon ex lege keine aufschiebende Wirkung zukommt - sofort vollstreckbaren Bescheid, wie dies die §§ 5 und 5a FrPG vorsehen.

4.2.2. Nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12.3. 1992, Zl. G 346/91 u.a., hat der unabhängige Verwaltungssenat "- als Haftprüfungsinstanz - nach § 5a FrPG über die Frage der Rechtmäßigkeit der Anhaltung (in die jede - tatsächliche - Inhaftnahme für wenn auch noch so kurze Zeit mündet) im Zeitpunkt seiner Entscheidung so aber die Haft schon früher endete: in dem unmittelbar vor der Freilassung liegenden Zeitpunkt - zu befinden" (S. 15). Im vorliegenden Fall ist sonach jener Tag, wo der Beschwerdeführer nach Polen abgeschoben wurde und damit zu diesem Zeitpunkt dessen Anhaltung in Schubhaft endete, nämlich der 24. November 1992, maßgeblich.

Zu diesem Zeitpunkt war der Beschwerdeführer bereits wegen Betruges verurteilt und über ihn ein vollstreckbares Aufenthaltsverbot verhängt sowie dessen Abschiebung verfügt worden. Wenngleich diese beiden Entscheidungen deren inhaltliche Rechtmäßigkeit im Zuge einer Schubhaftbeschwerde zu beurteilen der unabhängige Verwaltungssenat, der insoweit (lediglich) die Rechmäßigkeit der "Festnahme und Anhaltung (des Fremden) selbst" (vgl. VfGH v. 12.3. 1992, G 346/91 u.a., 15) zu prüfen hat, nicht zuständig ist; diese Sachentscheidung obliegt vielmehr dem Strafgericht II. Instanz bzw. gemäß § 11 Abs. 2 und 3 FrPG der Sicherheitsdirektion - damit noch nicht rechtskräftig waren, so ist es dennoch evident, daß es der Erlassung und unverzüglichen Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes im Wege der Abschiebung jedenfalls schon deshalb bedurfte, um jenes strafbare Verhalten des Beschwerdeführers, das ihm zur Last gelegt wurde - nämlich die Vornahme einer Scheinanmeldung im Inland, um Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung beziehen zu können, obwohl er tatsächlich nicht in Österreich aufhältig ist - hintanzuhalten. Da der diese Außerlandschaffung sicherstellende Schubhaftbescheid schon vor der gerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers erlassen worden und auch sofort vollstreckbar war und die Setzung der in diesem angedrohten fremdenpolizeilichen Maßnahmen gegen ihn nach seiner Verurteilung daher offenkundig auf der Hand lag, entsprach sohin auch die Prognose, daß sich der Beschwerdeführer diesen - auch aus seiner Sicht zu erwar tenden - Maßnahmen zu entziehen oder diese zumindest zu erschwerden versuchen wird, der allgemeinen Lebenserfahrung. Die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft bis zu dessen tatsächlicher Außerlandschaffung war daher notwendig, um dessen Abschiebung sicherzustellen und so ein durch ihn bis dahin unmittelbar zu befürchtendes strafbares Verhalten zu verhindern.

Konnte die Anhaltung des Beschwerdeführers aber damit jedenfalls auf § 5 Abs. 1 zweite Alternative FrPG gestützt werden, so erwies sich die über ihn verhängte Schubhaft im Zeitpunkt seiner Abschiebung im Ergebnis schon aus diesem Grunde als rechtmäßig (vgl. auch VwGH v. 29.6. 1992, Zl. 92/18/0054).

4.3. Damit war aber die vorliegende Beschwerde gemäß § 5a Abs. 1 FrPG i.V.m. § 5a Abs. 6 FrPG und § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der belangten Behörde als obsiegender Partei gemäß § 79a AVG der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten in Höhe von 2.033,33 S (d.s. zwei Drittel des im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gebührenden Pauschalkostenersatzes für den Aktenvorlage- und Schriftsatzaufwand; vgl. z.B. VwGH v. 23.9. 1991, Zl. 91/19/0162) zuzusprechen. Das darüber hinausgehende Begehren der belangten Behörde in Höhe von 1.001,67 S sowie das Begehren des im Verfahren unterlegenen Beschwerdeführers auf Kostenersatz waren hingegen abzuweisen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 67c Abs. 4 AVG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (vgl. VwSlg 12821 A/1988) oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Grof 6

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