Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400311/5/Wei/Bk

Linz, 21.11.1994

VwSen-400311/5/Wei/Bk Linz, am 21. November 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des A M S W, somalischer Staatsangehöriger, dzt. Polizeigefangenenhaus Nietzschestraße 33, 4010 Linz, vertreten durch Rechtsanwalt in L, vom 15.

November 1994 wegen weiterer Anhaltung in Schubhaft seit dem h. Erkenntnis, VwSen-400296/5/Ki/Rd, vom 13. Oktober 1994 durch die Bezirkshauptmannschaft Schärding zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird gleichzeitig festgestellt, daß die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

II. Mangels Antragstellung entfällt eine Kostenentscheidung zugunsten der obsiegenden Partei.

Rechtsgrundlagen:

§§ 51 Abs 1, 52 Abs 2 und 4 des Fremdengesetzes - FrG (BGBl Nr. 838/1992) iVm § 67c Abs 3 und § 79a AVG 1991.

Entscheidungsgründe:

1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht aufgrund der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde von folgendem Sachverhalt aus:

1.1. Mit Erkenntnis vom 13. Oktober 1994, VwSen-400296/5/Ki/Rd, hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich die Schubhaftbeschwerde vom 6.

Oktober 1994 des Beschwerdeführers (im folgenden Bf) als unbegründet abgewiesen und festgestellt, daß die Anhaltung rechtmäßig ist und die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Dieser Entscheidung lag der folgende Sachverhalt zugrunde:

Der Bf wurde am 26. August 1994 von Beamten der Gendarmerie Schärding festgenommen, als er zusammen mit 16 weiteren Personen, versteckt im Laderaum eines niederländischen LKW's, beim Zollamt Suben/Autobahn illegal unter Umgehung der Grenzkontrolle und ohne im Besitz eines gültigen Reisedokumentes von Österreich nach Deutschland ausreisen wollte. Laut seinen im Asylverfahren gemachten Angaben habe er im November 1990 Somalia wegen des herrschenden Bürgerkrieges verlassen und sich bis Ende Oktober 1992 in einem Flüchtlingscamp in Kenia aufgehalten. In der Folge sei er bis Dezember 1992 in Äthiopien und dann bis Mitte März 1993 wiederum in einem Flüchtlingscamp in Aden aufhältig gewesen. Bis zu seiner Einreise nach Österreich am 30. Juni 1994 habe er sich dann bei Bekannten in Saudi-Arabien aufgehalten. In Riad habe er auf der Botschaft von Somalia einen somalischen Reisepaß erhalten und sei mit diesem, nachdem er von der österreichischen Botschaft in Riad einen Touristensichtvermerk, gültig bis zum 11. Juli 1994 erhalten hatte, am 30. Juni 1994 bei Wien/Schwechat in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Bis zu seiner versuchten Ausreise über Deutschland nach Holland, sei er in Wien bei verschiedenen Afrikanern aufhältig gewesen.

Mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 26. August 1994, Sich 41-564-1994, wurde über den Bf zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bzw.

zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt. Diese Maßnahme wurde damit begründet, daß er in den letzten Tagen illegal und ohne im Besitz eines gültigen Reisedokumentes in das Bundesgebiet eingereist sei. Er habe sich seit seiner Einreise illegal im Bundesgebiet aufgehalten. Da beabsichtigt sei, gegen ihn ein Aufenthaltsverbot zu erlassen und ihn anschließend in sein Heimatland abzuschieben, werde die Schubhaft verhängt. Die fremdenpolizeiliche Maßnahme sei erforderlich, da im weiteren Verfahren seine genaue Identität noch zu klären sei und er nicht im Besitz eines Identitätsdokumentes ist. Da er sich illegal im Bundesgebiet aufhalte, und illegal ein- bzw.

ausgereist sei, habe er bereits strafbare Tatbestände gesetzt. Sein Verhalten habe bisher gezeigt, daß er nicht gewillt sei, sich der österreichischen Rechtsordnung anzupassen. Es bestehe daher ernsthaft die Gefahr, daß er sich bei einer Abstandnahme von der Verhängung der Schubhaft dem Zugriff der Behörde entziehen und dadurch die angeführten fremdenpolizeilichen Maßnahmen verhindern werde.

Mit Bescheid des Bundesasylamts vom 5. September 1994, Zahl 94 03.191-BAL, wurde der Asylantrag des Bf vom 1. September 1994 abgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat der Bf mit Schriftsatz vom 14. September 1994 Berufung erhoben und gleichzeitig einen Antrag auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß dem § 8 Asylgesetz gestellt.

Mit Schriftsatz vom 19. September 1994 hat der Bf an die Bezirkshauptmannschaft Schärding einen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung gemäß § 54 FrG gestellt.

Mit Schreiben vom 16. September 1994 hat die Bezirkshauptmannschaft Schärding die österreichische Botschaft im Königreich Saudi-Arabien im Wege des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten um Mitteilung ersucht, ob die Angaben des Bf, er habe am 8. Juni 1994 bei der österreichischen Botschaft in Riad einen Touristensichtvermerk ausgestellt erhalten, der Wahrheit entsprechen, wobei im Hinblick auf die derzeitige Schubhaft um vordringliche Behandlung ersucht wurde.

In einem weiteren Schreiben vom 16. September 1994 hat die belangte Behörde die Botschaft der Demokratischen Republik Somalia in Bonn um Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Bf ersucht.

Seit der letzten Entscheidung des O.ö. Verwaltungssenates ergibt sich der nachstehende weitere Sachverhalt:

1.2. Mit Schreiben vom 5. Oktober 1994 teilte die österreichische Botschaft in Riad der Bezirkshauptmannschaft Schärding mit, daß der Bf am 29. Mai 1994 unter Vorlage des somalischen Reisepasses Nr. , ausgestellt am 6. April 1994 von der somalischen Botschaft in Riad und gültig bis 5.

April 1997, einen Einreisesichtvermerk für ein Monat beantragt hat. Außerdem legte er auch ein Schreiben der Firma P & LM E vor, wonach er oberster Sicherheitsbeauftragter dieser Firma sei.

Mit Bescheid vom 19. Oktober 1994, Zl. Sich 41-564-1-1995, hat die belangte Behörde gegen den Bf ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot verhängt und die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausgeschlossen. In der Begründung wird vor allem auf § 18 Abs 2 Z 6 FrG hingewiesen, weil der Bf gegenüber der österreichischen Botschaft unrichtige Angaben über seine persönlichen Verhältnisse und den Zweck seines Aufenthaltes gemacht hatte. Zum einen war er nach seinen eigenen Angaben bereits seit 5 Monaten nicht mehr oberster Sicherheitsbeauftragter und zum anderen wollte er nicht als Tourist nach Österreich reisen, sondern in die BRD oder Niederlande gelangen und um politisches Asyl ansuchen.

Gegen das erstinstanzliche Aufenthaltsverbot hat der Bf durch seinen Rechtsvertreter am 8. November 1994 bei der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich die Berufung vom 7. November 1994 eingebracht. Eine Berufungsentscheidung ist bislang nicht ergangen.

1.3. Mit Telefax vom 24. Oktober 1994 ersuchte die belangte Behörde die Bundespolizeidirektion Linz, den Bf im Rechtshilfeweg niederschriftlich davon in Kenntnis zu setzen, daß die Schubhaft länger als zwei Monate dauern wird, da das Heimreisezertifikat der somalischen Botschaft in Bonn bisher nicht eingelangt ist. Daraufhin wurde der Bf von der Bundespolizeidirektion Linz noch am gleichen Tag unter Beiziehung eines Dolmetschers niederschriftlich darüber belehrt, daß die Schubhaft wegen des fehlenden Heimreisezertifikats über die Dauer von 2 Monaten bis zur Abschiebung, längstens jedoch bis zur Maximaldauer von 6 Monaten ausgedehnt werden müsse. Der Bf hat durch seine Unterschrift bestätigt, alles verstanden zu haben.

1.4. Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24.

Oktober 1994, Zl. 4.344.982/1-III/13/94, wurde die Berufung gegen den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes vom 5.

September 1994 abgewiesen und der Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung über die vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs 4 Asylgesetz zurückgewiesen.

1.5. Mit Schriftsatz vom 15. November 1994, eingelangt beim unabhängigen Verwaltungssenat am 16. November 1994, hat der Bf Schubhaftbeschwerde gegen seine weitere Anhaltung in Schubhaft erhoben und beantragt, der unabhängige Verwaltungssenat möge kostenpflichtig feststellen, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für seine weitere Anhaltung in Schubhaft nicht vorliegen.

2.1. Begründend führt die Schubhaftbeschwerde unter Hinweis auf § 48 Abs 5 FrG lediglich aus, daß die belangte Behörde die gebotene Vorgangsweise unterlassen hätte, ihn niederschriftlich von den Verlängerungsgründen des § 48 Abs 4 FrG zu verständigen.

2.2. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 17. November 1994 eine Ablichtung (Duplikat) ihres Verwaltungsaktes unter Hinweis darauf vorgelegt, daß sich der Originalakt zur Berufungsentscheidung bei der Sicherheitsdirektion befindet.

In ihrer Stellungnahme wies sie darauf hin, daß der Bf zeitgerecht am 24. Oktober 1994 im Polizeigefangenenhaus Linz unter Beiziehung eines Dolmetschers im Sinne des § 48 FrG über die Verlängerung der Schubhaft in Kenntnis gesetzt worden sei.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinlänglich geklärt erscheint, weshalb gemäß § 52 Abs 2 Z 1 FrG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 51 Abs 1 FrG hat, wer gemäß § 43 FrG festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde (§ 52 Abs 1 leg.cit.).

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat gemäß § 54 Abs 4 FrG jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

Die gegenständliche Beschwerde richtet sich gegen die weitere Anhaltung in Schubhaft seit dem h. Erkenntnis vom 13. Oktober 1994. Die Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt. Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.

4.2. Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen.

Der der Schubhaft zugrundeliegende Schubhaftbescheid wurde gemäß § 41 Abs.1 und 2 FrG iVm § 57 AVG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bzw. zur Sicherung der Abschiebung erlassen. Die von der belangten Behörde erwogenen Gründe für die Inschubhaftnahme treffen zu. Es war auch anzunehmen, daß der Bf unrichtige Angaben gemacht hatte, um sich die Einreise und eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 15 Abs 1 und 3 FrG zu verschaffen (§ 18 Abs 2 Z 6 FrG). Alleine aus diesem Grund erscheint das von der belangten Behörde in Aussicht genommene Aufenthaltsverbot zulässig und war die Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes notwendig.

Obwohl der Bf bei der österreichischen Botschaft in Riad den gültigen somalischen Reisepaß Nr. wegen des beantragten Einreisesichtvermerkes vorwies, besaß er diesen im Zeitpunkt seiner Festnahme nicht mehr. Er versuchte auch zunächst seine wahre Identität zu verschleiern (vgl Niederschriften vom 26. und 31. August 1994). Schon daraus ist ersichtlich, daß sich der Bf, der überdies über keine legale Erwerbsmöglichkeit und keine Unterkunft in Österreich verfügt, dem fremdenpolizeilichen Zugriff entziehen bzw.

diesen zumindest erheblich erschweren wollte.

4.3. Die niederschriftliche Information gemäß § 48 Abs 5 FrG betreffend die Verlängerung der Schubhaft über die Dauer von 2 Monaten hinaus erfolgte nachweislich am 24. Oktober 1994 und damit zwei Tage vor Ablauf der Zweimonatsfrist des § 48 Abs 2 FrG. Dabei wurde auch auf die gesetzliche Höchstdauer der Schubhaft hingewiesen. Die Bundespolizeidirektion Linz gab dem Bf schon bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 31. August 1994 bekannt, daß er durch Beibringung eines gültigen Reisedokumentes die Schubhaft verkürzen könnte und daß bei Nichtbeibringung die Ausstellung eines Heimreisezertifikates durch die belangte Behörde bei seiner Vertretungsbehörde beantragt werde. Dies geschah auch in der Folge, weil der Bf entgegen seiner Ankündigung seinen somalischen Reisepaß nicht beibrachte.

Da die Beschwerdebehauptung nicht zutrifft, ist die weitere Anhaltung des Bf zur Sicherung der Abschiebung zulässig. Die Schubhaft darf gemäß § 48 Abs 4 FrG bis zum Ablauf der vierten Woche nach Einlangen der für die Einreise erforderlichen Bewilligung von Somalia, längstens aber sechs Monate aufrechterhalten werden. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

5. Gemäß § 52 Abs 2 FrG iVm § 79a AVG steht der obsiegenden Partei der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist bei Anwendung des § 79a AVG die nach Art und Gegenstand ähnlichste Kostenregelung der §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers (vgl dzt BGBl Nr. 416/1994) heranzuziehen, wobei die Pauschalsätze um ein Drittel zu kürzen sind (stRsp seit VwGH 23.9.1991, 91/19/0162). Gemäß dem analog anzuwendenden § 59 Abs 3 Satz 3 VwGG muß aber zumindest ein allgemeiner Antrag auf Zuerkennung von Aufwandersatz gestellt worden sein. Da dies von der belangten Behörde unterlassen worden ist, war keine Kostenentscheidung zu ihren Gunsten zu treffen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß

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