Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400195/2/Kl/Rd

Linz, 04.05.1993

VwSen - 400195/2/Kl/Rd Linz, am 4. Mai 1993 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Beschwerde des O, vertreten durch RA Dr. W, wegen Festnahme und Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird gleichzeitig festgestellt, daß die weitere Anhaltung in Schubhaft rechtmäßig ist.

Rechtsgrundlagen: § 51 Abs.1 und § 52 Abs.1, 2 und 4 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl.Nr. 838/1992, iVm § 67c Abs.1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG.

II. Der Kostenersatzantrag des Beschwerdeführers wird abgewiesen.

Rechtsgrundlagen: §§ 74 und 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 22.4.1993, beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 28.4.1993, wurde Beschwerde gegen die Festnahme und weitere Anhaltung in Schubhaft erhoben und beantragt, den Schubhaftbescheid als rechtswidrig aufzuheben bzw. die Festnahme und die weitere Anhaltung für rechtswidrig zu erklären; weiters wurde Kostenersatzantrag begehrt. Begründend wurde ausgeführt, daß der Beschwerdeführer als Angehöriger der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien am 15.9.1991 in das Bundesgebiet eingereist ist und bereits am 18.9.1991 um politisches Asyl angesucht hat, welches aber abgewiesen wurde. Trotz Ansuchens um Ausstellung eines Personaldokumentes bzw. Reisepasses beim Generalkonsulat in Salzburg wurde die Ausstellung eines Passes verweigert. Die Inhaftnahme aufgrund des rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens und des Nichtvorhandenseins eines Sichtvermerkes sei insofern rechtswidrig, da ja für einen Sichtvermerk ein Reisedokument benötigt wird. Weiters sei der Beschwerdeführer von 2.2.1993 bis 1.4.1993 ordentlich polizeilich gemeldet und lebe daher nicht als U-Boot in Österreich. Verfüge er auch derzeit über keine eigenen Mittel, so sei doch sein Bruder, wh. in Gallspach, rechtmäßig beschäftigt und könne für ihn garantieren. Auch könnte er bei einem weiteren Bruder, welcher Arbeitslosengeld beziehe, wohnen. Es werde daher eine eingehende Prüfung bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes erforderlich sein.

2. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf als belangte Behörde legte die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt vor und teilte in einer Stellungnahme vom 26.4.1993 mit, daß der Beschwerdeführer selbst am 14.4.1993 zu Protokoll gegeben habe, daß er einen Reisepaß deshalb nicht bekommen habe, weil er sich dem Wehrdienst in Jugoslawien entzogen hat. Auch wurde bisher kein Sichtvermerksantrag gestellt. Trotz der polizeilichen Meldung habe der Beschwerdeführer sich bereits 2 Monate nicht mehr dort aufgehalten und war auch kein anderer Aufenthalt bekannt. Es habe sich der Beschwerdeführer seit dem Abschluß des Asylverfahrens permanent den österreichischen Sicherheitsbehörden entzogen, weshalb die Schubhaft zu verhängen war. Es wurde daher die Abweisung der Beschwerde beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den vorgelegten Verwaltungsakt Einsicht genommen und festgestellt, daß der Sachverhalt in den wesentlichen entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gemäß § 52 Abs.2 Z1 FrG unterbleiben.

4. Es ergibt sich im wesentlichen folgender der Entscheidung zugrundegelegter Sachverhalt:

4.1. Der Beschwerdeführer stammt aus dem Kosovo und ist am 15.9.1991 über die grüne Grenze nach Österreich eingereist, wo er sich bis zum 16.3.1992 in Bundesbetreuung befand. Bereits am 18.9.1991 stellte der Beschwerdeführer einen Asylantrag, welcher sowohl von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich als auch dem Bundesministerium für Inneres mit Bescheid vom 30.9.1992 abgewiesen wurde, da der Antragsteller keiner konkreten Verfolgung ausgesetzt war. Dieser Bescheid wurde mit 7.10.1992 rechtskräftig. Seit diesem Zeitpunkt verfügt der Beschwerdeführer über keine Aufenthaltsberechtigung. Auch wurde kein Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerkes gestellt.

4.2. Mit Schreiben des Generalkonsulates der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien in Salzburg vom 30.12.1992 wird bestätigt, daß der Beschwerdeführer einen Antrag auf Ausstellung eines Reisepasses gestellt hat. Ein Dokument wurde aber bislang nicht ausgefolgt.

Der Beschwerdeführer war nachweislich vom 14.5.1992 bis 25.1.1993 in Ried, Schillerstraße 35, polizeilich gemeldet. Vom 2.2.1993 bis 1.4.1993 ist er in M, gemeldet, ohne sich dort in den letzten 2 Monaten vor seiner Inhaftnahme tatsächlich aufgehalten zu haben. Aktenkundig hat sich der Beschwerdeführer auch an der Voradresse nicht aufgehalten.

4.3. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 14.4.1993 wurde der Beschwerdeführer in Schubhaft genommen, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zu sichern. Begründend wurde ausgeführt, daß er sich seit der Abweisung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und auch nicht am Aufenthaltsort an der Anschrift des Bruders in Gallspach gemeldet ist. Auch verfüge er über kein Reisedokument und kein Einkommen. Es sei daher zu befürchten, daß er sich den fremdenpolizeilichen Maßnahmen entziehen werde. Die Übernahme des Bescheides wurde vom Beschwerdeführer verweigert; der Bescheid wurde aber am selben Tage wirksam.

Der Beschwerdeführer wurde am 14.4.1993 um 12.10 Uhr festgenommen und zur weiteren Anhaltung um 14.00 Uhr in das Gefangenenhaus der Bundespolizeidirektion Steyr eingeliefert und seither dort angehalten.

Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 14.4.1993 gab der Beschwerdeführer bekannt, daß er einen Reisepaß deshalb nicht bekomme, weil er sich dem Wehrdienst in Jugoslawien entzogen habe.

4.4. Über Anfrage der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen an die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich teilt diese im Schreiben vom 20.4.1993 unter Hinweis auf den Asylbescheid des Bundesministeriums für Inneres vom 30.9.1992 mit, daß der Beschwerdeführer keiner konkreten Verfolgung ausgesetzt ist, da die Verweigerung der Ableistung des Militärdienstes keine Verfolgung im Sinne der Konvention darstellt und sogar eine Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung rechtfertige. Stichhaltige Gründe im Sinn des § 37 Abs.1 FrG liegen daher nicht vor.

5. Es hat daher der unabhängige Verwaltungssenat hierüber erwogen:

5.1. Gemäß § 51 Abs.1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl.Nr. 838/1992, hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 leg.cit.).

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (§ 52 Abs.4 leg.cit.).

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde die Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides sowie die Rechtswidrigkeit der weiteren Anhaltung behauptet. Die Beschwerde ist rechtzeitig. Auch die übrigen Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt. Die Beschwerde ist daher zulässig. Sie ist aber nicht begründet.

5.2. Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen.

5.3. Der der Haft zugrundeliegende Schubhaftbescheid stützt sich im wesentlichen auf den unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet seit der rechtskräftigen Abweisung des Asylantrages mit 7.10.1992, sowie auf die Tatsache, daß sich der Beschwerdeführer an seinem gemeldeten Wohnsitz nicht aufhielt und an seinem tatsächlichen Aufenthalt nicht behördlich gemeldet ist. Auch hat er seinen tatsächlichen Aufenthalt der Behörde nicht bekanntgegeben. Auch verfügt der Beschwerdeführer über kein Reisedokument bzw. Personaldokument und hat er nicht um einen Sichtvermerk angesucht.

Diesen Ausführungen der belangten Behörde ist zuzustimmen. Insbesondere ist auf Grund dieser Tatsachen davon auszugehen, daß sich der Beschwerdeführer nicht der österreichischen Rechtsordnung unterwerfen wird, nicht freiwillig das Bundesgebiet verlassen wird, und sich auch den fremdenpolizeilichen Maßnahmen entziehen wird. Dies kam auch dadurch zum Ausdruck, daß er aktenkundig schon mehrmals von den Fremdenpolizeibehörden gesucht wurde und an den von ihm polizeilich gemeldeten Wohnsitzen nicht aufhältig war. Es war daher davon auszugehen, daß sich der Beschwerdeführer als U-Boot im Bundesgebiet Österreich aufhalten werde. Es war daher zur Sicherung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes die Anordnung der Schubhaft und Festnahme des Beschwerdeführers gerechtfertigt. Eine Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides konnte daher nicht festgestellt werden.

5.4. Hinsichtlich der weiteren Anhaltung ist auszuführen, daß eine weitere Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes jedenfalls erforderlich ist. Im übrigen hat die Schubhaft gemäß § 48 FrG so kurz wie möglich zu dauern. Sie darf nur so lang aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Insgesamt darf sie nicht länger als 2 Monate dauern (§ 48 Abs.1 und Abs.2 leg.cit.). Im Sinne dieser Bestimmung ist der Grund der Inhaftnahme jedenfalls noch gegeben. Weiters ist der belangten Behörde nicht vorzuwerfen, daß die Anhaltung in Schubhaft ungerechtfertigt lang dauert. Insbesondere ist aus der Aktenlage ersichtlich, daß die belangte Behörde den geltend gemachten Verfolgungsgründen bzw. den Gründen für die Nichtausfolgung eines Reisedokumentes nachweislich nachgegangen ist und offenkundige Gründe nach § 37 FrG nicht festgestellt werden konnten.

Was jedoch die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers anlangt, so werden diese Fakten im Rahmen des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes von der belangten Behörde näher zu überprüfen sein. Diese Fakten sind im Schubhaftverfahren nicht zu prüfen.

Sofern in der Beschwerde das Untertauchen des Beschwerdeführers bestritten wird, weil er bei einem seiner Brüder in Gallspach wohnen könne, so ist dem Argument entgegenzuhalten, daß die bisherige Verhaltensweise des Beschwerdeführers gezeigt hat, daß er nicht gewillt ist, sich der österreichischen Rechtsordnung zu beugen und sich an dem Wohnsitz behördlich zu melden, an dem er tatsächlich seinen Aufenthalt nimmt. Vielmehr hat er gezeigt, daß er durch "Scheinwohnsitze", an denen er sich tatsächlich nicht aufhielt, die Behörde bzw. den Zugriff der Behörde umgehen will. Auch ist aufgrund der Verhaltensweise des Beschwerdeführers nicht zu erwarten, daß er das Bundesgebiet verlassen werde.

Es konnte daher weder in der Festnahme noch in der weiteren Anhaltung ein rechtswidriges Handeln der belangten Behörde festgestellt werden. Im Grunde dieses Verfahrensergebnisses war daher auch spruchgemäß die weitere Anhaltung in Schubhaft als nicht rechtswidrig festzustellen.

5.5. Im übrigen wird auf die jüngste Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach die Einreise ohne den erforderlichen Sichtvermerk und der nachfolgende unrechtmäßige Aufenthalt neben einem strafbaren Verhalten nach dem Paßgesetz, Fremdengesetz und Meldegesetz schon jedenfalls auch die Annahme berechtigen, daß sich der Beschwerdeführer dem behördlichen Zugriff entziehen werde, um die Erlassung und Vollstreckung eines Aufenthaltsverbotes gegen ihn zu verhindern oder zumindest erheblich zu erschweren (Erk. vom 14.4.1993, Zl. 93/18/0064/5).

6. Gemäß § 79a AVG steht nur der obsiegenden Partei der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu. Da die Beschwerde erfolglos geblieben ist, war der Kostenantrag des Beschwerdeführers abzuweisen.

Die belangte Behörde hat hingegen keinen Kostenersatzantrag gestellt, sodaß keine weitere Kostenentscheidung erforderlich war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig. Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t 6

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