Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400186/2/Gf/Hm

Linz, 05.03.1993

VwSen-400186/2/Gf/Hm Linz, am 5. März 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde des N dzt. Polizeigefangenenhaus Linz, vertreten durch RA Dr. J, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 52 Abs. 2 i.V.m. § 52 Abs. 4 des Fremdengesetzes und i.V.m. § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 52 Abs. 4 des Fremdengesetzes wird festgestellt, daß zum gegenwärtigen Zeitpunkt die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Der Beschwerdeführer ist gemäß § 79a AVG verpflichtet, der belangten Behörde die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Kosten in Höhe von 2.033,33 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, ist am 18. Juli 1990 von Ungarn aus kommend unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet eingereist, ohne im Besitz eines gültigen Reisedokumentes oder eines österreichischen Sichtvermerkes zu sein.

1.2. Am 3. August 1990 hat der Beschwerdeführer einen Asylantrag gestellt; dieser wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 19. November 1990, Zl.

FrA-3166/90, abgewiesen. Die dagegen rechtzeitig erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. Juli 1992, Zl. 4301611/2-III/13/91, ebenfalls abgewiesen. Einer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof zwar zunächst die aufschiebende Wirkung zuerkannt (VwGH v. 17. September 1992, Zl. AW92/01/0139), diese jedoch dann in der Sache mit Erkenntnis vom 5. November 1992, Zl. 92/01/0796, abgewiesen.

1.3. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 15. März 1991, Zl. Fr-73162, wurde dem Beschwerdeführer eine bis zum 31. August 1991 befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt; diese wurde in der Folge erstmals bis zum 31. März 1992 sowie nochmals bis zum 30. September 1992 verlängert.

1.4. Am 15. Dezember 1992 hat sich der Beschwerdeführer von seinem bisherigen Wohnsitz in der S, mit unbekanntem neuen Aufenthalt abgemeldet.

1.5. Mit dem seinem damaligen Rechtsvertreter zugestellten Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 10. Februar 1992, Zl. Fr-73162, wurde der Beschwerdeführer zu einer fremdenpolizeilichen Befragung vorgeladen; sein damaliger Rechtsvertreter teilte daraufhin mit, daß ihm der gegenwärtige Aufenthalt seines Klienten nicht bekannt sei.

1.6. Das Bundesasylamt (Außenstelle Linz) teilte der Bundespolizeidirektion Linz am 10. Februar 1992 mit, daß sich der Beschwerdeführer dort bezüglich einer weiteren Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz erkundigt hätte. Über Auftrag der Bundespolizeidirektion Linz wurde der Beschwerdeführer am 25. Februar 1993 am Sitz des Bundesasylamtes festgenommen. Zu diesem Zeitpunkt besaß der Beschwerdeführer Barmittel in Höhe von 96 S.

1.7. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 25. Februar 1993, Zl. Fr-73162, wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 41 Abs. 1 des Fremdengesetzes, BGBl.Nr. 838/1992 (im folgenden: FrG), iVm § 57 AVG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bzw. einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt und durch Überstellung in das Polizeigefangenenhaus Linz sofort vollzogen.

1.8. Mit dem am 26. Februar 1993 unmittelbar bei der Bundepolizeidirektion Linz eingebrachten Schriftsatz hat der Beschwerdeführer ua. auch eine Schubhaftbeschwerde erhoben.

2.1. Im oben unter 1.7. angeführten Schubhaftbescheid führt die belangte Behörde begründend aus, daß sich der Beschwerdeführer zumindest seit dem 21. Dezember 1992 (Datum der Zustellung des oben unter 1.2. angeführten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes) unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte sowie daß er mittellos, polizeilich nicht gemeldet und auch nicht im Besitz eines Reisepasses sei; um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder um eine Ausweisung oder Abschiebung zu sichern, sei daher die Schubhaft zu verhängen gewesen.

2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer vor, daß er aktives Mitglied der in der Türkei verbotenen PKK-Partei sei und im Falle einer Abschiebung in sein Heimatland die Todesstrafe zu gewärtigen hätte. Außerdem sei ihm der Asylbescheid des Bundesministers für Inneres nicht zugestellt worden, sodaß er tatsächlich keine Kenntnis vom negativen Ausgang seines Asylverfahrens hätte nehmen können; aus diesem Grund habe er auch neuerlich eine Verlängerung seiner vorläufigen Aufenthaltsberechtigung beantragen wollen, bei welcher Gelegenheit er rechtswidrig festgenommen worden sei. Zudem liege die Verhängung der Schubhaft auch nicht im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe.

Aus allen diesen Gründen wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Anhaltung in Schubhaft beantragt.

2.3. Die belangte Behörde hat die bezughabenden Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der vorliegenden Beschwerde beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz zu Zl. Fr73162; da aus diesem der Sachverhalt in Verbindung mit dem Beschwerdevorbringen hinreichend geklärt erschien, konnte gemäß § 52 Abs. 2 Z. 1 FrG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. Über die vorliegende Beschwerde hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Zu den Prozeßvoraussetzungen:

4.1.1. Nach § 51 Abs. 1 FrG hat derjenige, der unter Berufung auf das FrG angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides oder der Anhaltung anzurufen.

Der Anhaltung des Beschwerdeführers liegt ein gemäß § 41 Abs. 2 FrG - wonach die Schubhaft mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen ist - erlassener Bescheid zugrunde. Da sich die im Zeitpunkt der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates noch andauernde Anhaltung des Beschwerdeführers damit offensichtlich auf das FrG stützt, ist die vorliegende Beschwerde somit zulässig.

4.1.2. Im Falle einer noch andauernden Anhaltung hat der unabhängige Verwaltungssenat gemäß § 52 Abs. 4 FrG jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen; im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

4.2. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:

Gemäß § 41 Abs. 1 FrG können Fremde festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern.

4.2.1. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, daß er vom negativen Ausgang seines Berufungsverfahrens gegen den oben unter 1.2. angeführten abweisenden Asylbescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich keine Kenntnis erlangt habe, ist offenkundig schon deshalb tatsachenwidrig, weil er gegen diesen Berufungsbescheid des Bundesministers für Inneres selbst (wenn auch durch seinen damaligen ausgewiesenen Rechtsvertreter) Beschwerde an den Verwaltungsgerchtshof erhoben hat, was notwendig eine rechtswirksame Zustellung und Kenntnisnahme vom Inhalt des letztinstanzlichen Bescheides voraussetzt.

Tatsächlich ist der Beschwerdeführer, dem der oben unter 1.2. angeführte abweisende Berufungsbescheid des Bundesminsters für Inneres nach seinem eigenen Vorbringen in der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde am 10. Juli 1992 zugestellt wurde womit rechtskräftig feststand, daß ihm unmittelbar aufgrund des Asylgesetzes keine Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet zukommt -, seit dem 1. Oktober 1992, also dem auf dem Ablauf der ihm oben unter 1.3. angeführten, bescheidmäßig erteilten vorläufigen Aufenthaltsberechtigung, nicht mehr zum Aufenhalt in Österreich legitimiert.

Im übrigen kommt dieser Frage im Hinblick auf die dem Oö. Verwaltungssenat allein obliegende Beurteilung der materiellen Rechtmäßigkeit der Schubhaft, für die gemäß § 41 Abs. 1 FrG nur das Vorliegen eines Sicherungsinteresses maßgeblich ist, ohnehin keine unmittelbare (siehe aber unten, 4.3.1.) Bedeutung zu.

4.2.2. Gleiches gilt für das Vorbringen des Beschwerdeführers, daß eine allfällige Abschiebung in seinen Heimatstaat dem Gebot des § 37 FrG widersprechen würde. Abgesehen davon, daß zum gegenwärtigen Zeitpunkt überhaupt noch nicht erkennbar ist, ob der Beschwerdeführer tatsächlich und bejahendenfalls in welchen Staat er abgeschoben werden wird, sieht das FrG hiefür eigenständige, nicht im Rahmen einer Schubhaftbeschwerde, sondern getrennt von dieser geltendzumachende Rechtsbehelfe - wie etwa einen Feststellungsantrag gemäß § 54 FrG (den der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall auch tatsächlich gestellt hat) -, vor.

4.2.3. Aus denselben Gründen kommt im Hinblick auf § 41 Abs. 1 FrG auch dem Vorbringen des Beschwerdeführers, ob bzw. daß seine Anhaltung in Schubhaft nicht dem Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe diene, für die gegenständliche Entscheidung keine Bedeutung zu.

4.2.4. Die vorliegende, auf die dargestellten Beschwerdepunkte eingegrenzte Schubhaftbeschwerde war daher gemäß § 52 Abs. 2 FrG i.V.m. § 52 Abs. 4 zweiter Satz FrG und i.V.m. § 67c Abs. 3 AVG abzuweisen.

4.3. Zur Rechtmäßigkeit der Fortsetzung der Schubhaft:

4.3.1. Der Beschwerdeführer hält sich, wie bereits oben unter 4.2.1. dargetan, seit dem 1. Oktober 1992 widerrechtlich im Bundesgebiet auf. Durch die neuerliche Stellung eines Antrages auf Gewährung einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung, obwohl sein Asylverfahren bereits rechtskräftig abgeschlossen ist, dokumentiert der Beschwerdeführer, daß er keineswegs gewillt ist, das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen. Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführer zudem niederschriftlich davon in Kenntnis gesetzt, daß sie beabsichtigt, gegen ihn ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot zu erlassen (vgl. die im Akt erliegende Niederschrift der Bundespolizeidirektion Linz vom 25. Februar 1992, Zl. Fr-73162, S. 3). Über einen ordentlichen Wohnsitz im bundesgebiet verfügt der Beschwerdeführer nicht.

Bei dieser Sachlage erscheint aber die Prognose, daß der Beschwerdeführer - wäre er in Freiheit - im nunmehrigen Wissen um die Setzung fremdenpolizeilicher Maßnahmen gegen ihn sich diesen zu entziehen oder diese zumindest zu erschweren versuchen wird, als naheliegend (vgl. auch VwGH v. 4. September 1992, Zl. 92/18/116).

4.3.2. Erweist sich damit aber die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft als notwendig, um die Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes im Wege der Abschiebung des Beschwerdeführers zu sichern (nur auf diesen Sicherungszweck kommt es nach § 41 Abs. 1 FrG an; anderen öffentlichen Interessen wie der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder der Verhinderung eines strafbaren Verhaltens des Fremden kommt im Gegensatz zur früheren Rechtslage bei der Verhängung der Schubhaft keine Bedeutung mehr zu, sodaß entgegen der von der belangten Behörde im Schubhaftbescheid und in der Gegenschrift vertretenen Auffassung bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Schubhaftverhängung nicht primär auf die finanziellen und/oder die Wohnsitzverhältnisse des Beschwerdeführers abzustellen ist), so war gemäß § 52 Abs. 1 erster Satz FrG festzustellen, daß zum gegenwärtigen Zeitpunkt die maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis (s.o., 4.2.4.) war der belangten Behörde als obsiegender Partei gemäß § 79a AVG der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten in Höhe von zwei Drittel des im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gebührenden Pauschalkostenersatzes für den Aktenvorlage- und den Schriftsatzaufwand, d.s. insgesamt 2.033,33 S (vgl. z.B. VwGH v. 23. September 1991, Zl. 91/19/0162), zuzusprechen.

Das Begehren des im Verfahren unterlegenen Beschwerdeführers auf Kostenersatz war hingegen abzuweisen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den Oö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f 6

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