Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400329/5/Schi/Ka

Linz, 31.01.1995

VwSen-400329/5/Schi/Ka Linz, am 31. Jänner 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Beschwerde des G S geb.5.5.1972, derzeit Polizeigefangenenhaus Linz, Nietzschestraße 33, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Johann R Beschwerde vom 25. Jänner 1995, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird gleichzeitig festgestellt, daß die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

II. Der Kostenantrag des Beschwerdeführers wird abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der belangten Behörde (dem Bund) die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Höhe von 377 S (Vorlageaufwand) binnen 14 Tagen ab Zustellung bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 51 Abs.1 und § 52 Abs.1, 2 und 4 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl.Nr.838/1992, iVm § 67c Abs.1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr.51/1992; Zu II.: §§ 74 und 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 17.10.1994, FR-71.911, wurde über den Beschwerdeführer (Bf) gemäß § 18 Abs.1 Z1 und Z2 sowie Abs.2 Z1 iVm §§ 19, 20 und 21 FrG unbefristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich verhängt.

Mit Bescheid vom 17.10.1994, FR-71.911, hat die BPD Linz aufgrund eines Antrages des Bf gemäß § 37 FrG gemäß § 54 Abs.1 FrG festgestellt, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestehen, daß der Bf in der Türkei gemäß § 37 Abs.1 oder Abs.2 FrG bedroht ist; die Abschiebung in den Heimatstaat des Bf ist somit zulässig.

1.2. Gegen diese Bescheide wurde vom Bf Berufung eingebracht.

1.3. Mit Bescheid vom 3.1.1995, St.327/94, hat die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich über diese Berufungen gemäß § 66 Abs.4 AVG entschieden und der Berufung sowohl gegen das Aufenthaltsverbot als auch gegen den Feststellungsbescheid auf Zulässigkeit der Abschiebung keine Folge gegeben und die angefochtenen Bescheide bestätigt. Dieser Berufungsbescheid wurde dem Rechtsvertreter des Bf am 5.1.1995 zugestellt bzw an diesem Tag vom Rechtsvertreter übernommen.

1.4. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Bescheid vom 24.1.1995, Zl.Fr-71.911, gegen den Bf gemäß § 41 Abs.1 FrG iVm § 57 AVG, zur Sicherung der Abschiebung bzw zur Zurückschiebung die vorläufige Verwahrung (Schubhaft) angeordnet. Begründend wurde ausgeführt, daß über den Bf mit Bescheid vom 17.10.1994 von der BPD Linz ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für Österreich erlassen wurde, welches seit 5.1.1995 rechtskräftig ist. Da er bislang der durch das rechtskräftige Aufenthaltsverbot ihn treffenden Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen sei und er offensichtlich auch nicht gewillt sei, Österreich freiwillig zu verlassen, war zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft zu verhängen.

2. Mit Schriftsatz vom 25.1.1995 hat der Bf gegen die Festnahme und Anhaltung in Schubhaft gemäß § 51 FrG Beschwerde erhoben und den Antrag gestellt, die Festnahme und Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären, die Schubhaft aufzuheben sowie der Behörde aufzutragen, das ordentliche Ermittlungsverfahren einzuleiten.

2.1. Begründend wird im wesentlichen ausgeführt, daß das Aufenthaltsverbot die Verhängung der Schubhaft nicht rechtfertigte. Denn das Aufenthaltsverbot an sich beinhalte eine Ausreiseverpflichtung nicht; ein Ausweisungsverfahren sei bisher nicht in die Wege geleitet worden und er sei auch nie unter Fristsetzung aufgefordert worden, das Bundesgebiet zu verlassen. Die Behörde habe nie angekündigt, daß ein Verfahren auf Einleitung einer Ausweisung beabsichtigt gewesen sei; es entbehre die Feststellung, daß die Haft zur Sicherstellung einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit erforderlich gewesen wäre, jeglicher Begründung. Die Verhängung der Haft zur Sicherstellung einer Abschiebung sei jedenfalls ebensowenig begründet, weil dies zumindest voraussetzen würde, daß er sich einer behördlichen Aufforderung, das Land zu verlassen, widersetzt hätte. Er sei von seiner Arbeitsstelle weg verhaftet worden. Seine gerichtlichen Verurteilungen rechtfertigen zwar die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, nicht aber die Verhängung der Haft, denn diesfalls hätte er schon im Juli 1994 verhaftet werden müssen. Der Bf verweist noch darauf, daß er sich seit Jahren in Österreich aufhalte (seit 1990) und seither einen Sichtvermerk bzw wiederholt eine Aufenthaltsberechtigung erhalten habe. Am 8.7.1994 habe er bereits einen Antrag auf Verlängerung gestellt, über die aber bislang noch nicht entschieden wurde. Im übrigen sei der Bf sozial integriert, habe eine Beschäftigung als Koch mit einem überdurchschnittlich guten Nettoverdienst, wobei er auch Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge abführe; ein öffentliches Interesse, welche seine sofortige Abschiebung zur Sicherung der Ausweisung rechtfertige, sei daher nicht gegeben. Außerdem sei es offen, gegen ihn ein Ausweisungsverfahren in die Wege zu leiten und ihm allenfalls zur Vermeidung einer Zwangsmaßnahme eine Frist zur Ausreise zu setzen. Letztlich habe er in Österreich einen ordentlichen Wohnsitz innegehabt.

2.2. Die BPD Linz als belangte Behörde hat mit Schreiben vom 26.1.1995 den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

3. Der O.ö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BPD Wels, zu Zl.Fr-71.911; da aus diesem in Verbindung mit dem Beschwerdevorbringen der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend geklärt erschien, konnte im übrigen gemäß § 52 Abs.2 Z1 FrG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde der oben unter Punkt 1 dargestellte Sachverhalt als erwiesen festgestellt.

4. In der Sache selbst hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 51 Abs.1 FrG hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 FrG) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (§ 52 Abs.4 FrG).

Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt seiner Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen.

4.2. Der Schubhaftbescheid der belangten Behörde vom 24.1.1995, Zl.Fr-71.911, wurde zur Sicherung der Abschiebung bzw zur Zurückschiebung erlassen. In der Begründung wurde unter Hinweis auf § 41 Abs.1 FrG - auf das rechtskräftige Aufenthaltsverbot betreffend den Bf hingewiesen.

Die gerichtlichen Verurteilungen gesteht auch der Bf zu; dennoch folgert er, daß aufgrund seiner Aufenthaltsdauer sowie seiner Integration die Verhängung der Schubhaft nicht gerechtfertigt gewesen sei.

Diesen Beschwerdeausführungen kommt aber keine Berechtigung zu, denn der Aufenthalt eines Fremden trotz Aufenthaltsverbotes ist nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl.zB 28.10.1993, 93/18/0372) ein die Verhängung der Schubhaft rechtfertigendes Verhalten. Da im vorliegenden Fall - wie schon oben erwähnt - bereits ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot bestand, wurde der Bf zur Sicherung der Abschiebung zu Recht in vorläufige Verwahrung genommen.

Da im gegenständlichen Fall mit rechtskräftigen Berufungsbescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 3.1.1995, Zl.St.327/94, sowohl über die Berufung gegen das unbefristete Aufenthaltsverbot als auch gegen den Feststellungsbescheid betreffend Zulässigkeit der Abschiebung endgültig abgesprochen worden ist, hatte der O.ö. Verwaltungssenat - insofern einige Einwendungen des Bf diesen Bereich betreffend - darüber nicht mehr weiter zu erkennen.

4.3. Wenn der Bf anführt, daß seine Verurteilungen, insbesondere die zuletzt angeführte Verurteilung vom Landesgericht Linz vom 4.7.1994 der auslösende Faktor für die Verhängung der Schubhaft sein sollte, so hätte die Schubhaft schon längst, nämlich bereits im Juli 1994 über ihn verhängt werden müssen, so ist ihm folgendes zu entgegnen: die Absicht der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes (die somit eine mögliche spätere Inschubhaftnahme indiziert) bestand bereits seit diesem Zeitpunkt; denn mit Ladungsbescheid vom 28.7.1994 wäre der Bf zur BPD Linz, fremdenpolizeiliches Referat vorgeladen worden; der Ladungsbescheid wurde aber vom Bf nicht behoben; erst aufgrund eines Vorführungsauftrages erschien der Bf am 26.9.1994 bei der BPD Linz im fremdenpolizeilichen Referat und wurde zur beabsichtigten Erlassung eines Aufenthaltsverbotes vernommen. Der Bf kann sich somit nicht - da gegen ihn zunächst eine gelindere Maßnahme angewendet wurde - dagegen beschweren, daß er nicht schon damals in Schubhaft genommen wurde (!); schon gar nicht kann jetzt, wo doch ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot gegen ihn besteht, der Einwand, wonach die Inschubhaftnahme unzulässig wäre, weil der Bf unmittelbar nach der gerichtlichen Verurteilung nicht gleich in Schubhaft genommen worden war, der Beschwerde zum Erfolg verhelfen.

4.4. Es erwies sich daher schon aus diesem Grund die Inschubhaftnahme und auch seine weitere Anhaltung als rechtmäßig, sodaß die übrigen Einwände betreffend die angebliche Integration (die aufgrund seiner gerichtlichen Verurteilungen und einschlägigen Verwaltungsvorstrafen allerdings eher auf eine Desintegration schließen lassen, zumal der Bf sowohl seine zeitweilige österreichische Freundin als auch andere türkische Landsleute mißhandelte bzw geschlagen und am Körper verletzt hat), unerheblich bleiben mußten. An der Rechtmäßigkeit der Schubhaft kann auch der - im Wege des Rechtsvertreters des Bf dem O.ö.

Verwaltungssenat zugegangene - Brief der zeitweiligen Freundin des Bf, A K, nichts ändern, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für die Verhängung der Schubhaft (§§ 41 bis 49 FrG) nicht auf derartige private Umstände, wie sie dort geschildert werden (Körperverletzung und gefährliche Drohung durch den Bf, Trennung, Versöhnung, Absicht zu heiraten und Kauf eines Brautkleides) abstellen. Wenn überhaupt, dann sind diese Behauptungen, sowie die Tatsache, daß die Eltern und Geschwister des Bf in Linz wohnen im Rahmen des § 19 FrG bei Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zu berücksichtigen; im vorliegenden Fall wurden diese Umstände im Aufenthaltsverbotsbescheid bzw im diesbezüglichen Berufungsbescheid der Sicherheitsdirektion eingehend behandelt.

In diesem Sinne war es auch völlig unerheblich, daß der Bf einen ordentlichen Wohnsitz in Österreich innehat und bei seiner Beschäftigung einen guten Nettoverdienst erzielt.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis waren der belangten Behörde nach § 79a AVG antragsgemäß Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung in Höhe von 377 S (Vorlageaufwand) zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

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