Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400294/4/Lg/Bk

Linz, 03.10.1994

VwSen-400294/4/Lg/Bk Linz, am 3. Oktober 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Beschwerde der O R, vertreten durch RA wegen Festnahme und Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Schärding zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird festgestellt, daß zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

II. Der Kostenersatzantrag der Beschwerdeführerin wird abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 51 Abs.1, 52 Abs.1, 2 und 4 des Fremdengesetzes FrG, BGBl.Nr. 838/1992 idF BGBl.Nr. 110/1994, iVm § 67c Abs.1 und 3 AVG.

Zu II.: §§ 74 und 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 23.9.1994, beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 27.9.1994, wurde Beschwerde gegen die Inschubhaftnahme und Anhaltung in Schubhaft ab 22.9.1994 durch die Bezirkshauptmannschaft Schärding erhoben und beantragt, die Schubhaft für rechtswidrig zu erklären und den Kostenersatz zuzusprechen.

Begründend wird angeführt, daß keine Gründe vorliegen, welche die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sowie die Abschiebung rechtfertigen. Die Aussage der Beschwerdeführerin vor den Grenzbeamten, daß der Paß in Sarajevo ausgestellt wurde, beruhe auf einem sprachlich bedingten Mißverständnis; in Wahrheit sei der Paß in Laibach ausgestellt worden. Die Beschwerdeführerin habe sich keines gestohlenen Passes bedient, sämtliche darin befindlichen Daten beträfen die Person der Beschwerdeführerin und seien richtig.

Im übrigen wird die Festnahme rund einen halben Tag vor Ausfertigung des Schubhaftbescheides und ohne Festnahmeauftrag gerügt.

2. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt (eingelangt beim unabhängigen Verwaltungssenat am 30.9.1994). Der unabhängige Verwaltungssenat hat darin Einsicht genommen, und, da der entscheidungswesentliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, von der Durchführung einer öffentlichen münd lichen Verhandlung abgesehen (§ 52 Abs.2 Z1 FrG).

3. Es ergibt sich im wesentlichen folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt:

3.1. Die Beschwerdeführerin wollte - nach unbestrittener grenzpolizeilicher Wahrnehmung - am 22.9.1994 um 8.30 Uhr beim Zollamt Suben-Autobahn von Österreich nach Deutschland ausreisen. Dabei wies sie sich mit einem Reisedokument aus, das - wie den Grenzkontrollorganen bekannt war - im EKIS als gestohlen zur Fahndung aufschien. Eine Überprüfung durch slowenische Behörden (nämlich durch die slowenischen Grenzbehörden Spielfeld) ergab, daß der gegenständliche slowenische Reisepaß Nr. am 16.9.1994 bei einem Büroeinbruch gemeinsam mit anderen Reisepaß-Blankodokumenten und Behördenstampiglien entwendet worden war. Außerdem ist nach Auskunft der slowenischen Behörden eine Person mit dem Namen der Beschwerdeführerin in Slowenien nirgendwo registriert. Aufgrund dieser Auskünfte erscheint die Annahme der belangten Behörde plausibel, daß der dringende Verdacht besteht, daß der von der Beschwerdeführerin verwendete Reisepaß nicht auf legalem Weg ausgestellt wurde.

Schon deshalb ist auch die Annahme, daß die Beschwerdeführerin illegal unter Verwendung eines gefälschten Reisedokumentes nach Österreich einreiste, wahrscheinlich.

Die belangte Behörde verhängte deshalb mit Bescheid vom 22.9.1994 über die Beschwerdeführerin zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbots und zur Sicherung der Abschiebung, den verfahrensgegenständlichen Schubhaftbescheid.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

4.1. Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde ua dann festgenommen und angehalten werden, wenn dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder um die Abschiebung zu sichern.

Gemäß § 18 Abs.1 FrG ist gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt die in dieser Bestimmung genannten Rechtsgüter gefährdet oder Interessen verletzt. Als bestimmte Tatsache hat gemäß § 18 Abs.2 Z6 FrG insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder gegenüber einer österreichischen Behörde oder ihren Organen unrichtige Angaben über seine Person oder seine persönlichen Verhältnisse gemacht hat, um sich die Einreise zu verschaffen.

4.2. Kein (selbständiger) Grund für die Verhängung einer Schubhaft ist der im angefochtenen Bescheid angeführte Zweck der Klärung der Identität der Beschwerdeführerin. Hingegen trifft nach dem als erwiesen angenommenen Sachverhalt zu, daß sich die Beschwerdeführerin eines Reisedokuments bediente, von dem sie - nach der Lebenserfahrung beurteilt ("gestohlene" Pässe sind nicht von zuständigen Behörden erhältlich) - wußte, daß es nicht auf legalem Weg ausgestellt worden war. Vor dem Hintergrund der slowenischen Behördenauskunft, daß eine Person dieses Namens in Slowenien nicht registriert ist, ist es sehr wahrscheinlich, daß die Beschwerdeführerin überdies nicht slowenische Staatsbürgerin ist, und erscheint es außerdem nicht ausgeschlossen, daß weitere Angaben zu ihrer Person bzw ihren persönlichen Verhältnissen, wie sie im Paß enthalten sind, nicht zutreffen. Für den Fall, daß sich diese nach derzeitigem Ermittlungsstand sehr wahrscheinlichen Tatsachen bestätigen, ist der Aufenthaltsverbotsgrund des § 18 Abs.2 Z6 FrG gegeben.

4.3. Auch der von der belangten Behörde angenommene Sicherungszweck liegt vor:

Aufgrund des dargelegten Sachverhaltes erscheint es als wahrscheinlich, daß die Beschwerdeführerin ohne gültige Reisedokumente nach Österreich eingereist ist und illegal in die BRD ausreisen wollte. Ihr Aufenthalt im Bundesgebiet Österreichs ohne Aufenthaltsberechtigung war von vornherein unrechtmäßig. Nach den im gegenständlichen Dokument befindlichen Stempeln zu urteilen, hat die Beschwerdeführerin den Paß bereits zuvor mehrfach für Grenzübertritte verwendet. Da die Beschwerdeführerin außerdem über keinen Wohnsitz, Beruf oder sonstige Bindungen in Österreich verfügt, erscheint in Anbetracht der geschilderten Umstände die Annahme, daß ohne die Anhaltung der Beschwerdeführerin in Schubhaft das Fremdenverfahren wesentlich erschwert wäre, weil sie voraussichtlich in der Anonymität untertauchen würde, als durchaus gerechtfertigt. Dies rechtfertigt aber nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Anhaltung in Schubhaft.

4.4. Da sohin Gründe für die Verhängung der Schubhaft vorlagen, die Gründe fortbestanden und keine Änderung erfahren haben, war die Anhaltung in Schubhaft rechtmäßig und liegen auch weiterhin Gründe für die Anhaltung in Schubhaft vor.

4.5. Zur Rüge der Festnahme ohne Festnahmeauftrag ist festzuhalten, daß nach der Aktenlage ein Festnahmeauftrag wenn auch nur mündlich im Wege der in der Beschwerde erwähnten telefonischen "Rücksprache" - erteilt wurde. Das FrG fordert nicht, daß sich die schriftliche Ausfertigung des Festnahmeauftrages bereits vor der Festnahme in Händen der Exekutivorgane befinden muß (§ 43 Abs.1 Z1 iVm § 42 Abs.1 FrG); es kann die rechtliche Situation hier nicht anders sein als im Bereich der Strafgerichtsbarkeit, wo, bei vergleichbaren Bestimmungen, von der höchstrichterlichen Rechtsprechung unbeanstandet, Haftbefehle zunächst mündlich erteilt werden. Festzuhalten ist außerdem, daß sich aus dem bloßen Fehlen der schriftlichen Ausfertigung des Haftbefehls (im Akt) nicht die Rechtswidrigkeit der Festnahme ergibt und daß überdies - von der Beschwerde nicht bestritten - die materiellen Festnahmevoraussetzungen des § 42 Abs.1 Z2 FrG vorliegen.

Auch bei anderer Auffassung (wenn man die Festnahme als eine solche aus eigener Macht der Exekutivorgane ansehen wollte), wäre für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen, wurde doch nach dem als erwiesen angenommenen Sachverhalt die Beschwerdeführerin betreten, als sie sich als paßpflichtige Fremde ohne Besitz eines gültigen Reisedokuments im Bundesgebiet aufhielt und zum Zwecke einer für die Sicherung des Verfahrens unerläßlichen Vorführung vor die Behörde festgenommen (§ 85 Abs.2 iVm § 82 Abs.1 Z3 FrG).

5. Gemäß § 79a AVG steht nur der obsiegenden Partei der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu. Da die Beschwerde erfolglos geblieben ist, war der Kostenantrag der Beschwerdeführerin abzuweisen.

Die belangte Behörde hat keinen Kostenantrag gestellt, weshalb keine weitere Kostenentscheidung zu treffen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Langeder

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