Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-400156/7/Kl/Rd

Linz, 08.04.1993

VwSen - 400156/7/Kl/Rd Linz, am 8. April 1993 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Beschwerde des Henryk B, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz zu Recht:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlagen: § 51 Abs.1 und § 52 Abs.1, 2 und 4 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl.Nr. 838/1992, iVm § 67c Abs.1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG.

II. Der Kostenersatzantrag des Beschwerdeführers wird abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der belangten Behörde (dem Bund) die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Höhe von 2.024 S binnen 14 Tagen ab der Zustellung bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der belangten Behörde wird abgewiesen.

Rechtsgrundlagen: §§ 74 und 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 19.11.1992, beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 20.11.1992, wurde Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft erhoben und beantragt, diese ab 17.11.1992 für rechtswidrig zu erklären und dem Bund den Kostenersatz zu Handen des Beschwerdeführervertreters aufzuerlegen. Begründend wurde ausgeführt, daß der Beschwerdeführer seit 1990 in Österreich wohne und bis Juni 1992 arbeitete. Seit diesem Zeitpunkt baute er eine neue Wohnmöglichkeit um und sei diese nun bezugsfertig und wurde diese vom Hauseigentümer zur Verfügung gestellt. Auch verfüge der Beschwerdeführer über einen gültigen Wiedereinreisesichtvermerk. Die vom Landesgericht Linz verhängte Strafe sei nicht rechtskräftig. Auch besitze der Beschwerdeführer zwar zur Zeit keine Barmittel, doch seien noch Ansprüche gegen den vormaligen Arbeitgeber offen und habe der Beschwerdeführer auch Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung. Auch existiere ein aufrechtes Krankenversicherungsverhältnis. Die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes und die Abschiebung seien daher nicht rechtmäßig und sei daher auch die Verhängung der Schubhaft zu diesem Zweck rechtswidrig.

2. Die Bundespolizeidirektion Linz als belangte Behörde legte den bezughabenden Verwaltungsakt vor und teilte in einer Stellungnahme vom 27.11.1992 mit, daß der Beschwerdeführer bei Erhebungen beim Arbeitsamt Linz dabei betreten wurde, daß er offensichtlich unberechtigt Arbeitslosenunterstützung bezog und auch eine Scheinanmeldung vorgenommen habe. Es erfolgte daher auch eine strafgerichtliche Anzeige wegen des Verdachtes des gewerbsmäßigen Betruges und die Einlieferung ins landesgerichtliche Gefangenenhaus. Mit Bescheid vom 21.10.1992 wurde zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft angeordnet, welche nach Entlassung aus dem landesgerichtlichen Gefangenenhaus am 17.11.1992 in Kraft trat und vollzogen wurde. Es wurde dann auch ein bis 20.11.1997 befristetes Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer erlassen. Er wurde am 24.11.1992 nach Polen abgeschoben. Es wurde darauf hingewiesen, daß der Beschwerdeführer über keinen Wohnsitz verfügte. Es wurde daher kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den vorgelegten Verwaltungsakt Einsicht genommen und festgestellt, daß der Sachverhalt in den wesentlichen entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gemäß § 52 Abs.2 Z1 FrG unterbleiben.

4. Es ergibt sich im wesentlichen folgender der Entscheidung zugrundegelegter Sachverhalt:

4.1. Der Beschwerdeführer ist polnischer Staatsangehöriger und hält sich seit 1990 in Österreich auf. Seit September 1990 bis 30.6.1992 ging er einer Arbeit nach und verfügte auch über entsprechende Sichtvermerke, zuletzt einen gültigen Sichtvermerk bis 15.12.1992.

Seit 24.7.1992 war der Beschwerdeführer in Leonding, Im Bäckerfeld 8, amtlich gemeldet, ohne dort jemals übernachtet zu haben. Als seinen tatsächlichen Wohnsitz gab der Beschwerdeführer Leonding, Im Bäckerfeld 12, an. Er bezog ein Arbeitslosengeld von täglich 290,20 S.

Diesbezügliche polizeiliche Erhebungen führten zu einer strafgerichtlichen Anzeige wegen des Verdachtes des gewerbsmäßigen Betruges, der Verhängung der U-Haft seit 16.10.1992 und der strafgerichtlichen Verurteilung zu einer unbedingten Geldstrafe wegen § 146 StGB durch das Landesgericht Linz vom 17.11.1992. Dagegen wurde Berufung eingebracht.

4.2. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 21.10.1992 wurde gegen den Beschwerdeführer in Anwendung des § 57 AVG zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt, wobei die Maßnahme mit Haftentlassung aus dem landesgerichtlichen Gefangenenhaus Linz in Kraft treten soll. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 22.10.1992 persönlich zugestellt und nach dessen Haftentlassung am 17.11.1992 durch Überstellung in das bundespolizeiliche Gefangenenhaus Linz in Vollzug gesetzt.

Seit 18.11.1992 ist der Beschwerdeführer rechtsfreundlich vertreten. Am 18.11.1992 wurde der Beschwerdeführer unter Beiziehung eines Dolmetschers niederschriftlich einvernommen.

4.3. Mit Bescheid vom 20.11.1992 wurde gegen den Beschwerdeführer ein bis zum 20.11.1997 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen und gleichzeitig einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Es wurde ihm auch die Abschiebung angekündigt. Dieser Bescheid wurde am 24.11.1992 rechtswirksam zugestellt. Die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Polen erfolgte am 24.11.1992 per Bahn.

5. Es hat daher der unabhängige Verwaltungssenat hierüber erwogen:

5.1. Gemäß § 88 Abs.2 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl.Nr. 838/1992, gelten Schubhaftbescheide nach dem Fremdenpolizeigesetz ab 1.1.1993 als nach diesem Bundesgesetz erlassen. Es ist nämlich gemäß § 86 Abs.3 leg.cit. das Fremdenpolizeigesetz, BGBl.Nr. 75/1954, mit Ablauf des 31.12.1992 außer Kraft getreten.

Es ist daher die vorliegende Beschwerde aufgrund der Bestimmungen des FrG zu behandeln.

Gemäß § 51 Abs.1 FrG hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 leg.cit.).

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (§ 52 Abs.4 leg.cit.).

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde die Rechtswidrigkeit der Anhaltung behauptet. Die Beschwerde ist rechtzeitig. Auch die übrigen Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt. Die Beschwerde ist daher zulässig. Sie ist aber nicht begründet.

5.2. Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen.

5.3. Der der Haft zugrundeliegende Schubhaftbescheid stützt sich auf die Anzeige wegen Verdachtes des gewerbsmäßigen Betruges und auf den Umstand, daß durch das strafbare Verhalten die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet sei, zumal der Beschwerdeführer auch nur über geringfügige Barmittel verfüge. Auch sei daher die Haft für den Fall der Haftentlassung zur Vermeidung der Begehung neuerlicher Straftaten erforderlich. Der Beschwerdeführer sei überdies in Österreich unsteten Aufenthaltes.

Die darin angeführten Umstände rechtfertigen tatsächlich die Anhaltung in Schubhaft. Es wurde der Beschwerdeführer von der gemeldeten Wohnsitzadresse noch am 15.10.1992 abgemeldet. Auch war er zum Zeitpunkt der Anhaltung in Haft an keiner anderen Wohnanschrift gemeldet und verfügte er über keine Wohnmöglichkeit. Dies ergibt sich aus seinen Beschwerdeausführungen selbst, daß nämlich der nunmehr angegebene Wohnsitz Im Bäckerfeld 12 erst adaptiert worden sei. Eine künftige Wohnmöglichkeit kann aber die Garantie einer echten Aufenthaltnahme nicht beibringen. Es ist vielmehr zu erwarten, daß der Beschwerdeführer anläßlich seiner strafgerichtlichen (wenn auch nicht rechtskräftigen) Verurteilung und der nun zu erwartenden fremdenpolizeilichen Maßnahmen keinen der Behörde bekannten Aufenthalt nehmen werde, sondern sich dem Zugriff der Behörden entziehen werde. Dies entspricht auch der vielfachen Lebenserfahrung, zumal dem Beschwerdeführer ja nunmehr auch angedroht wurde, daß gegen ihn ein Aufenthaltsverbot erlassen werden wird und er abgeschoben werden wird. Es war daher die Anhaltung in Schubhaft sowohl zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes erforderlich, als auch nach diesem Verfahren zur Sicherung der Abschiebung. Da der Beschwerdeführer über einen längeren Zeitraum in Österreich gearbeitet hat und sich auch dann ein Einkommen in Arbeitslosigkeit verschafft hat und zu diesem Zweck immer wieder nach Österreich eingereist ist bzw. sich in Österreich aufgehalten hat, ist auch zu erwarten gewesen, daß der Beschwerdeführer nicht freiwillig das Bundesgebiet verlassen werde. Vielmehr lassen der aufrechte Rechtsstreit wegen Ansprüche gegen seinen früheren Arbeitgeber sowie auch die Adaptierung einer künftigen Unterkunft erwarten, daß der Beschwerdeführer das Bundesgebiet nicht verlassen werde. Es war daher aus den angeführten Gründen die Anhaltung in Schubhaft zur Sicherung der Ausreise gerechtfertigt. Auch dauerte die Schubhaft nicht unnötig lange, zumal die Abschiebung bereits nach einer Woche Schubhaft, nämlich am 24.11.1992 erfolgte.

Es konnte daher den Beschwerdepunkten nicht Rechnung getragen werden. Vielmehr stellen diese Punkte allenfalls Gründe für die Überprüfung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes dar, welche aber nicht in diesem Verfahren zu erörtern sind.

Weitere Gründe einer Rechtswidrigkeit der Haft waren nicht zu erkennen und wurden auch in der Beschwerde nicht aufgezeigt. Im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte war daher die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

6. Gemäß § 79a AVG steht nur der obsiegenden Partei der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu. Da die Beschwerde erfolglos geblieben ist, war der Kostenantrag des Beschwerdeführers abzuweisen.

Da die belangte Behörde ebenfalls Kostenersatz begehrt hat, sind gemäß dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. September 1991, Zl. 91/90/0162/7, die Bestimmungen der §§ 47ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandersätze vor dem Verwaltungsgerichtshof analog heranzuziehen, wobei unter Bedachtnahme auf den Grundsatz einer Abstufung des Kostenersatzes im Verfahren entsprechend der Unter- bzw. Überordnung der angerufenen Behörden und der damit verbundenen verschiedenartigen Mühewaltung die angeführten Pauschalsätze um ein Drittel zu kürzen sind. Es ergibt sich daher ein Vorlageaufwand von 337 S und ein Schriftsatzaufwand von 1.687 S (jeweils gerundet), also insgesamt ein Betrag von 2.024 S. Das Mehrbegehren der belangten Behörde war daher abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t 6

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum