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VwSen-400240/3/Gf/La

Linz, 17.12.1993

VwSen-400240/3/Gf/La Linz, am 17. Dezember 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der Oö. Verwaltungssenat hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde der F E, vertreten durch RA vom 13. Dezember 1993 wegen Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Schärding zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und die weitere Anhaltung der Beschwerdeführerin in Schubhaft als rechtswidrig festgestellt.

II. Die belangte Behörde ist verpflichtet, der Beschwerdeführerin Kosten in Höhe von 7.533,33 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 3 AVG iVm § 52 FrG; § 79a AVG. Entscheidungsgründe:

1.1. Die Beschwerdeführerin, eine somalische Staatsangehörige, ist am 16. Juni 1993 von Ungarn aus kommend ohne im Besitz eines gültigen Reisedokumentes oder Identitätsnachweises zu sein und unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bun desgebiet eingereist und versuchte am 7. Oktober 1993 per Zug mit einem verfälschten Reisepaß die deutsche Grenze zu überschreiten. Dabei wurde sie von deutschen Grenzkontrollorganen betreten und der österreichischen Fremdenpolizeibehörde überstellt.

1.2. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 8. Oktober 1993, Zl. Sich-40/4968-1993, wurde über die Beschwerdeführerin zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt und diese durch Überstellung in das Landesgerichtliche Gefangenenhaus Ried sofort vollzogen.

1.3. Die Beschwerdeführerin hat am 15. Oktober 1993 einen Asylantrag gestellt; dieser wurde inzwischen rechtskräftig abgewiesen. Darüber hinaus hat die Beschwerdeführerin am selben Tag einen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in ihren Heimatstaat gestellt.

1.4. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 2. Dezember 1993, Zl. Sich-40/4968-1993/Schü, wurde gegen die Beschwerdeführerin ein auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

1.5. Gegen die mit dem oben unter 1.2. angeführten Bescheid verfügte Anhaltung in Schubhaft wendet sich die vorliegende, am 9. Dezember 1993 zur Post gegebene und am 13. Dezember 1993 beim Oö. Verwaltungssenat eingelangte Schubhaftbeschwerde.

2.1. Im oa. Schubhaftbescheid führt die belangte Behörde begründend aus, daß die Identität der Beschwerdeführerin noch geklärt werden müsse und der dringende Verdacht bestehe, daß sie sich dem Zugriff der Behörde durch Flucht und Untertauchen in der Illegalität entziehen könne. In Ergänzung dazu wird im oa. Aufenthaltsverbotsbescheid angeführt, daß die Beschwerdeführerin als völlig mittellos anzusehen sei.

2.2. Dagegen bringt die Beschwerdeführerin vor, daß sie in ihrem Heimatstaat von der Polizei aus politischen Gründen in Haft gehalten und dort geschlagen und gefoltert worden sei; ihr Vater und ihr Bruder seien bereits ermordet und auch sie sei bereits mit dem Umbringen bedroht worden. Ein Polizist habe ihr schließlich zur Flucht verholfen. Bei einer Rückkehr in ihren Heimatstaat habe sie ihre sofortige Verhaftung und Tötung zu gewärtigen. Aus diesem Grund sei eine Abschiebung von vornherein unzulässig, weshalb sich auch die zu diesem Zweck verhängte Schubhaft als rechtswidrig erweise.

Zudem würde ihre Abschiebung - da sie keine Reisedokumente besitze - bereits aus diesen formalen Hinderungen heraus scheitern.

Aus allen diesen Gründen wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit der verhängten Schubhaft beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH Schärding zu Zl.

Sich-40/4968-1993; da aus diesem in Verbindung mit dem Beschwerdevorbringen der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien, konnte im übrigen gemäß § 52 Abs. 2 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. 838/1992 (im folgenden: FrG), von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhand lung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 51 Abs. 1 FrG hat derjenige, der unter Berufung auf das FrG angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Anhaltung anzurufen.

4.2. Wie sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt ergibt, hat die Beschwerdeführerin im Zuge ihrer niederschriftlichen Einvernahme vom 15. Oktober 1993 offensichtlich auch einen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in ihren Heimatstaat gemäß § 54 FrG gestellt.

In diesem Fall kann die Schubhaft nach § 48 Abs. 4 Z. 1 FrG grundsätzlich bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrechterhalten werden. Da diese Bestimmung einerseits ausdrücklich auf eine "rechtskräftige Entscheidung" abstellt und § 54 Abs. 3 FrG in diesem Zusammenhang normiert, daß über Berufungen gegen solcherart abweisende Feststellungsbescheide bereits binnen Wochenfrist zu entscheiden ist, hat man sohin insgesamt davon auszugehen, daß die Erstbehörde - insbesondere bei noch aufrechter Anhaltung - raschestmöglich über einen derartigen Feststellungsantrag entscheiden muß (so zB VfGH v. 30. Juni 1993, B 1358/92, 5).

Dies ergibt sich überdies auch aus § 48 Abs. 1 FrG, wonach die Behörde verpflichtet ist, darauf hinzuwirken, daß die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, und aus § 73 Abs. 1 AVG, wonach die Behörden prinzipiell ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden haben.

Gründe, weshalb im vorliegenden Fall nach nunmehr über zwei Monaten nach der Antragstellung nicht einmal noch eine erstbehördliche Entscheidung vorliegt, wurden von der belangten Behörde im Zuge der Aktenvorlage nicht vorgebracht und sind auch - insbesondere wenn man in diesem Zusammenhang bedenkt, daß der Verfassungsgerichtshof dem unabhängigen Verwaltungssenat die Pflicht auferlegt, binnen Wochenfrist im Zuge einer Schubhaftbeschwerde ua. auch über die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat materiell abzusprechen (vgl. wiederum VfGH v. 30. Juni 1993, B 1358/92, 6 f) - objektiv besehen nicht erschließbar.

Die Anhaltung der Beschwerdeführerin überschreitet daher im vorliegenden Fall zum gegenwärtigen Zeitpunkt bereits unzulässigerweise den von § 48 FrG vorgegebenen zeitlichen Rahmen.

4.3. Es war daher der vorliegenden Beschwerde gemäß § 67c Abs. 3 AVG iVm § 52 FrG schon aus diesem Grund stattzugeben und die Rechtswidrigkeit der weiteren Anhaltung der Beschwerdeführerin in Schubhaft festzustellen, ohne daß noch auf deren weiteres Vorbringen einzugehen war.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis waren der Beschwerdeführerin nach § 79a AVG antragsgemäß die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten in Höhe von 7.533,33 S zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für den Oö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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