Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400274/4/Schi/Ka

Linz, 11.07.1994

VwSen-400274/4/Schi/Ka Linz, am 11. Juli 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Beschwerde des S T, kroatischer Staatsangehöriger, derzeit Gefangenenhaus des Landesgerichtes Ried, 4910 Ried, Bahnhofstraße 56, vertreten durch RA vom 5. Juli 1994 wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Schärding, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird gleichzeitig festgestellt, daß die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

II. Der Kostenantrag des Beschwerdeführers wird abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der belangten Behörde (dem Land Oberösterreich) die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Höhe von 377 S (Vorlageaufwand) binnen 14 Tagen ab Zustellung bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 51 Abs.1 und § 52 Abs.1, 2 und 4 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl.Nr.838/1992, iVm § 67c Abs.1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr.51/1992; Zu II.: §§ 74 und 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Der Beschwerdeführer (im folgenden: Bf), ein kroatischer Staatsangehöriger, reiste am 20.6.1994 bei der Grenzkontrollstelle Spielfeld illegal unter Verwendung eines verfälschten kroatischen Reisepasses (Lichtbildauswechsel) nach Österreich ein. In weiterer Folge versuchte er am 21.6.1994 beim Zollamt Suben - Autobahn wiederum unter Verwendung des verfälschten Reisedokumentes von Österreich nach Deutschland zu reisen. Anläßlich der deutschen Einreisekontrolle wurde die Reisepaßverfälschung festgestellt, worauf ihm die Einreise nach Deutschland verweigert wurde; er wurde anschließend nach Österreich zurückgewiesen. Im Zuge der Überprüfung des Sachverhaltes wurde festgestellt, daß er nicht im Besitze eines gültigen Reisedokumentes war und sich dadurch illegal im Bundesgebiet der Republik Österreich aufgehalten hat.

1.2. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 21.6.1994, Sich 41-359-1994, wurde über den Bf die Schubhaft verhängt und durch Überstellung in das Gefangenenhaus des Landesgerichtes Ried/I. sofort vollzogen. Gleichzeitig wurde gegen ihn wegen Verdacht des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft Ried/I. erstattet.

1.3. Mit Schriftsatz vom 5.7.1994, eingelangt beim O.ö.

Verwaltungssenat am 6.7.1994, hat der Bf, vertreten durch seinen Rechtsanwalt Beschwerde gemäß Art.129a Abs.1 Z3 B-VG iVm § 67c Abs.3 AVG wegen Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft erhoben, weil er durch die Aufrechterhaltung der Schubhaft in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit sowie in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unterrichtung über die Gründe seiner Festnahme und die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen in einer ihm verständlichen Sprache verletzt. Er stellt daher den Antrag, es möge die Rechtswidrigkeit der Schubhaft festgestellt werden und der belangten Behörde die Kosten der notwendigen Rechtsvertretung auferlegt werden. Begründend wurde ausgeführt, es obliege der Polizeibehörde, ungesäumte Abschiebungen vorzubereiten und in diesem Zusammenhang mit der gebotenen Raschheit zu klären, in welches Land der Fremde abgeschoben werden soll. Nach Art.4 des BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit ist jeder Festgenommene ehestens, womöglich bei seiner Festnahme, in einer ihm verständlichen Sprache über die Gründe seiner Festnahme und die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen zu unterrichten.

Überdies hat jeder Festgenommene das Recht, daß auf sein Verlangen ohne unnötigen Aufschub und nach einer Woche ein Angehöriger oder ein Rechtsbeistand von der Festnahme verständigt werden. Aus der Stellungsanzeige an Staatsanwaltschaft Ried/I. gehe hervor, daß er tatsächlich die Zagreber Telefonnummer 219-485 angerufen habe. Im Protokoll sei aber auch vermerkt, daß er nicht Deutsch verstehe und vermutlich ein Kroate sei. Es sei richtig, daß er der deutschen Sprache nicht mächtig sei und als gebürtiger Albaner sowohl albanisch als auch kroatisch spreche.

2. Der O.ö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die vorgelegten Verwaltungsakte der Bezirkshauptmannschaft Schärding, Sich 41-359-1994; da aus diesen in Verbindung mit dem Beschwerdevorbringen der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien, konnte im übrigen gemäß § 52 Abs.2 Z1 FrG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

3. In der Sache selbst hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 51 Abs.1 FrG hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 FrG) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (§ 52 Abs.4 FrG).

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde die Rechtswidrigkeit der Festnahme und der weiteren Anhaltung behauptet. Die Beschwerde ist rechtzeitig; auch die übrigen Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt. Die Beschwerde ist daher zulässig, aber nicht begründet.

3.2. Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt seiner Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen.

3.3. Der der Haft zugrundeliegende Schubhaftbescheid wurde gemäß § 41 Abs.1 und 2 FrG iVm § 57 AVG zur Sicherung der Zurückschiebung erlassen und stützt sich im wesentlichen auf den illegalen Aufenthalt in Österreich.

3.4. Gemäß § 35 Abs.1 FrG können Fremde von der Behörde zur Rückkehr ins Ausland verhalten werden (Zurückschiebung), wenn sie 1.) unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist sind und binnen 7 Tagen betreten werden; 2.) innerhalb von 7 Tagen nach Einreise in das Bundesgebiet von der Republik Österreich aufgrund eines Schubabkommens (§ 4 Abs.4) oder internationaler Gepflogenheiten zurückgenommen werden mußten.

4.1. Nach den unbestritten gebliebenen Sachverhaltsfeststellungen liegen im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen des § 35 Abs.1 Z2 für die Zurückschiebung vor. Diesbezüglich hat der Bf auch nichts Gegenteiliges vorgebracht.

4.2. Aufgrund des oben festgestellten Sachverhaltes ergibt sich auch, daß der Bf im Bundesgebiet der Republik Österreich keinen Wohnsitz und mangels gültigem Reisedokument keine Aufenthaltsberechtigung hat. Schon aus diesem Grund erweist sich daher die Annahme der belangten Behörde, daß der Bf im Wissen um die beabsichtigte Durchsetzung der Zurückschiebung durch Untertauchen in der Anonymität diese zu verhindern oder zumindest zu erschweren versuchen würde, jedenfalls nicht als unvertretbar. Daraus geht aber gleichzeitig hervor, daß die Verhängung der Schubhaft im gegenständlichen Fall offensichtlich erforderlich war und ist, um die in Aussicht genommene Zurückschiebung des Bf zu sichern. Es liegt daher bei einer gesamthaften Betrachtung des Falles auf der Hand, daß der Bf keine Gewähr dafür bietet, daß er auch nach dem Eintreffen des Heimreisezertifikates noch an einem bestimmten Aufenthaltsort angetroffen werden würde und die zwangsweise Zurückschiebung damit problemlos durchgeführt werden könnte.

In diesem Zusammenhang schadet es auch nicht, daß diese Begründung im Schubhaftbescheid der belangten Behörde keinen ausdrücklichen Niederschlag findet, weil die Beschwerde gemäß § 51 FrG systematisch gesehen ein Haftprüfungsverfahren darstellt, in dem der unabhängige Verwaltungssenat in erster Linie die materielle Rechtmäßigkeit der Anhaltung zu beurteilen hat.

4.3. Auch eine übermäßige Dauer der Schubhaft, die erst am 21.6.1994 begann, kann zum Zeitpunkt der Entscheidung des O.ö. Verwaltungssenates nicht festgestellt werden; eine solche wurde nicht einmal vom Bf behauptet.

4.4. Insofern der Bf in der Sachverhaltsdarstellung seiner Beschwerde ausführt, daß der Bf den Schubhaftbescheid am 21.6.1994 um 9.00 Uhr übernommen haben "soll" und hinzugefügt wird, daß die Unterschrift auf der dem Bf ausgehändigten Ausfertigung fehle, so ist dazu festzustellen, daß der Bf mit seiner eigenhändigen Unterschrift bestätigt hat, daß er den Schubhaftbescheid am 21.6.1994 um 9.30 Uhr übernommen hat. Dies ist aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt eindeutig ersichtlich.

4.5. Insofern der Bf rügt, daß er bisher noch nicht einvernommen worden sei und ihm die Gründe seiner Festnahme bzw die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen in einer ihm verständlichen Sprache nicht bekanntgegeben worden seien, so ist dazu festzustellen, daß der Bf schon bei seiner Übergabe von den deutschen Grenzbehörden an die österr.

Grenzkontrollstelle Zollamt Suben am 21.6.1994 zur Sache befragt wurde. Weiters wurde der Bf im Schubhaftbescheid vom 21.6.1994 - den er um 9.30 Uhr desselben Tages eigenhändig übernommen hat - hinreichend über die Haftgründe informiert, allerdings in deutscher Sprache. Schließlich wurde der Bf am 8. Juli 1994 unter Beiziehung eines Dolmetschers eingehend zur Sache einvernommen und er über die Haftgründe (nochmals) ausführlich unterrichtet.

Vom O.ö. Verwaltungssenat konnte daher entgegen den Beschwerdebehauptungen keine Verletzung des Art.4 Abs.6 BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit erkannt werden.

5. Im übrigen haben sich auch aus dem gesamten Verwaltungsakt und auch aus dem Beschwerdevorbringen keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines allfälligen Zurückschiebungsverbotes (Refoulmentverbot) ergeben; auch der Bf selbst hat das Vorliegen eines solchen nicht behauptet bzw. anläßlich seiner Vernehmung am 8.7.1994 ausdrücklich erklärt, daß seiner Zurückschiebung nach Kroatien keine Hinderungsgründe iSd § 37 FrG entgegenstehen.

6. Die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Zurückschiebung erweist sich daher aus diesen Gründen als rechtmäßig. Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 52 FrG iVm § 67c Abs.3 AVG abzuweisen.

7. Bei diesem Verfahrensergebnis war daher der Kostenersatzantrag des Bf abzuweisen. Da auch die belangte Behörde einen Antrag auf Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten im Sinn des § 79a AVG (offenbar für Vorlage- und Schriftsatzaufwand) gestellt hat, waren ihr lediglich die Kosten für den Aktenvorlageaufwand (377 S) zuzusprechen, da keine Gegenschrift erstattet wurde.

Das Schreiben vom 6.7.1994, womit der Akt vorgelegt wurde sowie das Telefax vom 11.7.1994, womit die Niederschrift übermittelt wurde, stellen keine als Gegenschrift zu qualifizierende Äußerung dar; das Mehrbegehren mußte daher abgewiesen werden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

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