Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400415/5/Wei/Bk

Linz, 23.07.1996

VwSen-400415/5/Wei/Bk Linz, am 23. Juli 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des A, geb., irakischer Staatsangehöriger, zuletzt Justizanstalt R, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in M vom 5. Juli 1996 wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von S 3.365,-- binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

§§ 51 Abs 1, 52 Abs 2 und 4 Fremdengesetz - FrG (BGBl Nr.

838/1992) iVm §§ 67c und 79a AVG 1991 iVm V BGBl Nr.

855/1995.

Entscheidungsgründe:

1. Der unabhängige Verwaltungssenat geht aufgrund der Aktenlage in Verbindung mit der vorliegenden Beschwerde vom folgenden Sachverhalt aus:

1.1. Der Beschwerdeführer (im folgenden Bf), ein irakischer Staatsangehöriger und Kurde, wurde am 6. Juni 1996 gegen 01.40 Uhr gemeinsam mit anderen irakischen Staatsangehörigen als Insasse eines Kleinbusses Mercedes 410D mit niederländischem Kennzeichen von Gendarmeriebeamten des Gendarmeriepostenkommandos B aufgegriffen, noch bevor die Iraker durch die niederländischen Schlepper über die Grenze in die Bundesrepublik Deutschland geschleust werden konnten.

Er war nicht im Besitz eines Reisedokumentes. Die insgesamt 10 Iraker waren auf verschiedene Weise nach Österreich gekommen.

Bei seiner niederschriftlichen Vernehmung durch die Gendarmerie, die unter Beiziehung eines Dolmetschers erfolgte, berichtete der Bf, daß er gegen 3.000 US-Dollar von einem türkischen LKW-Fahrer gemeinsam mit sieben weiteren unbekannten iranischen und irakischen Staatsbürgern nach Österreich gekommen wäre. Dabei hätten sie sich auf der Ladefläche versteckt und wären am 4. Juni 1996 über einen unbekannten Grenzübergang von U kommend eingereist.

Anschließend wären sie auf unbekannter Strecke nach Wien gefahren. Er wäre in der Folge mit dem Zug nach Linz und von dort per Taxi zu seinem Bekannten A gekommen, wo er in einer Wäschekammer übernachtet hätte. Wo dieser Bekannte wohnt, könne er nicht angeben. Am 5. Juni 1996 hätte er irakische Landsleute in Linz getroffen, die nach Salzburg fahren wollten, um dort um Asyl anzusuchen.

Im niederländischen Kleinbus habe er im hinteren Bereich Platz genommen. Weder der Fahrer noch die Mitfahrer wären ihm bekannt gewesen. Auch hätte er während der Fahrt die Wegstrecke nicht beobachtet. Er gab ferner an, gewußt zu haben, daß er für die Einreise nach Österreich ein Visum benötigt hätte.

1.2. Mit Mandatsbescheid vom 6. Juni 1996, Sich 41-73-1996, ordnete die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn gemäß § 41 Abs 1 und 2 FrG gegen den Bf die Schubhaft zur Vorbereitung der Erlassung einer Ausweisung und zur Sicherung der Zurückschiebung an. Begründend wurde ausgeführt, daß der Bf am 4. Juni 1996 unter Umgehung der Grenzkontrolle von Ungarn nach Österreich illegal einreiste und auch keinen Sichtvermerk hätte. Der Bf wurde durch den Dolmetscher vom Inhalt des Schubhaftbescheides in Kenntnis gesetzt. Er bestätigte auch mit seiner Unterschrift die Übernahme einer Bescheidausfertigung. In der Folge wurde der Bf ins Gefangenenhaus R zum Vollzug der Schubhaft überstellt.

1.3. Mit Schreiben vom 10. Juni 1996 teilte die belangte Behörde der Sicherheitsdirektion für Burgenland mit, daß sie beabsichtige, den Bf als illegalen Grenzgänger nach Ungarn zurückzuschieben. Dabei wurde eine nähere Darstellung zum Grenzübertritt und zur Person des Bf nach dessen Angaben gemacht. Die Sicherheitsdirektion teilte daraufhin mit, daß eine Rückübernahme des Bf durch die ungarischen Behörden nicht erfolgen werde, da dieser weder über einen ungarischen Sichtvermerk noch ein gültiges Reisedokument verfüge.

Mit handschriftlicher Eingabe an die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, die am 11. Juni 1996 per Telefax an die belangte Behörde weitergeleitet wurde, erklärte der Bf in englischer Sprache, daß er einen Beamten sprechen wollte, weil er einen Reisepaß hätte und nicht verstünde, warum ihn die Polizei ins Gefängnis gebracht hätte. Die belangte Behörde ersuchte daraufhin die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis um Einvernahme des Bf, der von der beabsichtigten Zurückschiebung nach Ungarn in Kenntnis gesetzt und nach dem Verbleib seines Reisepasses gefragt werden sollte.

1.4. Anläßlich der niederschriftlichen Einvernahme vom 13.

Juni 1996 im Rechtshilfeweg gab der Bf bekannt, daß er seit zwei bis drei Jahren in A in guten wirtschaftlichen Verhältnissen lebte. Die österreichische Botschaft in Bukarest hätte ihm am 28. Mai 1996 einen Touristensichtvermerk erteilt, mit dem er am 3. Juni 1996 von T kommend per Flugzeug in W eintraf und die Grenzkontrolle passierte.

Der Bf gab ferner an, daß er nicht in die BRD reisen, sondern einen Freund in Salzburg besuchen wollte. Seine Angaben vor der Gendarmerie wären unrichtig gewesen. Sein Paß befände sich bei einem Iraker "A" in L, der in einer Gemeindewohnung eine Schneiderei betreibe. Näheres wisse er nicht. Der im L wohnende Iraker "S" könne sagen, wo "A" wohnt. In der Folge wurde dem Bf Gelegenheit geboten, seinen Bruder in Italien zu erreichen, der "A" erreichen könne.

Dabei sprach er eine Nachricht auf Band.

Die belangte Behörde versuchte über das Gendarmeriepostenkommando Braunau am Inn die angegebenen Iraker auszuforschen. Dieses berichtete mit Schreiben vom 20. Juni 1996, daß die ersuchte BPD Linz die Iraker nicht ausforschen konnte.

1.5. Am 14. Juni 1996 teilte ein anonymer Anrufer der belangten Behörde telefonisch mit, daß er den Reisepaß des Bf in Verwahrung hätte (vgl Aktenvermerk vom 17.06.1996). Er wurde zur Übersendung aufgefordert. Am Montag, den 17. Juni 1996, langte der Reisepaß bei der belangten Behörde ein. Der Brief wurde in S ohne Absenderangabe aufgegeben.

Mit dem per Telefax übermittelten Schreiben vom 17. Juni 1996 an die österreichische Botschaft in Bukarest übersendete die belangte Behörde eine Kopie des ihr zugegangenen Reisepasses und des eingetragenen Touristensichtvermerkes und ersuchte um Übermittlung aller Unterlagen, die für die Ausstellung des Sichtvermerkes relevant waren. Die österreichische Botschaft in Bukarest, Konsularabteilung, übersendete noch am gleichen Tag die gewünschten Unterlagen per Telefax. Daraus ergab sich, daß als Grund für die Erteilung des Sichtvermerks durch die österreichische Botschaft in Bukarest ein Besuch auf Einladung des in Wien lebenden A, der auch eine Verpflichtungserklärung für den Bf abgab, genannt worden war.

1.6. Mit weiterem Schreiben vom 17. Juni 1996 übersendete die belangte Behörde per Telefax der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis eine Kopie des Reisepasses und ersuchte um Überpüfung der Identität anhand des beiliegenden Lichtbildes. Eine sofortige Reaktion der ersuchten Behörde ist nicht aktenkundig. Mit Schreiben vom 2. Juli 1996 berichtete die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, daß die Identitätsprüfung keine Hinweise darauf ergab, daß der Schubhäftling nicht Inhaber des Reisepasses wäre.

Mit Bescheid vom 25. Juni 1996 ordnete die belangte Behörde gegen den Bf weiters die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes an und begründete dies mit den unrichtigen Angaben des Bf über seine persönliche Verhältnisse. Es bestünde weiters der dringende Verdacht, daß der Bf Mittelsperson der Schlepper gewesen wäre und bei der Schleusung von Irakern mitgewirkt hätte. Deshalb sei nunmehr ein Aufenthaltsverbot dringend geboten. Die Übernahme dieses Bescheids bestätigte der Bf am 28. Juni 1996.

1.7. Über Ersuchen der belangten Behörde fand am 2. Juli 1996 im Rechtshilfeweg eine weitere Vernehmung des Bf durch die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis statt. Dabei wurde dem Bf die beabsichtigte Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und Abschiebung nach Rumänien erläutert. Er gestand zu, unrichtige Angaben zur Person, Einreise und zum Aufenthaltszweck gemacht zu haben, bestritt aber weiterhin, daß er in die BRD wollte. Mit der Abschiebung nach Rumänien zeigte er sich einverstanden, weil dort ohnehin der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen wäre. Nach Belehrung stellte der Bf einen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in den Irak, weil er dort umgebracht werden würde.

Mit Bescheid vom 8. Juli 1996 erließ die belangte Behörde gegen den Bf im Grunde des § 18 Abs 1 Z 1 u 2 und Abs 2 Z 6 FrG ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich. Die aufschiebende Wirkung einer Berufung wurde gemäß § 64 Abs 2 AVG iVm § 27 Abs 4 FrG ausgeschlossen.

Das Aufenthaltsverbot wurde dem ausgewiesenen Rechtsvertreter des Bf am 9. Juli 1996 zugestellt. Mit Schreiben gleichen Datums retournierte dieser das zugestellte Aufenthaltsverbot im Original und teilte der belangten Behörde dazu mit, daß die Vollmachtsanzeige vom 1. Juli 1996 zum Zwecke der Akteneinsicht eingeschränkt sei.

Mit Eingabe vom 1. Juli 1996 gab der Rechtsvertreter bekannt, daß er die rechtsfreundliche Vertretung zum Zwecke der Akteneinsicht übernommen hätte und übermittelte dazu eine inhaltlich unbeschränkte Vollmacht vom 28. Juni 1996 für alle fremdenpolizeilichen und asylrechtlichen Angelegenheiten des Bf. Der Bf hatte anläßlich seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 2. Juli 1996 erklärt, daß ihm amnesty international Rechtsanwalt Dr. B beigestellt hätte und daß die Unterschrift auf der Vollmacht von ihm stamme.

1.8. Der Bf wurde am 10. Juli 1996 von Gendarmeriebeamten des Gendarmeriepostens S nach W überstellt und mit der I (Abflug 07.20 Uhr) über nach B (Ankunft 15.40 Uhr) abgeschoben.

1.9. Am 9. Juli 1996 brachte der Bf durch seinen Rechtsvertreter die mit 5. Juli 1996 datierte Schubhaftbeschwerde beim O.ö. Verwaltungssenat mit folgenden Anträgen ein:

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Bundeslandes Oberösterreich möge feststellen, daß a) die am 6. Juni über mich mittels Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, Zl.

Sich41-000073-1996 zur Sicherung des Ausweisungs verfahrens und der Zurückschiebung verhängte und aus diesem Grunde bis zum 20.6.1996 währende Schubhaft rechtswidrig war; in eventu b) die Anhaltung in Schubhaft aus dem Grunde der Sicherung der Ausweisung bzw. der Zurückschiebung zumindest ab dem 17.6. bis 26.6.1996 rechtswidrig war; und c) feststellen, daß die Gründe für die Fortsetzung der Anhaltung in Haft nicht mehr gegeben sind; sowie d) erkennen, daß der Bund (Bundesminister für Inneres) schuldig ist, dem Beschwerdeführer die Kosten des Schubhaftbeschwerdeverfahrens im gesetzlichen und verzeichneten Ausmaß zu Handen des Beschwerdeführervertreters zu ersetzen.

2.1. Nach der im wesentlichen unstrittigen Schilderung des Beschwerdesachverhalts und Stellung der Anträge führt die Schubhaftbeschwerde in rechtlicher Hinsicht aus, daß die Schubhaft zur Sicherung der Ausweisung bzw der Zurückschiebung im Hinblick auf den bis 28. Juni 1996 gültig erteilten Sichtvermerk der österreichischen Botschaft in Bukarest nicht hätte verhängt werden dürfen. Auch der Umstand, daß die Schubhaft aufgrund der falschen Angaben des Bf angeordnet wurde, änderte daran nichts. Hier zeige sich der Unterschied zwischen Rechtswidrigkeit und Verschuldensebene. Die belangte Behörde hätte bei der Schubhaftverhängung ohne Verschulden, jedoch rechtswidrig gehandelt.

Selbst wenn man von der begründeten Annahme der möglichen Ausweisung oder Zurückschiebung ausginge, erweise sich die Schubhaft ab dem 17.6.1996 als rechtswidrig, da zu diesem Zeitpunkt eindeutig festgestanden sei, daß der Bf über einen Sichtvermerk verfügte und auch seine Identität geklärt gewesen wäre. Ab diesem Zeitpunkt wäre lediglich ein Aufenthaltsverbot, das auf das Faktum der falschen Angaben gegenüber der Behörde gestützt werden konnte, in Frage gekommen. Die belangte Behörde hätte daher spätestens am 17.

Juni 1996 einen neuen Schubhaftbescheid erlassen müssen.

Auch sonst wären die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft inhaltlich nicht erfüllt. Es hätte wie bei anderen aufgegriffenen Irakern genügt, den Bf aufzufordern, das Land zu verlassen. Selbst bei gegenteiliger Ansicht wäre spätestens ab dem 13. Juni 1996 die Aufrechterhaltung der Schubhaft nicht mehr notwendig gewesen, zumal der Bf den gesamten relevanten Sachverhalt offengelegt hätte und damit die vom Gesetz geforderte Kooperationsbereitschaft zum Ausdruck gebracht hätte. Im Falle der Aushändigung des Reisepasses wäre der Bf wieder nach Rumänien gereist.

2.2. Die belangte Behörde hat ihre Verwaltungsakten mit Schreiben vom 11. Juli 1996 vorgelegt, ihren Standpunkt verteidigt und die kostenpflichtige Abweisung der Schubhaftbeschwerde beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinlänglich geklärt erscheint, weshalb gemäß § 52 Abs 2 Z 1 FrG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung kann gemäß § 51 Abs 1 FrG der unabhängige Verwaltungssenat von dem in Schubhaft Angehaltenen angerufen werden. Solange die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl § 52 Abs 4 FrG).

Die gegenständliche Schubhaftbeschwerde wurde noch während aufrechter Anhaltung des Bf in Schubhaft eingebracht. Sie ist zulässig, aber nicht begründet.

4.2. Gemäß § 41 Abs 1 FrG können Fremde festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder Durchbeförderung zu sichern.

Zunächst ist klarzustellen, daß die Notwendigkeit der Inschubhaftnahme des Bf nicht geringsten Zweifeln unterliegt. Nach Festnahme durch die Gendarmerie am 6. Juni 1996 gegen 01.40 Uhr in Grenznähe zur BRD im Zusammenhang mit dem Transport von 10 Irakern in einem Kleinbus mit niederländischem Kennzeichen und dem dringenden Verdacht der Schlepperei gegen zwei Iraker, die Inhaber der niederländischen Staatsbürgerschaft sind, konnte noch dazu im Hinblick auf die völlig falschen Angaben des Bf bei der Vernehmung durch die Gendarmerie nur angenommen werden, daß der Bf illegal eingereist war und sich in die BRD schleppen lassen wollte. Für die Befürchtung, daß er auf freiem Fuße die notwendigen fremdenpolizeilichen Maßnahmen vereiteln werde, lagen offenkundig hinreichende Anhaltspunkte vor.

Haftgründe und Haftzwecke erschienen hinreichend bescheinigt, weshalb eine rechtswidrige Vorgangsweise der belangten Behörde nicht zu erkennen ist. Mit den unterschiedlichen Ebenen von Rechtswidrigkeit und Schuld hat dies entgegen der Beschwerde überhaupt nichts zu tun.

4.3. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertigt bereits das Vorliegen berechtigter Gründe für die Annahme, daß die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder eines Ausweisungsbescheides möglich sein werde, die Verhängung der Schubhaft. Eine abschließende Beurteilung oder gar Gewißheit ist nicht erforderlich (vgl ua VwGH 5.4.1995, 93/18/0328, 0330; VwGH 28.4.1995, 93/18/0267; VwGH 24.2.1995, 95/02/0039; VwGH 25.11.1994, 94/02/0301; VwGH 17.11.1994, 93/18/0501; VwGH 23.6.1994, 94/18/0063). Die belangte Fremdenbehörde hätte sich im Schubhaftbescheid nicht auf die Vorbereitung der Erlassung einer Ausweisung und die Sicherung der Zurückschiebung beschränken müssen. Sie hätte auch alternativ die Schubhaft zur Sicherung des Aufenthaltsverbotsverfahrens anordnen können. Dies ist jedenfalls solange unbedenklich, als keine der Verfahrensarten von vornherein auszuschließen ist (vgl VwGH 3.3.1994, 93/18/0302). Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes schadet es auch nicht, wenn eine Schubhaft, die zur Sicherung eines Aufenthaltsverbotsverfahrens angeordnet wurde, in Wahrheit der Sicherung der Abschiebung zur Durchsetzung eines bestehenden Ausweisungsbescheides dient (vgl VwGH 7.4.1995, 94/02/0517).

Daß die belangte Behörde keinen Ausweisungsbescheid erlassen hat und auch eine Zurückschiebung nach Ungarn tatsächlich nicht erfolgt ist, bewirkt nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenates im vorliegenden Fall keine nachträgliche Rechtswidrigkeit der Schubhaft. Im Zeitpunkt der ersten Schubhaftanordnung war aufgrund der falschen Angaben des Bf und dessen Betretung innerhalb von sieben Tagen nach Grenzübertritt sowohl die Zurückschiebung nach Ungarn gemäß § 35 Abs 1 FrG, als auch die Ausweisung im Grunde des § 17 Abs 2 Z 6 FrG denkbar. Weder die Identität des Bf noch sein Aufenthaltsstatus waren geklärt. Außerdem deuteten die Umstände seiner Betretung auf eine Schlepperaktion hin. Die belangte Behörde verweist mit Recht darauf, daß die Einlassung des Bf höchst ungewöhnlich und verdächtig erschien. Seinen Reisepaß bei einem unbekannten Freund an einem unbekannten Ort in L zu hinterlegen und im Fall der Kontrolle durch Sicherheitsorgane das Übel der Schubhaft bewußt in Kauf zu nehmen, ist eine äußerst bedenkliche Vorgangsweise, die den Bf nicht nur unglaubwürdig, sondern auch verdächtig machte, selbst an der Schlepperei mitgewirkt zu haben. Da der Bf auch im Besitz des namhaften Geldbetrages von 3.100 DM war, sprachen auch viele Indizien dafür, daß sich der Bf ebenfalls in die Bundesrepublik schleusen lassen wollte.

4.4. Erst anläßlich seiner Einvernahme am 13. Juni 1996 legte der Bf offen, daß ihm die österreichische Botschaft in Bukarest am 28. Mai 1996 einen Touristensichtvermerk erteilt hatte, mit dem er am 3. Juni 1996 per Flugzeug legal über Wien-Schwechat einreiste. Am 17. Juni 1996 langte der von einem anonymen Absender in S aufgegebene Reisepaß des Bf bei der belangten Behörde ein. Im Wege der Telekopie schaffte die belangte Behörde von der österreichischen Botschaft in Bukarest die Grundlagen für den erteilten Touristensichtvermerk bei.

Mit Schreiben vom 17. Juni 1996 übermittelte die belangte Behörde der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis eine Kopie des ihr zugegangenen Reisepasses und ersuchte um Überprüfung der Identität. Diese erfolgte allerdings erst anläßlich der weiteren Einvernahme im Rechtshilfeweg am 2.

Juli 1996. Die unglaubhaften Angaben des Bf über den Verbleib seines Reisepasses bei einem Iraker "A" in L, von dem der im L wohnende Iraker "S" den Wohnort kenne, konnten von der Fremdenpolizei L nicht verifiziert werden. Dies teilte das Gendarmeriepostenkommando Braunau am Inn der belangten Behörde am 20. Juni 1996 per Telefax mit.

4.5. Richtig ist zwar, daß sich im Zuge des fremdenrechtlichen Verwaltungsverfahrens der belangten Behörde durch die nachträglichen Angaben des Bf und die bezughabenden behördlichen Ermittlungen herausstellte, daß die ursprünglich angenommenen Schubhaftzwecke nicht mehr zutrafen. Es war daher notwendig, die weitere Anhaltung des Bf durch einen Bescheid mit anderem Schubhaftzweck zu legitimieren. Dies hat die belangte Behörde mit Schubhaftbescheid vom 25. Juni 1996 unternommen, obwohl ihr noch kein Ergebnis der Identitätsüberprüfung durch die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vorlag. Nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenates kann der belangten Behörde unter den gegebenen Umständen kein Vorwurf gemacht werden, wenn sie die zweifelhaften Angaben des unglaubwürdigen Bf sowie dessen Reisepaß und Identität mit entsprechendem Zeitaufwand auf das Genaueste überprüfen wollte. Daher kann entgegen der Beschwerde gar keine Rede davon sein, daß bereits am 17. Juni 1996 jeglicher Zweifel bezüglich Identität und Aufenthaltsstatus des Bf beseitigt gewesen wäre. Vielmehr waren der belangten Behörde weitere Ermittlungen zuzubilligen, die sie auch unverzüglich in die Wege leitete. Am 20. Juni 1996 erhielt sie die Nachricht, daß die vom Bf genannten irakischen Landsleute in L nicht bekannt waren. Dies war ein weiterer Grund, dem Bf zu mißtrauen. Wenn die belangte Behörde in der Folge noch einige Tage mit der Erlassung des neuen Schubhaftbescheides zuwartete, um zur letzten Kontrolle eine im Rechtshilfeweg begehrte Identitätsüberprüfung abzuwarten, kann der unabhängige Verwaltungssenat darin noch keine Rechtswidrigkeit erblicken. Die sich auch aus der kurzfristigen Untätigkeit der Rechtshilfebehörde ergebende Verzögerung von wenigen Tagen fällt angesichts der dringenden Überprüfungsbedürftigkeit des unglaubwürdigen Bf nicht ins Gewicht. Es war noch vertretbar, den Angaben des Bf vorerst keinen Glauben zu schenken und von der Relevanz des alten Schubhaftbescheides auszugehen. Nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenates erging der weitere Schubhaftbescheid zur Sicherung des Aufenthaltsverbotsverfahrens unter Berücksichtigung des listigen Verhaltens des Bf noch rechtzeitig.

4.6. Da der Bf bei Aushändigung des Reisepasses nach Rumänien zurückgereist wäre, hätte dies das fremdenrechtliche Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wesentlich erschwert. Die in der Beschwerde vorgeschlagene Vorgangsweise wäre aus fremdenpolizeilicher Sicht wegen der notwendigen fremdenbehördlichen Maßnahme der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht zielführend gewesen. Wie aus der Eingabe des Rechtsvertreters des Bf vom 9. Juli 1996 abzuleiten ist, bestand offenbar die Absicht, die Erlassung (= Zustellung) des gegen den Bf gemäß § 18 Abs 1 und 2 Z 6 FrG beabsichtigten Aufenthaltsverbotes zu vereiteln.

Die Rücksendung des Aufenthaltsverbotes an die belangte Behörde durch den Rechtsvertreter des Bf ist ohne rechtliche Wirkung. Zur Zustellung dieses Aufenthaltsverbotes vertritt der erkennende Verwaltungssenat die Ansicht, daß die belangte Behörde von einer entsprechenden Zustellvollmacht des Rechtsvertreters des Bf jedenfalls ausgehen konnte, zumal die vorgelegte Bevollmächtigung inhaltlich umfassend erfolgte und die Mitteilung des Rechtsvertreters, wonach er die rechtsfreundliche Vertretung zum Zwecke der Akteneinsicht übernommen habe, anläßlich der Vollmachtsanzeige daran nichts ändern konnte. Die Vollmacht ist als einseitiges Rechtsgeschäft nicht annahmebedürftig.

Sie betrifft das rechtliche Können im Außenverhältnis.

Welche Abreden und Zweckvereinbarungen im Innenverhältnis getroffen wurden, war für die belangte Behörde nicht maßgeblich. Der in der vorgelegten Vollmachtsurkunde festgehaltene Wortlaut ist allein für Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis maßgeblich (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. A [1990], 149 E 41 und E 42). Daß die Vollmacht tatsächlich nicht auf die bloße Akteneinsicht beschränkt war, beweist schon die gegenständliche durch den Rechtsvertreter des Bf unter Berufung auf die erteilte Vollmacht eingebrachte Schubhaftbeschwerde. Ansonsten müßte diese Beschwerde mangels eines berechtigten Vertreters zurückgewiesen werden.

5. Im Ergebnis war daher die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Ein Abspruch über die Fortsetzung der Schubhaft entfiel wegen der zwischenzeitigen Enthaftung und Abschiebung des Bf am 10. Juli 1996.

Dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde tätig geworden ist, war antragsgemäß der Ersatz der notwendigen Aufwendungen gemäß § 79a AVG (iVm § 52 Abs 2 FrG) für den Vorlage- und Schriftsatzaufwand zuzusprechen.

Nach § 1 Z 1 und Z 2 der am 1. Jänner 1996 inkraftgetretenen Aufwandersatzverordnung UVS des Bundeskanzlers, BGBl Nr.

855/1995, betragen die von der belangten Behörde als obsiegender Partei anzusprechenden Pauschbeträge für den Vorlageaufwand S 565,-- und für den Schriftsatzaufwand S 2.800,--. Insgesamt waren dem Bund daher Aufwendungen in Höhe von S 3.365,-- zuzusprechen. Dem unterlegenen Bf war selbstverständlich kein Aufwandersatz zuzusprechen.

Eine Leistungsfrist sieht der novellierte § 79a AVG 1991 idF BGBl Nr. 471/1995 nicht vor. Der erkennende Verwaltungssenat nimmt insofern eine echte Lücke an, zumal nicht angenommen werden kann, der Gesetzgeber hätte in Abweichung von der Regelung des § 59 Abs 4 VwGG 1985 die sofortige Vollstreckbarkeit des zugesprochenen Aufwandersatzes für den Falle des Fehlens einer Leistungsfrist (vgl dazu die Nachw aus der Judikatur bei Angst/Jakusch/Pimmer, MGA EO, 12. A [1989], E 107 und E 114 zu § 7 EO) vorsehen wollen. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (vgl Erl RV 130 BlgNR 19. GP, 14 f) wird ausdrücklich davon gesprochen, daß die Regelung im wesentlichen den Kostentragungsbestimmungen im VwGG 1985 angeglichen worden sei. Demnach ist nach wie vor (vgl schon bisher stRsp seit VwGH 23.9.1991, 91/19/0162) von einer analogen Anwendbarkeit der Kostenbestimmungen des VwGG 1985 auszugehen, soweit der Verfahrensgesetzgeber eine Regelung vergessen hat. Deshalb war analog dem § 59 Abs 4 VwGG 1985 eine Leistungsfrist von zwei Wochen festzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - abgesehen von gesetzlichen Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß

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