Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-400373/8/Le/La

Linz, 09.10.1995

VwSen-400373/8/Le/La Linz, am 9. Oktober 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Beschwerde des S. A. O. alias S. K., geb. ............ bzw. ............

bzw. 10.6.1960, Staatsbürger von Mauretanien oder Ruanda oder Zaire, dzt. wohnhaft im Caritas-Übergangswohnheim .........., ................., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W. R., ..............., ..............., wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Schärding, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Höhe von 3.044 S binnen 14 Tagen ab der Zustellung bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Kostenersatzantrag des Beschwerdeführers wird abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: §§ 51 Abs.1, 52 Abs.1, 2 und 4 des Fremdengesetzes FrG, BGBl.Nr. 838/1992 idF BGBl.Nr. 110/1994, iVm § 67c Abs.1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 AVG.

Zu II.: §§ 74 und 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Mit Schriftsatz vom 8.9.1995 erhob der Staatsangehörige von Mauretanien oder Ruanda oder Zaire S. A. O. alias S. K.

Beschwerde gemäß §§ 51ff Fremdengesetz 1992 (im folgenden kurz FrG) wegen Unrichtigkeit seiner Anhaltung in Schubhaft im Zeitraum vom 23.6.1995 bis einschließlich 28.7.1995.

In der Begründung dazu führte der Beschwerdeführer (im folgenden kurz: Bf) folgendes aus:

Der Bf sei mauretanischer Staatsbürger. Er hätte sich auf Veranlassung der Bezirkshauptmannschaft Baden, Außenstelle Flüchtlingslager ............, von 29.9.1995 (gemeint wohl:

1994) bis zum 4.11.1995 (gemeint wohl: 1994), somit einen Monat und sechs Tage in Schubhaft befunden.

Am 28.1.1995 sei er gegen 22.00 Uhr mit einem verfälschten portugiesischen Reisepaß an der Grenzkontrollstelle Passau/Bahnhof aufgegriffen worden, wo er sich als ruandesischer Staatsbürger K. S. ausgegeben hätte.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 30.1.1995 sei er in Schubhaft genommen worden zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bzw einer Ausweisung und zur Sicherung der Abschiebung.

Vom Bundesasylamt, Außenstelle Graz, sei der Bf aufgrund seiner Fingerabdrücke als S. A. O., mauretanischer Staatsbürger und seit September 1994 in Österreich aufhältiger Asylwerber, identifiziert worden. Dies sei der belangten Behörde mittels Telefax vom 26.5.1995 zur Kenntnis gebracht worden. Die Behörde sei von den glaubwürdigen Aussagen des Bf über seine mauretanische Staatsangehörigkeit ausgegangen.

Zum Beweis dafür verwies der Bf auf das Erkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates Oberösterreich vom 14.6.1995, VwSen-400346/4/Kl/Rd.

Der Bf sei nach sechsmonatiger Schubhaft am 28.7.1995 entlassen worden.

Der Bf hätte sich daher insgesamt sieben Monate und sechs Tage lang in Schubhaft befunden. Da weder § 48 Abs.2 noch § 48 Abs.4 FrG zu entnehmen sei, daß sich die höchstzulässige Dauer der Schubhaft nur auf die Anhaltung aufgrund eines einzigen Schubhaftbescheides beziehe, und daß diese Frist daher bei Erlassung eines neuen Schubhaftbescheides "neu zu laufen" beginne, sei der Bf daher zu Unrecht im Zeitraum von 23.6.1995 bis zum 28.7.1995 seitens der belangten Behörde in Schubhaft gehalten und damit in seinem Recht auf persönliche Freiheit und Sicherheit verletzt worden. Der Verfassungsgerichtshof hätte in seinem Erkenntnis vom 15.12.1994, B 1405/94-8, ausgesprochen, daß die Aufrechterhaltung der Schubhaft über die Dauer von sechs Monaten hinaus nach dem Zweck der Maßnahme - Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bzw Sicherung der Abschiebung, Zurückschiebung oder der Durchbeförderung - nicht notwendig sei.

Im vorliegenden Fall wäre von der belangten Behörde zunächst die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nach Ruanda bzw Zaire verhängt worden, doch sei kurz vor Ablauf der Frist von sechs Monaten, gerechnet ab 29.9.1995 in Tagen, die der Bf in Schubhaft zugebracht habe, somit am 23.6.1995, bekannt geworden, daß es sich beim Bf um einen mauretanischen Staatsbürger handeln dürfte.

Er beantragte daher, die Anhaltung des Bf in Schubhaft auf Veranlassung der belangten Behörde vom 23.6.1995 bis einschließlich 28.7.1995 für rechtswidrig zu erklären und dem Rechtsträger der belangten Behörde den Kostenersatz aufzuerlegen.

2. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat mitgeteilt, daß sich der Bf nicht mehr in Schubhaft befindet. Die Erhebungen der Bezirkshauptmannschaft Schärding hätten nicht ergeben, daß sich Herr SOW bereits vor seiner Anhaltung durch die Bezirkshauptmannschaft Schärding in Schubhaft befunden hätte. Die diesbezüglichen Informationen hätten unter anderem deshalb nicht (zeitgerecht) erlangt werden können, da Herr S. mehrfach unrichtige Angaben über seine Identität getätigt hätte.

Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat daher die Abweisung der Beschwerde sowie den Zuspruch des pauschalierten Aufwandersatzes begehrt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in die vorgelegten Akten Einsicht genommen und festgestellt, daß der Sachverhalt in den entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdeausführungen ausreichend geklärt ist.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gem. § 52 Abs.2 Z1 FrG unterbleiben.

4. Es ergibt sich daraus im wesentlichen folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

4.1. Zur Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes wird zunächst auf die ausführliche Sachverhaltsdarstellung des bereits in der Schubhaftbeschwerde zitierten Erkenntnisses des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 14.6.1995, VwSen-400346/4/Kl/Rd, verwiesen. Daraus geht zumindest jene Version des Sachverhaltes hervor, die aufgrund der damaligen Aktenunterlagen sowie den Beschwerdebehauptungen des Bf, der damals ausschließlich als "S. K." aufgetreten ist, bekannt war.

4.2. Ergänzend werden folgende aktenkundigen Erhebungen festgestellt:

Nach eigenen Angaben sei der Bf (mit der Identität "SOW") am 14.9.1994 von Tunis über Rom nach Budapest geflogen; am 21.9.1994 sei er mit Hilfe eines Taxis zur österreichischen Grenze gekommen und hätte illegal zu Fuß die "grüne Grenze" überschritten.

Am 27.9.1994 stellte der Bf als S. A. O., geb. 20.3.1964 bwz 1965 (die Angaben schwanken), mauretanischer Staatsangehöriger, einen Asylantrag beim Bundesasylamt in ............

Dieser Antrag wurde jedoch mit Bescheid vom 29.9.1994 abgewiesen; einer allfälligen Berufung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Eine dagegen erhobene Berufung wurde mit dem Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3.4.1995, Zl. 4.345.546/1-III/13/95, als verspätet zurückgewiesen.

In der Zeit von 29.9. bis 4.11.1994 befand sich Herr SOW in Schubhaft über Veranlassung der Bezirkshauptmannschaft Baden; am 4.11.1994 wurde er wegen Haftunfähigkeit (Hungerstreik) entlassen.

Mit Bescheid vom 30.9.1994 verfügte die Bezirkshauptmannschaft Baden die Ausweisung von Herrn S..

4.3. Zeitlich nach der Sachverhaltsdarstellung im Erkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 14.6.1995 bzw dort aufgrund fehlender Akten noch nicht erfaßt, ereignete sich folgendes:

Herr S. hatte gegen den Bescheid der O.ö. Sicherheitsdirektion vom 6.4.1995, mit dem seine Berufung gegen das Aufenthaltsverbot und die Feststellung gemäß § 54 FrG betreffend die Zulässigkeit der Abschiebung nach Ruanda abgewiesen worden war, Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben, der dieser mit dem Beschluß vom 30.5.1995 die aufschiebende Wirkung zuerkannte. Dieser Beschluß gelangte der Bezirkshauptmannschaft Schärding (erst) am 23.6.1995 zur Kenntnis.

Am 26.5.1995 hatte die Bezirkshauptmannschaft Schärding erstmals vom Verdacht der zweiten Identität des Herrn S.

erfahren, nämlich daß er bereits als S. von der Bezirkshauptmannschaft Baden fremdenpolizeilich behandelt worden war. Sie fragte daraufhin umgehend beim Bundesasylamt ............. nach und erhielt von dort (mit Schreiben vom 8.6.1995) die Mitteilung, daß gegen den Asylwerber SOW Amadou Ousmane fremdengesetzliche Maßnahmen gesetzt worden wären (ohne allerdings genauer anzugeben, um welche Maßnahmen es sich dabei gehandelt hatte; insbesonders wurde die Schubhaft nicht erwähnt!). Die belangte Behörde wandte sich weiters an das Polizeigefangenenhaus ........... (in dem sich Herr S. in Schubhaft befand) mit der Bitte um Vernehmung des Schubhäftlings und Vorhalt, daß er mit Herrn S. ident sein dürfte.

Daraufhin wurde Herr S. ausdrücklich befragt, ob er mit der Person des am 27.9.1994 asylbeantragenden mauretanischen Staatsangehörigen S. A. O. ident sei. Dieser gab dazu an, daß er am 28.1.1995 erstmalig nach Österreich gekommen sei, und zwar von Rußland, und er bestritt entschieden, mit SOW ident zu sein. Auch nach Vorhalt der erkennungsdienstlichen Daten bestritt er, mit S. ident zu sein.

Die Bezirkshauptmannschaft Schärding wandte sich in der Folge an die Botschaft der islamischen Republik Mauretanien in Bonn, um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates zu erwirken. Die mauretanische Botschaft verlangte in einem Schreiben, das am 28.8.1995 bei der Bezirkshauptmannschaft Schärding einging, ergänzende Angaben, da sich der Betroffene bereits an die Botschaft gewandt habe und mitgeteilt habe, daß ihn die Polizei mit einem S. A., mauretanischer Staatsbürger verwechseln würde; er selbst sei aus Ruanda.

Am 28.7.1995 wurde der Bf über Veranlassung der Bezirkshauptmannschaft Schärding aus der Schubhaft entlassen.

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 51 Abs.1 Fremdengesetz (FrG), BGBl.Nr. 838/1992 idF 110/1994, hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Bf festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 leg.cit.).

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich.

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde die Rechtswidrigkeit der Schubhaft für die Dauer von 23.6.1995 bis einschließlich 28.7.1995 behauptet.

Die Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt, die Beschwerde ist zulässig, zumal sie innerhalb der Frist von sechs Wochen ab Entlassung des Bf aus der Schubhaft eingebracht wurde.

Die Beschwerde ist jedoch im wesentlichen nicht begründet.

5.2. Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gem. § 57 AVG anzuordnen.

Zur Dauer der Schubhaft bestimmt § 48 Abs.1 FrG, daß die Behörde verpflichtet ist darauf hinzuwirken, daß die Schubhaft so kurz wie möglich dauert.

Gemäß Abs.4 leg.cit. kann, wenn ein Fremder nur deshalb nicht abgeschoben werden kann oder darf, 1. weil über einen Antrag gem. § 54 noch nicht rechtskräftig entschieden ist oder 2. weil er an der Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht im erforderlichen Ausmaß mitwirkt oder 3. weil er die für die Einreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht besitzt, die Schubhaft bis zum Ablauf der 4. Woche nach rechtskräftiger Entscheidung (Z1), nach Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit (Z2) oder nach Einlangen der Bewilligung bei der Behörde (Z3), insgesamt jedoch nicht länger als 6 Monate, aufrechterhalten werden.

5.3. Gegenstand der vorliegenden Schubhaftprüfung ist ausschließlich der Zeitraum vom 23.6.1995 bis 28.7.1995.

Der Bf vertritt die Auffassung, daß er in diesem Zeitraum zu Unrecht in Schubhaft angehalten worden sei, weil er bereits in der Zeit vom 29.9.1994 bis 4.11.1994 in Schubhaft gewesen sei und dieser Zeitraum auf die in § 48 Abs.4 FrG genannte Frist von "insgesamt jedoch nicht länger als 6 Monate" anzurechnen sei.

Der Bf ist mit seinen Behauptungen nicht im Recht, wobei folgende Gründe dafür ausschlaggebend sind:

5.4. Aufgrund des unter Punkt 4. dargestellten Sachverhaltes steht fest, daß 1. die Identität des Bf nach wie vor nicht 100%ig geklärt ist: Er hat zwar die vorliegende Schubhaftbeschwerde unter den Namen S. alias S. eingebracht, doch hat er (als S.) beim ausdrücklichen Vorhalt der erkennungsdienstlichen Ergebnisse am 27.6.1995 im Polizeigefangenenhaus ausdrücklich bestritten, mit S. ident zu sein; 2. der Bf kein Asylrecht in Österreich hat (das Asylansuchen des S. wurde ebenso rechtskräftig abgewiesen wie jenes des S.); 3. der Bf den Nachweis der Mittel für seinen Unterhalt nicht erbracht hat; 4. gegen S. ein rechtskräftiger Ausweisungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden besteht; 5. gegen S. ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot der Bezirkshauptmannschaft Schärding besteht (das allerdings wegen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der dagegen eingebrachten VwGH-Beschwerde derzeit nicht vollstreckbar ist); 6. der Bf durch immer wieder widersprüchliche Angaben über seine Herkunft, Staatsbürgerschaft und Person an der Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht im erforderlichen Ausmaß mitgewirkt hat; 7. die Bezirkshauptmannschaft Schärdig das fremdenpolizeiliche Verfahren ohne Verzögerungen durchgeführt hat, insbesonders umgehend ein Aufenthaltsverbot verhängt, über die beiden Anträge gem. § 54 FrG unverzüglich entschieden und Heimreisezertifikate für die verschiedenen vom Bf genannten Herkunftsländer beantragt und jeweils urgiert hat und 8. die Bezirkshauptmannschaft Schärdig die am 30.1.1995 gegen S. verhängte Schubhaft am 28.7.1995, sohin vor Ablauf der sechsmonatigen Frist, aufgehoben hat.

5.5. Im Schubhaftprüfungsverfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist die Rechtmäßigkeit der Schubhaft die einzig zu entscheidende Frage (VwGH vom 27.1.1995, 94/02/0334).

Der unabhängige Verwaltungssenat hat die Frage der Rechtmäßigkeit der Anhaltung nach jeder Richtung hin selbständig zu untersuchen und jedwede unterlaufene Gesetzwidrigkeit festzustellen und aufzugreifen (VfGH vom 23.6.1994, B 2019/93).

Eine Überprüfung des Schubhaftbescheides aus dem Blickwinkel der dem unabhängigen Verwaltungssenat zukommenden Prüfungskompetenz ergab die Rechtmäßigkeit der Anordnung sowie der Aufrechterhaltung der Schubhaft bis zum 28.7.1995, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 iVm § 48 Abs.4 FrG dafür vorlagen und die Schubhaft notwendig schien, um die Durchsetzung des Aufenthaltsverbotes und die Abschiebung zu sichern.

Daß es letztlich nicht zur Abschiebung kam, lag nicht im Bereich der belangten Behörde, sondern vielmehr darin, daß der Bf durch seine wahrheitswidrigen Angaben die Ausstellung eines Heimreisezertifikates vereitelt hat.

5.6. Den Beschwerdebehauptungen kommt aus folgenden Gründen keine Berechtigung zu:

a) Für den Fall, daß S. K. und S. A. O. nicht miteinander ident sind, sind die beiden verhängten Schubhaften jeweils gegen verschiedene Personen verhängt worden, sodaß sie aus diesem Grund nicht zu addieren sind. Die von S. K. in Schubhaft verbrachte Zeit überschreitet die Frist von 6 Monaten iSd § 48 Abs.4 FrG nicht.

b) Aber auch dann, wenn S. K. und S. A. O. in Wahrheit ein und dieselbe Person sind, trifft die behauptete Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft im Zeitraum vom 23.6.1995 bis 28.7.1995 ebenfalls nicht zu:

Gegen Herrn S. besteht ein rechtskräftiger Ausweisungsbescheid, gegen Herrn S. ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot. Die Abschiebung des S. scheiterte (bis zur Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der VwGH-Beschwerde gegen sein Aufenthaltsverbot) daran, daß ein Heimreisezertifikat nicht ausgestellt wurde.

Es besteht ein Interesse des österreichischen Staates und seiner Staatsbürger daran, daß die fremdengesetzlichen Bestimmungen vollzogen werden. Schon im Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten zum Fremdengesetz ist als Ziel des Fremdengesetzes festgelegt, daß es einen ausgewogenen Interessenausgleich zwischen dem einzelnen Fremden und der - aus österreichischen Staatsbürgern und Fremden bestehenden - Gesellschaft anstrebt.

Um aber auch den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie des Bundesverfassungsgesetzes vom 29.11.1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit Rechnung zu tragen, wurde in § 48 FrG die Dauer der Schubhaft zeitlich beschränkt:

Nach Abs.2 leg.cit. darf die Schubhaft - außer in den Fällen des Abs.4 - insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.

Nach Abs.4 kann die Schubhaft bis zum Ablauf der 4. Woche nach rechtskräftiger Entscheidung (Z1), nach Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit (Z2) oder nach Einlangen der Bewilligung bei der Behörde (Z3), insgesamt jedoch nicht länger als 6 Monate aufrechterhalten werden, wenn ein Fremder nur deshalb nicht abgeschoben werden kann oder darf, 1. weil über einen Antrag gem. § 54 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, oder 2. weil er an der Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht im erforderlichen Ausmaß mitwirkt oder 3. weil er die für die Einreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht besitzt.

Im vorliegenden Fall kommt der Bestimmung des Abs.4 überwiegende Bedeutung zu, weshalb sie einer genaueren Betrachtung unterzogen werden soll:

Während eine Schubhaft grundsätzlich nicht länger als 2 Monate dauern darf, kann sie unter den Voraussetzungen des § 48 Abs.4 FrG länger dauern, und zwar dann, wenn eine der drei in § 48 Abs.4 FrG genannten Voraussetzungen zutrifft.

Die Schubhaft kann in diesen Fällen verlängert werden bis zum Ablauf der 4. Woche nach Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit oder nach Einlangen der für die Einreise erforderlichen Bewilligung des anderen Staates.

Um die Anhaltung in Schubhaft aber selbst unter diesen Voraussetzungen nicht ausufern zu lassen, hat der Gesetzgeber die Dauer der Schubhaft insofern beschränkt, als sie "insgesamt jedoch nicht länger als 6 Monate aufrechterhalten werden (darf)".

Diese Frist kann aber - unter Berücksichtigung des Zweckes der Schubhaft als Sicherungsmaßnahme - nur so verstanden werden, daß die Schubhaft aufgrund eines Schubhaftbescheides und eines Schubhaftzweckes nicht länger als 6 Monate aufrechterhalten werden darf. Die 6-Monate-Frist bezieht sich sohin offensichtlich darauf, daß die Schubhaft nicht in jedem Fall bis zum Ablauf der 4. Woche nach Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit oder nach Einlangen der Bewilligung bei der Behörde aufrechterhalten werden darf.

Im vorliegenden Fall wurde Herr S. von der Bezirkshauptmannschaft Baden am 29.9.1994 zur Sicherung der Ausweisung in Schubhaft genommen (und am 4.11.1994 wegen Haftunfähigkeit daraus wieder entlassen).

Am 30.1.1995 wurde Herr S. von der Bezirkshauptmannschaft Schärding zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und zur Sicherung der Abschiebung in Schubhaft genommen.

Daraus ist ersichtlich, daß - selbst unter der Annahme, daß S. und S. ident sind - jeweils gegen namentlich verschiedene Personen und wegen verschiedener Schubhaftgründe iSd § 41 Abs.1 FrG Schubhaften verhängt worden sind.

Als die Bezirkshauptmannschaft Schärding die Schubhaft verhängte, wußte sie noch gar nicht, wen sie in Schubhaft genommen hatte: Es war zunächst nur bekannt, daß es sich um eine männliche Person dunkler Hautfarbe handelte, die mit einem verfälschten portugiesischen Reisepaß versucht hatte, illegal Österreich zu verlassen. Diese Person hatte dann selbst angegeben, S. zu heißen, aus Ruanda zu stammen, am 10.6.1960 geboren zu sein und am 28.1.1995 illegal von Rußland kommend nach Österreich gekommen zu sein.

Später, als der Asylantrag des S. abgewiesen war, das Heimreisezertifikat beantragt und über den Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach Ruanda abgesprochen war und von der Botschaft Ruandas kein Heimreisezertifikat ausgestellt worden war, gab S. plötzlich an, aus Zaire zu stammen und erzählte eine neue Lebensgeschichte.

Schließlich, als auch von Zaire kein Heimreisezertifikat ausgestellt worden war und über den Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach Zaire abgesprochen war, wurde das Ergebnis der erkennungsdienstlichen Überprüfung bekannt. S. bestritt jedoch - mit diesem Ergebnis konfrontiert - ausdrücklich mit S. ident zu sein.

Ein dennoch bei der Botschaft der islamischen Republik Mauretanien beantragtes Heimreisezertifikat wurde nicht ausgestellt, unter anderem auch deshalb, weil - laut Schreiben der Botschaft - "der Betroffene" sich an die Botschaft gewandt und mitgeteilt hatte, daß er von der Behörde mit einem S. A., mauretanischer Staatsangehöriger verwechselt werde; er selbst sei aus Ruanda.

Schließlich hat der Bf gegenüber der belangten Behörde mit keinem Wort erwähnt, daß er bereits einmal in Schubhaft war.

Auch haben die ersuchten Behörden dies der Bezirkshauptmannschaft Schärding nicht mitgeteilt. Es ist daher davon auszugehen, daß schon aus diesem Grund die Anhaltung des S.

durch die Bezirkshauptmannschaft Schärding in dem in Beschwerde gezogenen Zeitraum nicht rechtswidrig war.

5.7. Der Bf hat damit nicht nur seine Mitwirkungspflicht an der Feststellung seiner Identität und seiner Staatsangehörigkeit verletzt, sondern vielmehr mit Kräften daran gearbeitet, die Feststellung seiner wahren Identität und Staatsangehörigkeit zu verhindern.

Er ist, wie dem vorliegenden Verwaltungsakt zu entnehmen ist, wt, weiter in Österreich; er hat keinerlei Anstalten gemacht, dem Ausweisungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden bzw. dem Aufenthaltsverbot der Bezirkshauptmannschaft Schärding Folge zu leisten und Österreich freiwillig zu verlassen. Es ist daher davon auszugehen, daß er zwangsweise abgeschoben werden muß.

Wenn der Bf nun vermeint, daß eine Schubhaft, auch wenn sie auf mehrere Haftunterbringungen aufgeteilt war, insgesamt 6 Monate nicht übersteigen dürfe, so verkennt er den Zweck der Schubhaft als Sicherungsmaßnahme zum Schutz der Durchsetzung der staatlichen Interessen (und Interessen der österreichischen Staatsbürger auf Durchsetzung der fremdenpolizeilichen Ordnung): Die Schubhaft kann nicht mit einer Strafhaft verglichen werden, die einmal verbüßt aus dem selben Grund nie mehr verhängt werden darf. Wenn man der Argumentation des Bf folgen würde, daß die Dauer der Schubhaft im Falle der mehrfachen Verhängung insgesamt nicht länger als 6 Monate dauern dürfte, so wäre es für jeden Fremden leicht, das österreichische Fremdenrecht zu umgehen:

Er brauchte nur 6 Monate lang zu schweigen oder immer wieder falsche Angaben zu machen, um dann entlassen zu werden und auf ewig vor Schubhaft geschützt zu sein. Die Durchsetzung der gesetzlich vorgesehenen fremdenpolizeilichen Maßnahmen wäre dann jedenfalls in höchstem Maße gefährdet, weil Fremde dann oft in die Illegalität untertauchen und für die Behörde nicht mehr greifbar sind. Jede fremdenpolizeiliche Maßnahme würde dann schon daran scheitern, daß der Fremde immer wieder seinen Aufenthaltsort wechselt und sich so dem Zugriff der Behörde entziehen würde. Im Falle mangelnder Geldmittel (was in den allermeisten Fällen zutrifft) wäre der Fremde wohl oder übel gezwungen, straffällig zu werden, um seine Mittel für den Lebensunterhalt zu besorgen (durch illegale Beschäftigung oder Vermögensdelikte).

Eine solche Auslegung des § 48 Abs.4 FrG würde den im FrG festgelegten Zielen und Interessen offensichtlich zuwiderlaufen, sodaß ein solcher Sinn dem § 48 Abs.4 FrG nicht unterstellt werden darf.

Das Bundesverfassungsgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit gestattet daher auch den Entzug der persönlichen Freiheit dann, wenn dies gesetzlich vorgesehen ist; eine Höchstdauer des Freiheitsentzuges ist auch in den Fällen des Art.2 Abs.1 Z7 nicht vorgesehen, sondern wird die Festsetzung dem einfachen Gesetzgeber überlassen. Der einfache Gesetzgeber hat jedoch, wie den Erläuterungen zum Fremdengesetz zu entnehmen ist, eine Interessenabwägung zwischen den Interessen des Fremden und den Interessen des österreichischen Staates sowie seiner Staatsbürger und legal aufhältigen Fremden vorgesehen. Es kann daher die Bestimmung des § 48 Abs.4 FrG hinsichtlich der Festsetzung der 6-Monate-Frist nicht so verstanden werden, daß die vorgesehenen fremdenpolizeilichen Maßnahmen an der Durchsetzbarkeit scheitern.

Wenn der Bf in seiner Beschwerde auf das Erkenntnis des VfGH vom 15.12.1994, B 1405/94, verweist, so ist ihm entgegenzuhalten, daß der dortige Anlaßfall in wesentlichen Punkten zum gegenständlichen Sachverhalt divergiert.

Dagegen hat der VfGH in einem sehr ähnlichen Fall mit Beschluß vom 30.11.1993, B 61/93-6, die Behandlung der Beschwerde mit dem Hinweis abgelehnt, daß spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen zur Beurteilung der (damals) aufgeworfenen Fragen nicht anzustellen waren.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die angeführte Gesetzesstelle. Der belangten Behörde als obsiegender Partei war antragsgemäß der Ersatz der Kosten iSd § 52 Abs.2 FrG iVm § 79a AVG für den Vorlage- und Schriftsatzaufwand zuzusprechen. Dabei ist nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes von einem Ansatz in Höhe von zwei Drittel des Pauschalkostenersatzes vor dem VwGH (Verordnung BGBl.Nr.

416/1994 Art.1 B Z4 und 5) auszugehen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Akt Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. L e i t g e b

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum