Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400175/3/Kl/Rd

Linz, 13.04.1993

VwSen - 400175/3/Kl/Rd Linz, am 13. April 1993 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Beschwerde des Ante, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlagen: § 51 Abs.1 und § 52 Abs.1, 2 und 4 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl.Nr. 838/1992, iVm § 67c Abs.1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG.

II. Der Kostenersatzantrag des Beschwerdeführers wird abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der belangten Behörde (dem Bund) die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Höhe von 2.024 S binnen 14 Tagen ab der Zustellung bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der belangten Behörde wird abgewiesen.

Rechtsgrundlagen: §§ 74 und 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 11.1.1993 wurde Beschwerde wegen Gesetzwidrigkeit der verhängten Schubhaft sowie der weiteren Anhaltung in Schubhaft erhoben und die Feststellung beantragt, daß die für die Fortsetzung der Schubhaft erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen und die Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig ist. Auch wurde der Antrag auf Kostenersatz an den Beschwerdeführer zu Handen des Beschwerdeführervertreters gestellt. Begründend dazu wurde ausgeführt, daß sich der Beschwerdeführer dem Zugriff der Fremdenpolizeibehörde bisher nicht entzogen habe, daß seine Wohnsitzverhältnisse geregelt seien und keine Fluchtgefahr gegeben sei. Auch sei sein Rechtsvertreter dabei, den weiteren Aufenthalt in Österreich zu legalisieren. Die Verhängung der Schubhaft sei daher nicht zulässig gewesen. Im übrigen sei die Schubhaft in keiner Weise begründet gewesen, welche Pflicht die belangte Behörde aber auch bei Mandatsbescheiden trifft. Im übrigen wurde über einen Vollstreckungsaufschub nicht rechtzeitig (noch vor der neuen Rechtslage) entschieden. Auch habe der Beschwerdeführer am 11.1.1993 einen Antrag auf Erteilung der Wiedereinreisebewilligung eingebracht, über welchen positiv zu entscheiden sei. Der Beschwerde wurde eine Bestätigung über eine aufrechte Beschäftigung seit dem 14.12.1992 beigelegt.

2. Die Bundespolizeidirektion Linz als belangte Behörde legte den bezughabenden Verwaltungsakt vor und teilte in der schriftlichen Stellungnahme vom 14.1.1993 mit, daß gegen den Beschwerdeführer ein rechtskräftiges unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt wurde; Vollstreckungsaufschub wurde zuletzt bis 31.12.1992 erteilt, die Voraussetzungen für einen weiteren Vollstreckungsaufschub waren nicht gegeben. Da der Beschwerdeführer offensichtlich nicht gewillt war, Österreich freiwillig zu verlassen, war die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung erforderlich, wobei der Beschwerdeführer am 12.1.1993 nach Kroatien abgeschoben wurde. Es wurde daher die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den bezughabenden Verwaltungsakt Einsicht genommen und festgestellt, daß der Sachverhalt in den wesentlichen entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gemäß § 52 Abs.2 Z1 FrG unterbleiben.

4. Es ergibt sich im wesentlichen folgender der Entscheidung zugrundegelegter Sachverhalt:

4.1. Der Beschwerdeführer ist kroatischer Staatsangehöriger und hat zunächst bis Oktober 1989 mit seiner Familie in Rosenheim in Deutschland gelebt. Anschließend ist er mit seiner Familie nach Linz, Hasnerstraße 36 bzw. Graben 19 verzogen. Die Ehegattin ist als Küchenhilfe beschäftigt, die beiden Söhne besuchen österreichische Schulen.

Nach einer U-Haft im landesgerichtlichen Gefangenenhaus Linz und anschließenden Schubhaft wurde mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 21.5.1991 über den Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs.1 und 2 Z6 und 7 iVm § 4 des Fremdenpolizeigesetz - FrPG ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet Österreich erlassen. Gleichzeitig wurde gemäß § 6 Abs.2 des FrPG die Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes vorerst bis zum 15.6.1991 aufgeschoben. Als wesentliche Begründung dafür diente die Tatsache, daß der Beschwerdeführer gegenüber der Behörde unrichtige Angaben über seine persönlichen Verhältnisse machte, um sich eine Aufenthaltsberechtigung zu erschleichen, sowie der Umstand, daß er infolge der hohen Schuldenlast und mangels eines Einkommens als mittellos zu betrachten war. Gemäß § 3 Abs.3 des FrPG überwiegen die öffentlichen Interessen bei weitem die persönlichen Interessen.

Vollstreckungsaufschübe wurden auch weiterhin gewährt, zuletzt mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 20.8.1992 gegen jederzeitigen Widerruf, längstens jedoch bis zum 31.12.1992. Weiters wurde ausgesprochen, daß nach Ablauf dieser Frist das Bundesgebiet zu verlassen ist. Als Begründung diente das beim Landesgericht Linz anhängige Verfahren.

Mit Eingabe vom 26.11.1992 wurde eine weitere Aufschiebung der Vollstreckung bis zur rechtskräftigen Beendigung des Strafverfahrens beim Landesgericht Linz beantragt.

4.2. In der Hauptverhandlung des Landesgerichtes Linz vom 27.11.1992 wurde der Beschwerdeführer wegen Delikten nach §§ 146 und 133 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, davon 17 Monate bedingt auf drei Jahre, verurteilt. Die Verurteilung ist nicht rechtskräftig. Der Beschwerdeführer wurde aus der Haft entlassen. In der Folge hat er das Bundesgebiet nicht verlassen.

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 8.1.1993 wurde über den Beschwerdeführer in Anwendung des § 57 AVG zur Sicherung der Abschiebung die vorläufige Verwahrung (Schubhaft) angeordnet, und diese damit begründet, daß sich der Beschwerdeführer trotz eines rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes unerlaubt in Österreich aufhalte und offensichtlich nicht gewillt sei, das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen.

Die persönliche Zustellung dieses Bescheides wurde vom Beschwerdeführer verweigert (Annahmeverweigerung), und er wurde am 8.1.1993 um 20.57 Uhr in der Wohnung seiner Ehegattin in Linz, Dauphinestraße 30, festgenommen, der Behörde vorgeführt und sodann die Schubhaft durch Einlieferung in das bundespolizeiliche Gefangenenhaus Linz in Vollzug gesetzt.

Die Bescheidzustellung an den Rechtsvertreter erfolgte nachweislich am 11.1.1993.

Der Beschwerdeführer wurde am 12.1.1993 per Bahn nach Zagreb abgeschoben.

Zu dem am 12.1.1993 bei der belangten Behörde eingelangten Antrag auf Erteilung einer Wiedereinreisebewilligung wurde dem Beschwerdeführer zu Handen des Rechtsvertreters mitgeteilt, daß eine solche im Inland nicht erteilt werden kann, daß aber aufgrund der Abschiebung ein derzeitiger Aufenthaltsort und sohin eine zuständige österreichische Vertretungsbehörde nicht bekannt seien.

5. Es hat daher der unabhängige Verwaltungssenat hierüber erwogen:

5.1. Gemäß § 51 Abs.1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl.Nr. 838/1992, hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 leg.cit.).

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (§ 52 Abs.4 leg.cit.).

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde die Rechtswidrigkeit der Anhaltung sowie des Schubhaftbescheides behauptet. Die Beschwerde ist rechtzeitig. Auch die übrigen Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt. Die Beschwerde ist daher zulässig. Sie ist aber nicht begründet.

5.2. Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderen Gründen nicht bloß kurzfristig in Haft (§ 41 Abs.2 leg.cit.).

Hat der Fremde einen Zustellungsbevollmächtigten, so gilt die Zustellung des Schubhaftbescheides auch in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem die Ausfertigung dem Fremden tatsächlich zugekommen ist. Die Zustellung einer weiteren Ausfertigung an den Zustellungsbevollmächtigten ist in diesen Fällen unverzüglich zu veranlassen (§ 41 Abs.3 leg.cit.).

Im Grunde dieser Gesetzesbestimmungen ist daher die behauptete Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides unzutreffend. Vielmehr war im Sinne der Gesetzesstelle mit einem Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG vorzugehen, da sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides nicht in Haft befunden hat, und daher schon ex lege eine Gefahr im Verzug und die Notwendigkeit der Erlassung eines Mandatsbescheides gegeben war. Was jedoch die behauptete mangelhafte Begründung anlangt, so liegt es schon im Wesen des Mandatsverfahrens, welches ohne weiteres Ermittlungsverfahren durchgeführt wird, daß an einen Mandatsbescheid nur vergleichsweise niedrigere Anforderungen hinsichtlich der Begründung gestellt werden dürfen. Es geht aber dem Bescheid eindeutig der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung der Abschiebung, hervor, und wurde dieser Zweck auch kurz und stichhaltig damit begründet, daß sich der Beschwerdeführer trotz eines rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes in Österreich weiterhin aufhält und nicht gewillt ist, das Bundesgebiet zu verlassen. Dies entspricht dem § 41 Abs.1 FrG.

Auch ist der Bescheid rechtswirksam erlassen worden, dh daß der Bescheid dem Beschwerdeführer gemäß dem Zustellgesetz zugestellt bzw. seinem Rechtsfreund im Grunde des zitierten § 41 Abs.3 FrG zugestellt wurde. Es haftete daher entgegen den Beschwerdebehauptungen dem Schubhaftbescheid keine Rechtswidrigkeit an.

5.3. Soweit sich die Beschwerde gegen die Inhaftnahme bzw. Anhaltung in Haft richtet, so ist den Beschwerdegründen entgegenzuhalten, daß die Sicherung der Abschiebung des Beschwerdeführers erforderlich war.

Gemäß § 88 Abs.3 FrG gelten nämlich Aufenthaltsverbote, deren Gültigkeitsdauer bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes noch nicht abgelaufen sind, als nach diesem Bundesgesetz erlassene Aufenthaltsverbote mit derselben Gültigkeitsdauer. Gemäß § 88 Abs.6 FrG behalten Bescheide, mit denen nach dem Fremdenpolizeigesetz die Vollstreckung eines Aufenthaltsverbotes aufgeschoben wurde, ihre Gültigkeit bis zum festgesetzten Zeitpunkt.

Aufgrund dieser Gesetzesstellen war auch im Zeitraum bis zur Inhaftierung des Beschwerdeführers von einem rechtskräftigen und vollstreckbaren Aufenthaltsverbot auszugehen, zumal ein Vollstreckungsaufschub mit 31.12.1992 abgelaufen ist. Es hat der Beschwerdeführer durch sein Verhalten selbst gezeigt, daß er von sich aus nicht gewillt ist, das Bundesgebiet zu verlassen. So hat der durch seinen beigebrachten Nachweis einer Beschäftigung seit dem 14.12.1992 sowie durch die Aufenthaltnahme bei seiner Ehegattin gezeigt, daß er auch weiterhin in Österreich bleiben wolle und sich daher dem Aufenthaltsverbot widersetzen werde. Da daher die Ausreise des Beschwerdeführers nicht gesichert war, war daher eine Überwachung der Ausreise des Beschwerdeführers im Sinn des § 48 Abs.3 FrG notwendig. Dazu diente die verhängte und anhaltende Schubhaft. Diese dauerte vom 8.1.1993 bis zum 12.1.1993 und entsprach daher dem Gebot des § 48 Abs.1 FrG, wonach die Schubhaft so kurz wie möglich dauern soll. Im Sinne dieses Gebotes wurde sie daher im kürzest möglichen Zeitraum zur Zweckerreichung (Abschiebung) vollzogen.

5.4. Wenn sich hingegen die Beschwerde auf einen Antrag auf Vollstreckungsaufschub stützt, so ist dazu auszuführen, daß einerseits ein solcher noch bis zum 31.12.1992 gültig war, während ab 1.1.1993 aufgrund der neuen Rechtslage ein Vollstreckungsaufschub nicht mehr erteilt werden konnte. Andererseits handelte es sich nach dem FrPG um eine "Kann"-Bestimmung, welcher zufolge aus triftigen Gründen ein Aufschub gewährt werden kann. Solche triftigen Gründe wurden aber von der belangten Behörde nicht als zutreffend angenommen. Die weitere Überprüfung dieses Verwaltungsverfahrens obliegt aber nicht dem unabhängigen Verwaltungssenat.

5.5. Da sich die Beschwerdebehauptungen als nicht zutreffend erwiesen haben und daher im Rahmen der Beschwerdepunkte (§ 52 Abs.4 Satz 2 FrG), keine Rechtswidrigkeit festzustellen war, war daher spruchgemäß die Beschwerde abzuweisen.

6. Gemäß § 79a AVG steht nur der obsiegenden Partei der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu. Da die Beschwerde erfolglos geblieben ist, war der Kostenantrag des Beschwerdeführers abzuweisen.

Da die belangte Behörde ebenfalls Kostenersatz begehrt hat, sind gemäß dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. September 1991, Zl. 91/90/0162/7, die Bestimmungen der §§ 47ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandersätze vor dem Verwaltungsgerichtshof analog heranzuziehen, wobei unter Bedachtnahme auf den Grundsatz einer Abstufung des Kostenersatzes im Verfahren entsprechend der Unter- bzw. Überordnung der angerufenen Behörden und der damit verbundenen verschiedenartigen Mühewaltung die angeführten Pauschalsätze um ein Drittel zu kürzen sind. Es ergibt sich daher ein Vorlageaufwand von 337 S und ein Schriftsatzaufwand von 1.687 S (jeweils gerundet), also insgesamt ein Betrag von 2.024 S. Das Mehrbegehren war daher abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage: Akt Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t 6

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