Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400206/3/Kl/Fb

Linz, 05.08.1993

VwSen - 400206/3/Kl/Fb Linz, am 5. August 1993 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Beschwerde der S, afghanische Staatsangehörige, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird gleichzeitig festgestellt, daß die zum Zeitpunkt der Entscheidung für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Anhaltung rechtmäßig ist.

Rechtsgrundlagen: § 51 Abs.1 und § 52 Abs.1, 2 und 4 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl.Nr. 838/1992, iVm § 67c Abs.1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG.

II. Der Kostenersatzantrag des Beschwerdeführers wird abgewiesen. Der Beschwerdeführer hat der belangten Behörde (dem Bund) die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Höhe von 2.024 S binnen 14 Tagen ab der Zustellung bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen: §§ 74 und 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 30. Juli 1993, beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 2. August 1993, wurde Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz erhoben und beantragt, festzustellen, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die weitere Anhaltung in Schubhaft nicht vorliegen und die weitere Anhaltung in Schubhaft gesetzwidrig ist, und die unverzügliche Enthaftung anzuordnen, sowie der Beschwerdeführerin (im folgenden kurz: Bf) z.Hd. des Beschwerdeführervertreters den verzeichneten Kostenersatz zu Lasten des Bundes zuzusprechen. Die Beschwerde wurde damit begründet, daß die Anhaltung in Schubhaft iSd § 41 FrG nicht notwendig sei, um die Abschiebung sicherzustellen. Es wird eine Wohnungsbestätigung der Wohnungsgenossenschaft LAWOG über einen ausreichenden Wohnraum zur Verfügung gestellt und ebenfalls eine Verpflichtungserklärung. Weiters wurde das Rückschiebungsverbot gemäß §§ 37 und 54 FrG geltend gemacht, da der Bf aufgrund der politischen Gesinnung unmittelbare und dringende politische Verfolgung bei ihrer Rückkehr in ihre Heimat drohe. Auf das Vorbringen im Asylverfahren und Feststellungsverfahren wird hingewiesen.

2. Die Bundespolizeidirektion Linz als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und in einer Stellungnahme vom 3. August 1993 mitgeteilt, daß mit Bescheid vom 14.7.1993 gegen die Bf bereits bescheidmäßig eine Ausweisung verfügt wurde, welche auch von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich bestätigt wurde. Im übrigen wurde mit Bescheid vom 16.7.1993 festgestellt, daß die Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist. Es wurde auch bereits am 14.7.1993 bei der afghanischen Botschaft in Wien die Ausstellung eines Heimreisezertifikates beantragt. Es werde daher nach wie vor die Ansicht vertreten, daß die Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist, weshalb auch die weitere Anhaltung in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung geboten ist, woran auch das Vorhandensein eines Verpflichters und einer Unterkunft nichts zu ändern vermag. Es wurde daher beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den vorgelegten Verwaltungsakt Einsicht genommen und festgestellt, daß der Sachverhalt in den wesentlichen entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gemäß § 52 Abs.2 Z1 FrG unterbleiben.

4. Es ergibt sich im wesentlichen folgender der Entscheidung zugrundegelegter Sachverhalt:

4.1. Die Bf ist afghanische Staatsangehörige und ist am 7. Juli 1993 mit Hilfe eines Schleppers illegal - ohne Reisedokument und ohne gültigen Sichtvermerk - nach Österreich eingereist und hielt sich illegal im Bundesgebiet auf. Am Einreisetag stellte sie einen Asylantrag beim Bundesasylamt, Außenstelle Linz, welcher nach einer Einvernahme mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 8. Juli 1993 gemäß § 3 des Asylgesetzes 1991 abgewiesen wurde. Einer allfälligen Berufung wurde die aufschiebende Wirkung gemäß § 64 Abs.2 AVG im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr in Verzug aberkannt. Dagegen hat die Bf Berufung an den Bundesminister für Inneres erhoben. Nach der Bescheidbegründung liegt auch der Ausschließungsgrund gemäß § 2 Abs.2 Z3 Asylgesetz 1991 vor.

4.2. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 8. Juli 1993 wurde über die Bf gemäß § 41 Abs.1 des FrG in Anwendung des § 57 AVG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bzw einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt. Als Begründung wurde die Einreise ohne Dokument und ohne gültigen Sichtvermerk, der illegale Aufenthalt im Bundesgebiet, die Mittellosigkeit und der fehlende Wohnsitz angeführt. Dieser Bescheid wurde noch am selben Tage von der Bf persönlich übernommen und durch die Festnahme in Vollzug gesetzt. Am 9. Juli 1993 wurde die Bf unter Beiziehung eines geeigneten Dolmetschers zur Sache vernommen und über die Absicht der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes belehrt. Auch wurde die Bf über die Möglichkeit eines Feststellungsantrages nach § 54 FrG aufmerksam gemacht, worauf ein solcher Antrag mündlich im Hinblick auf eine Rückschiebung in den Heimatstaat Afghanistan gestellt wurde. Daraufhin wurde der belangten Behörde die rechtsfreundliche Vertretung bekanntgegeben und eine Verpflichtungserklärung für den Unterhalt und über eine Wohnmöglichkeit vorgelegt. Die Wohnmöglichkeit wurde auch über Auftrag der belangten Behörde überprüft. In einer weiteren Einvernahme am 14.7.1993 wurde der Bf die Erlassung der Ausweisung und die Abschiebung in ihr Heimatland bekanntgegeben. Am selben Tage wurde bei der Botschaft der Republik Afghanistan in Wien die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für die Bf beantragt. Die Bf selbst verweigerte die Beantragung eines Heimreisezertifikates.

4.3. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 14.7.1993 wurde gemäß § 17 Abs.2 Z6 des FrG gegen die Bf die Ausweisung ausgesprochen. Es wurde darin auch festgestellt, daß ein Asylantrag abgewiesen wurde, eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Asylgesetz nicht erteilt wurde und der Bf auch gemäß § 7 Asylgesetz keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zukommt. Es wurde die Bf auch hingewiesen, daß sie unverzüglich auszureisen hat.

4.4. Mit Strafverfügung vom 14.7.1993 wurden von der Bundespolizeidirektion Linz Geldstrafen wegen Übertretungen nach dem FrG und dem Grenzkontrollgesetz verhängt. Einer Berufung gegen den Ausweisungsbescheid wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 26. Juli 1993 keine Folge gegeben. Es ist daher die Ausweisung formell rechtskräftig.

4.5. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 16. Juli 1993 wurde gemäß § 54 Abs.1 FrG festgestellt, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestehen, daß die Bf in Afghanistan gemäß § 37 Abs.1 oder 2 FrG bedroht ist. Es wurde festgestellt, daß ihre Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist.

5. Es hat daher der unabhängige Verwaltungssenat hierüber erwogen:

5.1. Gemäß § 51 Abs.1 des FrG, BGBl.Nr. 838/1992, hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 leg.cit.).

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (§ 52 Abs.4 leg.cit.).

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde die Rechtswidrigkeit der weiteren Anhaltung behauptet. Die Beschwerde ist rechtzeitig. Auch die übrigen Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt. Die Beschwerde ist daher zulässig. Sie ist aber nicht begründet.

5.2. Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen.

5.3. Der der Haft zugrundeliegende Schubhaftbescheid wurde zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bzw einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung erlassen und stützt sich im wesentlichen auf die unrechtmäßige Einreise und den unrechtmäßigen Aufenthalt in Österreich, die Mittellosigkeit und Unterkunftslosigkeit der Bf. Diese Gründe reichen für die Inschubhaftnahme aus und es haftet daher dem Vorgehen der belangten Behörde keine Rechtswidrigkeit an. Dies gilt aber auch für eine weitere Anhaltung in Schubhaft, da der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, daß schon allein die unrechtmäßige Einreise und der weitere unrechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet - eine Aufenthaltsberechtigung kommt der Bf weder nach dem Fremdenpolizei- noch nach dem Asylrecht zu - für eine unbedenkliche Schlußfolgerung ausreiche, um die Notwendigkeit der Inschubhaftnahme zu begründen (vgl VwGH vom 17. Juni 1993, Zl. 93/18/0078 und vom 14.4.1993, Zl. 93/18/0064). Die Anhaltung in Schubhaft diente der Erlassung einer Ausweisung, welche auch formell rechtskräftig wurde. Im übrigen ist sie auch gemäß § 17 Abs.3 FrG durchsetzbar. Es traf daher die Bf mit der Erlassung der Ausweisung die Pflicht, unverzüglich auszureisen. Daß die Bf aber nicht gewillt ist, aus Österreich auszureisen, bzw in ihr Heimatland freiwillig zu reisen, geht aus dem gesamten Verwaltungsakt hervor bzw ergibt sich dies auch daraus, daß sie nicht gewillt ist, ein Heimreisezertifikat für sich zu beantragen. Es war daher jedenfalls die Sicherung der Ausreise (Abschiebung) erforderlich.

Es sind daher auch zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die maßgeblichen Voraussetzungen für eine weitere Anhaltung der Bf gegeben, weshalb der Anhaltung keine Rechtswidrigkeit anhaftet.

5.4. Zum Beschwerdevorbringen, daß eine Verpflichtungserklärung vorliege bzw. auch ein Nachweis einer Wohnmöglichkeit, ist zu bemerken, daß diese Nachweise nicht geeignet sind, ein ordnungsgemäßes und rechtmäßiges Verhalten der Bf zu gewährleisten. Es folgt daraus auch noch nicht die Berechtigung zum Aufenthalt. Vielmehr muß aus ihrem bisherigen Verhalten bzw aus ihren Angaben, daß sie nicht in ihren Heimatstaat zurückreisen wolle, geschlossen werden, daß sie untertauchen werde und sich den fremdenpolizeilichen Maßnahmen bzw einem fremdenpolizeibehördlichen Zugriff entziehen werde. Es ist daher auch weiterhin die Haft zur Sicherung der Abschiebung das einzige und geeignete Mittel. Im übrigen kann auch das Vorbringen, daß ein Rückschiebungsverbot in die Heimat bestehe, der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Wie nämlich im maßgeblichen Sachverhalt unter Punkt 4 bereits festgestellt wurde, wurde ein Asylantrag der Bf bereits bescheidmäßig abgewiesen, einer Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt und auch sonst eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Asylgesetz nicht erteilt. Im übrigen ist die Bf nicht direkt aus dem Verfolgerstaat eingereist, sodaß ihr auch keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Asylgesetz zukommt. Im übrigen wurde über die von der Bf vorgebrachten Verfolgungsgründe während des Ausweisungsverfahrens gemäß § 54 FrG bescheidmäßig abgesprochen, nämlich daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestehen, daß die Bf in Afghanistan gemäß § 37 Abs.1 oder 2 FrG bedroht ist, und daß ihre Abschiebung nach Afghanistan daher zulässig ist. Gegen diesen Bescheid steht der Bf die Berufung an die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich zu. Weil das FrG - wie eben ausgeführt - ein gesondertes Verfahren zur Feststellung von allfälligen Abschiebungsverboten vorsieht, erachtet es daher der unabhängige Verwaltungssenat - schon allein aus dem Grund, um eine Zuständigkeitskonkurrenz bzw eine Parallelzuständigkeit zu vermeiden - als unzulässig, daß im Fall eines noch anhängigen diesbezüglichen Feststellungsverfahrens auch der unabhängige Verwaltungssenat eine diesbezügliche Entscheidung trifft. Im übrigen verweist die Bf lediglich auf jene Gründe, die auch im Asylverfahren geltend gemacht und für eine positive Asylentscheidung nicht ausreichend erkannt wurden.

5.5. Wie oben dargelegt ist daher eine weitere Anhaltung zur Sicherung der Abschiebung jedenfalls erforderlich. Im übrigen hat die Schubhaft gemäß § 48 FrG so kurz wie möglich zu dauern. Sie darf nur so lange aufrecht erhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Insgesamt darf sie nicht länger als zwei Monate dauern (§ 48 Abs.1 und Abs.2 leg.cit.). Im Sinne dieser Bestimmung ist der Grund der Inhaftnahme jedenfalls noch gegeben. Weiters ist der belangten Behörde nicht vorzuwerfen, daß die Anhaltung ungerechtfertigt lange dauert. Aus der Aktenlage ist ersichtlich, daß die belangte Behörde unverzüglich über geltend gemachte Verfolgungsgründe entschieden hat und auch sonst zügig bestrebt ist, das Verfahren und alle Formalerfordernisse zu erfüllen.

6. Gemäß § 79a AVG steht nur der obsiegenden Partei der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu. Da die Beschwerde erfolglos geblieben ist, war der Kostenantrag der Bf abzuweisen.

Da die belangte Behörde ebenfalls Kostenersatz begehrt hat, sind gemäß dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. September 1991, Zl. 91/90/0162/7, Kosten für den Vorlageaufwand von 373 S und Schriftsatzaufwand von 1.687 S, also insgesamt ein Betrag von 2.024 S, zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t 6

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