Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400296/5/Ki/Rd

Linz, 13.10.1994

VwSen-400296/5/Ki/Rd Linz, am 13. Oktober 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Beschwerde des A M S W, behauptetermaßen sumalischer Staatsangehöriger, derzeit Nietzschestraße 33, 4020 Linz, vertreten durch RA vom 6.10.1994 wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides bzw. Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Schärding zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird gleichzeitig festgestellt, daß die zum Zeitpunkt der Entscheidung für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Anhaltung rechtmäßig ist.

II. Der Beschwerdeführer hat der belangten Behörde (dem Bund) die Kosten in Höhe von 376,66 S binnen 14 Tagen ab der Zustellung des Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 51 Abs.1, 52 Abs.1, 2 und 4 des Fremdengesetzes FrG, BGBl.Nr. 838/1992, iVm § 67c Abs.1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG.

zu II.: §§ 74 und 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 6.10.1994, beim unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich eingelangt am 7.10.1994, hat der Bf Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft erhoben und beantragt, der unabhängige Verwaltungssenat möge feststellen, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft nicht erfüllt sind, die über ihn verhängte und aufrechterhaltene Schubhaft sohin rechtswidrig ist sowie erkennen, der Bund (BMfI) ist schuldig, dem Bf die Kosten des Beschwerdeverfahrens im verzeichneten Ausmaß binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu Handen des Bf-Vertreters zu bezahlen.

1.2. In der Beschwerdebegründung wird im wesentlichen ausgeführt, daß der Abschiebung in sein Heimatland das Rückschiebungsverbot des Art. 3 MRK iVm §§ 37 und 54 FrG entgegenstehen würde. Dies deshalb, da er im Falle seiner Abschiebung in sein Heimatland seine sofortige Verhaftung und Tötung durch den Haweye-Clan zu befürchten hätte. Da sohin die Abschiebung nach Somalia unzulässig und damit rechtswidrig wäre, erweise sich die über ihn verhängte und aufrechterhaltene Schubhaft zum Zwecke der Erreichung dieses rechtswidrigen Zwecks als rechtswidrig und unzulässig.

Er habe nach seiner Einreise in Österreich einen Asylantrag gestellt, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes Linz abgewiesen wurde, gegen diesen Bescheid habe er am 14.9.1994 fristgerecht Berufung erhoben und in eventu den Antrag auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung gestellt. Weiters habe er am 19.9.1994 an die BH Schärding den Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung gemäß § 54 FrG gestellt. In beiden Fällen sei noch keine Entscheidung ergangen.

1.3. Die BH Schärding als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und mitgeteilt, daß sich der Bf derzeit noch in Schubhaft im Polizeigefangenenhaus Linz befinde. Es wurde beantragt, die Beschwerde abzuweisen sowie den pauschalierten Aufwandersatz zuzusprechen.

1.4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den vorliegenden Verwaltungsakt Einsicht genommen und festgestellt, daß der Sachverhalt in den wesentlichen entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gemäß § 52 Abs.1 Z1 FrG unterbleiben.

1.5. Es ergibt sich nachstehender im wesentlichen für die Entscheidung relevanter Sachverhalt:

Der Bf wurde am 26.8.1994 von Beamten der Gendarmerie Schärding festgenommen, als er zusammen mit 16 weiteren Personen, versteckt im Laderaum eines niederländischen LKW, beim Zollamt Suben/Autobahn illegal unter Entziehung der Grenzkontrolle und ohne im Besitz eines gültigen Reisedokumentes von Österreich nach Deutschland ausreisen wollte.

Laut seinen im Asylverfahren gemachten Angaben habe er im November 1990 Somalia wegen des herrschenden Bürgerkrieges verlassen und sich bis Ende Oktober 1992 in einem Flüchtlingscamp in Kenia aufgehalten. In der Folge sei er bis Dezember 1992 in Äthiopien und dann bis Mitte März 1993 wiederum in einem Flüchtlingscamp in Aden aufhältig gewesen.

Bis zu seiner Einreise nach Österreich am 30.6.1994 habe er sich dann bei Bekannten in Saudi-Arabien aufgehalten. In Riad habe er auf der Botschaft von Somalia einen somalischen Reisepaß erhalten und mit diesem, nachdem er von der österreichischen Botschaft in Riad einen Touristensichtvermerk, gültig bis zum 11.7.1994 erhalten habe, am 30.7.1994 bei Wien/Schwechat in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Bis zu seiner versuchten Ausreise über Deutschland nach Holland, sei er in Wien bei verschiedenen Afrikanern aufhältig gewesen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der BH Schärding vom 26.8.1994, Sich41-564-1994, wurde über den Bf zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bzw. zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt. Diese Maßnahme wurde damit begründet, daß er in den letzten Tagen illegal und ohne im Besitz eines gültigen Reisedokumentes in das Bundesgebiet eingereist sei. Er habe sich seit seiner Einreise illegal im Bundesgebiet aufgehalten. Da beabsichtigt sei, gegen ihn ein Aufenthaltsverbot zu erlassen und ihn anschließend in sein Heimatland abzuschieben, werde die Schubhaft verhängt. Die fremdenpolizeiliche Maßnahme sei erforderlich, da im weiteren Verfahren seine genaue Identität noch zu klären sei, da er nicht im Besitz eines Identitätsdokumentes ist. Da er sich illegal im Bundesgebiet aufhalte, und illegal ein- bzw. ausgereist sei, habe er bereits strafbare Tatbestände gesetzt. Sein Verhalten habe bisher gezeigt, daß er nicht gewillt sei, sich der österreichischen Rechtsordnung anzupassen.

Es bestehe daher ernsthaft die Gefahr, daß er sich bei einer Abstandnahme von der Verhängung der Schubhaft dem Zugriff der Behörden entziehen und dadurch die angeführten fremdenpolizeilichen Maßnahmen verhindern würde.

Die Schubhaft wird im Polizeigefangenenhaus Linz vollzogen.

Ein vom Bf gestellter Antrag auf Gewährung von Asyl vom 1.9.1994 wurde mit Bescheid des Bundesasylamts vom 5.9.1994, 9403.191-BAL, abgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat der Bf mit Schriftsatz vom 14.9.1994 Berufung erhoben und gleichzeitig einen Antrag auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Asylgesetz gestellt.

Mit Schriftsatz vom 19.9.1994 hat der Bf an die BH Schärding einen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung gemäß § 54 FrG gestellt.

Mit Schreiben vom 16.9.1994 hat die BH Schärding die österreichische Botschaft im Königreich Saudi-Arabien im Wege des BMfAA um Mitteilung ersucht, ob die Angaben des Bf, er habe am 8.6.1994 bei der österreichischen Botschaft in Riad einen Touristensichtvermerk ausgestellt erhalten, der Wahrheit entsprechen, wobei im Hinblick auf die derzeitige Schubhaft um vordringliche Behandlung ersucht wurde.

In einem weiteren Schreiben vom 16.9.1994 hat die belangte Behörde die Botschaft der Demokratischen Republik Somalia in Bonn, um Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Bf ersucht.

1.6. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

Gemäß § 51 Abs.1 Fremdengesetz - FrG, BGBl.Nr. 838/1992 idF BGBl.Nr. 110/1994, hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 leg.cit.).

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (§ 52 Abs.4 leg.cit.).

Die gegenständliche Beschwerde richtet sich gegen die Verhängung und weitere Anhaltung in Schubhaft. Die Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt. Die Beschwerde ist daher zulässig, aber nicht begründet.

Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen.

Der der Schubhaft zugrundeliegende Schubhaftbescheid wurde gemäß § 41 Abs.1 und 2 FrG iVm § 57 AVG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bzw. zur Sicherung der Abschiebung erlassen. Die von der belangten Behörde erwogenen Gründe für die angefochtene Maßnahme wurden bereits unter Punkt 1.5. angeführt. Der unabhängige Verwaltungssenat vertritt die Auffassung, daß trotz der Behauptung einer legalen Einreise am 30.6.1994 in Anbetracht der Gesamtumstände, insbesondere der illegalen Ausreise, nicht ausgeschlossen ist, daß der Bf auch illegal in das Bundesgebiet eingereist ist und somit gegenüber einer österreichischen Behörde bzw. ihren Organen unrichtige Angaben gemacht hat, um sich eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 15 Abs.1 und 3 FrG zu verschaffen (§ 18 Abs.2 Z6 FrG). Alleine aus diesem Grund erscheint das von der belangten Behörde in Aussicht genommene Aufenthaltsverbot nicht von vornherein unzulässig und ist daher die Durchführung eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens bezüglich einer allfälligen Erlassung eines Aufenthaltsverbotes notwendig.

Darüber hinaus hat sich der Bf zum Zeitpunkt seiner Aufgreifung jedenfalls nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten, sodaß auch eine Ausweisung gemäß § 17 Abs.1 FrG in Betracht gezogen werden könnte. Inwieweit die Voraussetzungen tatsächlich vorliegen, wird die belangte Behörde im Rahmen des von ihr eingeleiteten fremdenpolizeilichen Verfahrens abzuklären haben.

Im Hinblick darauf, daß der Bf bei seiner Aufgreifung seine wahre Identität verschleiern wollte und daß diese letztlich bis dato nicht geklärt ist, zumal er weder über ein Reisedokument noch über sonstige, für den Nachweis der Identität geeignete Papiere verfügt und er überdies keine entsprechende Unterkunft zur Verfügung hat, ist nicht auszuschließen, daß er sich dem fremdenpolizeilichen Zugriff entziehen bzw. diesen zumindest erschweren könnte und es hat die belangte Behörde die Schubhaft zu Recht angeordnet.

Was das Rückschiebungsverbot nach Somalia (Art. 3 MRK iVm §§ 37 und 54 FrG) anbelangt, so kommt diesbezüglich dem unabhängigen Verwaltungssenat nach der geltenden Rechtslage keine Sachentscheidungsbefugnis zu, zumal der Bf im Zuge des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes die Möglichkeit hat, einen Antrag auf Feststellung, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß der Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 37 Abs.1 oder 2 bedroht ist, zu stellen (§ 54 Abs.1 FrG). Gemäß den §§ 65 Abs.1 und 70 Abs.1 FrG sind für die Sachentscheidung in diesen Angelegenheiten die Fremdenpolizeibehörden (bzw.

Sicherheitsdirektionen als Berufungsbehörden) vorgesehen.

Die gesetzwidrige Inanspruchnahme einer solchen Entscheidungskompetenz würde eine Verletzung des Rechtes auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 83 Abs.2 B-VG darstellen. Da es dem unabhängigen Verwaltungssenat im Bereich des Sonderverfahrens nach § 54 FrG bereits an der abstrakten Kompetenz zur Entscheidung fehlt, hat der VwGH in seinem Erkenntnis vom 4.10.1993, B 364/93-7, ausgesprochen, daß nach der Rechtslage des FrG nur für jene Fälle, in denen die Möglichkeit der Antragstellung iSd § 54 Abs.1 FrG nicht bestand, hinsichtlich der Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates zur Prüfung des Refoulment-Verbotes sinngemäß die Erwägungen des Erkenntnisses vom 19.6.1993, B 1084/92-6, auf der Grundlage des FrPG gelten.

Dieser Rechtslage entsprechend hat vorerst ausschließlich die belangte Behörde über den vom Bf am 19.9.1994 gestellten Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung gemäß § 54 FrG zu entscheiden. Die Anhaltung in Schubhaft während dieses Verfahrens ist grundsätzlich zulässig (vgl.

§ 48 Abs.4 Z1 FrG).

Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß der Bf durch die Verhängung der Schubhaft in seinen Rechten nicht verletzt wurde und derzeit auch aus der Aktenlage keine Umstände ersichtlich sind, wonach die Schubhaft bisher unangemessen lange dauern würde oder der belangten Behörde unangemessene Verzögerungen anzulasten wären. Es liegen demnach auch die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vor. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

2. Gemäß § 79a AVG steht nur der obsiegenden Partei der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu. Da die Beschwerde erfolglos geblieben ist, war der Kostenantrag des Bf abzuweisen.

Die belangte Behörde hat einen Kostenantrag gestellt, weshalb ihr für die Aktenvorlage nach der Pauschalierungsverordnung, BGBl.Nr. 416/1994, ein Vorlageaufwand, gekürzt um ein Drittel, von 376,66 S zuzusprechen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. K i s c h

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