Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400328/2/Le/Km

Linz, 03.03.1995

VwSen-400328/2/Le/Km Linz, am 3. März 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Beschwerde des I. S., geboren ............., türkischer Staatsangehöriger, zuletzt wohnhaft in ..........., ............., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H. E., .............., ..............., wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft ........, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde und der Antrag, der unabhängige Verwaltungssenat möge feststellen, daß die Voraussetzungen für die Verhängung bzw. Fortsetzung der Schubhaft nicht vorliegen, werden als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§§ 51 Abs.1, § 52 Abs.1, 2 und 4 des Fremdengesetzes-FrG, BGBl.Nr. 838/1992 idgF BGBl.Nr. 110/1994 iVm § 67c Abs.1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991-AVG, BGBl.Nr.

51/1991 idgF.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 20. Jänner 1995, bei der Bezirkshauptmannschaft ........ eingelangt am 23. Jänner 1995, erhob Herr I. S. durch seinen ausgewiesenen Vertreter Rechtsanwalt Dr. H. E. Beschwerde gegen die Verhängung bzw.

Fortsetzung der Schubhaft.

In der Begründung dazu wurde ausgeführt, daß der bekämpfte Bescheid in keiner Weise begründet sei, die vorgenommene Begründung sich in Leerformeln erschöpfe und der Bescheid wegen dieser mangelhaften Begründung an Rechtswidrigkeit leide, weil die Entscheidung nicht überprüft werden könne.

Insbesonders hätte es die Behörde unterlassen auszuführen, warum sie die Befürchtung hegt, daß der Einschreiter das Bundesgebiet der Republik Österreich nicht freiwillig verlasse.

Die Verhängung der Schubhaft sei vielmehr keinesfalls notwendig, um die Abschiebung zu sichern, da sich der Einschreiter seit 18 Jahren in Österreich aufhalte und auch die gesamte Familie seit 10 Jahren in Österreich lebe. Der Aufenthaltsort des Einschreiters sei bekannt und könnte die Abschiebung, wenn die Voraussetzungen hiefür erfüllt sind, jederzeit erfolgen, ohne daß der Einschreiter in Schubhaft genommen werden müßte.

Der Einschreiter werde gegen das Aufenthaltsverbot ein Rechtsmittel ergreifen und sei bis zur Entscheidung die Verhängung der Schubhaft nicht notwendig. Eine Notwendigkeit für die Verhängung der Schubhaft sei daher nicht gegeben und im bekämpften Bescheid auch nicht ausreichend begründet.

Er beantragte daher festzustellen, daß die Voraussetzungen für die Verhängung bzw. Fortsetzung der Schubhaft nicht vorliegen.

2. Die Bezirkshauptmannschaft ........ als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und eine kurze Gegenschrift erstattet. Darin wird insbesonders darauf hingewiesen, daß von der Bezirkshauptmannschaft ......... am 12. Mai 1994 ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen wurde, das mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 18. Jänner 1995 bestätigt wurde.

Der Beschwerdeführer wurde daraufhin am 19. Jänner 1995 in Schubhaft genommen und am 20. Jänner 1995 zum Flughafen Wien-Schwechat überstellt und am selben Tag in die Türkei abgeschoben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in die vorgelegten Verwaltungsakten Einsicht genommen und festgestellt, daß der Sachverhalt in den entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit den Ausführungen in der Beschwerde ausreichend geklärt ist.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gemäß § 52 Abs.2 Z1 FrG unterbleiben; dies auch unter dem Gesichtspunkt, daß der Beschwerdeführer mittlerweile das Bundesgebiet verlassen hat.

4. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich im wesentlichen folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

4.1. Der Bf ist türkischer Staatsangehöriger und hält sich seit dem Jahre 1976 in Österreich auf. Am 15. Februar 1991 wurde ihm von der Bezirkshauptmannschaft ......... ein unbefrister Sichtvermerk erteilt.

4.2. Mit Strafverfügung des Hauptzollamtes Linz vom 15.

September 1993 wurde der Bf wegen der Finanzvergehen nach § 37 Abs.1 lit.a (vorsätzliche Abgabenhehlerei) und § 46 Abs.1 lit.a (vorsätzliche Monopolhehlerei) Finanzstrafgesetz rechtskräftig bestraft.

4.3. Mit dem rechtskräftigen Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Wels vom 14. Jänner 1994, Zl.

13VR1477/92 13HV22/93 wurde der Bf für schuldig erkannt, zusammen mit A. T. wegen des Vergehens des Ansammelns vom Kampfmitteln nach § 280 Abs.1 StGB sowie des Vergehens nach § 36 Abs.1 Z1 Waffengesetz für schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr (davon 8 Monate bedingt) rechtskräftig verurteilt.

4.4. Die Bezirkshauptmannschaft .......... erließ daraufhin mit Bescheid vom 10. Mai 1994 gegen den nunmehrigen Bf ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für das gesamte Bundesgebiet der Republik Österreich auf der Rechtsgrundlage des § 18 Abs.1 und 2 Z1, 3 iVm §§ 19-21 FrG; gleichzeitig wurde ausgesprochen, daß der von der Bezirkshauptmannschaft ......... ausgestellte Sichtvermerk seine Gültigkeit verliert.

In der Begründung dazu wurde das kriminelle Vorleben des nunmehrigen Bf dargestellt, und zwar die mit der Strafverfügung des Hauptzollamtes Linz vom 15. September 1993 bestraften Finanzdelikte, der mit Urteil des Landesgerichtes Wels vom 14. Jänner 1994 bestrafte Waffenhandel, die briefliche Aufforderung an den Bruder, in der Türkei zwei Morde zu begehen, die Verwaltungsübertretungen nach dem KFG und der StVO sowie die Mitteilung des Gendarmeriepostenkommandos Bad Ischl, daß er als Drahtzieher organisierter Kriminalität in Österreich gelte.

Überdies sei hervorgekommen, daß viele Personen vor dem nunmehrigen Bf Angst haben. Auch sei bekannt geworden, daß er Obmann der religiösen Gruppierung "M.S.P." (religiöse freiheitliche nationale Partei) sei, die es sich zum Ziel gemacht habe, in der Türkei einen Umsturz herbeizuführen.

Durch dieses Verhalten habe er eindeutig dokumentiert, kein Interesse an der Einhaltung der österreichischen Rechtsordnung zu haben; er habe diese sogar auf das gröblichste mißachtet und sei daher eine große Gefahr für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit.

Weiters wurde eine Abwägung des öffentlichen Interesses an der Abschiebung im Vergleich zu den familiären Bindungen in Österreich vorgenommen, wobei die Behörde zum Ergebnis kam, daß die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes schwerer wiegen als die Auswirkungen auf seine Lebenssituation.

Auch ein Einbürgerungsantrag hätte eine negative Entscheidung gemäß § 10 Abs.1 Z6 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 zur Folge gehabt.

Der dagegen erhobenen Berufung wurde von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich mit Bescheid vom 18. Jänner 1995 keine Folge gegeben. Die Berufungsbehörde kam zum Ergebnis, daß der Bescheid der Erstbehörde zu Recht ergangen ist.

Dieser Bescheid wurde dem Bf am 19.1.1995 nachweislich zugestellt; seinem Rechtsvertreter wurde er spätestens am 20. Jänner 1995 per Telefax zugestellt.

4.5. Die Bezirkshauptmannschaft ............ erließ daraufhin am 19. Jänner 1995 zur Sicherung der Abschiebung den Schubhaftbescheid Sich07/19532. In der Begründung wurde darauf hingewiesen, daß von der Bezirkshauptmannschaft ........... am 12. Mai 1994 ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden sei und die dagegen eingebrachte Berufung von der Sicherheitsdirektion am 18. Jänner 1995 abgewiesen worden sei. Das Aufenthaltsverbot sei somit in Rechtskraft erwachsen und sei die Abschiebung beabsichtigt.

Da zu befürchten sei, daß er das Bundesgebiet der Republik Österreich nicht freiwillig verlassen und sich den geplanten fremdenpolizeilichen Maßnahmen entziehen werde, sei die Schubhaft notwendig.

Der Bescheid wurde noch am selben Tage dem nunmehrigen Bf durch die Gendarmerie zugestellt, wobei jedoch der Bf die Unterschrift verweigerte.

Mit Telefax vom 20. Jänner 1995 wurde dieser Bescheid dem Rechtsvertreter zugestellt.

4.6. Mit Schreiben vom 19. Jänner 1995 ersuchte die Bezirkshauptmannschaft ............ das Gendarmeriepostenkommando ........... um Überstellung des nunmehrigen Bf zum Flughafen Wien-Schwechat am 20. Jänner 1995. Aus dem Vollzugsbericht des GPK Bad Ischl vom 20.

Jänner 1995 geht hervor, daß Herr S. an diesem Tage zum genannten Flughafen überstellt, dort eingecheckt und bis zum Flugzeug eskortiert wurde. Um 12.45 Uhr sei er abgeflogen.

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 51 Abs.1 Fremdengesetz hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 leg.cit.).

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich.

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Da die Abschiebung am 20. Jänner 1995 bereits durchgeführt wurde, hat die Anhaltung in Schubhaft zu diesem Zeitpunkt geendet, sodaß sich eine Entscheidung über die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft erübrigt.

Im übrigen hat der unabhängige Verwaltungssenat im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde im wesentlichen die Rechtswidrigkeit der Inschubhaftnahme sowie eine Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides wegen Begründungsmängel behauptet.

Die Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt, die Beschwerde ist zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.

5.2. Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen.

5.3. Es steht fest, daß a) der Beschwerdeführer mehrere strafbare Handlungen nach dem Finanzstrafgesetz, dem Strafgesetzbuch, dem Waffengesetz, der Straßenverkehrsordnung und dem Kraftfahrgesetz begangen hat und b) gegen den Bf ein Aufenthaltsverbot rechtskräftig besteht (ausgestellt von der BH ........... mit Bescheid vom 10. Mai 1994, bestätigt durch den Berufungsbescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 18. Jänner 1995).

5.4. Zum Beschwerdevorbringen wird im einzelnen folgendes ausgeführt:

Dem Beschwerdevorbringen, daß der angefochtene Bescheid, mit dem die Schubhaft verhängt wurde, mangelhaft begründet ist, ist nur insofern beizupflichten, als die Begründung dieses Bescheides tatsächlich außerordentlich knapp ausgefallen ist. Allerdings bewirkt dies im konkreten Fall keine Rechtswidrigkeit dieses Bescheides, wofür folgende Überlegungen maßgebend sind:

Wie aus der oben zitierten Bestimmung des § 41 Abs.1 FrG hervorgeht, können Fremde festgenommen und angehalten werden, um die Abschiebung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen. Diese gesetzliche Bestimmung zielt also darauf ab, der Behörde ein möglichst rasches und effizientes Mittel in die Hand zu geben, um die Zielsetzungen des Fremdengesetzes zu erreichen. Eine langwierige und ausführliche Begründung des Schubhaftbescheides ist daher vom Gesetzgeber nicht vorgesehen, wofür insbesonders die Form des Mandatsbescheides, also ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens, spricht.

Im vorliegenden Fall wurde das von der Erstbehörde verhängte unbefristete Aufenthaltsverbot durch die Berufungsbehörde bestätigt. Da es sich in diesem Fall um die Entscheidung der letzten Instanz handelt (§ 70 Abs.1 FrG), war das Aufenthaltsverbot rechtskräftig und vollstreckbar. Der nunmehrige Bf hatte daher die Verpflichtung, unverzüglich auszureisen (§ 22 Abs.1 FrG).

Aus dem kriminellen Vorleben des Bf, das im Bescheid der Sicherheitsdirektion vom 18. Jänner 1995 (also vom Vortag!) nochmals ausführlich dargelegt wurde, und aus der eigenen Aussage des nunmehrigen Bf, in Österreich bleiben zu wollen und nicht in die Türkei zurückkehren zu wollen (Niederschrift vom 18. Jänner 1994), konnte die belangte Behörde zu Recht den Bedarf ableiten, die Abschiebung sichern zu müssen.

Sie hat sodann auch entsprechend dem gesetzlichen Auftrag des § 48 Abs.1 FrG darauf hingewirkt, daß die Schubhaft so kurz wie möglich angedauert hat.

Das Beschwerdeargument, daß der Aufenthaltsort des Bf bekannt gewesen sei, ist nicht ausreichend, eine Gesetzwidrigkeit des Schubhaftbescheides aufzuzeigen, zumal ein Wohnsitz in Österreich nicht ex lege der Verhängung der Schubhaft entgegensteht und überdies ein Wohnsitz nicht bewirkt, daß sich der Betreffende dort zu jeder Tages- und Nachtzeit aufhält. Die belangte Behörde hatte aber bereits den Auftrag gegeben, die Abschiebung am Tag nach Verhängung der Schubhaft (also am 20. Jänner 1995) durchzuführen, sodaß es erforderlich war, genau zu einem bestimmten Zeitpunkt (nämlich die frühen Morgenstunden des 20. Jänner 1995) Zugriff auf den Abzuschiebenden zu haben.

Der vom Beschwerdeführer weiters ins Treffen geführte Umstand, daß er sich seit 18 Jahren in Österreich aufhalte und seine Familie seit 10 Jahren in Österreich lebe, spricht nicht gegen die Verhängung der Schubhaft, sondern in Wahrheit dafür, weil dadurch umsomehr anzunehmen war, daß der Bf nicht freiwillig das Bundesgebiet verlassen wird, sondern abgeschoben werden muß. Genau dies ist dann geschehen mit dem Ziel, das rechtskräftig verhängte Aufenthaltsverbot durchzusetzen.

5.5. Die Schubhaft ist daher in Ansehung des § 41 Abs.1 und 2 FrG zur Sicherung der Abschiebung zu Recht verhängt worden.

5.6. Ein Kostenausspruch konnte entfallen, da weder der Beschwerdeführer noch die belangte Behörde einen Antrag auf Kostenzuspruch erhoben haben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage: Akt Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. L e i t g e b

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