Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400218/4/Wei/Shn

Linz, 20.10.1993

VwSen - 400218/4/Wei/Shn Linz, am 20. Oktober 1993 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des I, zuletzt Schubhaft im lg. Gefangenenhaus Ried/Innkreis, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis zu Recht erkannt:

I: Die Beschwerde wird gemäß § 52 Abs.2 Fremdengesetz (BGBl.Nr.838/1992) iVm § 67c Abs.3 AVG als unbegründet abgewiesen.

II: Mangels Antragstellung entfällt ein Kostenzuspruch zugunsten der belangten Behörde gemäß § 52 Abs.2 FrG iVm § 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Der unabhängige Verwaltungssenat geht aufgrund der Aktenlage in Verbindung mit der vorliegenden Beschwerde vom nachstehenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, ist im Februar 1989 von Lagos/Nigeria nach Budapest geflogen. Von Ungarn aus konnte er mit Hilfe eines Sichtvermerkes der österreichischen Botschaft in Budapest vom 9. März 1989, gültig bis 13. März 1989, nach Österreich einreisen. Der Zweck des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich war die Absolvierung eines Studiums an der Technischen Universität Wien. Zu diesem Zwecke legte der Beschwerdeführer eine in englischer Sprache verfaßte Bestätigung der "Faculty of Engineering" der Universität von Benin/Nigeria vom 24. Februar 1989 vor, mit der seine Befähigung für den gewählten akademischen Bereich "ENGINEERING" bescheinigt wurde. Aus einer Bestätigung der Wiener Urania (Volksbildungshaus) vom 16. März 1989 geht hervor, daß der Beschwerdeführer sich für den Kurs Nr. 521/Ia "Deutsch für Ausländer" in der Zeit vom 20. Februar bis 11. Juni 1989 angemeldet hat und die Kursgebühr von S 940,-- erlegt hat. Mit Bescheid der Studienabteilung der Universitätsdirektion der Technischen Universität Wien vom 1. September 1989 wurde der Beschwerdeführer zur Immatrikulation und Inskription als ordentlicher Hörer im Wintersemester 1989/90 für die Studienrichtung Bauingenieurwesen unter der Bedingung zugelassen, daß er ausreichende Deutschkenntnisse nachweisen kann. Für den Fall der unzureichenden Deutschkenntnisse wurde ihm gemäß § 7 Abs.7 AHStG die Ablegung der Hochschul-Sprachprüfung aus Deutsch bis zu Beginn des Wintersemesters 1990/91 aufgetragen. Da die Deutschkenntnisse anläßlich einer Überprüfung am 18. September 1989 für nicht ausreichend angesehen wurden, war der Beschwerdeführer im Wintersemester 1989/90 nur als außerordentlicher Hörer eines Vorstudienlehrganges (zum Nachweis der Deutschkenntnisse) inskribiert. Diese Art der Inskription dauerte bis zum Sommersemester 1991. Ab dem Wintersemester 1991/92 bis zum Sommersemester 1992 war der Beschwerdeführer als außerordentlicher Hörer der gewählten Studienrichtung an der Technischen Universität Wien inskribiert.

Am 21. Mai 1992 hat der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerin Angela Igiebor, geborene Jungwirth, geb. am 11.6.1952, Dieselgasse 11-17/6/3, 1100 Wien, geheiratet. Der Ehe entstammen keine Kinder. Derzeit ist ein Scheidungsverfahren anhängig, in dem mit Urteil des Bezirksgerichts Favoriten, 8 C 42/93 f-4, vom 10. März 1993 die Ehe der Streitteile aus dem Verschulden des beklagten Beschwerdeführers geschieden wurde. Dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig, zumal der Beschwerdeführer offenbar innerhalb der Rechtsmittelfrist Verfahrenshilfe beantragt und ihm mit Beschluß des Bezirksgerichts Favoriten, 8 C 42/93 f-15, vom 18. August 1993 auch die Verfahrenshilfe in vollem Umfang des § 64 ZPO gewährt worden ist.

Abgesehen von der noch aufrechten Ehe bestehen keine anderen familiären Bindungen in der Republik Österreich. Die 70 jährige Mutter des Beschwerdeführers hält sich in Benin City/Nigeria auf. Zwei Brüder des Beschwerdeführers leben in Amerika.

1.2. Der Beschwerdeführer ist während seines Aufenthalts in Österreich mehrfach von Strafgerichten verurteilt worden. Mit Urteil des Strafbezirksgerichts Wien vom 9. Mai 1990 zu AZ 12 U 2.261/90 wurde der Beschwerdeführer wegen des Delikts der Körperverletzung nach § 83 Abs.1 StGB zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen a' S 30,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit zu 25 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt. Am 29. Juli 1992 verurteilte ihn das Landesgericht für Strafsachen in Wien zu AZ 7b EVr 6.802/92, Hv 4.286/92, wegen schweren Betrugs gemäß §§ 146, 147 Abs.2 Z1 und Abs.2, 15 StGB, wegen Urkundenfälschung nach § 223 Abs.1 und Abs.2 StGB und wegen Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs.1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten. Zuletzt widersetzte sich der Beschwerdeführer gewaltsam der von der Fremdenpolizeibehörde Wien für 30. April und 4. Mai 1993 angeordneten Abschiebung, indem er sich am Flughafengelände entkleidete, laut schrie, mit den Füßen gegen Polizeibeamte und die Sitzlehnen im Flugzeug trat, worauf der Flugkapitän die Abschiebung per Flugzeug ablehnte. In weiterer Folge wurde der Beschwerdeführer wegen Sachbeschädigung und Widerstands gegen die Staatsgewalt angezeigt und am 26. Juni 1993 vom Landesgericht für Strafsachen in Wien wegen dieser Delikte nach §§ 125 und 269 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt. Die letzte Strafhaft verbüßte der Beschwerdeführer infolge einer Überstellung seit 6. Juli 1993 im landesgerichtlichen Gefangenenhaus Ried im Innkreis. Die Entlassung aus der Strafhaft erfolgte am 4. Oktober 1993.

Wegen der Verurteilung vom 29. Juli 1992 zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten hat die Bundespolizeidirektion Wien, fremdenpolizeiliches Büro, mit Bescheid vom 7. April 1993, Zl.IV-550.379/FrB/93, gemäß § 18 Abs.1 iVm § 18 Abs.2 Z1 FrG ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

1.3. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis vom 1. Oktober 1993, Zl.Sich-07-5111-1993/Stö, wurde gemäß § 41 Abs.1 und 2 FrG gegen den Beschwerdeführer mit Wirkung seiner Entlassung aus der Strafhaft die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.

1.4. Anläßlich der fremdenpolizeilichen Einvernahme des Beschwerdeführers vom 28. September 1993 durch die belangte Behörde wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, daß er abermals in Schubhaft genommen werde und daß geplant sei, ihn auf dem Luftwege nach Lagos abzuschieben.

Zur beabsichtigten Abschiebung nach Nigeria erklärte der Beschwerdeführer, daß er ernsthaft befürchte, am Flughafen festgenommen, eingesperrt und umgebracht zu werden. Er sei Anfang 1987 einer Studentengemeinschaft beigetreten, die politisch gegen den regierenden Armeegeneral Babangida Ibrahim auftrat. Dieser habe, nachdem er 1984 durch einen Putsch an die Macht gekommen war, Besserungen und vor allem freie Wahlen innerhalb von vier Jahren versprochen, dieses Versprechen jedoch nicht eingehalten. Durch seine Politik werde die Bevölkerung Nigerias unterdrückt und habe sich die Situation zusehends verschlechtert. Die Studentengruppe wollte die Bevölkerung über die leeren Versprechungen des Armeegenerals informieren und Wahlen einfordern. Der Beschwerdeführer nahm 1987 insgesamt an drei Demonstrationen in Lagos, Kano und zuletzt im Mai 1987 in Abuja teil. Einige der Studenten seien aus unerklärlichen Gründen verschwunden. In der Zeitung habe man später lesen können, daß Studenten verhaftet wurden und im Gefängnis an Herzversagen oä verstorben wären. Da General Babangida nach Mitgliedern der Studentengruppe habe suchen lassen, versteckte sich der Beschwerdeführer bis sich die Lage wieder beruhigte bis etwa Mitte 1987. Im folgenden Jahr habe er weder studiert noch ging er sonst einer Beschäftigung nach.

Anfang 1988 wollte der Beschwerdeführer sein technisches Studium an der "Faculty of Engineering" der Universität in Benin City fortsetzen. Nach etwa zwei Monaten habe ihn ein Profossor vor der Zivilpolizei gewarnt, die noch immer nach Mitgliedern der Studentenorganisation suchen würde. Daraufhin habe er sich aus Angst entschlossen, nach Lagos zu gehen, wo er sich dann rund ein Jahr an verschiedenen Orten versteckt aufgehalten habe. Im Februar 1989 flog der Beschwerdeführer dann von Lagos nach Budapest.

1.5. Bei der niederschriftlichen Einvernahme durch die Polizeiabteilung bei der Staatsanwaltschaft der Bundespolizeidirektion Wien vom 19. Mai 1993 zu AZ II-4815/pol.Abt/93 gab der Beschwerdeführer an, daß er in seiner Heimat politisch verfolgt werde und wegen Betruges in Nigeria zehn Monate inhaftiert gewesen wäre. Demgegenüber erklärte er bei seiner Einvernahme vom 28. September 1993, daß er in Nigeria nicht vorbestraft sei und daß die Angabe in der Niederschrift der Bundespolizeidirektion Wien vom 19. Mai 1993 nicht richtig sei. Er sei in Österreich zum erstenmal verhaftet worden. Über Vorhalt, daß er bei der Einvernahme vom 7. April 1993 durch das fremdenpolizeiliche Büro der Bundespolizeidirektion Wien angab, in seiner Heimat weder politisch noch strafrechtlich verfolgt zu werden, erklärte er, daß diese Aussage nicht richtig protokolliert worden wäre. Er habe in Nigeria politische Probleme, weil zweifellos Aufzeichnungen über die Mitglieder der Studentengruppe existierten.

Auch in der Niederschrift vom 7. April 1993, deren Richtigkeit gemäß § 14 Abs.3 AVG wegen Verweigerung der Unterschrift bestätigt werden mußte, widersprach sich der Beschwerdeführer. Während er zunächst erklärte, daß er keinerlei Vermögen und Bargeld besitze, berichtigte er im Nachsatz diese Aussage und behauptete, daß er in der Wohnung seiner Frau noch einen Geldbetrag von US $ 4.000,-- deponiert hätte. Dies erklärte er, nachdem ihm eröffnet worden war, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot gegen ihn zu erlassen und ihn ehebaldigst in seine Heimat abzuschieben. Zur Überprüfung der Angaben wurde der Beschwerdeführer vom Bezirkspolizeikommissariat Favoriten zur ehelichen Wohnadresse Dieselgasse 11-17/6/3 im 10. Wiener Bezirk ausgeführt, wo man seine Gattin Angela Igiebor antraf. Diese teilte nach dem Bericht vom 7. April 1993 mit, daß ihr von US $ 4.000,-- nichts bekannt sei. Zu Beginn der Vernehmung vom 7. April 1993 erklärte der Beschwerdeführer, daß er keiner legalen Beschäftigung in Österreich nachgegangen und seinen Unterhalt durch Zuwendungen der Eltern aus der Heimat bestritten hätte.

Über Vorhalt gab der Beschwerdeführer auch zu, daß ihm am 4. November 1987 in Benin City der nigerianische Reisepaß Nr. A 116815, Gültigkeitsdauer bis 3. November 1992, ausgestellt worden war und er dabei keinerlei Schwierigkeiten hatte. Auch beim Abflug aus Lagos hatte er keinerlei Probleme. Dies erklärte der Beschwerdeführer damit, daß er den Grenzkontrollbeamten etwas Geld zugesteckt hätte.

1.6. Frau Angela Igiebor hat aufgrund des erheblich kriminellen Verhaltens des Beschwerdeführers die Scheidungsklage gegen den Beschwerdeführer eingebracht. Sie teilte der belangten Behörde am 30. September 1993 telefonisch mit, daß der Beschwerdeführer im Februar 1992 nach Nigeria geflogen ist, um sich dort die für die Eheschließung in Österreich notwendigen Dokumente zu beschaffen. Nachdem er die notwendigen Papiere erhalten hatte, kehrte der Beschwerdeführer ohne Probleme nach Österreich zurück. Jedenfalls hat der Beschwerdeführer gegenüber seiner Gattin nie etwas über irgendwelche Probleme in Nigeria gesprochen.

1.7. Der Beschwerdeführer wurde am 18. Oktober 1993 mit der Aeroflot, Flugnummer SU 262 ab Wien-Schwechat um 13.35 Uhr abgeschoben und damit aus der Schubhaft entlassen. Nach einem Zwischenaufenthalt in Moskau erfolgte am 19. Oktober 1993 mit Flugnummer SU 425 B ab Moskau um 4.20 Uhr nach Lagos (Ankunft um 12.25 Uhr) die weitere Abschiebung. Die Abschiebung mußte aufgrund der negativen Erfahrungen mit dem Beschwerdeführer unter Beistellung von zwei Flugbegleitern des Gendarmerieeinsatzkommandos Wiener Neustadt durchgeführt werden.

2.1. Am 12. Oktober 1993 langte ein handschriftlicher Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 11. Oktober 1993 beim unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ein, der als Schubhaftbeschwerde angesehen werden kann. In diesem Schreiben bittet der Beschwerdeführer um Hilfe, weil ihm angeblich in Nigeria die Todesstrafe drohe. Diese Behauptung wird allerdings nicht näher ausgeführt. Im übrigen beklagt sich der Beschwerdeführer darüber, daß er bereits so lange eingesperrt ist. Er brauche seine Freiheit, die wichtiger sei als alles in dieser Welt.

2.2. Im Schubhaftbescheid stellt die belangte Behörde den wesentlichen Sachverhalt fest und führt daraufhin begründend aus, daß aufgrund des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers die ernsthafte Gefahr bestehe, er werde sich bei einer Abstandnahme von der Verhängung der Schubhaft dem Zugriff der Behörde entziehen und dadurch seine Abschiebung verhindern. Seine Außerlandesschaffung sei aber im öffentlichen Sicherheitsinteresse dringend geboten.

2.3. Die belangte Behörde hat zur Schubhaftbeschwerde mit Schreiben vom 12. Oktober 1993, eingelangt am 13. Oktober 1993, eine Stellungnahme abgegeben und die bezughabenden Akten vorgelegt. Die belangte Behörde hat im wesentlichen ausgeführt, daß die Behauptungen des Beschwerdeführers nicht glaubhaft sind, weil ihm sogar am 4. November 1987 von der nigerianischen Paßbehörde ein Reisepaß ausgestellt wurde und seine Ausreise auf dem Luftweg im Februar 1989 völlig unproblematisch verlief. Die insofern behauptete Bestechung der Grenzkontrollorgane sei völlig unglaubwürdig. Außerdem erhebe sich die Frage, warum der Beschwerdeführer in Österreich keinen Asylantrag gestellt hat.

Die belangte Behörde folgte ferner den Angaben der Gattin des Beschwerdeführers, wonach dieser im Jahre 1992 freiwillig nach Nigeria geflogen sei, um sich die für die Eheschließung notwendigen Dokumente zu beschaffen. Nach der Darstellung von Frau Igiebor konnte er ohne Probleme nach Österreich zurückkehren. Er habe ihr gegenüber auch nie etwas von einer Verfolgung in Nigeria erzählt. Nach Auffassung der belangten Behörde stellen diese Angaben einen ganz wichtigen Beweis dafür dar, daß der Beschwerdeführer im Falle seiner Abschiebung nach Nigeria nicht den Gefahren iSd § 37 Abs.1 und 2 FrG ausgesetzt sein wird.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinlänglich geklärt erscheint, weshalb gemäß § 52 Abs.2 Z1 FrG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 51 Abs.1 FrG kann der unabhängige Verwaltungssenat von dem in Schubhaft Angehaltenen mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung angerufen werden. Solange die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

Die vorliegende Beschwerde richtet sich erkennbar gegen die Anhaltung in Schubhaft und behauptet indirekt deren Rechtswidrigkeit, indem für den Fall der Abschiebung nach Nigeria die Gefahr der Todesstrafe behauptet wird. Die Beschwerde ist zulässig, nach der Aktenlage aber nicht begründet.

4.2. Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder Durchbeförderung zu sichern.

Die örtliche Zuständigkeit der belangten Behörde zur Verhängung der Schubhaft ergibt sich aus § 67 Abs.2 FrG, wonach es auf den Aufenthalt des Fremden ankommt. Die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung des Beschwerdeführers war zur Durchsetzung des rechtskräftigen unbefristeten Aufenthaltsverbotes der Bundespolizeidirektion Wien vom 7. April 1993 notwendig, zumal der Beschwerdeführer durch sein gesamtes Verhalten bewiesen hat, daß er sich der österreichischen Rechtsordnung und den zu ihrer Durchsetzung ergangenen behördlichen Entscheidungen nicht freiwillig unterwerfen werde. Die Notwendigkeit der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung ist aufgrund des gegenständlichen Sachverhaltes offenkundig und bedarf keiner näheren Begründung.

4.3. Nach dem noch zur alten Rechtslage des § 13a Fremdenpolizeigesetz ergangenen Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, B 1.094/92-6, vom 19. Juni 1993, darf die Schubhaft nur zur Sicherung einer nach den fremdenrechtlichen Vorschriften zulässigen Abschiebung dienen. In ausdrücklichem Gegensatz zur ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl ua VwGH 4.9.1992, Zl.92/18/0228) erachtet der Verfassungsgerichtshof die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Schubhaft unter Ausklammerung der Frage nach der Zulässigkeit der in Aussicht genommenen Abschiebung als unmöglich. War eine Abschiebung unzulässig, durfte die Schubhaft weder verhängt werden noch fortdauern. Die Schubhaft sei nicht erst dann rechtswidrig, wenn im Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides bereits mit Sicherheit feststand, daß eine Abschiebung in alle in Betracht kommenden Staaten unzulässig sei. Vielmehr sei der Frage nachzugehen, ob einer Abschiebung in das in Aussicht genommene Zielland (oder in ein hilfsweise konkret in Betracht gezogenes sonstiges Land) das Refoulementverbot entgegensteht.

Der Verfassungsgerichtshof vertritt die Ansicht, daß die unabhängigen Verwaltungssenate die Frage der formellen und materiellen Rechtmäßigkeit der Anhaltung nach jeder Richtung hin zu untersuchen und jedwede unterlaufene Gesetzwidrigkeit festzustellen und aufzugreifen haben. Im Rahmen dieser umfassenden Haftprüfungskompetenz sei jedenfalls auch die Frage zu prüfen, ob im konkreten Fall ein gesetzliches Abschiebungsverbot bestehe. Hatte die Fremdenpolizeibehörde das Zielland bereits festgelegt, so wäre der Verwaltungssenat gehalten, sich mit dem Einwand eines Beschwerdeführers auseinanderzusetzen, daß eine Abschiebung in dieses Land nicht zulässig sei (vgl VfGH, Zl.B 1.084/92-6, vom 19. Juni 1993 und inhaltsgleich VfGH, B 1.536/92-6, vom 30. Juni 1993). Im Fall der Unterlassung der Prüfung des Abschiebungsverbotes erachtet der Verfassungsgerichtshof das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art.83 Abs.2 B-VG als verletzt. Demgegenüber steht der Verwaltungsgerichtshof auf dem Standpunkt, daß die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nur dann unzulässig erscheint, wenn von vornherein feststeht, daß die Abschiebung in alle in Betracht kommenden Staaten unzulässig oder technisch unmöglich ist (vgl VwGH 4.9.1992, Zl.92/18/0228; VwGH 14.4.1992, Zl.93/18/0055 und Zl.93/18/0080).

Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, daß als Zielland der Abschiebung des Beschwerdeführers von vornherein nur der Heimatstaat Nigeria in Betracht kommt, zumal nach der Sachlage kein anderer Staat vorhanden ist, der verpflichtet wäre, den nigerianischen Beschwerdeführer zu übernehmen. Da dies von vornherein feststand, durfte auch nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs die Schubhaft nur verhängt werden, sofern nicht das Refoulementverbot des § 37 Abs.1 FrG der Abschiebung nach Nigeria entgegenstand. Dies gilt unabhängig davon, daß es der Beschwerdeführer verabsäumt hat, rechtzeitig während des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes vor dem fremdenpolizeilichen Büro der Bundespolizeidirektion Wien einen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat gemäß § 54 Abs.1 FrG zu stellen. Daß ein solcher Antrag nunmehr nicht mehr zulässig ist, ändert nichts daran, daß die Fremdenbehörde jedenfalls nicht entgegen dem Refoulementverbot des § 37 Abs.1 FrG die Abschiebung vornehmen darf. Insofern ist zu bedenken, daß sich die Verhältnisse in einem Zielstaat seit der Entscheidung über die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 54 FrG ändern können und die Behörde schon deshalb im Hinblick auf das Abschiebungsverbot des § 37 Abs.1 FrG stets die aktuelle Situation im zeitlichen Nahebereich der Abschiebung zu berücksichtigen hat und nicht auf einen unter anderen tatsächlichen Voraussetzungen ergangenen früheren Feststellungsbescheid nach § 54 FrG verweisen darf.

Aufgrund der dargestellten Rechtslage hat der unabhängige Verwaltungssenat im vorliegenden Fall das Refoulementverbot zu berücksichtigen und dem Einwand des Beschwerdeführers nachzugehen, es drohe ihm aufgrund der Teilnahme an regierungsfeindlichen Studentendemonstrationen im Jahr 1987 im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria die Verhaftung, Verschleppung sowie die Todesstrafe. Die belangte Behörde ist insofern aber mit Recht davon ausgegangen, daß die Darstellung des Beschwerdeführers nicht geeignet war, stichhaltige Gründe für die im § 37 Abs.1 FrG angeführten Gefahren aufzuzeigen. Die gegen den regierenden General Babangida gerichteten Studentendemonstrationen fanden bereits in der ersten Hälfte des Jahres 1987 statt. Schon aus den Angaben des Beschwerdeführers geht hervor, daß sich die Lage bereits wieder bis etwa Mitte 1987 beruhigte. Er schaffte es sogar, sich bis Anfang 1989 in Nigeria aufzuhalten, ohne von der Polizei bzw der Miliz des Generals beanstandet und konkret verfolgt zu werden. Den unbegründeten Behauptungen des Beschwerdeführers, daß über die Studentenorganisation derart genaue Aufzeichnungen bestünden, daß sein Name bekannt sei und er am Flughafen von Lagos verhaftet und in weiterer Folge verschleppt und getötet werden werde, kann nicht gefolgt werden. Zunächst ist es bereits äußerst unwahrscheinlich, daß sechs Jahre nach den Demonstrationen die Studenten der betreffenden politischen Gruppe immer noch verfolgt werden. Ebensowenig glaubhaft erscheint es, daß sämtliche Namen der an den Demonstrationen teilnehmenden Studenten der Obrigkeit bekannt sind. Abgesehen davon steht jedenfalls fest, daß der Beschwerdeführer noch am 4. November 1987 ohne Probleme einen Reisepaß von der Paßbehörde in Benin City erhielt und im Februar des Jahres 1989 nicht an der Ausreise gehindert wurde. Die in der Stellungnahme geäußerte Ansicht der Erstbehörde, daß ein Staat keinen Reisepaß ausstellt, wenn er einen seiner Bürger verfolgen will, trifft zu. Wäre der Beschwerdeführer tatsächlich einer konkreten Verfolgung ausgesetzt gewesen, hätte man ihn bereits zum Zeitpunkt seines Antrages auf Ausstellung eines Reisepasses verhaften können. Dies geschah nicht einmal anläßlich seiner Ausreise im Februar 1989 auf dem Luftwege. Die über Vorhalt aufgestellte Behauptung, daß er den Grenzkontrollbeamten etwas Geld zusteckte, ist vollkommen unglaubhaft. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß sich der Beschwerdeführer nach der Aktenlage wiederholt widersprochen hat. Es ist anzunehmen, daß der Beschwerdeführer von vornherein keine wahrheitsgemäße Darstellung, sondern immer nur eine solche anstrebte, die ihm in der jeweiligen Situation günstig erschien. In diesem Licht muß auch sein äußerst renitentes Verhalten anläßlich der beiden Abschiebungsversuche vom 30. April und 4. Mai 1993 gewertet werden, wo er es verstand, sich derart aufzuführen, daß der Kapitän des Flugzeuges schließlich seinen Transport ablehnte.

Gegen den Beschwerdeführer spricht weiters, daß er den Angaben seiner Gattin zufolge nie etwas von einer ihm drohenden Verfolgung in Nigeria erzählt hat. Damit im Einklang steht, daß er anläßlich seiner Einreise im März 1989 keinen Antrag auf politisches Asyl gestellt hat. Der Zweck seines Aufenthaltes in Österreich bestand damals und auch in weiterer Folge offenkundig darin, ein Studium als ordentlicher Hörer der Studienrichtung Bauingenieurwesen an der Technischen Universität Wien zu absolvieren. Wie sich herausgestellt hat, konnte er keinen Studienerfolg nachweisen und konnte er mangels Nachweises ausreichender Deutschkenntnisse nur als außerordentlicher Hörer inskribieren. Schließlich tifft es zweifellos zu, daß der Beschwerdeführer anläßlich seiner Eheschließung in Österreich verschiedene Dokumente aus seinem Heimatstaat wie Geburtsurkunde, Ehefähigkeitszeugnis oder ähnliches benötigt hat. Die Darstellung seiner Gattin, daß er zur Beschaffung der Dokumente im Februar 1992 freiwillig nach Nigeria flog und unbeanstandet und ohne Probleme wieder nach Österreich zurückkehren konnte, ist besonders naheliegend und glaubhaft. Insofern hatte die belangte Behörde genügend Gründe, von der mangelnden Wahrheitsliebe des Beschwerdeführers auszugehen und die von ihm - ohnehin nur in pauschaler Form - vorgebrachten Umstände für eine Verfolgung seiner Person in Nigeria als nicht stichhältig anzusehen.

Die vorgenommene Abschiebung in den Zielstaat Nigeria widersprach demnach nicht dem Refoulementverbot des § 37 Abs.1 FrG. Die von der belangten Behörde zu ihrer Sicherung angeordnete Schubhaft war somit zulässig und rechtmäßig.

5. Ein Kostenzuspruch an die belangte Behörde als obsiegende Partei hatte zu unterbleiben, da keine Kosten gemäß § 52 Abs.2 FrG iVm § 79a AVG beantragt wurden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß - abgesehen von gesetzlichen Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß 6

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