Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400270/4/Schi/Ka

Linz, 10.06.1994

VwSen-400270/4/Schi/Ka Linz, am 10. Juni 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Beschwerde des S F, vertreten durch RA wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Wels zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft als rechtswidrig festgestellt.

II. Die Bundespolizeidirektion Wels als belangte und im gegenständlichen Fall für den Bund tätig gewordene Behörde ist verpflichtet, dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters die mit 7.533,33 S als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig bestimmten Kosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 52 FrG iVm § 67c Abs.3 AVG Zu II.: § 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Der Beschwerdeführer hat mit Schriftsatz vom 7.6.1994, eingelangt beim unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 8.6.1994, Schubhaftbeschwerde eingebracht und den Antrag gestellt, daß die gesetzliche Voraussetzung für die Inschubhaftnahme und Anhaltung in Schubhaft ab dem 21.5.1994 nicht gegeben ist sowie zu erkennen, daß der Bund schuldig ist, dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu ersetzen. Begründend wurde ausgeführt, daß er anerkannter Flüchtling sei und diesen Status bis zur rechtskräftigen Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft besitze. Er halte sich daher legal in Österreich auf und dürfe aus Österreich nicht abgeschoben werden, schon gar nicht in sein Heimatland Iran, aus dem er aus anerkannten politischen Gründen geflohen sei. Bereits dieser Umstand stehe der Inschubhaftnahme und der Aufrechterhaltung der Schubhaft entgegen. Dazu kommt, daß zum Zeitpunkt seiner Inschubhaftnahme er eine geregelte Beschäftigung und einen geregelten Wohnsitz gehabt habe, sodaß keine Fluchtgefahr gegeben war. Es sei offensichtlich geplant, ihm das Asyl abzuerkennen und ihm in der Folge in den Iran abzuschieben. Diese Abschiebung sei unzulässig, da dieser Vorgangsweise das Rückschiebungsverbot entgegenstehe.

Es sei daher davon auszugehen, daß er im Iran tatsächlich aus Gründen des § 37 Abs.1 FrG bedroht sei.

Da seine Abschiebung in den Iran unzulässig sei, erweise sich auch seine Anhaltung in Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung als unzulässig und rechtswidrig.

Schließlich beruft er sich darauf, daß nach den Bestimmungen des Asylgesetzes und des FrG bei anerkannten Flüchtlingen die Fremdenbehörde (im gegenständlichen Fall die belangte Behörde) für die Verhängung der Schubhaft nicht zuständig sei. Es werde daher ausdrücklich auch die Erlassung des Schubhaftbescheides durch eine ihm zuständige Behörde als rechtswidrig gerügt.

2. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels vom 21.5.1994, Zl. IV FR, wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 41 Abs.1 FrG die Schubhaft verhängt, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 18 FrG sowie um die Abschiebung nach § 36 FrG zu sichern.

Begründend wurde ausgeführt, daß die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes notwendig sei, weil der Beschwerdeführer den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag und ohne Reisedokument und unangemeldet seit "03.1994" (gemeint wohl: März 1994) Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet genommen hat, zudem er sich nach eigenen Angaben in Deutschland 8 Monate in Haft befunden habe und beim LG Wels ein Verfahren wegen § 133 StGB anhängig ist. Die Abschiebung sei notwendig, weil die Überwachung der Ausreise aufgrund der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit notwendig erscheint und der Beschwerdeführer dem Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist.

3. Aus dem Fremdenakt der belangten Behörde ergeben sich folgende wesentliche Fakten.

3.1. Gegen den Beschwerdeführer besteht ein seit 6.5.1992 rechtskräftiges Aufenthaltsverbot der Bundespolizeidirektion Linz vom 23.6.1992, Fr-78.535, gültig bis 18.3.1997; bis 31.8.1993 hatte der Beschwerdeführer einen Vollstreckungsaufschub; dieser wurde offensichtlich nicht verlängert.

3.2. Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des BM für Inneres vom 15.6.1992, Zl.4.334.137/2-III/13/92, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt.

Beim Bundesasylamt, L, ist derzeit ein Verfahren zur Aberkennung bzw Überprüfung der Flüchtlingseigenschaft anhängig.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

4.1. Gemäß § 51 Abs.1 FrG hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 FrG) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (§ 52 Abs.4 FrG).

4.2. Zur Zuständigkeit der belangten Behörde:

Der Beschwerdeführer macht in Z4 seiner Beschwerde die Unzuständigkeit der belangten Behörde zur Verhängung der Schubhaft geltend; diesfalls verkennt der Beschwerdeführer die Rechtslage vollkommen bzw hat er offenbar übersehen, daß bereits mit BGBl.Nr.838/1992 § 9 Abs.1 Asylgesetz 1991 insofern geändert wurde, daß auch hier die Fremdenbehörde zuständig ist und nicht mehr das Bundesasylamt.

4.3. Gemäß § 9 Abs.1 Asylgesetz 1991, BGBl.Nr.8/1992 idF BGBl.Nr.838/1992, findet das Fremdengesetz auf Flüchtlinge, die Asyl haben, sowie auf Asylwerber, die eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung (§ 7) und auf Fremde mit befristeter Aufenthaltsberechtigung (§ 8), mit Ausnahme der §§ 17, 23 bis 25, 27 Abs.3 und 4, 28 bis 36, 38 bis 40 sowie 63 und 82 Anwendung. Ein Aufenthaltsverbot, das gegen solche Fremde erlassen worden ist, wird ungeachtet der im § 22 FrG genannten Voraussetzungen erst durchsetzbar, wenn der Fremde seine Aufenthaltsberechtigung verloren hat.

Gemäß § 41 Abs.1 FRG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt seiner Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen.

4.4. Der der Schubhaft zugrundeliegende Schubhaftbescheid wurde gemäß § 41 Abs.1 FRG iVm § 57 AVG einerseits zur Sicherung der Abschiebung nach § 36 FrG und andererseits um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 18 FrG zu sichern, erlassen.

Dies ist aber im vorliegenden Fall aus folgenden Gründen gesetzlich unzulässig: Wie bereits oben im Sachverhalt angeführt, besteht gegen den Bf ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot, sodaß die Schubhaft nicht aus dem Grund verhängt werden kann, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zu sichern.

Aber auch die weiteren Möglichkeiten der Anhaltungen in Schubhaft, nämlich um ua die Abschiebung zu sichern, kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht: § 36 FrG regelt die Abschiebung. Wie oben im Sachverhalt ausgeführt, besitzt der Bf derzeit tatsächlich (noch) Asyl; aus dem oben zitierten § 9 Abs.1 AsylG 1991 ist auf derartige Personen ua § 36 FrG nicht anwendbar. Da somit im vorliegenden Fall die gemäß § 41 Abs.1 FrG erforderlichen Voraussetzungen einer Anhaltung in Schubhaft nicht vorliegen, war diese rechtswidrig. In diesem Zusammenhang wird noch bemerkt, daß gemäß § 9 Abs.1 letzter Satz AsylG 1991 das Aufenthaltsverbot, das gegen solche Fremde erlassen worden ist, ungeachtet der im § 22 FrG genannten Voraussetzungen erst durchsetzbar wird, wenn der Fremde seine Aufenthaltsberechtigung verloren hat.

4.5. Bei diesem Ergebnis braucht auf das Beschwerdevorbringen zur weiteren Unzulässigkeit wegen Verstoßes gegen das Refoulmentverbot nicht mehr eingegangen zu werden.

4.6. Aus diesen Gründen erweist sich somit die Schubhaftverhängung gegen den Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall als rechtswidrig; der vorliegenden Beschwerde war daher gemäß §§ 52 FrG iVm 67c Abs.3 AVG stattzugeben.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis waren dem Bf nach § 79a AVG antragsgemäß Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung in Höhe von 7.533,33 S zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Schieferer

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