Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400228/3/Wei/Shn

Linz, 11.11.1993

VwSen - 400228/3/Wei/Shn Linz, am 11. November 1993 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des J, wegen der weiteren Anhaltung in Schubhaft seit dem h Erkenntnis vom 14. September 1993, VwSen-400212/2/Wei/Fb, durch den Bezirkshauptmann von Schärding zu Recht erkannt:

I: Der Beschwerde wird Folge gegeben und gemäß § 52 Abs.2 Fremdengesetz (BGBl.Nr.838/1992) iVm § 67c Abs.3 AVG 1991 wird die weitere Anhaltung in Schubhaft des Beschwerdeführers seit 27. Oktober 1993 für rechtswidrig erklärt.

Gemäß § 52 Abs.4 Fremdengesetz (FrG) wird festgestellt, daß die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

II: Gemäß § 52 Abs.2 FrG iVm § 79a AVG 1991 hat die belangte Behörde (Bund) dem Beschwerdeführer die Kosten für den Schriftsatzaufwand im verzeichneten Ausmaß von S 5.560,-- sowie an Barauslagen von S 120,-- Bundesstempel für die Eingabengebühr, insgesamt daher S 5.680,-- binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren von weiteren S 120,-- für die Eingabengebühr einer Zweitausfertigung der eingebrachten Beschwerdeschrift wird abgewiesen.

Entscheidungsgründe:

1. Der unabhängige Verwaltungssenat geht aufgrund der Aktenlage in Verbindung mit der vorliegenden Beschwerde vom nachstehenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

1.1. Der Beschwerdeführer (im folgenden kurz Bf), ein nigerianischer Staatsbürger, reiste am 12. August 1993 beim Grenzübergang Salzburg unter Verwendung eines verfälschten britischen Reisepasses aus der BRD nach Österreich ein, um in Wien an einer christlichen Veranstaltung teilzunehmen. Den Reisepaß hatte er zuvor in Aachen von einer unbekannten Person für DM 800,-erworben. Am 16. August 1993 wollte der Bf als Mitfahrer in einem PKW beim Autobahngrenzübergang Neuhaus/Inn unter Verwendung des verfälschten britischen Reisepasses in die Bundesrepublik Deutschland einreisen. Bei der grenzpolizeilichen Kontrolle legte er den britischen Reisepaß Nr., lautend auf Mr. W vor, bei dem das Lichtbild ausgewechselt und die eingetragenen Personalien verfälscht waren. Die bayerische Grenzpolizei nahm den Bf in der Folge fest. Er wurde am 25. August 1993 vom Amtsgericht Passau wegen Urkundenfälschung zu einer Geldstrafe in Höhe von DM 700,-- verurteilt. Am 18. August 1993 stellte er in der BRD durch seinen Rechtsvertreter einen Asylfolgeantrag an das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in.

Mit Bescheid der Stadt Passau, Ausländeramt Nr.33, vom 26. August 1993 wurde der Bf aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen und ab Haftentlassung abgeschoben. Die Wiedereinreise ist für 5 Jahre untersagt worden. In der Begründung wird ua ausgeführt, daß der Bf aus einem sicheren Drittstaat (Österreich) iSd Art.16a Abs.2 Satz 1 des Grundgesetzes ins Bundesgebiet eingereist sei. Somit sei es ihm nicht möglich, sich auf Art.16a Abs.1 des Grundgesetzes zu berufen. Da er unerlaubt eingereist sei, werde er in den sicheren Drittstaat zurückgeschoben ohne Weiterleitung an eine Aufnahmeeinrichtung. Durch die Übernahmezusicherung der österreichischen Behörden, werde die Verpflichtung im Rahmen des Schengener-Abkommens übernommen, ein begehrendes Asylverfahren im eigenen Staat durchzuführen. Das materielle Asylrecht und das Asylverfahrensrecht richte sich dabei nach dem nationalen Recht des zuständigen Staates, also nach österreichischem Recht. Daß der Asylantrag des Bf kein Aufenthaltsrecht in Deutschland begründe, sei ihm bei der Anhörung dargelegt worden.

Da sich der Bf in Haft befand, wurde seine Ausreise nach Österreich von den deutschen Behörden überwacht. Am 26. August 1993 wurde er um 15.06 Uhr Beamten des Gendarmeriepostens Schärding übergeben, die ihn daraufhin sogleich der Bezirkshauptmannschaft Schärding als Fremdenpolizeibehörde vorführten.

1.2. Mit Bescheid gemäß § 57 Abs.1 AVG iVm § 41 Abs.1 und 2 FrG hat die Bezirkshauptmannschaft Schärding zu Sich-40/4860-1993 noch am 26. August 1993 den Bf zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und zur Sicherung der Abschiebung in Schubhaft genommen. In der Begründung führt die Behörde an, daß der Bf am heutigen Tag aufgrund des österreichisch-deutschen Schubabkommens nach Österreich rücküberstellt wurde. Nach Überprüfung des Sachverhaltes werde nunmehr die Schubhaft angeordnet, da der Bf nicht im Besitz eines gültigen Reisedokumentes und eines gesetzlich vorgeschriebenen Sichtvermerkes bzw einer gültigen Aufenthaltsbewilligung sei, wodurch er sich illegal im Bundesgebiet aufhalte. Da er zur Ein- und Ausreise in das Bundesgebiet in der Republik Österreich ausschließlich einen verfälschten britischen Reisepaß verwendet habe, sei festzuhalten, daß er nicht gewillt sei, sich der österreichischen Rechtsordnung anzupassen. Es bestehe daher bei ihm ernsthafte Gefahr, daß er sich bei einer Abstandnahme von der Verhängung der Schubhaft dem Zugriff der Behörde entziehen und die fremdenpolizeilichen Maßnahmen verhindern werde.

Nach Erlassung des Schubhaftbescheides wurde der Bf in das Polizeigefangenenhaus Wels überstellt.

1.3. Am 1. September 1993 stellte der Bf einen Asylantrag, worauf er dem Bundesasylamt, Außenstelle Linz, am 3. September 1993 zur Einvernahme vorgeführt wurde. Dabei gab er an, daß er Anfang November 1989 Lagos, Nigeria, per Flugzeug verlassen habe und direkt nach Frankfurt in der BRD geflogen sei. Dabei habe er einen ge- bzw verfälschten Reisepaß mit Visum der Bundesrepublik Deutschland verwendet. Ende November 1989 habe er in Aachen/BRD um Asyl angesucht. Im Oktober 1991 zog er kurz vor einer Heirat mit einer Niederländerin seinen Asylantrag zurück. In den Niederlanden hielt sich der Bf daraufhin ca. 6 Monate auf, habe sich dann scheiden lassen und sei in die BRD zurückgekehrt, wo er neuerlich ca. 1 Jahr in Aachen in der Wohnung eines Freundes zubrachte.

In Nigeria sei der Bf im Jahr 1989 Pressesekretär einer Studentenorganisation mit Namen "NANS" gewesen. Im März 1989 habe er an einer Demonstration teilgenommen, bei der es zu Übergriffen kam und ein Polizist getötet wurde. 4 Personen wurden festgenommen und zu Freiheitsstrafen verurteilt. Er hätte sich als Anführer der Studentenorganisation für diesen Vorfall verantworten müssen, habe jedoch die Flucht ergriffen, bevor ihn die Polizei festnehmen konnte. Er habe mit dem Tod des Polizisten nichts zu tun. In Nigeria gäbe es eine Militärregierung. Er könne in dieses Land nicht zurückkehren, da er eingesperrt werden würde für eine Sache, die er nicht getan habe. General Babangida habe zwar im Juni 1993 die Wahl verloren, aber immer noch die Macht im Land, weshalb es noch zu keiner Amnestie gekommen sei. Er übe Macht aus auf eine Interims-Regierung. Mehr könne er derzeit zur politischen Situation in seiner Heimat nicht angeben.

Der Bf gab bei seiner zuvor stattgefundenen Einvernahme zur Person an, daß er derzeit über DM 50,-- und öS 14 verfüge. Wegen kriminalrechtlicher Delikte werde er in keinem Land außerhalb Österreichs gesucht.

1.4. Mit Bescheid vom 3. September 1993 zur Zl. 93 03.265-BAL des Bundesasylamtes, Außenstelle Linz, wurde der Asylantrag gemäß § 3 Asylgesetz 1991 abgewiesen und die aufschiebende Wirkung einer Berufung gemäß § 64 Abs.2 AVG im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr in Verzug ausgeschlossen. Eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Asylgesetz 1991 hat das Bundesasylamt nicht erteilt.

Begründend hat die Asylbehörde ausgeführt, daß der Bf keinerlei tauglichen Asylgrund iSd Genfer Flüchtlingskonvention darlegen konnte. Der Umstand, daß in Nigeria nach ihm gefahndet werde, sei rein kriminalrechtlicher Natur. Durch seine Flucht habe sich der Bf einer gerichtlichen Anklage wegen eines Deliktes, das dem allgemeinen Kriminalstrafrecht zuzuordnen sei, entzogen. Darüber hinaus liege der Ausschließungsgrund gemäß § 2 Abs.2 Z3 Asylgesetz 1991 vor, da der Bf über Deutschland und die Niederlande, also Drittstaaten, illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist ist. Beide Staaten seien Mitgliedstaaten der Genfer Flüchtlingskonvention und wenden diese auch an. In beiden Staaten war der Bf daher vor Verfolgung sicher.

1.5. Mit Antrag vom 27. August 1993 an die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat der Bf gemäß § 54 FrG 1992 beantragt, daß die Fremdenbehörde feststellen möge, daß stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, er sei in Nigeria gemäß § 37 Abs.1 oder 2 FrG bedroht. Zur Begründung dieses Antrages werden die politischen Verhältnisse in Nigeria seit 1985 und autoritäre Maßnahmen der Regierung geschildert. Unter Bezugnahme auf Zeitungsberichte, die dem Antrag allerdings nicht beigelegt wurden, wird die Machtausübung durch die Militärregierung geschildert. Der Amtsantritt des im Juni mit über 50 % gewählten neuen Präsidenten Abiola werde von der herrschenden Militärdiktatur verhindert.

1.6. Die bei der belangten Behörde eingebrachte Schubhaftbeschwerde vom 30. August 1993 hat der O.ö. Verwaltungssenat mit seinem Erkenntnis vom 14. September 1993, VwSen-400212/2/Wei/Fb, gemäß § 52 Abs.2 FrG iVm § 67c Abs.3 AVG als unbegründet abgewiesen und darüberhinaus gemäß § 52 Abs.4 FrG festgestellt, daß die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Mit der nunmehr beim O.ö. Verwaltungssenat am 4. November 1993 eingebrachten Schubhaftbeschwerde vom 2. November 1993 begehrt der Bf, seiner Beschwerde Folge zu geben und die weitere Anhaltung in Schubhaft als rechtswidrig festzustellen. Durch die Aufrechterhaltung der Schubhaft werde er in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit sowie in seinem einfachgesetzlich gewährleisteten Recht, nach Wegfall des Grundes für die Anordnung der Schubhaft enthaftet zu werden, verletzt.

1.7. Gegen den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes vom 3. September 1993 hat der Bf Berufung erhoben. Das Bundesministerium für Inneres hat mit Bescheid vom 30. September 1993, rechtswirksam erlassen am 4. Oktober 1993, Zl.4.343.320/1-III/13/93, die Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes abgewiesen.

1.8. Über den Antrag gemäß § 54 FrG auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach Nigeria vom 27. August 1993, eingelangt am 30. August 1993, hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 25. Oktober 1993, Sich-40/4860/1993/Schü, negativ entschieden. In der Begründung wurde die Ansicht vertreten, daß stichhaltige Gründe iSd § 37 FrG nicht vorliegen. Die Studentenorganisation NANS sei bereits im Jahre 1984 verboten worden und werde seit einigen Jahren geduldet. Studentenvertreter seien zwar wiederholt verfolgt worden, jedoch wären die Repressionsmaßnahmen zumeist punktuell und im allgemeinen doch "maßvoll" (Paßentzug, kurze Anhaltung, Suspension vom Studium, Entlassung etc). Den Ausführungen des Bf sei auch nicht zu entnehmen, daß er jemals inhaftiert gewesen, gefoltert oder mit dem Tode bedroht worden ist. Die von ihm behauptete Verfolgung sei kriminalstrafrechtlicher Natur. Der Bescheid ist noch nicht rechtskräftig.

Mit Schreiben vom 11. Oktober 1993 hat die belangte Behörde bei der Botschaft der Republik Nigeria in Wien um Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Bf ersucht. Anläßlich der fremdenpolizeilichen Einvernahme im Rechtshilfeweg durch die Bundespolizeidirektion Wels vom 22. Oktober 1993 wurde dem Bf zur Kenntnis gebracht, daß das angeforderte Heimreisezertifikat bei der belangten Behörde noch nicht eingelangt sei und über den Antrag auf Unzulässigkeit der Abschiebung in den nächsten Tagen bescheidmäßig entschieden werde. Die Schubhaft werde iSd § 48 Abs.4 Z3 FrG bis zur möglichen Abschiebung, jedoch höchstens für die Gesamtdauer von sechs Monaten aufrechterhalten.

1.9. Der Rechtsvertreter des Bf hat - wie in der Beschwerde behauptet - am 28. Oktober 1993 der belangten Behörde folgende Unterlagen übergeben:

a) Verpflichtungserklärung des Dr. Moses Akinpelu, Wissenschafter, Lichtensteinstraße 122, 1090 Wien, vom 4. Oktober 1993; b) Antrag auf Abschluß einer Krankenversicherung bei der Wiener Städtischen Versicherung vom 25. Oktober 1993 mit Einzahlungsbeleg; c) ein Sparbuch der Landesbank, Filiale Ried, Nr.30018114 4 über S 29.800,-Diese Unterlagen befinden sich weder im Original noch in Kopie in dem Aktenkonvolut, das die belangte Behörde dem O.ö. Verwaltungssenat vorgelegt hat. Wie die Beschwerde mitteilt, habe die belangte Behörde am 29. Oktober 1993 mitgeteilt, daß eine Enthaftung nicht beabsichtigt sei, vielmehr die Abschiebung durchgeführt werde. Ob und wann das Heimreisezertifikat der nigerianischen Botschaft eintreffe, wisse man nicht. Schließlich wird mitgeteilt, daß der Bf vom Verein zur Förderung der Celestial Church of Christ betreut werde.

2.1. Mit Schreiben vom 5. November 1993, eingelangt am 8. November 1993, hat die belangte Behörde die fremdenpolizeilichen Akten vorgelegt und mitgeteilt, daß die Abschiebung des Bf am 20. November 1993 in sein Heimatland beabsichtigt sei. Eine Stellungnahme zur Schubhaftbeschwerde, die der belangten Behörde per Telefax am 4. November 1993 übermittelt worden ist, wurde nicht erstattet.

2.2. Die Schubhaftbeschwerde führt begründend im wesentlichen aus, daß die belangte Behörde nach der Festnahme unverzüglich entsprechende Verfahrensschritte zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes oder der Ausweisung unternehmen müßte. Dies habe sie nicht getan. Das Bemühen um Einholung eines Heimreisezertifikats sei nämlich ein Akt zur Vollstreckung eines noch gar nicht erlassenen Aufenthaltsverbotes. Die Schubhaft des Bf habe bereits unangemessen lange gedauert, was von der belangten Behörde zu vertreten sei. Durch die Vorlage einer Übernahmserklärung (richtig wohl Verpflichtungserklärung) und Vorlage eines Sparbuches sei bescheinigt, daß der Bf der Allgemeinheit nicht zur Last falle und auch jederzeit von der Behörde erreichbar sei.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinlänglich geklärt erscheint, weshalb gemäß § 52 Abs.2 Z1 FrG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung kann gemäß § 51 Abs.1 FrG der unabhängige Verwaltungssenat von dem in Schubhaft Angehaltenen angerufen werden. Solange die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

Die vorliegende Schubhaftbeschwerde begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit der weiteren Anhaltung. Die formellen Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt.

4.2. Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder Durchbeförderung zu sichern.

Gemäß § 48 Abs.1 FrG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Nach Absatz 2 dieser Gesetzesbestimmung darf die Schubhaft nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Sie darf außer in den Fällen des Absatzes 4 insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.

§ 48 Abs.4 FrG ermöglicht die Aufrechterhaltung der Schubhaft über die im Normalfall bestehende Höchstfrist von zwei Monaten unter taxativ aufgezählten Voraussetzungen in den Ziffern 1 bis 3. Nur wenn der Fremde aus einem dieser Verlängerungsgründe nicht abgeschoben werden kann oder darf, ist die Aufrechterhaltung der Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach Wegfall des Hinderungsgrundes, insgesamt jedoch nie länger als sechs Monate, zulässig.

Mit Recht weist die vorliegende Schubhaftbeschwerde darauf hin, daß seit der Inschubhaftnahme am 26. August 1993 noch nicht einmal ein Aufenthaltsverbot oder ein Ausweisungsbescheid erlassen worden ist. Das Bemühen der belangten Behörde um Einholung eines Heimreisezertifikates ist in Wahrheit ein Schritt zur Vollstreckung eines bislang noch gar nicht erlassenen Administrativaktes. Dieser hätte von der belangten Behörde denknotwendig zuerst erlassen werden müssen. Sie war verpflichtet unverzüglich nach der Inschubhaftnahme des Bf entsprechende Verfahrensschritte zu ergreifen. Die fremdenpolizeiliche Einvernahme des Bf erfolgte aufgrund des Amtshilfeersuchens der belangten Behörde vom 8. Oktober 1993 erst am 11. Oktober 1993. Vom gleichen Tag datiert ein Schreiben an die Botschaft der Republik Nigeria wegen der Ausstellung eines Heimreisezertifikates. Unverständlich ist, warum dann nicht in weiterer Folge die an sich beabsichtigte Erlassung eines Aufenthaltsverbotes durch die belangte Behörde erfolgt ist. Mittlerweile ist die Zweimonatefrist des § 48 Abs.2 FrG am 26. Oktober 1993 abgelaufen, ohne daß das Aufenthaltsverbot, zu dessen Sicherung die Schubhaft angeordnet worden war, erlassen wurde. Solang dieser Administrativakt nicht gesetzt worden ist, kann die Abschiebung nicht als Grund für die Anhaltung in Schubhaft herangezogen werden. § 48 Abs.3 FrG bestimmt, daß die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab Durchsetzbarkeit des Administrativaktes als zur Sicherung der Abschiebung verhängt gilt. § 48 Abs.4 FrG stellt für die Aufrechterhaltung der Schubhaft ausschließlich darauf ab, daß der Fremde aus einem der in Z1 bis Z3 genannten Hinderungsgründe nicht abgeschoben werden kann. Im gegenständlichen Fall könnte er schon mangels eines durchsetzbaren Aufenthaltsverbotes nicht abgeschoben werden.

Aus den zitierten gesetzlichen Bestimmungen ist jedenfalls abzuleiten, daß der Administrativakt innerhalb der Zweimonatefrist des § 48 Abs.2 FrG zu ergehen hat, widrigenfalls die Sicherung der Abschiebung nicht aktuell wird und eine Aufrechterhaltung der Schubhaft aus den Gründen des § 48 Abs.4 FrG von vornherein ausscheidet. Überdies ist schon aus § 41 Abs.1 FrG abzuleiten, daß die belangte Behörde unverzüglich Verfahrensschritte zwecks Erlassung des Administrativaktes zu setzen hat, der die Grundlage für die Anordnung der Schubhaft darstellt.

Bleibt die Fremdenpolizeibehörde diesbezüglich für längere Zeit untätig, so kann auch bereits vor Ablauf der Zweimonatefrist die Anhaltung aus Gründen, die die Behörde zu vertreten hat, unangemessen lange gedauert haben (vgl dazu das Erkenntnis des O.ö. Verwaltungssenates vom 21. Oktober 1993, VwSen-400219/4/Gf/La).

Da im gegenständlichen Fall die Überschreitung der gesetzlichen Höchstfrist des § 48 Abs.2 FrG feststeht und kein Verlängerungsgrund vorliegt, war die Anhaltung in Schubhaft seit Ablauf der Zweimonatefrist für rechtswidrig zu erklären. Auf das weitere Vorbringen des Bf brauchte daher nicht mehr eingegangen werden.

5. Gemäß § 52 Abs.2 FrG iVm § 79a AVG 1991 war dem Bf als obsiegender Partei der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten für den Schriftsatzaufwand und die tatsächlich notwendigen Barauslagen zuzusprechen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes beträgt die Höhe des Kostenersatzes im Beschwerdeverfahren zwei Drittel der Pauschalkosten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach der Pauschalierungsverordnung, BGBl.Nr.104/1991 (vgl VwGH 23.9.1991, 91/190162).

Da der Bf lediglich S 5.560,-- an Schriftsatzaufwand verzeichnet hat, war ihm auch nicht mehr zuzusprechen. An tatsächlichen Barauslagen war lediglich die Eingabengebühr von S 120,-- Bundesstempel ersatzfähig, zumal die zweifache Einbringung einer Beschwerdeschrift weder nach dem Fremdengesetz noch nach dem AVG 1991 vorgesehen ist. Insgesamt war daher ein Betrag von S 5.680,-zuzuerkennen. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß - abgesehen von gesetzlichen Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß

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